Vor fünf Jahren war unser Abfallvolumen das einer Durchschnittsfamilie: 35 Liter pro Woche. Heute sind wir bei 3.4 Liter pro Woche, also haben wir unseren Abfall um mehr als neunzig Prozent reduziert. Pro Jahr stellen wir nur noch vier bis fünf Abfallsäcke vor die Tür. Letzte Woche haben wir den ersten Abfallsack dieses Jahres an die Strasse gestellt.

Doch warum? Um ehrlich zu sein: Das Thema “Minimalismus” finde ich einfacher, aus christlicher Perspektive zu begründen. “Verkauft euren Besitz” aus Lk 12,33 oder “begnügt euch an dem, was vorhanden ist” aus Heb 13,5 sind gute Startpunkte, um Minimalismus zu erklären. Doch Zero-Waste? Das Neue Testament spricht weder über Müllvermeidung noch über Nachhaltigkeit.

Marvin Olasky hat ein hilfreiches Raster erstellt, um alltägliche Themen einzuordnen. “Klasse 1” ist in der Bibel explizit erwähnt, wie z.B. Ehebruch. “Klasse 2” lässt sich biblisch schlüssig ableiten wie christliche Kindererziehung. Bei “Klasse 3” bis “Klasse 6” sind die Themen nur indirekt mit der Bibel begründbar, aber noch immer stimmig. Minimalismus sehe ich bei “Klasse 2” oder “Klasse 3”, Zero-Waste eher ab “Klasse 4”.

Was ich sagen will: Beim Thema Minimalismus sehe ich einen klaren biblischen Imperativ. Das habe ich auf diesem Blog auch recht ausführlich erklärt.

Beim Thema Zero-Waste hingegen ist weniger klar, ob wir dazu berufen sind. Hier geht es um die Frage: “Was ist unser Beitrag als Christ beim Thema Umweltschutz?” Und auf diese Frage gibt es viele Antworten. Also keine Angst: Mein Sendungsbewusstsein bei Zero-Waste ist nicht besonders hoch, doch über die Jahre hat uns Zero-Waste überzeugt, darum will ich euch davon erzählen. Sozusagen als Anschauungsbeispiel.

So viel zum Disclaimer. Wir haben vor fünf Jahren mit Zero-Waste begonnen. Was bringt es uns? Wieso halten wir noch immer daran fest? Fünf Gründe.

1. Konsum wird im Müll sichtbar

Ein genügsames Leben beinhaltet wenig Besitz. Wenig Besitz erreicht man am besten, wenn man weniger kauft. Es gibt den tollen Buchtitel “Ich kauf nix“. Ich habe das Buch nie gelesen, aber der Spruch gefällt mir und hat in den Wortschatz unserer Familie gefunden.

Als wir mit Minimalismus begannen, wurde mir eines bewusst: Ich merke oft nicht, wenn ich etwas kaufe. Das klingt verrückt, aber bestätigt, dass Marketing mit all seinen Facetten funktioniert. Sowie ich beim Sparen erst durch ein Budget merke, wann ich zu viel Geld ausgebe, zeigt sich beim Thema Minimalismus erst im Abfallsack, wann ich wieder was einkaufe.

Bei mir sind es vor allem elektronische Gadgets. Sei es ein Tablet, seien es neue Lautsprecher oder ein Raspberry Pi. Jedes neue Gerät kommt mit einer Plastikverpackung daher, und die muss in den Müll.

Ich bin nicht gegen Gadgets. Ich habe einige tolle Projekte mit Raspberry Pis programmiert. Doch die meisten Gadgets sind nach zwei Wochen nicht mehr spannend und landen auf dem Dachboden. Und beim nächsten Mal entrümpeln produzieren sie zum zweiten Mal Müll, nämlich wenn das Gerät in den Elektroschrott kommt.

Ich finde es traurig, wenn produzierte Gadgets nach zwei Wochen rumfrickeln wieder entsorgt werden. Den Kreislauf von Kaufen, Aufbewahren und Entsorgen zu durchbrechen, das ist eigentlich der Kern von Zero-Waste und hat dann auch sehr viel mit Minimalismus zu tun.

“Ich kauf nix” hilft sowohl weniger Dinge im Haus zu haben, wie auch weniger Dinge im Abfall.

2. Ausbrechen aus der Convenience-Falle

Eigentlich müsste meine Frau diesen Abschnitt schreiben. Denn die meisten Convenience-Produkte gibts beim Kochen und Putzen. Sie versprechen einen mühelosen Haushalt und mehr Freizeit. Weniger Arbeit, mehr Spass. Schlussendlich ist der ganze Haushalt automatisiert, das Essen wird an die Tür geliefert und das Leben besteht nur noch aus Freizeit. Das ist der süsse Traum, der von Plakaten und Online-Bannern trällert.

Ich beobachte, dass zwar einiges den Alltag vereinfacht, doch die gewonnene Freizeit wird mit Smartphone oder Netflix totgeschlagen. Und der mühelose Haushalt bringt mit sich, dass die Bewegung fehlt. Damit der Körper fit bleibt, muss er im Fitnesscenter wieder in Form gebracht werden.

Praktisch alles, was Convenience verspricht, verursacht Abfall. Verzichten wir auf Convenience, braucht es zwar mehr Zeit, aber dafür verlangsamt es den Alltag und bietet mehr Möglichkeiten für Gespräche.

Beispiel Milch: Wir kaufen Milch nicht im Laden, sondern holen sie mit dem Fahrrad beim Bauern. Das braucht mehr Zeit, bietet aber einerseits Fitness und andererseits ein kurzes Schwätzchen mit dem Bauern und eine Einsicht in seinen Alltag.

3. Lokaler einkaufen

Damit sind wir beim lokalen Einkaufen. Wieso braucht es Plastik-Verpackungen? Für den Transport. Seit wir Abfall minimieren, kaufen wir viel mehr lokal ein. Wie gesagt Milch beim Bauern, Fleisch und Käse kaufen wir in der Metzgerei. Holz haben wir vom Forstwerk im Dorf. Gemüse vom Markt in der nächsten Stadt.

Bei jedem dieser Einkäufe treffen wir Leute. Bestellt wird nicht mit Mausklick, sondern im Gespräch. Seit wir auf Zero-Waste umgestiegen sind, kommen wir mit mehr Leuten in Kontakt.

4. Spannende Herausforderung

Ein Zugeständnis: Abfall-Vermeidung ist für uns auch eine tolle Herausforderung. Man kann es sicherlich übertreiben, einige brüsten sich damit, dass sie pro Jahr nur ein Einmach-Glas Müll produzieren.

Wir haben uns gefragt, wie weit wir gehen können, ohne dass unser ganzes Leben sich um Zero-Waste dreht. Einiges haben wir versucht und dann wieder aufgegeben, weil es zu viel Aufwand war (z.B. selber Butter herstellen).

Es erfüllt uns mit Stolz, dass wir unseren Abfall um 90% reduzieren konnten. Man stelle sich vor, dass ein Grossteil der Bevölkerung mitmachen würde. Die Schweiz sähe anders aus. Nur noch ein Zehntel des Abfallbergs. Nur noch ein Zehntel so viele öffentliche Mülleimer, zehnmal weniger Littering, usw.

5. Umweltschutz

Und damit zum letzten unserer Gründe für Zero-Waste: Dem Umweltschutz. Es gibt Vieles, das die Umwelt schützt. Zero-Waste ist vermutlich nicht das Wichtigste. Die globale Erwärmung wird dadurch nicht gelöst.

Und doch kann der Abfall nicht einfach in der Müllverbrennung vernichtet werden, so dass nichts mehr übrig bleibt. In der Schweiz bleibt ein Drittel der Abfallmenge als Asche oder Schlacke übrig, die zumindest zum Teil unterirdisch endgelagert werden muss. In anderen Ländern wird der Abfall auf Abfall-Deponien (Landfills) endgelagert.

Es ist zwar bequem, dass der Abfall von der Müllabfuhr mitgenommen wird. So sehen wir ihn nicht mehr. Doch gelöst ist damit das Abfall-Problem nicht.

Unser Anliegen ist, dass wir dem entgegenwirken können. Und durch Abfall-Vermeidung können wir auch unseren zwei Kindern etwas mitgeben. Sie verstehen, dass Abfall ein Problem ist und dass dies nur durch Verzicht gelöst werden kann.


Wie gesagt: Unser Sendungsbewusstsein diesbezüglich ist nicht so hoch, daher werden wir nicht versuchen, andere von Zero-Waste zu überzeugen. Es geht uns um die Frage, wie wir als Familie mit Gottes Schöpfung verantwortungsvoll umgehen können.

Zero-Waste ist nicht das Wichtigste unseres Lebens. Unseren Kindern erzählen wir mehr vom Glauben an Gott als von Umweltschutz. Wir sind nicht primär Umweltschützer, sondern primär Christen, welche mit dem, was Gott uns anvertraut hat, zuverlässig umgehen wollen.

Oft, wenn ich am Morgen aufstehe, habe ich keine Lust zum Beten. Wenn ich am Beten bin, sind meine Gedanken schon bei der Arbeit.

Was soll ich tun? Verzweifeln, weil mein Herz sich nicht zu Gott hingezogen fühlt? Nur dann beten, wenn ich auch Lust dazu habe? Oder mit lustlosem Herz das Gebet bestreiten?

Nein, sagt Jakobus, sondern…

Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch! […] heiligt eure Herzen, die ihr geteilten Herzens seid!

Ist dein Herz geteilt - es hat sowohl ein bisschen Lust an Gott, aber ebenso oder noch mehr Lust an der Welt - dann verzweifle nicht, sondern nähere dich Gott indem du dein Herz heiligst.

Wie geht das? Luther schreibt an seinen Freund Peter der Barbier Folgendes:

Lieber Meister Peter. Ich sage Euch, so gut ich es vermag, wie ich es selbst mit dem Beten halte. Unser Herr und Gott gebe es Euch und allen anderen, es besser zu machen. Amen.

Wenn ich fühle, dass ich durch fremde Geschäfte oder Gedanken kalt und unlustig zum Beten geworden bin, weil ja das Fleisch und der Teufel immerzu dem Gebet widerstehen und es verhindern, so nehme ich mein Psalterbüchlein und laufe damit in meine Kammer. Wenn es Tag und Zeit ist, gehe ich in die Kirche und unter das Volk. Dann fange ich an mit den Zehn Geboten und dem Glaubensbekenntnis, und wenn ich Zeit habe, sage ich mir etliche Sprüche Christi oder des Paulus oder Psalmen auf, so wie es die Kinder tun.

