Minimalismus ist der Versuch, mit möglichst wenig Dingen auszukommen.

Das ist natürlich eine Idee, die nur in einer Überfluss-Gesellschaft wie der unseren zustande kommen kann. Oder wie soll ich jemandem in einem Slum erklären, was Minimalismus ist, wenn er nur eine einzige Hose besitzt, die zudem noch zerrissen und verlöchert ist? (Oder einem Kind in demselben Slum beibringen, was Aufräumen heisst, wenn es in der ganzen Nachbarschaft nur einen einzigen Fussball gibt - und dieser darüber hinaus das einzige Spielzeug ist?)

Ein grosser Teil der Welt befindet sich nicht in der Luxus-Situation, darüber nachdenken zu können, ob er weniger haben möchte.

Aber da wir nun einmal in diesem Wohlstand und Überfluss leben, liegt es auch in unserer Verantwortung, uns damit auseinanderzusetzen.

Dasselbe gilt für die Abfallvermeidung. In armen Ländern liegt zwar mehr Abfall herum, aber das ist nur so, weil er nicht so fachgerecht und schnell entsorgt wird wie bei uns. (Man stelle sich einmal vor, unser wöchentlicher Abfall würde anstatt in saubere Säcke verpackt und abtransportiert einfach auf die Strasse geleert! Da wäre bald kein Durchkommen mehr..). In Wahrheit produzieren wir in den reichen Ländern ein Vielfaches an Abfall von dem der armen Länder. Der Grund ist ganz einfach, dass wir es uns leisten können, mehr zu kaufen und häufiger Neues zu kaufen - auch wenn wir es gar nicht brauchen (z.B. jede Saison neue Kleider, obwohl die alten noch nicht kaputt sind. Oder neue Möbel, weil uns die alten nicht mehr gefallen). Die Menge an Abfall, die ein Mensch produziert, nimmt proportional zu seinem Einkommen zu - das ist eine bewiesene Tatsache.

Es liegt also in unserer Verantwortung, was wir mit all dem Überfluss an Geld, Gütern und Abfall machen.

Nachhaltigkeit und Umweltschutz werden in der christlichen Welt manchmal ein bisschen wie Stiefkinder behandelt. Uns Christen geht es ja schliesslich primär darum, dass Menschen gerettet werden, nicht, dass unser Planet gerettet wird. Stimmt. Das denke ich auch. Und ich bin auch wahnsinnig froh darüber, dass es nicht unsere Aufgabe ist, die Welt zu retten. Gott wird einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen. Wie herrlich! Ja, ich bin wirklich froh, dass diese Last, die Welt vor dem Untergang zu retten, nicht auf unseren Schultern liegt. Ich kenne nämlich Menschen, die sich für Umweltschutz einsetzen und Gott nicht kennen. Und ich spüre, wie die Verantwortung sie niederdrückt. Und sie z.T. auch bitter und wütend werden.

Wenn Gott also sowieso eine neue Erde schaffen wird, könnten wir dann nicht - angelehnt an Römer 6,1 - sagen: “Dann können wir doch mit der Umwelt unachtsam umgehen und die Natur ausnutzen. Gott wird sowieso eine neue Erde machen!” Das sei ferne! Wie können wir als Kinder Gottes jemals mit Gottes Schöpfung nicht achtsam und respektvoll umgehen? Wie können wir sie nicht schützen, pflegen und erhalten?

Gott hat uns Menschen von allem Anfang an als Verwalter über die Schöpfung eingesetzt. Er hat uns die Verantwortung übertragen, die Erde zu pflegen und zu ihr zu schauen.

In 1. Mose 2,15 heisst es:

Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, damit er ihn bebaue und bewahre.

Wir tragen Verantwortung dafür, wie wir mit Gottes Schöpfung umgehen. Es ist unmöglich, sich vorzustellen, dass wir Gott von ganzem Herzen lieben und gleichzeitig seine Schöpfung zerstören und ausbeuten. Das passt in keiner Weise zusammen!

Selbst wenn man die ganze Argumentation vom Verwalten der Erde weglassen würde: Es geht bei der ganzen Thematik ja keineswegs nur um Klimaerwärmung, abgerodete Urwälder und Massentierhaltung - es geht auch um Menschen! Menschen sind von der Umweltzerstörung auch betroffen, nicht nur Tiere und Pflanzen. Und sie sind auch noch auf eine ganz andere Art betroffen:

Wenn wir uns hier billige Kleider (oder Haushaltartikel oder Spielwaren oder Einrichtungsgegenstände) kaufen, weil wir (auch als Christen!) immer mehr wollen und gleichzeitig immer weniger bezahlen wollen (damit wir uns noch mehr kaufen können!), werden wir damit Teil einer weltweiten Dynamik, die auch als moderne Sklaverei bezeichnet wird. Menschen z.B. in Südostasien arbeiten endlose Stunden jeden Tag für einen Hungerlohn, ohne Krankenversicherung, ohne Ferien und ohne Rechte, um für uns reiche Menschen billige Ware zu produzieren - für uns, die wir sowieso schon alles haben! - damit wir uns immer noch mehr kaufen können (und damit wieder Unmengen von Abfall produzieren, was wiederum ein Problem ist). Damit stellen wir uns als Herren über sie und sie müssen für uns arbeiten, ob sie wollen oder nicht. Denn häufig ist diese Arbeit ihre einzige Wahl, um überhaupt überleben zu können.

Ein übles Beispiel dafür ist Billig-Mode. Unsere Schränke platzen aus allen Nähten, während diejenigen, die sie für uns nähen, kaum genug zum Anziehen haben - weil die Kleider für uns möglichst billig sein müssen, damit wir uns mehr davon leisten können. (Ein guter und sehr bewegender Einblick in diese Thematik gibt der Film “The True Cost” - Der Preis der Mode (2015))

Ein anderes Beispiel sind Dekorations-Artikel, wie wir sie jetzt in der Weihnachtszeit überall sehen (und kaufen) konnten. Wenn man sie umdreht, um zu sehen, wo sie hergestellt wurden, steht meist ein ostasiatisches Land darauf. Ist es recht, dass Menschen im fernen Osten, die kaum genug zum Leben haben, für uns reiche Westler Dekorations-Artikel herstellen, damit wir unsere Häuser jede Saison mit neuen Gegenständen schmücken können? Dass sie wenig verdienen und schlechte Arbeitsbedingungen haben, um für uns Dinge herzustellen, die wir gar nicht brauchen?