Es ermutigt mich zu sehen, dass Leute wie Luther damit zu kämpfen hatten, dass ihr Herz kalt geworden ist. Denn dann befremdet mich mein eigenes kaltes Herz nicht, sondern lässt mich hoffen, dass es wieder erwärmt werden kann.

Zum Aufwärmen am Morgen hilft mir das Vaterunser, auswendig gelernte Bibelverse oder eine Seite aus Luthers “Aus der Tiefe, rufe ich Herr zu dir“.

Folge 12 von “Lesenswichtig”, einer Liste von christlichen Artikeln, die mich diese Woche bewegt haben. Diese Woche zur Abwechslung mit nur deutschen Artikeln!

Nietzsche hatte recht

Tim Keller darüber, wie unsere westliche Gesellschaft auf den Schultern des Christentums steht. Evangelium21 hat den Artikel auf Deutsch übersetzt. Der Beitrag ist wahnsinnig gut. Ich würde ihn am liebsten in voller Länge zitieren. Hier ein Auszug:

Nietzsche sah, wie die Gebildeten Europas dem Christentum den Rücken kehrten und sich als wissenschaftliche Freidenker stilisierten, die angeblich ohne Gott lebten. Allerdings, argumentierte Nietzsche, glaubten sie immer noch an Menschenrechte, die Würde eines jeden Menschen, den Wert der Armen und Schwachen und an die Notwendigkeit, sich um sie zu kümmern und für sie einzutreten. Sie glaubten immer noch, dass Liebe ein großer Wert ist und wir unseren Feinden vergeben sollten. Sie glaubten immer noch an moralische Absolute – dass manche Dinge gut und andere Dinge böse sind – und insbesondere daran, dass es falsch ist, die Machtlosen zu unterdrücken.

Allerdings sind all diese Ideen, so Nietzsche, unverwechselbar christlich. Sie haben sich nicht in östlichen Kulturen entwickelt und die Griechen und Römer empfanden sie, als sie mit ihnen konfrontiert wurden, als lächerlich und unverständlich. Holland zeigt, dass die Schamkulturen des alten, heidnischen Europas – die der Angelsachsen, Franken und Germanen – die christliche Ethik mit ihren Forderungen, den Feinden zu vergeben und die Armen und Schwachen zu ehren, als gesellschaftliche Grundlage für völlig unbrauchbar hielten. Diese Ideen wären niemandem in den Sinn gekommen, der nicht an ein von einem einzigen, persönlichen Gott erschaffenes Universum glaubt, in dem alle Wesen nach seinem Ebenbild geschaffen sind und in dem es einen Erlöser gibt, der gekommen und in aufopfernder Liebe gestorben ist.

Die Ideen konnten nur aus einer solchen Weltanschauung erwachsen – in einer anderen machen sie überhaupt keinen Sinn. Wenn wir stattdessen glauben, dass wir durch einen Prozess des Überlebens des Stärkeren zufällig hier sind, dann kann es keine moralischen Absolute geben und im Leben muss es, wenn überhaupt, um Macht und die Beherrschung anderer gehen, nicht um Liebe. Das, erklärte Nietzsche, ist die einzige Art zu leben, wenn man wirklich bereit ist, zuzugeben, dass der christliche Gott nicht existiert.

Als Nietzsche so argumentierte, wurde er als Wahnsinniger abgetan.

Zum Beitrag: Nietzsche hatte recht - Die Entstehung des Westens

Warum “Intelligent Design” für Wissenschaft unverzichtbar ist

Dr. Reinhard Junker ist Autor bei Wort und Wissen. Sein Spezialgebiet ist “Intelligent Design”. Dabei widerlegt er die Evolutionstheorie und ist ein wichtiger Vertreter der biblischen Schöpfung im deutschsprachigen Raum.

Eben hat er ein neues Buch “Schöpfung ohne Schöpfer” herausgebracht. (Hier ein Interview mit dem Co-Autor Markus Widenmeyer).

Auf dem Blog AIGG hat Junker die Hauptaussagen des Buchs zusammengefasst. Ein paar Auszüge:

Erstaunlicherweise geht die überwältigende Mehrheit der heutigen Biologen in ihren Forschungen zum Ursprung der Lebewesen so vor wie ein Kommissar, der eine geplante Handlung eines Täters grundsätzlich ausschließt. Die Möglichkeit, dass ein Schöpfer absichtsvoll gehandelt hat und dass dies die korrekte Erklärung für die Existenz von Lebewesen ist, wird prinzipiell ausgeschlossen.

So schreibt Scott Todd (1999) in der Wissenschaftszeitschrift Nature: «Selbst wenn alle Daten auf einen intelligenten Schöpfer weisen, würde eine solche Hypothese aus der Wissenschaft ausgeschlossen werden, weil sie nicht naturalistisch ist.»

Der erste Teil des Artikels fand ich etwas schwierig zu folgen, doch das Beispiel mit der Vogelfeder fand ich eindrücklich. Ein paar Auszüge:

Vogelfedern sind die komplexeste Körperbedeckung im Tierreich und erfüllen vielfältige Funktionen. […] Ganz speziell gebaut sind auch die Federstrahlen, die von den Federästen nach beiden Seiten hin abgehen. Die Hakenstrahlen auf der einen Seite haben winzige Häkchen, die mit den Strahlen des benachbarten Astes wie bei einem Reißverschluss verhaken. Sie schließen dabei so dicht, dass die Federfahne luftundurchlässig ist. Bei zu starker Belastung kann der “Reißverschluss” kontrolliert aufreißen, ohne dass die Feder beschädigt wird. Der Vogel kann die Feder mithilfe des Schnabels wieder in Ordnung bringen. Auch der Schaft hat es in sich: In seinem Inneren befindet sich ein schaumartiges Netzwerk von Fasern. Diese Fasern sind mit einem chemischen Stoff beschichtet, der Gase bindet. Das führt dazu, dass die Feder unter schwachem Druck steht. So kann sie nicht so leicht geknickt werden und springt nach einer Verbiegung in die normale Form zurück.

Aber selbst die allerbesten Federn ermöglichen noch lange keinen Flug. Es wird auch eine zweckmäßige Verankerung im Körper benötigt.

Außerdem muss insgesamt ein funktionsfähiges Federkleid ausgebildet sein, vielfältige Steuerungsmechanismen und Koordination der Bewegungen, eine entsprechende Gehirnorganisation und anderes mehr.

Aufgrund der vielfältigen Verflechtungen vom Baumaterial bis zur Bewegungssteuerung weisen viele Forscher auf den Aspekt der Synorganisation hin. Die einzelnen Module und Ebenen können nicht isoliert voneinander verstanden werden und auch nicht isoliert entstanden sein. In Summe haben wir mit dem Federkleid eine Gesamtorganisation vor uns, die insgesamt bezüglich der Flugfähigkeit in wesentlichen Teilen nichtreduzierbar komplex erscheint und ein klares Design-Indiz (vgl. Kasten „Der Kern des Design-Arguments“) darstellt, weil zahlreiche typische Merkmale für eine kreative Entstehung vorliegen.

Evolutionäre Entstehungsmodelle beinhalten 5–8 hypothetische Stadien von einem haarartigen Auswuchs bis zur asymmetrischen flugtauglichen Feder. Solche Modelle sind viel zu grob und zu vage und daher völlig ungeeignet, eine evolutive Entstehung zu erklären, denn sie berücksichtigen die zahlreichen Details und Wechselbeziehungen nicht einmal ansatzweise. Man kann leicht zeigen, dass die Unterschiede von Stadium zu Stadium viel zu groß sind, um sie durch kleine Schritte Veränderungen erklären zu können, die auf richtungslosen Mutationen und zukunftsblinder Selektion beruhen.

Vor diesem Hintergrund kann man sagen: Die evolutionären Modelle zur Entstehung von Federn von Flug bleiben nur deshalb im Rennen, weil die grundsätzliche Alternative einer Schöpfung ausgeschlossen wird.

Zum Artikel: Warum „Intelligent Design“ für Wissenschaft unverzichtbar ist

Ehrliche, zuhörende Diskussion auf Facebook zwischen Paul Bruderer und Thorsten Dietz

Ich habe Facebook die letzten Wochen gemieden. Ich kann es nicht ausstehen, wenn Leute ihre Parolen kundtun, ohne der anderen Seite zuzuhören.

Doch es gibt auch Ausnahmen. Lothar Krauss hat in seinem Blog auf eine gute, konstruktive Diskussion zwischen Paul Bruderer und Thorsten Dietz hingewiesen.

Der Hintergrund: Thorsten Dietz hat mit dem Podcast “Das Wort und das Fleisch” die “Evangelikalen Christen” kritisiert, Paul Bruderer hat auf seinem Blog eine Antwort geschrieben, die Dietz als nicht fair empfand.

Zugegeben, die Diskussion auf Facebook hatte ihre Grenzen. Paul Bruderer schlug dann auch vor, das bei einem Bier richtig zu besprechen, was der Diskussion den richtigen Rahmen geben würde, aber auch die Annäherung auf Facebook zeigt, dass es Christen gibt, die zuhören und doch gleichzeitig klaren Standpunkt beziehen können.

Zum Beitrag vom Lothar Krauss: Ringen um Verständnis: Wenn man die Dinge anders sieht!

Direkt zur Facebook Diskussion: Hier

Lasst mich mit einem Bekenntnis anfangen: Es fällt mir oft schwer, einer Predigt zu folgen.

Das hat zwei Gründe. Zum Einen bin ich verwöhnt mit rhetorisch einwandfreien Predigten. Nehmen wir mal Matt Chandler oder Francis Chan. Zwei Männer, mit einer grosser Kommunikations-Begabung. Auch der gewandteste Prediger unserer Gemeinde kann sich nicht mit ihnen messen.

Zum anderen gehöre ich zur Spezies der Theologen. Oder zumindest Möchtegern-Theologen. Ich habe mir über die meisten biblischen Themen eine Meinung gebildet. Durch das Studium der Bibel, Lesen von Kommentaren und Hören von Online-Predigten bin ich zu einem Schluss gekommen, der sich oft nicht mit den Aussagen des Predigers deckt.