Jakobus 5,3b-4 sagt Ähnliches (NGÜ):

Denn ihr habt Reichtümer angehäuft, und das, obwohl wir am Ende der Zeit leben! Schlimmer noch: Den Arbeitern, die eure Felder bestellen, habt ihr den Lohn vorenthalten - ein Unrecht, das zum Himmel schreit! Die Hilferufe derer, die eure Ernte einbrachten, sind dem Herrn, dem allmächtigen Gott, zu Ohren gekommen.

Wir enthalten unseren Arbeitern den gerechten Lohn vor, während wir selbst ein Leben in Luxus führen und uns immer mehr bereichern. Mein Herz tut weh, während ich das schreibe. Wir sollen doch als Christen nicht die Armen ausbeuten, sondern ihnen helfen!

Das bringt mich zum Herz hinter der Ethik. Ich habe den leisen Verdacht, dass hinter der Abwehr von nachhaltigem Leben mancher Christen eigentlich die selbstsüchtigen Wünsche ihrer menschlichen Natur stehen. Warum wollen wir nicht teureres Fleisch aus tierfreundlicher Haltung kaufen? - Weil wir uns dann weniger Fleisch leisten können. Warum kaufen wir nicht Waren, die in der Schweiz hergestellt wurden (wenn es sie denn gibt)? - Weil wir uns dann nicht mehr jedesmal etwas Neues kaufen können, wenn uns danach verlangt, sondern nur noch, wenn etwas kaputt gegangen und nicht mehr reparierbar ist - also, wenn wir es brauchen (ganz abgesehen davon, dass wir einen Grossteil der Dinge, die wir uns regelmässig kaufen, gar nicht brauchen; dazu mehr im Teil 3). Und wenn jemand Geld sparen muss, gibt es die Möglichkeit, Vieles gebraucht zu kaufen.

Es ist nicht etwa so, dass ich mich, was dieses Thema anbelangt, perfekt verhalten würde. Das ist mir wichtig zu sagen. Es ist nicht so, dass es mir gelingt, keine Dinge mehr zu kaufen, die unter schlechten Bedingungen hergestellt wurden. Im Alltag ist das gar nicht so einfach. Es ist unmöglich, erstens immer darauf zu achten, wo und wie etwas hergestellt wurde, zweitens dann konsequent nur das Nachhaltige zu kaufen (denn manchmal eilt es auch) und drittens, wenn es nichts Nachhaltiges gibt, zu verzichten. Bei Manchem wissen wir auch gar nicht, wie es hergestellt wurde. Auch bei uns kommt es vor, dass z.B. in der Familienbörse nichts ist, was unserem Teenager gefällt, und wir dann halt in einem Warenhaus Kleider kaufen. Auch ich gehe Kompromisse ein, und manchmal ist es mir auch einfach zu mühsam, den Extra-Aufwand zu betreiben. Ich bin weit davon entfernt, perfekt zu sein. Und eine globale Lösung für die ganze Problematik habe ich auch keine. Aber ich möchte, nachdem ich schon davon weiss, mein Bestes versuchen.

Und auch hier gilt wieder (wie immer…): Weniger Konsum. Weniger Konsum produziert weniger Abfall. Weniger Konsum ermöglicht es uns, Dinge zu kaufen, die nachhaltiger und unter besseren Arbeitsbedingungen hergestellt wurden. Weniger Konsum entwöhnt unsere Herzen vom Besitz und macht uns frei, auf dem Himmel zu schauen.

Nun, ein Leben in der Ehrfurcht vor Gott bringt tatsächlich einen grossen Gewinn, vorausgesetzt man kann sich - was den irdischen Besitz betrifft - mit Wenigem zufrieden geben. 1. Timotheus 6,6, NGÜ

Als ich mich daran gewöhnt hatte, bei jedem Gegenstand zu fragen: “Brauche ich das wirklich?”, fing ich irgendwann an, dieselbe Frage auch bei anderen Dingen in meinem Leben zu stellen. Ich glaube, wir haben in unserer Überflussgesellschaft ziemlich aus den Augen verloren, was nötig ist und was nicht. Natürlich bin ich froh um fliessendes warmes und kaltes Wasser, um die Waschmaschine, die Dusche, die Heizung im ganzen Haus, den Elektroherd, den Backofen und den Kühlschrank. Auch, dass wir Ärzte haben, Schulen, Bibliotheken und Coiffeure. Aber es gibt unzählige weitere Angebote und Dinge, an die wir uns einfach gewöhnt haben, ohne uns jemals zu fragen, ob sie wirklich nötig sind. Deshalb lohnt es sich, einfach mal drauflos zu hinterfragen. Der Gewinn daraus ist (einmal mehr): Wir brauchen weniger Geld für uns selber, wir können mehr Geld weggeben, wir haben mehr Zeit, um uns mit göttlichen Dingen zu beschäftigen und weniger Chaos und Stress. Und am Ende ist unser Herz auf den Himmel ausgerichtet, nicht auf diese Welt.

Was haben wir also hinterfragt? Wie im dritten Artikel geht es auch hier um sehr persönliche Entscheidungen, die keinesfalls als Norm dienen sollen.

Von einer ganzen Reihe von Dingen und Aktivitäten, von denen man sich fragen kann, ob und wieviel man braucht (z.B. Haustiere, Sportarten (inkl. Ausrüstung), Sportkurse, Wellness-Angebote, Hobbies, Therapien, Coaching-Angebote und vieles mehr) habe ich hier drei Themen ausgewählt.

Brauchen wir ein Auto - und wenn ja, wie viele?

Den ersten Teil dieser Frage haben wir uns vor genau zwei Jahren gestellt (mein Mann schreibt ausführlicher darüber in seinem Artikel). Hier nur soviel: Wir haben unser Auto verkauft, weil wir es einfach super fanden, weniger zu besitzen. Auch, wenn es manchmal mühsamer ist. Jemand hat in einer Dokumentation zu Besitz (Wie viele Dinge brauchen wir wirklich?, NDR Doku 2019) gesagt, das Auto sei ein “verlängertes Zuhause”. Man kann seine Musik hören, die Heizung anstellen und muss nicht andere Leute im Zug anschauen. Stimmt doch irgendwie, oder? Im Auto ist es einfach gemütlicher (ausser, es wird den Kindern schlecht). Nun ist uns klar, dass nicht jeder auf sein Auto verzichten kann, es gibt viele Situationen, wo es einfach unentbehrlich ist. Aber den zweiten Teil der obigen Frage kann man sich ja auch stellen. Wieso nicht mal einen Testmonat mit nur einem oder gar keinem Auto machen? Und wenn wir den Besitz nicht mehr lieben - was für einen Grund haben wir dann noch, uns ein möglichst grosses, teures, cooles Auto zu kaufen oder den neusten Trend mitzumachen? Sollen wir nicht lieber ein möglichst kleines, unscheinbares Auto kaufen, das uns einfach als Gebrauchs-Gegenstand dient?