In einigen Fällen kommt das daher, dass der Prediger eine evangelistische Natur hat, oder die Einstellung des Hirten, und er das Gewicht nicht auf die Lehre legt. Betrachte ich die Predigt mit meiner theologischen Brille, dann werde ich ganz viele Splitter in seinen Augen entdecken, ja der Prediger wirkt als ein mit Splittern zugedeckter Mann.

Mit diesen zwei Tendenzen fällt bei mir eigentlich jede Predigt durch. Da ich am Karfreitag selbst gepredigt habe, kann ich das hier einfügen: So fallen auch meine Predigten durch bei Hörern mit derselben Einstellung.

Das ist nun eine etwas ernüchternde Betrachtung. Wie soll ich damit umgehen? Soll ich auf Durchzug stellen und die Predigt an mir vorüber gehen lassen? Oder soll ich so tun, als wäre das Problem nicht da, und einen eifrigen Zuhörer mimen?

Interessanterweise wird praktisch nie darüber gesprochen, wie man gewinnbringend einer Predigt zuhören kann. Doch die Bibel ist voll von Versen wie “sei schnell zum Hören und langsam zum Sprechen”. Oder “Wer antwortet, bevor er gehört hat, dem ist es Torheit und Schande” - sie hat also sehr wohl Ansprüche an den Hörenden, nicht nur an den Prediger.

Was mir klar ist: Die Bibel lehnt meine Einstellung ab. Meine Einstellung, dass ich die Predigt vorschnell richte, fällt durch.

In der Apostelgeschichte gibt es das Vorbild der Beröer:

Diese […] nahmen das Wort mit aller Bereitwilligkeit auf; und sie forschten täglich in der Schrift, ob es sich so verhalte. Es wurden deshalb viele von ihnen gläubig, auch nicht wenige der angesehenen griechischen Frauen und Männer. (Apg 17,11-12)

Hier wird noch deutlicher, zu was meine Einstellung führt: Die Beröer wurden gläubig, indem sie bereitwillig zuhörten, wenn ich hingegen mit kritischem Geist mich der Unterweisung der Predigt verweigere, weil ich scheinbar einen guten Grund gefunden habe, dann verpasse ich das Wachsen im Glauben.

Natürlich, es gibt auch schlechte Predigten. Nicht alles, was am Sonntag verkündet wird, ist automatisch Gottes Wort. In fast jedem Brief des Neuen Testaments wird von Irrlehrern gewarnt.

In dieser Sache kann man also auf beide Seiten des Pferdes runterfallen: Ein überaus kritischer Geist verwirft alles, auch Worte, welche die Kraft zum Glauben hätten. Ein überaus zustimmender Geist nimmt alles an, auch die Worte, die mehr vom Zeitgeist zeugen als vom Wort Gottes.

Aber die Beröer waren sich dessen bewusst. Weder lehnen sie voller Vorurteile alles ab (wie etwa die Pharisäer), noch nehmen sie blind alles an.

Im Folgenden werde ich nur auf die Tendenz eingehen, zu viel abzulehnen. Denn das ist die Tendenz, welche ich in meinem Herzen vorfinde. Die Frage ist, wie kann ich der Tendenz entgegenwirken, ohne dabei blind alles anzunehmen?


Vor drei Monaten nahm ich zum Gottesdienst mein Moleskine-Notizbuch mit, um darin Predigt-Notizen aufzuschreiben. Das habe ich seit Jahren nicht mehr gemacht. Ich kam mir streberhaft vor. Verstohlen blickte ich mich um: Bin ich der Einzige mit Notiz-Buch? Ich sah drei bis vier andere, die mir gleich taten, doch sie waren alle mindestens zehn Jahre älter.

Was war meine Absicht? Ich merke, dass ich besser denken kann, wenn ich meine Eindrücke aufschreibe. Eine Predigt regt allerlei Gedanken an: “Stimmt das wirklich?”, oder “Ah, hier weicht er aber vom Thema ab…”, oder “Das ist spannend, ich würde das gerne zu Hause nachlesen”. Ohne Notizen verfliegen diese Gedanken in Sekundenschnelle. Mit Notizbuch aber kann ich sie festhalten und einen Moment lang weiterspinnen.

Hier ein paar Einsichten aus den letzten drei Monaten “Schreibend denken mit meinem Moleskine-Notizbuch”:

1. Überraschende Wendungen

Manchmal weicht die Predigt plötzlich vom Thema ab. Es scheint nicht mehr um die Stelle zu gehen, sondern um ein anderes Thema. Dann schreibe ich mir auf, wieso ich denke, dass die Predigt nichts mehr mit der Bibelstelle zu tun habe. Dabei werde ich aber oft überführt, da ich merke, dass die Predigt Aspekte der Bibelstelle betrachtet, welche ich bisher ausgelassen habe.

2. Nichts Neues

Ich bin oft darauf aus, etwas Neues zu hören. Falls die Predigt hier nicht punkten kann, dann laufe ich Gefahr, auf Durchzug zu stellen. Mein Hirn wendet in dieser Situation “auto-complete” an: Es scheint zu wissen, was der Prediger die nächsten fünf Minuten erzählen will und schaltet einfach ab. Doch auch Paulus meint: «Euch immer wieder dasselbe zu schreiben, ist mir nicht lästig; euch aber macht es gewiss». Wir brauchen Erinnerungen. Es reicht nicht, dass wir einmal auf den richtigen Weg zurückgeführt werden, denn wir werden ihn immer wieder verlassen und brauchen regelmässig Korrektur.

Was einen guten Prediger ausmacht ist, dass er die “alten Wahrheiten” so vortragen kann, dass sie anregend sind. John Piper redet oft über sein Ringen, neue Wörter zu finden, welche noch nicht verbraucht sind. Bringt ein Prediger “abgedroschene Phrasen”, dann ist es um ein Vielfaches schwieriger, sich vom Gesagten bewegen zu lassen.

Doch auch hier hilft das Notizbuch. Ich schreibe mir etwa den Bibelvers in vollem Wortlaut auf. Oder ich denke schreibend darüber nach, ob das Gesagte in meinem Leben Gestalt angenommen hat.

Und oft wird es nach kurzer Zeit auch wieder spannend, und so kann ich die “Zwischenzeit” mit Notiz-Schreiben überbrücken und verpasse den Anschluss danach nicht.

3. Ich störe mich an einer Aussage

Wie gesagt, ich störe mich oft an einzelnen Sätzen. Dinge, die ich finde, kann man einfach so nicht sagen. Es hilft mir, zu notieren, wieso ich denke, dass die Aussage nicht stimmt. Und dabei versuche ich auch zu sehen, in welchem Kontext der Prediger die Aussage verwendet, und unter welchen Umständen die Aussage stimmen könnte.

Das Herz ist schnell dabei, Belehrung abzuweisen. Es findet schnell eine Entschuldigung, sich nicht ändern zu müssen. Es gibt immer einen Grund, das Gesagte abzulehnen, doch:

Wer die Unterweisung verwirft, verachtet seine Seele, wer aber auf Zurechtweisung hört, erwirbt Verstand. (Spr. 15,32)

Ich versuche mir also zu überlegen, ob ich das Gesagten nur deshalb ablehne, weil ich mich nicht dem Wort Gottes unterstellen will.


Weiterführende Beiträge:

Wenn es so phänomenale Online-Predigten gibt, wieso sollte ich überhaupt noch meine Lokalgemeinde besuchen?

Die Globalisierung lehrt uns, dass wir als Kunden die Wahl treffen sollen. Wieso soll ich ein schlechteres Produkt wählen, wenn es im gleichen Gestell dieses andere bessere Produkt zu kaufen gibt?

Ebenso in der Wahl der Sonntag-Morgen-Predigt. Wieso soll ich der rhetorisch schwächeren Predigt unserer Lokalgemeinde zuhören, wenn ich im Internet die meines wortgewandten Lieblingsprediger anhören kann - und dies auch noch bequem von zu Hause aus? Diese Frage gewinnt gerade in der Pandemie-Zeit an Relevanz. Schätzungen sagen, dass nach der Pandemie ein Drittel der Gemeinde nicht mehr in den physischen Gottesdienst zurückkehrt. Ob die Schätzung stimmt oder nicht, ich sehe diese Tendenz schon jetzt in unserer Lokalgemeinde bestätigt.

Ich habe mir deswegen schon ein schlechtes Gewissen gemacht, da ich hier auf dem Blog meine Lieblingspredigten vorstellte und befürchtete, dass ich Menschen zum Hören von Online-Predigten und damit zum Fernbleiben vom physischen Gottesdienst aufrief. Mit diesem Beitrag will ich dem entgegenwirken.

Ich kenne das Verlangen, sich abzusetzen. Keiner Gemeinde anzugehören. Gemeinden sind anstrengend, sind Konflikt-Herde und sorgen für Missverständnisse.

In Sprüche 18,1 heisst es:

Wer sich absondert, geht nur seinen eigenen Wünschen nach; er verweigert alles, was heilsam ist. (Spr 18,1)

Auch hier wird der Wunsch zum Absondern bemerkt, es scheint also nicht bloss ein Ding des einundzwanzigsten Jahrhunderts zu sein. Doch diesem Weg des geringsten Widerstandes fehlt “alles, was heilsam ist”. Inwiefern stimmt dieser Vers in Bezug auf die Gemeinde? Hier drei Gründe, wie ich denke, dass dieser Vers wahr ist in Bezug auf die Lokalgemeinde.

1. Ein Christ ist ein Organ in einem Körper

Das Bild, dass wir Glieder eines Körpers sind, ist in unserer individualistischen Gesellschaft eine Beleidigung. «Wie? Meine Aufgabe besteht darin, Teil eines Ganzes zu sein?».

Rick Warrens Buch “The Purpose Driven Live” hat mich bezüglich Gemeinde sehr herausgefordert, er paraphrasiert Römer 12,4-5 folgendermassen:

Jeder Teil erhält seine Bedeutung vom Körper als Ganzem, nicht umgekehrt. Der Leib, von dem wir sprechen, ist der Körper von Jesus, der aus auserwählten Menschen besteht. Jeder von uns findet seine Bedeutung und Funktion als Teil dieses Leibes. Aber als abgehackter Finger oder abgeschnittener Zeh hätten wir keine Bedeutung, oder?