Ernährung und Gesundheit

Jahrelang waren dies zwei meiner wichtigsten und liebsten Themen. Dabei ging es mir v.a. um gesunde Ernährung und natürliche Heilmittel. Nicht, dass ich jetzt plötzlich gegen all das wäre. Aber im Zuge des Minimierens, wo ich mich fragte: “Brauche ich dieses Stärkungsmittel?” “Will ich dieses spezielle Nahrungsmittel immer noch kaufen?” geschah es, dass ich das Meiste wegliess (ähnlich wie bei den unzähligen Badezimmer- und Kosmetikprodukten). Und es geht mir nicht schlechter dabei.

Ich bin natürlich nicht dagegen, dass man etwas für seine Gesundheit tut. Aber in unserer Gesellschaft haben sich die Themen Ernährung und Gesundheit so aufgeplustert, dass sie viel zu viel Raum einnehmen. Überall hören und lesen wir, was wir alles für unsere Gesundheit tun können. Dass Gesundheit das höchste Gut ist. Wovon wir wieviel essen sollen und welche Nahrungsmittel wir unbedingt vermeiden müssen. Welche Ernährungsform auf unseren Körper zugeschnitten ist. Und es gibt unheimlich viele Produkte zu kaufen, die uns schlank machen, unseren Körper widerstandsfähig machen, kurz: unser Wohlbefinden verbessern.

All diese Produkte kaufen wir uns regelmässig und geben einen Haufen Geld aus. Wofür? Für UNS. All das Geld geben wir für uns selbst aus. Damit es uns besser geht. (Wäre es nicht besser, wir würden dieses Geld für diejenigen geben, die Jesus nicht kennen? Oder am Verhungern sind?) Ich glaube nicht mehr, dass das nötig ist. Ich glaube eher, dass wir hier viel zu viel Gewicht auf uns selbst legen, aus unser Wohlbefinden. Darauf, unser Leben noch ein bisschen angenehmer zu machen. Oder weil es sich einfach gut anfühlt, sich etwas Gutes zu tun. Wir dienen uns selber, unserem Körper.

Und im Thema Gesundheit stellte ich noch eine andere Dynamik bei mir fest: Da ich mich mehr und mehr für ganzheitliche Therapien interessierte und sie es mir irgendwie angetan hatten, geschah es nach und nach, dass ich auf diese Therapien vertraute. Und damit auch den Menschen und Philosophien dahinter. Das kam so:

Vor einigen Jahren war ich über längere Zeit so verspannt (und gestresst), dass ich Kopfschmerzen, Schwindel und Ohrgeräusche bekam. Nachdem mir die “normale” Physiotherapie nicht geholfen hatte, wurde mir Chiropraktik empfohlen. Da ging ich über ein Jahr hin. Es half auch, allerdings traten wieder neue Probleme auf. Damals ging ich auf die Bitte meiner Schwester hin auch einmal wöchentlich mit ihr zusammen ins Yoga. Das half zwar gegen die Verspannung, aber irgendwie war es mir ein bisschen unwohl dabei, immer diese Buddhas anzuschauen… Ausserdem war die (sehr sympathische und liebe) Yogalehrerin extrem buddhistisch und gab uns nicht nur die Techniken weiter, sondern auch die Philosophie dahinter. Schliesslich traf ich sie für eine persönliche Beratung wegen meiner gesundheitlichen Probleme. Da öffnet man sich natürlich und gibt persönliche Dinge preis. Und man holt sich Rat von dieser Person. Sie empfahl mir Osteopathie. Glücklicherweise gab es das nicht weit von uns. Ich ging daraufhin wiederum über ein Jahr lang zu einer Osteopathin. Nicht, dass es nicht half. Die Verspannungen und Ohrgeräusche, die Kopfschmerzen und der Schwindel gingen weitgehend weg. Aber da ich jede Woche hinging, passierte noch etwas:

  1. Ich glaubte, dass ich ohne Osteopathie nicht mehr auskommen kann. Sobald ich wieder verspannt war, brauchte ich sie ja (und das geschah häufig).
  2. Ich merkte, dass meine Therapeutin so eine Art Coach für mich geworden war. Sie fragte viel, ich erzählte viel. So wurde sie zu einer Anlaufstelle für Lebensfragen. Und auch sie orientierte sich sehr an östlichen Philosophien. Sie riet mir z.B. (nachdem ich mit Yoga aufgehört hatte), mir unbedingt einen Morgen für Yoga zu reservieren.

Irgendwann zu dieser Zeit las ich im 1. Psalm: “Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen.” Das traf mich. Ich sagte alle weiteren Termine ab und entschloss mich, lieber auf Gott zu vertrauen, als Rat bei Menschen zu holen, die Gott nicht kennen und daher auch nicht wissen, was für mich das Beste ist. Ich muss zugeben, am Anfang war es hart. Mein Körper spielte verrückt und ich war mehrmals verzweifelt und nahe daran, aufzugeben. Aber schliesslich normalisierte sich alles und ich habe seit zwei Jahren nichts mehr von den Therapien gebraucht. Positiver Nebeneffekt: wenn ich mal wieder sehr verspannt bin, macht mein Mann mir eine Massage. Das genügt.

Was ist mein Kleidungsstil?

Ich habe Jahre damit verbracht, mich zu fragen: Was ist mein Stil? Welche Kleidung passt zu mir? Irgendwie hat sich auch das geändert. Je weniger ich auf mich, meine Wünsche und meinen Besitz achte, und je mehr ich von mir weg auf Jesus schaue, desto grösser wird der Wunsch, dass die Menschen nicht mich sehen, sondern Jesus. Auf Ihn möchte ich stolz sein, nicht auf mich. Deshalb möchte ich mich auch nicht mehr so anziehen, dass ich Aufmerksamkeit auf mich lenke. Ja, ich möchte so unscheinbar wie möglich angezogen sein. Ich habe ja schon im 3. Artikel geschrieben, dass ich die meisten meiner Kleider gebraucht kaufe. Da hat es halt manchmal nicht das Perfekte. Ich habe einige Kleidungsstücke, die mir nur mässig gefallen. Aber irgendwie stört mich das nicht mehr. Natürlich will ich nicht wie ein Landstreicher daherkommen oder extra hässliche Kleider kaufen. Aber mir wäre am liebsten, wenn die Menschen in mir nur noch Jesus sehen würden, nicht mehr mich.

Meine grossen Vorbilder sind einfache Menschen, die von aussen unscheinbar sind, aus deren Gesicht jedoch die Freude von Jesus strahlt und die ihr Leben ganz Gott geweiht haben und keinen Gewinn in der Welt anstreben. Ein solches Ehepaar haben wir vor einem guten Jahr kennengelernt. Als wir sie zum ersten Mal sahen, erschienen sie uns langweilig. Nichts deutete darauf hin, dass ein Gespräch mit ihnen interessant sein könnte. Doch als wir dann mit ihnen sprachen, merkten wir, dass wir uns getäuscht hatten. Sie erzählten uns, wie sie Missionare geworden waren und für ihre Versorgung auf Gott vertrauten. Wie sie Wunder erlebt hatten. Von ihrer Liebe zu den verlorenen Menschen an Orten, wo das Evangelium noch unbekannt war. Wenn wir mit ihnen sprachen, sahen wir nicht Menschen, sondern Jesus. Sie versuchten nicht, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, auf ihr Aussehen, ihre Redegewandtheit, ihren Erfolg oder ihr Wissen. Sondern auf Jesus. So möchte ich auch sein.

Zum Schluss noch ein Zitat von William Burns (China-Missionar):

Wenn jemand Christus im Herzen hat, den Himmel vor Augen und an zeitlichen Gütern nur das Notwendigste besitzt, dann können ihm Sorgen und Leid nicht leicht etwas anhaben.

Das ist einfaches Leben!

Am Abend, wenn unsere Kinder im Bett sind, sind wir meist gerädert. Die Arbeit war anstrengend, dann der Abwasch, und dann die Kinder ins Bett motivieren, und dann alle Sorgen anhören, welche ihnen erst dann in den Sinn kommen, wenn Lichterlöschen ist. Sitzen wir endlich auf dem Sofa, fehlt die Energie für etwas “Gescheites”. Bücher lesen liegt nicht mehr drin. Häufig schauen wir uns einen Film an. Aber so ganz jeden Abend schien uns zu häufig. Da fingen wir an, etwa zweimal die Woche eine Predigt zu schauen.

Vielleicht geht es ja auch anderen so. Deshalb will ich über die nächsten Wochen von Predigten berichten, welche mich über die letzten Jahre geprägt haben.

Die Vorgeschichte

Matt Chandler ist Pastor von “Village Church”, eine Gemeinde, die starkes Wachstum erlebt (wächst jährlich um tausend Leute). 2011 hat er in einer “elephant room” Diskussion mit Stephen Furtick diskutiert, ob Predigten vor allem dem Gemeindewachstum oder der Auferbauung von Gläubigen dienen soll.

Die Diskussion verlief friedlich, am Schluss wurden sich Furtick und Chandler einig. Trotzdem blieb nach dem Schauen der Diskussion ein fahler Nachgeschmack zurück, ob nun Furtick dem Publikum nach dem Mund geredet hat.

Furtick leitet die “Elevation Church”, ebenfalls eine Mega-Church. 2012 - ein Jahr nach dem Elephant Room - lädt er Matt Chandler ein, bei einer seiner Konferenzen zu sprechen. Einerseits, weil er Chandler als ein talentierter Prediger ansieht, andererseits mit der Idee, jemanden einzuladen, der nicht die “party line” predigt.

Chandler nimmt die Herausforderung an und predigt so mutig, dass es mir kalt den Rücken runterlief: Er scheut nicht, Missstände in der Elevation Church anzusprechen. Dabei bleibt er aber fair und gleicht eher einem väterlichen Ratgeber als einem Rebell.

Anmerkung: Challies berichtet noch weitere Umstände dieser Predigt. Sein Video ist als Einleitung zur Predigt empfehlenswert.

Wieso mir die Predigt gefällt

In der Predigt geht es um die Frage: wieso hat Gott uns geschaffen? Wieso versorgt er uns?. Will er einfach, dass es uns gut geht? Vordergründig ja. Doch schlussendlich zielt Gott, dass er selber Ehre erhält, denn je mehr er uns versorgt, desto mehr wir uns an ihm erfreuen, desto mehr wird Gott geehrt.

Die stark wachsende Elevation Church zeigt Tendenzen von “seeker friendly” - Predigten, die darauf aus sind, die Bedürfnisse von Besuchern zu erfüllen und dabei nicht den Schritt weiter machen, dass alles zu Gottes Ehre geschehen soll. Ich habe mir ein paar der Predigten von Elevation Church angeschaut und kann bestätigen, dass dies der Fall ist. Genau auf diesen Missstand geht Chandler ein.

Und dies gefällt mir an der Predigt: in den Predigten in unseren Breitengraden fehlt mir oft die Gottzentriertheit, der Schritt, dass es schlussendlich nicht um unser Wohlergehen geht, sondern um Gottes Ehre. Mich fasziniert zu sehen, wie Chandler in seiner Gemeinde konsequent nicht “seeker-friendly” ist und trotzdem einen grossen Wachstum erfährt.

Ausserdem ist Matt Chandler ein exzellenter Prediger. Er präsentiert in kurzer Zeit sehr viel Inhalt und fordert volle Aufmerksamkeit. Meine Frau und ich haben uns daher die Predigt zweimal angehört. Und zum Schluss finde ich ihn auch sehr lustig. Insbesondere der Witz mit der “Karte des Lebens”, da konnte ich mich nicht mehr halten.

Unser Toyota, bevor wir ihn verkauften

Es war vor zwei Jahren, Anfangs Januar. Im Minimalisierungs-Fieber fragen wir uns: könnten wir auf unser Auto verzichten? Es gab keinen zwingenden Grund es zu behalten, wir wussten aber nicht, ob wir etwas übersehen hätten. Da kam uns eine Idee: Lass uns einen Selbst-Versuch wagen: Wir versuchen das Auto einen Monat lang nicht zu benutzen.

Hier kurz etwas zu unserer Situation: wir wohnen zwar auf dem Land, aber brauchten das Auto sowieso nur selten. Ich gehe mit dem Zug zur Arbeit. Die Kinder gehen im Dorf zur Schule und haben keine Hobbies, wo wir sie hinfahren müssten. Meine Frau geht seit Jahren mit dem Fahrrad einkaufen. Den Gottesdienst besuchen wir auch in unserem Dorf. Wir hatten also schon vorher unser Leben so eingerichtet, dass wir das Auto möglichst wenig brauchen und lokal unterwegs waren.

Im Januar waren wir auf Besuch eingeladen, wir fuhren mit dem Zug hin und waren froh, dass die Kinder gut mitmachten. Die Reisezeit mit dem Zug ist zwar meistens eineinhalb Mal so lang wie mit dem Auto, aber dafür ergab sich manches interessante Gespräch oder Spiel im Zug.