Dieses Zusammenwirken der Glieder passiert einfach nicht, wenn ich mir meinen Lieblingsprediger anhöre. Es ist schon praktisch unmöglich, wenn die Gottesdienste online gehalten werden (das muss aber derzeit leider so sein), doch sich deshalb emotional von der Gemeinde lösen und denken “mir fehlt eigentlich nichts” gleicht einem Organ, das sich entscheidet, nicht mehr Teil des Körpers zu sein. Es wird schrumpfen und absterben.

Teil der Gemeinde zu sein, ist während der Pandemie natürlich erheblich schwieriger. Bei uns in der Gemeinde haben wir ein Ticketing-System, wo die fünfzig Plätze per “first come, first served” vergeben werden. Die Plätze sind jedes Mal “ausverkauft”, was mich einerseits freut, andererseits aber auch traurig macht, da ich sehe, dass einige gerne physisch präsent sein würden, es aber nicht können.

Beim physischen Gottesdienst wird zudem nach der Predigt die Gemeinschaft aufgelöst. Kein Kaffee. Kein Zusammensitzen. Es können nur noch ein paar Sätze ausgetauscht werden, ehe der Saal geschlossen wird.

Darum, wenn wir physisch anwesend sein können, versuchen wir eine Viertelstunde vor dem Gottesdienst da zu sein, damit wir wenigstens noch ein paar kurze Gespräche mit unseren Geschwistern haben können.

2. Jesus wird sichtbar in der physischen Gemeinde

Was mich bei 1. Korinther 12 überrascht hat:

Denn gleichwie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des einen Leibes aber, obwohl es viele sind, als Leib eins sind, so auch Christus.

Ich dachte immer, dass Jesus bloss der Kopf der Gemeinde ist, aber hier steht, dass Christus die Gemeinde ist. Das heisst, er wird sichtbar in der Gemeinde. Nicht bloss in der Predigt, sondern im Zusammenkommen.

Wie werden andere die Gemeinde Jesu erkennen?

Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt. (Joh 13,35)

Die Liebe untereinander passiert ganz einfach nicht, wenn wir uns nicht treffen. Eine Online-Predigt kann wohl die richtige Lehre vermitteln, aber die Liebe, das Erkennungsmerkmal der Jünger, fehlt.

Carl Trueman zum physischen Gottesdienst:

Es macht die Anbetung hier und jetzt auch zur Feier der Gegenwart Christi angesichts seiner Abwesenheit. Tatsächlich ist die Frage, wie der physisch abwesende Christus gegenwärtig sein kann, entscheidend dafür, wie wir den Gottesdienst und seine Elemente verstehen. (Aus “A Protestant Apocalypse?“)

3. Worship wie auch die Predigt sind kein Frontalunterricht

Was bei Online-Predigten gänzlich verloren geht, ist das gemeinsame Unterstellen unter Gottes Wort, das gemeinsame Hände aufheben zur Ehre Gottes.

Sehe ich mir die Predigt von unserer Lokalgemeinde zu Hause an, habe ich noch immer das Gefühl, dass duzende andere gleichzeitig mit mir die Predigt anhören (ich sehe ja die Zahl der Anzahl Viewers).

Doch wenn ich mir meine Lieblingspredigt anhöre, dann fehlt dieser Aspekt völlig. Eine Predigt ist eben kein Frontalunterricht. Die Interaktion mit der Gemeinde ist ein wesentlicher Teil.

Die Predigt ist in gewisser Weise ein Dialog zwischen dem Gott, der sein Volk durch sein Wort mit seiner Gegenwart konfrontiert, und der Antwort des Volkes in Glaube und Reue. Erfordert das die unmittelbare, physische Nähe von Prediger und Volk? Nicht in einem absoluten Sinn […]. Aber unmittelbare körperliche Nähe ist am besten. Es mag schwer zu erklären sein, warum das so ist, so wie es schwer zu erklären sein kann, warum ein Livekonzert oder eine Theateraufführung besser ist als dasselbe im Fernsehen zu sehen, aber es ist dennoch wahr. Ein persönliches Wort wird am besten im Kontext der Begegnung zwischen dem Boten und dem Empfänger überbracht.
(Aus “A Protestant Apocalypse?

Die Gemeinde nach der Pandemie

Zum Schluss: Was wird passieren, wenn die Pandemie zu Ende ist? Wenn wir uns wieder physisch treffen können? Werden wir den Online-Gottesdienst weiter bevorzugen, weil er bequemer ist?

Dazu Trevin Wax:

Ich glaube, das Gegenteil wird der Fall sein. Es ist wahrscheinlich, dass die Coronavirus-Krise, die Gläubige daran gehindert hat, sich zu treffen, dazu beigetragen hat, dass die Menschen - vielleicht stärker als zuvor - die völlige Unzulänglichkeit der Technologie als Ersatz für persönliche Interaktion erkannt haben.

Im besten Fall können soziale Medien und andere digitale Räume wunderbare Initiationsräume sein, die zu wahrer menschlicher Verbindung führen, aber sie können niemals das Zuhause für diese Verbindungen werden; sie werden immer zu kurz kommen und etwas vermissen lassen. Wenn ich mit meiner Frau und meinen Kindern einen FaceTime-Call halte, dann ist das ein wunderbarer Vorteil der Technologie - aber letztendlich macht es mich nur begierig darauf, nach Hause zu kommen und sie wirklich zu umarmen. Das ist digital in seiner besten Form - es steigert unseren Appetit auf das echte, analoge Leben.
(Aus: “Will the Church’s Digital Wave Continue after the Coronavirus?“)

Folge 11 von “Lesenswichtig”, einer Liste von christlichen Artikeln, die mich diese Woche bewegt haben.

Über Konversation

Die erste Empfehlung kommt aus der Homeschooler-Ecke um Charlotte Mason.

Was ich an dieser Community schätze (und was das eigentliche Erbe von Charlotte Mason ist): Die Neugier, wie sie die Welt betrachten. So auch in diesem Artikel. Er erzählt davon, wie die Autorin beim aufmerksamen Zuhören in der Predigt das Wort “Konversation” aufschnappte, es zu Hause nachschlug und so in die etymologische Geschichte eintauchte.

Zum Artikel: What If The Great Conversation IS The Good Life?

Befreit von der Tyrannei der Emotionen

Ich werde oft von meinen Gefühlen umhergetrieben, daher hat mich dieser Artikel ermutigt. Ein paar Ausschnitte:

Ich tendiere dazu, ein Schwamm zu sein - ich sauge die Emotionen anderer auf, fülle mich mit ihnen und mache sie mir zu eigen - auch wenn sie mir nicht gehören. Ich habe Folgendes erkannt: Wenn ich mich mit Ängsten oder Frustration fülle, dann kann ich als Schwamm nur eines: es wieder auswringen, und zwar bei jedem, der mich im falschen Moment ausquetscht.

Die Autorin spricht über Naomi aus dem Buch Ruth:

Naomi unterdrückt weder ihre Gefühle, noch wird sie von ihnen gefangen gehalten. Sie musste nicht nach ihren Gefühlen handeln. Sie fühlte Angst, doch sie war frei von der Tyrannei ihrer Gefühle. Wenn wir unseren Gefühlen folgen, werden wir von ihnen gefangen.

Und der Trommelschlag des Predigers in meinem Kopf geht weiter und erinnert mich daran: Du kannst klagen, ohne dich in Unterwerfung vor deinen Gefühlen beugen zu müssen, denn dein König hat dich aus ihrem Griff befreit. Halleluja!

Zum Artikel: Delivered from the tyranny of emotions

Gedanken zum christlichen Lebenswandel von John Stott

Nochmals über den Lebenswandel von John Stott.

Als alter Mann, wenn [John Stott] in All Souls predigte, gab es lange Schlangen von Menschen, die darauf warteten, ihn nach dem Gottesdienst zu treffen. Oftmals waren diese Personen sehr anspruchsvoll. Einer seiner Studienassistenten […] erzählte mir, dass [John] sich antrainierte, sich innerlich zu sagen: “John, Christus ist für sie gestorben - sie sind also unendlich wertvoll für Gott. Jetzt musst du ihnen zuhören.” Das spiegelte sein Hauptmotto wider: Die andere Person ist wichtiger als du selbst. Er verwies damit ständig auf Phil 2, 3-5: “in Demut achte einer den anderen höher als sich selbst”.

John Stott übte sich in Demut. Seine Prinzipien, wie er die Demut kultivierte:

  1. Bekenntnis und Danksagung machen den Boden aus, in dem Stolz nicht leicht wächst.
  2. Freue dich über Demütigungen - sie sind gut für dich
  3. Pflege mit Freunden zusammen zu sein, die über dich lachen
  4. Lache über dich selbst

Das könnte nicht weniger zeitgemässer sein! Weiter, aus einer Predigt von John Stott:

[John Stott lehrte uns folgendes:] Wir müssen uns zwischen zwei Wertesystemen und zwei Lebensstilen entscheiden. Es gibt eine Art zu leben und das ist die Art von Jakobus und Johannes: “Wir wollen, dass ihr für uns tut, worum wir euch bitten” (Mk 10,35). Die andere Art zu leben steht in Vers 45: ‘Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und sein Leben gebe als Lösegeld für viele’.

Dann forderte er uns auf, in unseren Bibeln vier Worte in Mk 10,43 rot zu unterstreichen: “Nicht so bei euch.”

Zum Artikel: Reflections on the Christlike leadership of John Stott

In den letzten eineinhalb Wochen habe ich mich auf die Karfreitagspredigt vorbereitet, die ich gestern gehalten habe. Das war auch der Grund für meine Blogger-Pause.

Hier die Predigt (Achtung: auf Schweizerdeutsch!) und die Predigt-Notizen.

Audio:

Video:

Predigt-Notizen

Vor zwanzig Jahren war ich mit meiner damaligen Gemeinde in Paris auf einer Konferenz. Es war Sommer. Ich hatte mich verliebt in Irene, die jetzt meine Frau ist. Ich wusste, sie würde nach der Konferenz in die Slowakei fahren und dachte mir: Wie kann ich ihr meine Liebe zeigen? An einem Mittag, nachdem wir gerade aus dem Konferenzgebäude herauskamen, fragte ich sie, ob ich ihr etwas zu Essen bringen könne. Sie sagte ja und so brachte ich ihr ein Güggeli. Und diesen Liebesbeweis hat sie verstanden. Dieses Güggeli war in vieler Hinsicht der Anfang von unserer Beziehung.

Liebe von Gott erfahren

Wie zeigt denn Gott seine Liebe zu uns? Oder umgekehrt: Wie können wir die Liebe Gottes erfahren? Was ist das “Güggeli” von Gott?

Es ist absolut essenziell, die Liebe Gottes zu spüren. Weil sonst werden wir zu nominellen Christen. Wir werden zu Moral-Aposteln, die sagen: Tu das nicht, tu dies nicht. Das ist ein freudloses Leben. Solche Christen sind nicht anziehend, sondern im Gegenteil: Sie scheinen keine Freude am Leben zu haben und versuchen andere vom gleichen zu überzeugen. So wird das nicht funktionieren.

Darum ist es wichtig, dass die Liebe Gottes erfahrbar ist. Nicht nur theoretisch. Denn wenn ich die Liebe Gottes spüre, dann kommt alles andere von alleine.

Lass uns 1. Joh 3,16 anschauen:

Daran haben wir die Liebe erkannt, dass Er sein Leben für uns hingegeben hat

Ich habe diesen Vers schon oft gelesen. Und immer denke ich: Really!? Durch den Tod, durch das Kreuz kann ich die Liebe erfahren? Das ist der Ort, wo ich das am wenigsten erwartet hätte.

Ich hätte zum Bespiel erwartet, dass es etwas mit Gebetserhörungen zu tun hätte. Wie der Lahme, der zu Jesus kam. Oder besser gesagt, seine vier Freunde trugen ihn, weil er nicht mehr gehen konnte. Und sie brachen das Dach auf und liessen ihn hinab. Auf einer Liegedecke. Jesus hat seine Rede unterbrochen und gewartet, bis der Gelähmte heruntergelassen wurde. Als er unten war, sah Jesus ihn an und sagte… was sagte er?

Deine Sünden sind dir vergeben.

Schweigen. Äh. Nein!? Jesus, das ist nicht, was der Mann wollte. Verstehst du es denn nicht? Sein Problem sind nicht die Sünden, sein Problem sind seine Beine. Er kann nicht mehr laufen!

Doch sagte Jesus zum Mann: Deine Sünden sind dir vergeben. Du wolltest zwar das andere, das mit den Beinen, aber dein wirkliches Problem war das mit deinem Herzen. Das hast du nicht gemerkt, aber es ist das dringendere Problem, das habe ich dir gelöst. Doch damit alle merken, dass ich Sünden vergeben kann, heile ich dir die Beine. Nur deswegen!

Genau das hat Leo letzten Sonntag gepredigt:

Jesus ist nicht der Messias, den wir uns wünschen.
Sondern der Messias, den wir brauchen.

So geht es mir auch, wenn ich den Vers bei 1. Johannes 3,16 lese. Ich erwarte etwas anderes. Etwas ganz anderes. Ich verstehe zwar, dass Jesus etwas Grossartiges gemacht hat. Er ist für mich gestorben. Aber warum denn? Es ist ja toll, dass jemand sein Leben für mich aufgegeben hat, aber ich bin etwas verwirrt. Musste das wirklich sein? Es ist ja nicht so, dass ich auf eine Klippe zugerast bin. Ich sah keine Gefahr, von der er mich hätte retten müssen.

Aber die ganze Bibel schreit förmlich: Doch!

Das Kreuz zu verstehen ist eine der wichtigsten Aufgaben für uns Christen. Und auch eine der Schwierigsten. Es lohnt sich!

Und darum ist Ostern auch das wichtigste Fest der Christen. Nicht Weihnachten. Sondern Ostern.

Nun, ich habe mich gemeldet, eine Predigt zu halten. Und habe mich für die Karfreitagspredigt gemeldet. Ich habe mir dabei nichts Grosses gedacht, aber als ich mich auf die Predigt vorbereitete, dachte ich: Super Philipp. Jetzt machst du die erste Predigt hier in der Efra und gleich zum zentralsten Thema.

Ich meine, ich fühle mich geehrt, aber es andererseits fürchtet es mich vor der Verantwortung, gleich die zentrale Botschaft Gottes zu predigen. Und dabei das Kreuz nicht in aller Herrlichkeit zu predigen.

Aber wie es zur Predigt kam, war so: Ich habe vor einiger Zeit eine Predigt gehört von R.C. Sproul über das Kreuz, und als ich den Predigtplan erhielt und sah, dass für “der Tod” noch kein Prediger feststand, da dachte ich sofort an die Predigt von Sproul. Deshalb wird ein grosser Teil der folgenden Predigt von Sprouls Predigt sein.

Der Fluch

Die zentrale Bibelstelle heute ist Gal 3,10-14

Denn alle, die aus Werken des Gesetzes sind,
die sind unter dem Fluch;
denn es steht geschrieben:
»Verflucht ist jeder, der nicht bleibt in allem,
was im Buch des Gesetzes geschrieben steht, um es zu tun«.
Dass aber durch das Gesetz niemand vor Gott
gerechtfertigt wird, ist offenbar; denn
»der Gerechte wird aus Glauben leben«.
Das Gesetz aber ist nicht aus Glauben, sondern:
»Der Mensch, der diese Dinge tut, wird durch sie leben«.

Christus hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes,
indem er ein Fluch wurde um unsertwillen
(denn es steht geschrieben:
»Verflucht ist jeder, der am Holz hängt«),
damit der Segen Abrahams zu den Heiden komme
in Christus Jesus,
damit wir durch den Glauben den Geist empfingen,
der verheissen worden war.

Es gibt so viele Bibelstellen über das Kreuz. Wenn Paulus sagt, dass er sich vorgenommen hat, “nichts anderes zu wissen als nur Jesus Christus, und zwar als Gekreuzigten” und so viele Briefe geschrieben hat, dann wird es wohl viele Facetten davon geben.

Eine Facette, über die sehr wenig gepredigt wird, ist die Facette des Fluchs. Das ist ein sehr unpopuläres Wort. Was ist das, ein Fluch? “Über diesem Haus hängt ein Fluch”. Das klingt nach Geistergeschichten. Oder jemand spricht einen Fluch aus über jemand anderen. Das klingt nach Voodoo. Nach Aberglaube.

In unserer westlichen Gesellschaft haben wir doch nur ein müdes Lächeln übrig für so was. Ein Fluch. Früher, da hat mach sich gefragt, ob die Pest eine Strafe Gottes war. Leute liefen auf den Strassen rum und riefen, die Leute sollen wieder zu Gott umkehren, damit die Strafe vorbei geht. Und heute? Wir lachen darüber. Die Medizin hat längst erklärt, woher die Pest kam und wie sie übertragen wurde. Auch Naturkatastrophen sind alle wissenschaftlich erklärbar. Dass es noch so etwas wie einen Fluch, eine Strafe geben könnte, das halten wir für überholt.

Und doch ist das etwas Biblisches. Gott hat verflucht. Es ist mir bewusst, wie unpopulär diese Eigenschaft ist. Doch es ist eine wichtige Eigenschaft Gottes. Gott ist nicht nur ein Gott, der liebt, der segnet. Sondern auch ein Gott, der verflucht.

Angefangen in Genesis: Gott verflucht die Schlange:

Weil du dies getan hast, so sollst du verflucht sein mehr als alles Vieh und mehr als alle Tiere des Feldes!”

Und zu Adam hat er gesagt:

Weil du […] von dem Baum gegessen hast […] so sei der Erdboden verflucht um deinetwillen!

Seit diesem Zeitpunkt ist der Erdkreis verflucht. Und wir merken das tagtäglich. Mühsame Arbeit. Oder Corona. Das ist keine heile Welt, da muss etwas kaputt sein. Ja, weil über der Erde der Fluch hängt.

Doch Fluch kommt nicht nur in Genesis vor. Es ist nicht nur etwas, was Gott gemacht hat beim Sündenfall. Sozusagen initial bei der Schöpfung und danach nicht mehr.

Es kommt auch vor bei Mose. Am Schluss des 5. Mose. Nach der Zusammenfassung aller Gesetze erklärt Mose was passiert, wenn die Israeliten die Gebote einhalten, und was, wenn sie sie nicht einhalten:

Wenn ihr dem Herrn, eurem Gott, gehorcht
und alle Gebote haltet, die ich euch heute gebe,
wird euch der Herr, euer Gott,
über alle Völker der Welt setzen.

Wenn ihr dem Herrn, eurem Gott, gehorcht,
werdet ihr folgendermaßen gesegnet werden:
Ihr werdet gesegnet werden in euren Städten
und ihr werdet gesegnet werden auf dem Land.
Ihr werdet gesegnet werden mit vielen Kindern,
reichen Ernten und zahlreichen
Jungtieren bei euren Schaf-,
Ziegen- und Rinderherden.
Ihr werdet gesegnet sein mit Erntekörben,
die von Früchten überquellen,
und mit Backtrögen, die bis oben mit Brot gefüllt sind.
Ihr werdet gesegnet sein, wenn ihr nach Hause kommt,
und ihr werdet gesegnet sein, wenn ihr fortgeht.
(5. Mose 28,1-6 Neues Leben Bibel)

Beachtet, was hier steht: Wenn ihr auf alle die Gebote hören werdet, dann werdet ihr überall in eurem Leben Segen empfangen. In der Stadt. Auf dem Land. In der Küche. Auf dem Feld. Im Stall. Im Schlafzimmer. Überall.

Aber dann geht es weiter…

Wenn ihr jedoch dem Herrn, eurem Gott,
nicht gehorcht und seine Gebote und Vorschriften,
die ich euch heute gebe, nicht gewissenhaft befolgt,
werden euch die folgenden Flüche treffen:
Ihr werdet verflucht sein in den Städten
und ihr werdet verflucht sein auf dem Land.
Ihr werdet gestraft sein mit leeren Erntekörben
und leeren Backtrögen.
Ihr werdet gestraft sein mit wenig Kindern,
schlechten Ernten
und wenig Jungtieren bei euren Schaf-, Ziegen-
und Rinderherden.
Ihr werdet verflucht sein, wenn ihr nach Hause kommt,
und ihr werdet verflucht sein, wenn ihr fortgeht.
(5. Mose 28,15-19, Neues Leben)

Also: Wenn ihr die Gebote nicht gewissenhaft befolgt, dann wird dich der Fluch überall hin verfolgen: In der Stadt. Auf dem Land. In der Küche. Auf dem Feld. Im Stall. Im Schlafzimmer. Überall.