Dann kam Februar und wir dachten: “lass uns das einfach so lange wie möglich durchziehen”, März, April. Nach etwa drei Monaten brauchten wir das Auto für eine Fahrt, die mit dem öffentlichen Verkehr viel zu lange gedauert hätte. Aber, oh Schreck: das Auto sprang nicht mehr an, die Autobatterie war leer! Nach dem Überbrücken sprang das Auto wieder an. Doch schon kurze Zeit später war die Batterie erneut leer. Uns wurde klar, dass ein Auto mindestens monatlich gefahren werden muss damit es fahrtüchtig bleibt.

Von da an haben wir uns ernsthaft überlegt, das Auto zu verkaufen. Was uns einerseits davon abhielt waren die Ferien: Als Zelter haben wir so viel Gepäck, dass Verreisen mit dem Zug nicht in Frage kommt. Jemand empfahl uns billiger-mietwagen.de und wir haben uns ausgerechnet, dass auch wenn wir mehrmals pro Jahr per Mietwagen verreisen, es uns wesentlich günstiger kommt, als ein Auto zu besitzen.

Zum Anderen hatten wir Respekt vor der Reaktion unserer Kinder. Uns ist wichtig, dass unsere Kinder beim Minimieren mitziehen. Das ist schwer, weil sie orientieren sich an der Welt, an ihren Kameraden in der Schule. Und da gilt: “mehr ist mehr”. Wer hat das schnellere Auto, wer wohnt im grösseren Haus, wer hat die cooleren Spielzeuge. Alle bei uns im Dorf haben ein Auto, viele haben zwei. In diesem Sog kommen wir zu unseren Kindern und erklären ihnen: “wir wollen unser Auto verkaufen”. Ihre erste Reaktion: “die lachen uns aus in der Schule”. Es ergab sich ein gutes Gespräch über Ansehen in der Schule, und wir wurden uns einig: jemanden auslachen, bloss weil er weniger Besitz hat, das ist dumm.

So kam es, dass wir unser Auto verkauften. Unsere Kinder wurden nicht ausgelacht in der Schule. Wir hatten tolle Mietautos für unsere Ferien (unsere Kinder freuten sich, dass wir mit durch das Mieten zu modernen und komfortablen Autos kommen). Vermissen wir das Auto? Nein. Aber manchmal ist es etwas umständlicher. Wir verzichten vielleicht auf einen Ausflug, weil es umständlicher ist, aber sonst geht unser Leben weiter wie bisher.

Wieso schreibe ich das auf? Weil ich will, dass alle ihre Autos verkaufen? Sicher nicht. Für viele ist das Auto eine Notwendigkeit für den Alltag oder eine Möglichkeit zum Dienen. Ich wollte mit diesem Artikel Mut machen, neue Wege zu gehen, auch wenn es niemanden in der Umgebung gibt, der so handelt. Wir haben uns darauf eingestellt, dass der Auto-Verkauf Unverständnis hervorrufen wird. Vielleicht hat es, der ist aber bisher nicht bis zu uns durchgedrungen. Aber auch wenn, in der Bibel sehe ich mich aufgerufen:

Wenn wir geschmäht werden, segnen wir; wenn wir Verfolgung leiden, halten wir stand; wenn wir gelästert werden, spenden wir Trost (1. Kor 4,12-13)

In der ersten Zeit des Ausmistens und Minimierens geschah etwas Eigenartiges - etwas, das mir zeigte, dass mein Herz immer noch am Besitz hing:

Ich verkaufte z.B. ein ganzes Schränklein voll antikem Porzellangeschirr, das ich mir nach und nach in Brockenhäusern zusammengekauft hatte. Das Geschirr war z.T. angeschlagen und es fehlten auch einige Teile. Da ich aber im Hinterkopf hatte, dass wir zwei- bis dreimal im Jahr grössere Familien-Kaffeekränzchen bei uns bewirten, kaufte ich mir dafür ein wunderschönes neues Teegeschirr mit 16 Tellern und 12 Kaffeetassen inklusive Unterteller. D.h., ich gab das weniger Gute, das “nicht Perfekte” weg und kaufte dafür etwas Perfektes, das genau meinen Geschmack traf und auf meine Bedürfnisse zugeschnitten war.

Das ist genau der Punkt, wo ich mit dem Minimalismus nicht mehr übereinstimme. Es besteht die Gefahr, dass die wenigen Dinge, die ich noch besitze, dafür handverlesen und perfekt auf MEINE Bedürfnisse abgestimmt sind und dass dadurch ihre Wichtigkeit für mich noch vergrössert wird.

Es gibt z.B. einige Minimalisten, die sich ein “Tiny House” (ein Mini-Haus in Wohnwagengrösse) bauen lassen. Diese Minihäuser sind meistens bis ins Detail ausgeklügelt und mit sorgfältig ausgewählten Einrichtungsgegenständen bestückt und werden gern vorgeführt. Auch wir haben uns vor zwei Jahren, als unser zweite Stock komplett leergeräumt war und das Haus zu gross schien, ein perfektes kleines Häuschen erträumt, gerade gross genug für unsere wenigen Habseligkeiten. Doch mittlerweile sind wir von dem Gedanken abgekommen. Wenn wir umziehen würden, dann wäre es eher in eine unscheinbare 4-Zimmer-Wohnung.

Deshalb an dieser Stelle eine kleine Gegenüberstellung von der Herangehensweise von Marie Kondō und Bea Johnson.
Marie Kondō ist eine Aufräum-Spezialistin aus Japan, die in den letzten Jahren auf der ganzen Welt als Expertin fürs Ausmisten, Minimieren und Ordnung halten bekannt geworden ist. Wenn ich jemandem gegenüber erwähne, dass wir unser Haus ausgemistet haben, höre ich oft:” Ah, nach der Methode von Marie Kondō? Die kenne ich auch.” Deshalb habe ich mich im Internet ein wenig über ihre Philosophie und Methoden schlau gemacht. Ich kam zum Schluss, dass ihre Einstellung zum Besitz zu einem grossen Teil grundverschieden ist von der unseren und auch von dem, was in Bea Johnsons Buch steht.

Das Einzige, wo ich mit Marie Kondō übereinstimme, ist, dass weniger Gegenstände besser sind. Sie empfiehlt, zwei Drittel des Besitzes auszumisten (das ist natürlich auf unsere westliche Dimension von Besitztümern ausgerichtet). Ich habe bei uns nachgezählt und komme auf etwa 60-70%, die wir von den meisten “Kategorien” weggegeben haben (kleiner Nebeneffekt: das Aufräumen und Ordnung halten wird unglaublich viel einfacher mit wenig Gegenständen! Ja, es gelingt uns erst jetzt, beständig ein ordentliches Haus zu haben).

Die zentrale Frage, die Marie Kondō empfiehlt, sich beim Ausmisten zu stellen, ist: “Does it spark joy?” - Gibt mir der Gegenstand Freude? Wenn ja, behalte ich ihn; wenn nein, kommt er fort - übrigens nicht, ohne sich bei ihm bedankt zu haben, dass er einem gute Dienste geleistet hat.

Zusammengefasst ist die Marie-Kondō-Methode sehr selbst-zentriert (Was will ICH? Was macht MIR Freude?). Man soll sich nur mit Dingen umgeben, die man liebt. Wenn einem etwas nicht mehr gefällt, soll man es sofort weg tun und sich etwas Neues kaufen, das einem gefällt.

Die Liebe zum Besitz wird also sogar noch gefördert. Die Frage nach Umwelt und Konsum wird nicht gestellt. Weiter zu denken als das eigene ICH findet nicht statt.

Ausserdem dringt überall die Philosophie oder der Glaube durch, dass Gegenstände irgendwie lebendig sind, eine Seele haben. Das mutet ein wenig pantheistisch an. Es wird empfohlen, jeden Gegenstand ans Herz zu halten, um zu spüren, ob er einem Freude gibt. Man soll mit den Gegenständen sprechen. Sich bei ihnen bedanken. Einen Altar für schöne Dinge einrichten.

Die krasseste Aussage fand ich in einer Anleitung, wie Kleider versorgt werden sollen: Aufrollen und nebeneinander stellen (statt stapeln). Warum? Damit die Kleidungsstücke atmen und sich vom Druck erholen können. Ernsthaft??

Man kann das natürlich als östliche Kuriosität abtun und darüber lächeln, aber in mir lösen solche Sätze eine starke Abneigung aus. Es widerspricht zutiefst der Weltanschauung, die ich als Christ habe und der Art, wie ich mit meinem Besitz umgehen will - ja, mein Ziel ist, dass mein Herz vom Besitz entwöhnt wird, nicht, dass es sich noch mehr daran hängt!

Bei Bea Johnson hingegen geht es nicht primär um MICH, sondern um die Umwelt. Um etwas Grösseres, etwas ausserhalb von mir selbst. Ihre Aussage ist: Besitz macht nicht glücklich. Besitz sind einfach Dinge, die man zum leben braucht. Auch Bea Johnson fragt beim Ausmisten: “Gefällt mir das?” Aber sie fragt auch: “Könnte ich auch ohne das leben? Brauche ich das wirklich?” (Und wenn ja, wie viele?)

Diese Frage ist in unserem Leben zentral geworden (ja, auch der Teil: und wenn ja, wie viele?).

Unser Ziel ist es, mit möglichst wenig Besitz auszukommen.

Nicht, um krass zu sein (“Ich besitze nur 100 Gegenstände”, “Ich habe nur 33 Kleidungsstücke”), sondern um GENÜGSAM zu sein, die eigenen Ansprüche so klein wie möglich zu halten. Mich mit dem zufrieden zu geben, was ich habe. Auch, wenn es nicht perfekt ist.

Meine Frage ist also nicht (mehr) “Was will ICH?” sondern: “Wie kann ich möglichst anspruchslos leben?”

Wenn wir also Nahrung und Kleidung haben, soll uns das genügen. (1. Tim 6,8 NGÜ)

Da ich vor fünf Jahren keine Ahnung hatte, wie man mit weniger auskommen kann, als wir es bisher taten, nehme ich an, dass es anderen Menschen genauso geht. Deshalb eine Anzahl sehr konkreter (und persönlicher) Beispiele, was wir bei uns im Haushalt geändert haben.

Alle diese Beispiele verbinden mehrere Vorteile miteinander:

  • Weniger Abfall
  • Weniger Chaos
  • Mehr Ordnung (und gleichzeitig weniger aufräumen!)
  • Weniger verschiedene Dinge einkaufen/ersetzen
  • Weniger Geld für meine eigenen Bedürfnisse ausgeben
  • Mehr Geld für die Bedürftigen und Unerreichten bleibt übrig

Alle Beispiele sind natürlich nur Beispiele und sollen keineswegs in eine Vorgabe ausarten, wie man zu leben hat oder welche Gegenstände man besitzen “darf” und welche nicht!

Körper- und Haarseife

Fangen wir im Bad an. Mein Lieblingsbeispiel ist die Seife. Die Meisten von uns besitzen ja eine Unmenge von verschiedenen Badezimmer-Artikeln: Shampoos für jeden Haartyp, für Kinder, für Erwachsene; ebenso Duschgels für Männer, Frauen und Kinder; Peelings, Haarpackungen, Pflegespülungen, 2in1-Produkte, Badeperlen, Badeöle, Schaumbäder, Badesalz, Müsterchen.
Auch wir hatten das Meiste davon. Bis wir die Seife entdeckten. Es ging uns ja vorerst mal ums Abfall sparen, und da bot sich das feste Stück Seife an, da es nicht flüssig ist und darum auch keine Verpackung nötig hat. Wir wechselten also auf eine unparfümierte Olivenöl-Seife für den Körper. Die gleiche für die ganze Familie. Für die Haare haben wir eine Haar-Seife, ebenfalls für die ganze Familie. Theoretisch könnte man die Olivenölseife auch für die Haare benutzen, aber das Ergebnis war mit der Haarseife besser. (Wenn wir zelten gehen, nehmen wir nur eine Seife mit - die übrigens auch fürs Wäsche waschen und Geschirr spülen geeignet ist). That’s it - zwei Stück Seife sind alles, was auf unserem Badewannenrand liegt. Alle anderen Produkte haben wir ganz einfach weggelassen.

Dasselbe gilt für die meisten anderen Körperpflege-Produkte. Anstatt eine (sündhaft teure!) Bio-Gesichtscrème von der Kosmetikerin (ich war lange überzeugt, dass mein Gesicht ohne diese Crème nicht überlebensfähig ist), Bodylotion, Handcrème und Fusscrème benutze ich - meistens nichts mehr. Das Einzige, was übrig geblieben ist, ist eine (selbstgemachte) Salbe aus Olivenöl und Bienenwachs, die ich manchmal im Winter benutze (für Gesicht, Hände und Füsse), wenn ich sehr trockene Haut habe.

Man könnte natürlich entgegenhalten: Was macht das schon für einen Unterschied, ob ich nur ein Stück Seife benutze oder meine gewohnten Körperpflegeprodukte? Das hat allenfalls mit Abfallvermeidung zu tun, aber damit hat es sich dann auch. Aber denken wir doch einmal darüber nach, wieviel Geld wir ausgeben, wenn wir all die oben aufgezählten Dinge regelmässig kaufen. Für uns. Um uns das zu gönnen, was uns gefällt. Ist es recht, wenn wir den Grossteil unseres Geldes für unsere eigenen Wünsche gebrauchen?
Und dass wir all diese Produkte benötigen, damit es unserem Körper gut geht, ist überhaupt nicht wahr!