Ich glaube, es war noch nie unpopulärer, über Gottes Fluch zu sprechen als heute. Gottes Segen ist super, aber Gottes Fluch? Ich merke, wie ich selber von diesem Strom erfasst werde und Gott infrage stelle: Wie kommt es, dass du uns verfluchen willst? Als müsste Gott darauf antworten. Es ist etwa so wie Petrus, der, nachdem Jesus sagte, dass er sterben sollte, zu ihm sagt: nein, so soll das nicht sein, sondern du sollst nicht sterben. Ebenso will ich Gott sagen: Das mit dem Segen ist ja ok, aber das mit dem Fluch, das ist schon etwas altertümlich.

Interessanterweise ging es bei Petrus’ talk-back auch um das Kreuz. Das soll nicht so sein, sagte Petrus, weil es ist nicht nötig. Lass uns weiter durchs Land ziehen und predigen und die Leute heilen. Und dabei auch gleich noch die Römer vertreiben. “Du hast keine Ahnung”, sagte Jesus. Nein, er sagte es noch krasser. “Geh weg von mir, Satan. Denn du verstehst nicht, dass Gottes Fluch über dich kommen würde, wenn ich nicht sterben würde. Ja, wir sind nun gerade dabei die Menschen zu heilen, aber das löst nicht das eigentliche Problem von euch Menschen. Denn schlussendlich wird Gott die Erde richten und dann wirst auch du Petrus, nicht in den Himmel kommen sondern in die Hölle, und all euer Aufbegehren wird nichts ausrichten.”

Genauso macht auch die heutige westliche Welt ein talk-back zu Gott und versucht Gott vorzuschreiben, wie er über uns denken soll. Aber wir haben nichts zu melden. Es ist zwar schwer vorzustellen, weil es der heutigen Denke voll gegen den Strich geht, aber es ist wahr: Am Schluss der Erde wird Gott richten und er wird uns an seinen Massstäben messen und wenn wir denen nicht genügen, wird er uns gerecht bestrafen.

Doch zurück zum Segen und Fluch vom fünften Mose. Wie verstand das der Israelit? Ich denke das Einfachste ist, wenn wir einen bekannten Segen im Alten Testament anschauen:

Der HERR segne dich und behüte dich;
der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir
und sei dir gnädig;
der HERR hebe sein Angesicht über dich
und gebe dir Frieden
4. Mose 6,24-26

Der Kern dieser Bibelstelle ist das Sehnen danach, Gott zu sehen. Das ist was Mose wollte, endlich mal Gott zu sehen, und er konnte ihn wohl sehen, aber nur von hinten, aber das Gesicht konnte er nicht sehen. Ebenso in:

Geliebte, wir sind jetzt Kinder Gottes, und noch ist nicht offenbar geworden, was wir sein werden; wir wissen aber, dass wir ihm gleichgestaltet sein werden, wenn er offenbar werden wird; denn wir werden ihn sehen, wie er ist. (1. Joh 3,2)

Ist es nicht das Schwierigste beim Christ sein, dass wir Gott nicht sehen können? Wie sehr hoffe ich auf den Moment, da ich Gott endlich sehen kann, von Angesicht zu Angesicht. Wie herrlich das sein wird!

Wie sähe der Aaronitische Segen aus, wenn er umgedreht würde?

Möge der Herr dich verfluchen
und dich im Stich lassen.
Möge der Herr dich an einen Ort stellen,
wo du ihn nie mehr zu sehen kriegst
und möge er dir nur Gericht ohne Gnade geben.
Möge der Herr sich von dir abwenden
und seinen Frieden für immer von dir nehmen.

Der grosse Tag der Versöhnung

Doch schon in Moses Zeiten gab es einen Ausweg aus dem Fluch. Gott hat den Israeliten einen Weg geschaffen, wie sie dem Fluch entkommen können, auch wenn sie nicht das ganze Gesetz einhielten.

Beim grossen Versöhnungstag wurden einige Tiere verwendet um die Vergebung der Sünden zu bewirken. Es gab ein paar Tiere, die für den Hohepriester Aaron geschlachtet werden mussten. Dies musste geschehen, bevor der Priester in das Allerheiligste konnte, wohin der Priester, und nur der Hohepriester und auch nur an einem Tag des Jahres, gehen konnte. Das Blut musste an den Altar gesprenkelt werden.

Dann wurden zwei Ziegenböcke genommen und über sie das Los geworfen. Der eine wurde geschlachtet. Das war zur Sühnung der Sünden des Volkes. Auch dieses Blut wurde an den Altar gesprenkelt. Zur Versöhnung.

Der andere Ziegenbock wurde zum Sündenbock auserkoren. Ihm legte der Hohepriester die Hände auf den Kopf und liess ihn dann in die Wüste rennen. Aus dem Lager hinaus.

Konnten diese beiden Böcke wirklich den Fluch Gottes abwenden? Natürlich nicht. Das war nur ein Schatten, ein Symbol, ein Vorausschauen auf den Tod von Jesus.

Wie es in Hebräer 10,4 heisst:

Denn unmöglich kann das Blut von Stieren und Böcken Sünden hinwegnehmen!

Der Tod Jesu

Jesus verkörperte beide Tiere. Durch sein Opfer sind zwei Dinge passiert.

Zum einen verkörperte er den einen Bock, der geschlachtet wurde und dessen Blut an den Altar gesprenkelt wurde.

Das war die Versöhnung mit Gott. Das war der vertikale Vorgang. Zwischen uns und Gott. Dem entspricht der Längsbalken des Kreuzes. Er geht vertikal von uns zu Gott hoch.

Doch eben, der Bock im Alten Testament war nicht “the real thing”. Das Blut des Bockes hat nicht die Versöhnung erwirkt. Es hatte nur den Anschein, dass da wirklich etwas passiert. Das Blut von Jesus aber hat die Versöhnung mit Gott erwirkt. Es hat Gottes Forderungen nach Gerechtigkeit erfüllt. Denn Gott lässt die Sünde nicht ungestraft. Er sieht nicht einfach mal ein bisschen über sie hinweg. Wie es in Hebräer 9,22 heisst:

ohne Blutvergießen geschieht keine Vergebung

Zum anderen verkörperte Jesus den anderen Bock. Dies entspricht dem horizontalen Balken des Kreuzes. Jesus hat die Sünden weggetragen. Unsere Sünde wurde weggeworfen so weit, wie Ost von West entfernt sind. Nur das geworfen der falsche Ausdruck ist, Jesus hat sie getragen.

Bei dem Bock ging es so: Der Hohepriester hat die Hände auf ihn gelegt und die Sünden von allen Israeliten in ihn hinein transferiert. Somit hatte der Bock all die Sünden der Israeliten und die Israeliten waren danach sündlos.

Sagte Aaron nun zu dem Bock: Vielen Dank fürs Stillhalten, du kannst zurück zu deiner Herde gehen? Nein nein. Die Zeremonie war noch nicht zu Ende.

Nachdem all die Sünden des Volkes in den Bock gelegt wurden, wurde der Bock in die Wüste getrieben. Aus dem Lager hinaus. In dem Lager war die Stiftshütte, und alle Stämme hatten ihr Lager um die Stiftshütte herum. Das war die Gemeinschaft der Heiligen. Aus diesem Lager vertrieben zu werden hiess, dass man keinen Platz mehr hat in der Gemeinschaft der Heiligen. Man wurde aus dem Angesicht Gottes verstossen. Da, wo der Segen Gottes nicht mehr hinreicht. Man wurde in die äussere Finsternis vertrieben. In das Exil. In die Wüste. In den Fluch.

Galater 3,13:

Christus hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes,
indem er ein Fluch wurde um unsertwillen

Hört genau hin. Jesus wurde nicht nur verflucht um unseretwillen, sondern er wurde zum Fluch.

Die Inkarnation der Herrlichkeit Gottes, die ganze Fülle, die in diesem einen Menschen war, wurde die Inkarnation des göttlichen Fluchs. Er wurde zum Fluch.

In der Bibel heisst es, dass Gott in seiner Heiligkeit die Sünde nicht ansehen kann. Und so kann er es nicht ertragen auf die konzentrierte, monumentale Verdichtung des Bösen zu sehen. Und er wendet seine Augen ab von seinem Sohn.

Und das Erlöschen seines Angesichts wurde sichtbar. In der Mittagszeit wurde es plötzlich dunkel. Und nicht bloss das Dunkel eines Gewitters. Sondern es wurde richtig dunkel.

Und Jesus schreit: Eloi, Eloi, lama sabachthani? Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?

Das ist das grösste Drama ever. Nichts kann das toppen. Es ist so monumental, dass sich einige gefragt haben: Hat sich Jesus nur so gefühlt? Kann ja nicht sein, dass Gott der Vater den Sohn verlässt. Und versuchten, dies wegzudiskutieren. Neinneinnein, Jesus wurde hier wirklich verlassen.

Wenn Jesus wirklich Fluch wurde, dann war er in diesem Moment absolut, vollständig und komplett verlassen.

Der Punkt ist. Dieser Fluch, hätte mich. Hätte euch genauso getroffen. Unser Schicksal wäre es gewesen, dass wir in die äussere Finsternis geworfen worden wären wo es kein Zurückkommen mehr gibt.

Ja, wir waren wahrlich in dem Auto, dass auf die Klippe zurast.

Und Jesus, nachdem er Fluch wurde. Als letztes Wort bevor er starb und das Blut die Schuld unsere Sünden tilgte, sagte “es ist vollbracht”. Die Auserwählten können zurück zu Gott. Der Fluch trifft sie nicht.

Ich bin überzeugt: Jeder in diesem Raum, oder ausserhalb auf den Strassen, in Rafz oder irgendwo sonst, der nicht mit dem Blut von Jesus reingewaschen wurde, den wird der Fluch Gottes treffen.

Wenn du das glaubst, dann wirst du dem Evangelium nichts hinzufügen sondern wirst es predigen in aller Klarheit. Weil dies ist unsere einzige Hoffnung. Der Tod und die Auferstehung von Jesus ist unsere einzige Hoffnung.

Ja, liebe Geschwister. Daran können wir die Liebe Gottes erfahren. Im Kreuz. Weil in diesem Moment unser wahres Bedürfnis gestillt wurde. Mein Gebet ist, dass diese Predigt half, dass die Liebe Gottes in eure Herzen ausgegossen wurde.

Durch das Vorbereiten einer Predigt bleibt mir diese und nächste Woche keine Zeit für das Schreiben auf meinem Blog, doch beim “Lesenswichtig” mache ich eine Ausnahme, insbesondere weil ich ein paar sehr lohnenswerte Artikel gelesen habe und diese gerne weitergeben will.

Ich bin Evangelist. Um aus diesem Schlamassel zu kommen müssen wir Denken (und Fühlen)

Dieser Artikel ist eine Antwort auf den Artikel “Ich bin Philosoph, um aus dem Schlamassel zu kommen können wir nicht bloss denken”. Es ist eigentlich eine Antwort auf diesen einen Satz:

Wenn man jung ist, ist es leicht, Stärke mit Dominanz zu verwechseln; wenn man älter wird, erkennt man, was für eine Charakterleistung es braucht, um sanftmütig zu sein. Früher habe ich mir vorgestellt, dass es meine Berufung ist, die Wahrheit zu verteidigen. Jetzt versuche ich nur noch herauszufinden, wie man liebt.

Die Antwort von Esther O’Reilly enthält enorm viele gute Gedanken, am liebsten würde ich den halben Artikel hier wiedergeben. Hier ein paar Auszüge:

Richard Cecil, der beschreibt, wie er mit Zweifeln umging: “Wie ein Mann, dem gesagt wird, dass das Fundament seines Hauses in Gefahr ist, rufe ich nach dem Schlüssel des Kellergewölbes, auf denen meine Behausung steht. Ich zünde eine Kerze an, gehe die Treppe hinunter und gehe sehr bedächtig durch die Gewölbe: Ich untersuche den verdächtigen Bogen ganz besonders; und nachdem ich mich davon überzeugt habe, dass das Fundament vollkommen sicher ist, gehe ich wieder hinauf, schliesse die Tür ab, hänge den Schlüssel auf, lösche die Kerze und gehe in aller Ruhe meinen Geschäften nach, wobei ich sage: ‘Sie mögen einen Alarm auslösen, aber ich finde, dass alles sicher ist.’”

Smith schreibt, dass er früher dachte, seine Berufung sei es, die Wahrheit zu verteidigen, während er jetzt nur noch “herausfindet, wie man liebt.” Aber jeder Christ, in jeder Station des Lebens, ist nach bestem Wissen und Gewissen “berufen”, beides zu tun. Und in einer Welt, deren Moral grösstenteils von einer Pop-Kultur geformt wird, die meistens die Wahrheit verzerrt, werden Christen ihre Nächsten nicht gut lieben können, wenn sie nicht in der Lage sind, die Täuschungen, mit denen die Kultur sie füttert, zu erkennen und zu artikulieren.

“Aber wir müssen sensibel sein! Wir müssen seelsorgerisch sein! Wir müssen verletzliche Menschen freundschaftlich evangelisieren und ihnen nicht nur kalte Wahrheiten durch ein Megaphon entgegenschreien!” Ich habe nie etwas anderes behauptet. Been there, done that. Aber dabei habe ich entdeckt: Wenn du mit jemandem in gutem Glauben sprichst, der seinerseits in gutem Glauben mit dir sprechen will, wird er verstehen, dass du ihn liebst, ob du mit ihm einig gehst oder nicht. In der Tat könntest du die Person werden, der sie am meisten vertrauen, denn wenn sie mit dir sprechen, spüren sie mehr als nur “Liebe”, wie man ihnen beigebracht hat zu denken, was Liebe ist. Sie spüren Sicherheit. Sie spüren Stabilität. Sie spüren Ehrlichkeit.

Zum Artikel: I’m an Evangelist. We Must Think (and Feel) Our Way Out of This Mess.

Glauben wachsen lassen im Angesicht des Todes

Tim Keller hat Krebs. Er schreibt darüber, was das mit seinem Glauben macht. Was ich an Tim Keller besonders mag: Er schaut den Dingen ehrlich in die Augen. Er lässt sich bewegen, er findet ehrliche Antworten auf die wichtigen Fragen. Ebenso in der Auseinandersetzung mit seiner eigenen Krebsdiagnose: Er spult nicht einfach einen theologischen Antwortenkatalog ab, sondern gibt zu, wo er schwach ist, wo er noch keine Antwort gefunden hat. Ein paar Auszüge:

Eines der ersten Dinge, die ich lernte, war, dass religiöser Glaube nicht automatisch Trost in Zeiten der Krise spendet. Der Glaube an Gott und ein Leben nach dem Tod, ist nicht sofort tröstlich oder unumstösslich stärkend.

Der Kulturanthropologe Ernest Becker argumentierte, dass die Verleugnung des Todes unsere Kultur dominiert, aber selbst wenn er Recht hatte, dass das moderne Leben diese Verleugnung verstärkt hat, war sie immer bei uns. Wie der protestantische Theologe Johannes Calvin im 16. Jahrhundert schrieb: “Wir leben so, als ob wir uns auf Erden Unsterblichkeit verschaffen wollten. Wenn wir einen toten Körper sehen, mögen wir kurz über die flüchtige Natur des Lebens philosophieren, aber in dem Moment, in dem wir uns abwenden, bleibt der Gedanke an unsere eigene Unsterblichkeit in unseren Köpfen hängen.” Der Tod ist für uns eine Abstraktion, etwas technisch Wahres, aber als persönliche Realität unvorstellbar.

Ich habe mich in die Psalmen zu vertieft, um sicher zu sein, dass ich nicht einem Gott begegnete, den ich mir selbst ausgedacht hatte. Jeder Gott, den ich mir ausdenke, wird sicherlich weniger beunruhigend und anstössig sein, aber wie kann ein solcher Gott mir dann widersprechen, wenn mein Herz sagt, dass es keine Hoffnung gibt oder dass ich wertlos bin? Die Psalmen zeigen mir einen Gott, der in seiner Komplexität wahnsinnig macht, aber diese schwierige Gottheit wirkt wie ein reales Wesen, nicht wie eines, das sich ein Mensch ausgedacht hätte. Durch die Psalmen wuchs in mir das Vertrauen, dass ich vor “dem, mit dem wir es zu tun haben” stehe.

Zu unserer Überraschung und Ermutigung haben meine Frau Kathy und ich entdeckt, dass wir diese Welt umso mehr geniessen können, je weniger wir versuchen, sie in einen Himmel zu verwandeln.

Wir belasten sie nicht mehr mit Anforderungen, die sie unmöglich erfüllen kann. Wir haben festgestellt, dass die einfachsten Dinge - von der Sonne auf dem Wasser und den Blumen in der Vase bis hin zu unseren eigenen Umarmungen, Sex und Gesprächen - mehr Freude bringen als je zuvor. Das hat uns überrascht.

Ich kann aufrichtig und ohne jede Sentimentalität oder Übertreibung sagen, dass ich noch nie in meinem Leben glücklicher war, dass ich noch nie so viele Tage voller Trost hatte. Aber es ist ebenso wahr, dass ich noch nie so viele Tage der Trauer hatte.

Zum Artikel: Growing My Faith in the Face of Death

Hüte dich vor der Versuchung, auf den Sozialen Medien ein Pharisäer zu sein

Ich kann momentan die sozialen Medien kaum ertragen. Besonders Facebook scheint ein Ort zu sein, wo man nicht zuhört, sondern einfach die eigene Position vertritt, ohne dabei zuzuhören.

Daher hat mich dieser Artikel auf TGC angesprochen. Ein paar Auszüge:

Der Pharisäer - derjenige, der in der Gemeinde für Wohlwollen und Güte bekannt war, auf den man sich verlassen konnte, um den Habgierigen den Stinkefinger zu zeigen - hatte sich vom eigenen Herz am meisten entfremdet und war am weitesten von Barmherzigkeit entfernt. Höre ihm zu und höre das Echo unserer Zeit:

Der Pharisäer stellte sich hin und betete bei sich selbst so: O Gott, ich danke dir, dass ich nicht bin wie die übrigen Menschen, Räuber, Ungerechte, Ehebrecher, oder auch wie dieser Zöllner da. 12 Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme! (Lk 18,11-12)

Ich bin ein guter Mensch. Ich stehe auf der richtigen Seite in allen wichtigen Fragen. Und ich bin hier, um dies denjenigen, die nicht so gut sind wie ich, öffentlich zu erklären.

Wie können wir also diese Versuchung vermeiden? Vielleicht müssen wir die Lektion Jesu in dem Gleichnis noch einmal überdenken: Denken Sie daran, dass er die Leute zurechtweist, die Heiligkeit und Reinheit betonten, aber nicht verkörperten. Das, wonach sich die Pharisäer sehnten, war nicht illegitim, aber sie erkannten ihre eigene Verkommenheit nicht. Der Weg zur Erneuerung lag jedoch nicht in der öffentlichen Demonstration von Frömmigkeit, sondern in demütigen Schreien nach Gnade von einem heiligen Gott.

Dieser letzte Satz fordert mich auch persönlich heraus. Ich schreibe auf den sozialen Medien nicht viel, doch auch hier auf dem Blog kann ich der Versuchung verfallen, alles besser wissen zu können, mich selbst zu verkündigen statt den Gott, der die Sünde vergibt.

Zum Artikel: Resist the Pharisee Temptation on Social Media

Was ich nicht verstehe: Wieso scheint Umweltschutz primär eine Sache von Nichtchristen? Wieso sind es nicht primär Christen, die sich für den Umweltschutz einsetzen?

In den letzten Jahren wurde Umweltschutz und Nachhaltigkeit für meine Frau und mich immer wichtiger. In diesem Artikel versuche ich zu erklären, wieso.

Einwand: «Umweltschutz ist nicht der Kern der christlichen Botschaft, wir sind gesandt, das Evangelium zu verkünden».

Natürlich. Doch ist nicht die Sklaverei von William Wilberforce abgeschafft worden, einem Christen? Waren es nicht Christen, welche sich für allgemeine Bildung und Medizin einsetzten? Wieso hat Jesus Menschen geheilt, wenn er doch gekommen ist, das Evangelium zu verkünden?

Einwand: «Umweltschutz ist eine Ersatz-Religion».