Ebenso verhält es sich mit hundert anderen kleinen Dingen, die wir uns täglich (oder wöchentlich oder monatlich) kaufen, weil wir denken, dass wir ohne sie nicht auskommen können, oder ganz einfach, weil wir sie haben wollen. Es handelt sich dabei zwar nicht um riesige Summen wie für ein Auto oder ein Haus, aber es kommt trotzdem Einiges zusammen. Seit wir unzählige Dinge (nicht nur im Bad, auch in der Küche; auch dazu einige Beispiele) einfach nicht mehr kaufen, haben wir viel mehr Geld übrig! Das (und der Entschluss, alles, was möglich ist, gebraucht zu kaufen) zeigt, dass nachhaltiges Einkaufen nicht nur für Leute mit grossem Einkommen möglich ist.

Und noch etwas anderes spielt hier mit: Wenn wir ohne all diese unzähligen Dinge auskommen können, die wir in unseren reichen Ländern für unentbehrlich halten, sind wir viel mehr vorbereitet, an einen anderen Ort hinzuziehen, falls es nötig sein sollte. Ja, für uns ist es so, dass wir, falls Gott uns einmal in die Mission rufen sollte (was wir nicht ganz ausschliessen), schon zu einem gewissen Grad darauf vorbereitet sind. Natürlich braucht es dazu noch ganz andere Vorbereitung. Aber immerhin haben wir schon hier gelernt, unsere Bedürfnisse klein zu halten, mit wenig auszukommen und unsere Ansprüche niedrig zu halten.

Ein weiteres Beispiel im Bad ist das Make-Up, von dem ich mittlerweile gar keins mehr habe (ich habe mich nie regelmässig geschminkt).
Für Frauen (sorry, Männer!) ist die Menstruationstasse anstelle von Tampons und (selbstgenähte) Stoff-Slipeinlagen eine geniale Alternative zu den teuren Wegwerf-Produkten. Das muss ich alles nie mehr kaufen! Ich spare Abfall und Geld gleichzeitig.

Das bringt mich zu weiteren Alternativen zu Wegwerf-Produkten (die wiederum Nachhaltigkeit billig machen): Stoff-Taschentücher, Abwaschlappen, Putzschwämme, Stoffsäcke für den Offen-Einkauf (übrigens alles aus meinem Fundus aus Stoffen/ -resten genäht und daher kostenlos).

In der Küche ist das Trio Haushalt-Papier/Klarsichtfolie/Alufolie verschwunden und hat waschbaren Tüchern oder verschliessbaren (Glas-)behältern Platz gemacht.

Putzmittel-Zutaten: Essig, Seife und Natron

Anstatt der unzähligen Putzmittel (deren Geruch mir mittlerweile Kopfschmerzen verursacht) dienen mir v.a. drei Dinge zum putzen: Seife (z.T. in flüssiger Form), Natron und Essig. Um sehr fettige Sachen sauber zu bekommen, habe ich eine (nachfüllbare) Flasche Abwaschmittel (die nach einem Jahr immer noch zur Hälfte voll ist). Auch hier: Wir brauchen all die überparfümierten, z.T. gefährlichen Putzmittel gar nicht. Und auch hier geht Abfall sparen Hand in Hand mit Geld sparen. Das ist doch eine Win-Win-Situation! Oder, wenn man die obige Liste anschaut, eine Win-Win-Win-Win-Win-Situation.

Kommen wir zur Küche. Ein Grossteil der Veränderungen bestand hier natürlich im Minimieren: weniger Pfannen, weniger Küchenmesser, weniger Küchengeräte, weniger Kochlöffel, weniger Bratschaufeln (ich glaube, wir hatten sechs Stück), weniger Krimskrams, weniger Back-Utensilien. War vorher die Schublade unter dem Backofen übervoll von Blechen und Backformen und musste ich die Dinge, die nicht mehr Platz hatten, ausquartieren und einen zweiten “Back-Utensilien-Ort” bestimmen, so hat heute alles in dieser Schublade Platz: Ein rundes Blech, eine Glasform, eine Springform, eine Cake-Form, eine Brotform, ein Wallholz. Und die Schublade klemmt nicht mehr.

Die grosse Frage ist hier: Was ist das Minimum an Dingen, mit denen ich auskommen kann, ohne, dass es mühsam wird? Und auch hier könnte man fragen: Was bringt das? Ich liebe meine Küchen-Utensilien und ich brauche alles. Aber das Minimieren bringt gleich mehrere Vorteile: Ordnung halten ist einfach. Dinge rausnehmen ist nicht mühsam. Die Geräte, die ich nicht mehr habe, muss ich nicht mehr putzen, instandhalten und ersetzen, wenn sie kaputt sind. Und ich lerne, mit wenig auszukommen.

Unser Vorratsschrank

Als Nächstes kommen die Lebensmittel an die Reihe. Ja, auch hier kann man extrem viel reduzieren und vereinfachen - und wiederum Geld sparen (und Food Waste vermeiden). Ein Blick in die Lebensmittelgeschäfte zeigt, wie übermässig viele verschiedene Produkte es bei uns zu kaufen gibt. Und was in den Gestellen ist, hat damit auch automatisch eine Berechtigung, gekauft und gebraucht zu werden. Wenn ich heute meinen Blick über die Regale in einem Supermarkt schweifen lasse, merke ich, dass ich das Meiste davon gar nicht brauche.

Ich kaufe häufig Bio-Produkte, Vieles davon in einem Unverpackt-Laden. Beides ist nicht gerade für Preiswertigkeit bekannt. Trotzdem gebe ich nicht mehr Geld aus als andere Leute (allerdings auch nicht weniger). Das Geheimrezept heisst auch hier: Vereinfachen und genügsam sein. Ich kaufe relativ wenige, häufig eher billige Grundnahrungsmittel (z.B. Hülsenfrüchte), keine grosse Mengen Fleisch, praktisch keine Fertigprodukte und mache dafür Einiges selber (aber nur das, was nicht zu aufwändig ist). Ein Beispiel dafür ist Essig und Oel: Früher hatte ich mehrere verschiedene Oele: für Salat, zum Braten, für asiatische Gerichte, Leinöl für die Gesundheit, Baumnussöl für spezielle Rezepte. Dasselbe mit Essig: Apfelessig, weisser Balsamico, dunkler Balsamico etc. Sie füllten eine halbe Küchenschublade. Und ich musste alle regelmässig nachkaufen. Heute habe ich einen Essig, ein Oel zum Braten und eins für Salat. Das reicht mir völlig.