Nur, wenn sie der Kern der Botschaft ist. Aber ebenso ist es die Medizin: Geht es nur darum, dass Menschen gesund werden und länger leben können, ohne dass sie dabei vom Evangelium hören, ist das am Ziel vorbeigeschossen. Denn was nützt einem Menschen ein langes Leben, wenn er danach in die Hölle kommt? Ebenso wenig hilft eine gesunde Erde, deren Bewohner keine Beziehung zu deren Schöpfer haben.

Doch: Wenn schon Menschen sich für die Erde einsetzen, die glauben, dass sie durch Zufall entstanden ist, wie viel mehr dann wir Christen, die wir glauben, dass sie von Gott erschaffen wurde. Hat uns Gott nicht nach der Erschaffung einen Auftrag gegeben?

Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, damit er ihn bebaue und bewahre. (Gen 2,15)

Einwand: «Gott wird sowieso eine neue Erde schaffen».

Ja, das wird er. Viele Umweltschützer verfallen in einen panischen Aktivismus, da sie glauben, die Rettung der Welt liege auf den Schultern der Menschen. Dem stimme ich nicht zu, da ich glaube, dass Gott erstens eingreifen kann und zweitens tatsächlich eine neue Welt schaffen wird, die, wie ich mir vorstelle, nicht mehr geplagt wird von CO2-Ausstössen, schwimmenden Plastikansammlungen auf den Meeren und Artensterben.

Doch wenn Gott sagt: “Wieso hast du nicht zu meiner Erde sorge getragen” kann ich nicht mit gutem Gewissen sagen: “Weil ich gedacht habe, du machst danach eh eine neue”.

Im Englischen gibt es das Wort “Stewardship”, das leider im Deutschen kein gutes Gegenüber hat. (“Verwalter” klingt nach einem Beamten-Job). Wir sind “Stewards” der Erde. Es ist Gottes Eigentum, den er uns zur Sorge übertragen hat. Es ist ein “Trust” (auch hierfür fehlt ein gutes deutsches Wort): Das Eigentum Gottes, dass er uns zur Pflege anvertraut hat.

Rick Warren beschreibt dieses Verhältnis treffend:

Vor Jahren überliess ein Ehepaar meiner Frau und mir ihr schönes Haus am Strand von Hawaii für einen Urlaub. Es war eine Erfahrung, die wir uns nie hätten leisten können, und wir haben es sehr genossen. Uns wurde gesagt: “Benutzt es so, als ob es euch gehört”, also taten wir das! Wir schwammen im Pool, assen das Essen im Kühlschrank, benutzten die Badetücher und das Geschirr und sprangen sogar zum Spass auf den Betten herum! Aber wir wussten die ganze Zeit, dass es nicht wirklich uns gehörte, also passten wir besonders gut auf alles auf. Wir genossen die Vorteile, das Haus zu nutzen, ohne es zu besitzen. (Aus: The Purpose Driven Life)

Im Neuen Testament gibt es einige Stellen, wo es um die Verwaltung des Vermögens geht, wo der Besitzer verreist, danach zurückkommt und die “Stewards” danach beurteilt, wie sie mit dem “Trust” umgegangen sind.

Einwand: «Umweltschutz ist eine Ablenkung von Gott»

Der Einwand: Braucht Umweltschutz nicht mehr Zeit? Heisst es nicht: “Kauft die Zeit aus?”. Sind die Annehmlichkeiten der Erde (die leider negative Konsequenzen auf den Umweltschutz haben) nicht dazu da, dass wir mehr Zeit haben für die “wichtigen Dinge”?

Vielleicht, wenn es denn so wäre, dass die gesparte Zeit für Gott eingesetzt würde. Es dünkt mich aber eher, dass je mehr Annehmlichkeiten sich ein Mensch leistet, desto weniger ist Gott im Zentrum.

Die Lösung zum Klima-Problem führen fast ohne Ausnahme zu Verzicht. Zu genügsamem Lebenswandel. Zu persönlichen Einschränkungen. Zu weniger Konsum. Ist nicht genau das einer der zentralen Themen des Neuen Testaments? Lässt es sich nicht einwandfrei als Christ leben und gleichzeitig zur Umwelt zu schauen?

Euer Lebenswandel sei frei von Geldliebe! Begnügt euch mit dem, was vorhanden ist (Heb 13,5)


Für meine Frau und mich ist Umweltschutz ein wichtiges Thema geworden. Das wichtigste? Nein. Auf diesem Blog wird hoffentlich klar, dass wir uns als von Gott berufene Christen verstehen, die unter anderem den Auftrag zum Umweltschutz erhielten. Und nicht Umweltschützler, die irgendwie auch noch an Gott glauben.

Zur Erde sorge tragen soll eine Selbstverständlichkeit sein. Etwas, das nebenbei geschieht, als unausweichliche Nebensächlichkeit.

Doch weil dieses Thema bei Christen noch immer wie ein Tabu betrachtet wird, werden meine Frau und ich in den nächsten Wochen über unsere Erfahrungen beim Thema Nachhaltigkeit erzählen, mit Fokus auf Zero-Waste. Gespickt werden die Beiträge - als Fortsetzung der letzten paar Wochen - mit Einschüben über Minimalismus. Denn diese zwei Themen gehören immer irgendwie zusammen.

Teil 9 von “Lesenswichtig”, einer Liste von christlichen Artikeln (und heute auch eine Youtube-Reihe), die mich diese Woche bewegt haben.

Träume, Filme und die Macht der Ideen

Ein spannendes Format: “Theo-Tektiv” bespricht Filme, indem es betrachtet, was der Film mit dem Zuschauer macht. Das ganze aus der christlichen Perspektive. Eben ist eine Reihe zu Inception (einer meiner Lieblingsfilme) fertig geworden:

Wir denken oft, dass wir in einer neutralen Welt leben, und Ideen so etwas sind, worüber wir frei nachdenken können, aber was wäre, wenn Ideen ein Eigenleben hätten, wenn wir nicht mit Ideen spielen können, sondern wir zum Spielball von Ideen werden?

Denkt mal darüber nach, was uns Menschen bewegt! Also zum Beispiel ein Erfinder, der beseelt von seiner Idee tausende Stunden herumtüftelt. Den Politiker der sein Leben für Gerechtigkeit und Menschenrechte einsetzt. Den Jungen, der Stunden am Fussballplatz verbringt, um eines Tages wie Lionel Messi in ein volles Fussballstadion einzulaufen.

Auf eine gewisse Weise ist dieser Film Inception ein Film über die ultimative Traummaschine: Die Filmindustrie. […] Filme sind Traummaschinen. Darum fühlt es sich nach einem Film so an, als würden wir erwachen […] Wir fangen an, uns wieder zu orientieren: Was ist real, was ist Film, was ist Traum? Und wenn ein Film richtig gut ist, dann hat er die Kraft, durch eine Geschichte unsere Gedanken, unsere Welt, unsere Wahrnehmung der Realität zu reformieren.

Zum Video: Träume, Filme und Macht der Ideen - Inception Review 1/3

Fortsetzungen:

Evolution kann unser Streben nach Glück nicht erklären

Sozusagen als Fortsetzung des gestrigen Artikels “Wo bin ich? Wissenschaft kann nicht einmal die einfachsten Fragen beantworten” ein Artikel von Randy Alcorn. Unser Streben nach Glück ist eine der offensichtlichsten Wirklichkeiten. Dass die Wissenschaften sie nicht erklären können - ja sogar verleugnen! - zeigt, wie kraftlos und kalt eine Welt des Atheismus ist. Ein paar Auszüge:

Darwin, gegen Ende seines Lebens, sprach von einem “Verlust von Freude”:
«Ich habe noch immer einen Sinn für schöne Landschaften, aber sie bereiten mir nicht mehr so wie früher ein köstliches Vergnügen […] Mein Verstand scheint eine Art Maschine geworden zu sein, die aus grossen Ansammlungen von Fakten allgemeine Gesetze herausschleift […] Der Verlust dieses Geschmacks ist ein Verlust an Glück und kann möglicherweise dem Intellekt schaden, und noch wahrscheinlicher dem moralischen Charakter, indem er den emotionalen Teil unserer Natur schwächt.»

Es ist wahrscheinlich, dass [bei Darwin] die naturalistische Perspektive, die er annahm, allmählich seine frühe Freude am Studium von Gottes Schöpfung untergrub und zu einer freudlosen, maschinenartigen Gleichgültigkeit führte.

Die Evolution kann immer noch nicht die Tatsache erklären, dass alle Menschen nach Glück streben, weshalb einige ihrer Befürworter sie einfach komplett abtun. Rafael Euba:
«Der Mensch ist nicht dazu geschaffen, glücklich oder gar zufrieden zu sein. Stattdessen sind wir in erster Linie darauf ausgelegt, zu überleben und uns fortzupflanzen, wie jedes andere Lebewesen in der natürlichen Welt auch. […] Glück, das ein reines Konstrukt ohne neurologische Grundlage ist, kann im Hirngewebe nicht gefunden werden»

Was für eine deprimierende und hoffnungslose Perspektive! Aber keine noch so gute Erklärung für die Idee des Glücks ändert etwas an der Tatsache, dass es das ist, wonach jeder Mensch zu allen Zeiten und an allen Orten strebt. Die Frage ist: “Warum?” Warum sollten wir überhaupt wissen, dass es so etwas wie Glück gibt, wenn es nicht in unserem Gehirngewebe gefunden werden kann?

Zum Artikel: Evolution Can’t Account for Our Inborn Longing for Happiness

Lazarus benachrichtigen

Falls bei dir die Faszination der Auferweckung des Lazarus etwas verblasst ist, dieser Artikel zeichnet die Bibelstelle in lebendigen Farben:

Irgendjemand hat einmal gesagt: “Jesus rief Lazarus beim Namen, um zu verhindern, dass alle Toten auferstehen!” Und ich habe George Whitfield vor meinem geistigen Auge, wie er seine Gemeinde auffordert, sich ihm zu nähern, indem er fast flüsternd und mit zunehmender Intensität sagt: “Ja, Lazarus war vier Tage lang im Grab, aber er stinkt nicht annähernd so schlimm wie ihr!” Es muss wundervoll gewesen sein, unter solch gottesfürchtigen Auslegern zu sitzen, die Texte reich und farbenfroh darlegten, die dich bis ins Mark erschüttern konnten und dann in einem Augenblick unsere Augen auf Christus unsere einzige Hoffnung richten konnten.

Zum Artikel: Notifying Lazarus

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