So haben wir es mit allen Nahrungsmitteln gemacht: Wir kaufen weniger verschiedene Teigwaren, Hülsenfrüchte, Reis-Arten, Snacks, Mehle, Zuckerarten, Gewürze, Müesli und Teesorten. So haben wir viel weniger verschiedene Nahrungsmittel zu Hause (und müssen weniger Dinge einkaufen). Das hat auch zur Folge, dass weniger davon vergessen geht und verdirbt.

Unser Kleiderschrank

Als letztes Thema schliesslich: Die Kleider. Viel muss ich dazu nicht mehr sagen, alle Vorteile des Minimierens treffen auch hier zu. Nur soviel: Der (antike und nicht sehr grosse) Kleiderschrank, den mein Mann und ich gemeinsam benützen, ist nicht mehr zu klein und sieht anstatt überfüllt eher leer aus. Wir haben gerade so viel Kleidung, wie wir zwischen zwei Wäschen nötig haben. Dazu besitze ich ein paar Winterschuhe, ein paar Joggingschuhe, ein Paar Wanderschuhe, ein Paar Flipflops und zwei Paar Ballerinas. Ich brauche nicht mehr.

Wenn ein Kleidungsstück kaputt geht, flicke ich es. Ist das nicht mehr möglich, kaufe ich ein Gebrauchtes. In der Börse oder im Brockenhaus. Nur, wenn ich da nichts finde, kaufe ich neue Kleider. Ausser Socken und Unterwäsche (beim Letzteren habe ich eine gewisse Hemmung, sie gebraucht zu kaufen) musste ich in den letzten drei Jahren nur ein Kleidungsstueck neu kaufen.

Zum Schluss:
Der grosse Gewinn, den ich (neben vielen kleineren Gewinnen) von all dem Minimieren und Vereinfachen mitnehme, ist: Ich umgebe mich nicht mehr mit tausend Dingen, an die sich mein Herz hängt, sondern sehe sie als das, was sie sind: Material, das ich zum Leben brauche, an dessen Schönheit ich mich auch erfreue; aber mein Herz hängt an Jesus, an den himmlischen Dingen, und meine Ziele sind nicht Wohlstand und Besitz, sondern das Evangelium zu verkünden und Gott zu ehren.

Ganz abgesehen davon macht es auch riesigen Spass, alles auszumisten! (Sonst hätten wir es nie gemacht.) Und es fühlt sich so viel leichter an, ohne all die unnützen Dinge, um die man sich kümmern, die man kaufen, aufräumen, umhertragen, zügeln, flicken und schliesslich entsorgen muss!

Grossen Trost erfahre ich gerade durch das Buch Prediger.

Ich habe mich bisher an diesem Buch gestört, weil es schien mir so gar nicht christlich zu sein. Jemand, der sich ein Harem anlegt und dann darüber schreibt, wie das sich für ihn anfühlte, das ist hart an der Grenze. Jemand, der sich ausschliesslich über das Leben hier und nicht über das Leben nach dem Tod schreibt, der empfiehlt, man soll das Leben geniessen, das scheint nicht in den Rest der Bibel zu passen.

Und so habe ich das Buch bestenfalls kurz überlesen, um dann mit verständlicheren Büchern weiter zu fahren. Bis im Dezember, wo ich den Prediger dreimal nacheinander las und mich dem Buch endlich stellen musste. Dabei stiess Ich auf einen Artikel von Carolyn Mahaney (der Frau von CJ Mahaney). Daraus ein Zitat auf Deutsch übersetzt:

Das Buch Prediger lehrte mich das Geheimnis, das Leben zu geniessen, sogar inmitten von Schwierigkeiten. Es bewahrte mich von der Enttäuschung, wenn meine Anstrengungen - von denen ich Frucht erwartete - anscheinend rein gar nichts brachten. Wenn Freunde mir den Rücken zukehrten, bewahrte mich “Prediger” vor Bitterkeit. Es heilte mich davon, meine Hoffnung auf ein erwartetes Resultat zu setzen, es bewahrte mich davon, bei schlechten Neuigkeiten verwirrt und entmutigt zu werden.

Das Thema im Prediger ist “Vanity of Vanities” (das deutsche “Nichtigkeit der Nichtigkeiten” triffts nicht so schön): Das Leben scheint ein einziger Leerlauf zu sein. Auch als Christ habe ich mich daran immer gestört. Meine Arbeit sollte nicht ins Leere laufen, und doch erfahre ich täglichen Misserfolg. Ich ging davon aus, dass das Problem bei mir liegen würde, mit den richtigen Werkzeugen, mit der nötigen Weisheit werde ich immer erfolgreicher, sei es an der Arbeit wie auch zu Hause. Versprechen zumindest die Self-Help-Bücher.

Aber seit dem Sünden-Fall ist die Arbeit mühselig: «der Erdboden sei verflucht um deinetwillen! Mit Mühe sollst du dich davon nähren dein Leben lang» (Gen 3,17) Wie konnte ich das übersehen? Natürlich ist jede Anstrengung mühsam und wird so oft nicht von Erfolg gekrönt, weil wir leben in einer gefallenen Welt!

Gib es auf…!

Diese Gedanken bringen rasch meine zynische Natur zum Vorschein: Wenn ja sowieso nichts funktioniert, wieso soll ich mir dann noch Mühe machen? Die logische Folgerung aus “Vanity of Vanities” ist “einfach aufgeben”, oder nicht?

Radiohead gehört zu meinen Lieblingsbands und ihre Musik bringt genau dieses Gefühl in mir zum Anklang.

Doch dann kam für mich die überraschende Wendung:

Wer auf den Wind achtet, der sät nicht, und wer auf die Wolken sieht, der erntet nicht.
Am Morgen säe deinen Samen, und am Abend lass deine Hand nicht ruhen; denn du weißt nicht, ob dieses oder jenes gedeihen wird, oder ob beides zugleich gut wird. (Prediger 11, 4 und 6)

Anders gesagt: Nichts zu tun, weil vieles nicht klappt ist noch blöder. Weil ich weiss nicht, welches meiner Mühen Erfolg haben wird.

Ich will es so angehen: Ich will mein Leben so führen wie Jonathan Edwards es in seinen Vorsätzen hat “Resolved, to live with all my might, while I do live.”. Doch wenn der Erfolg sich nicht einstellt, dann will ich nicht überrascht sein, denn auch Jeremia hat sein ganzes Leben gepredigt, ohne Erfolg.

Gottes Segen geniessen

Ganz entscheidend für mich ist der totale Bruch des Buches Predigers mit dem “american dream”. Dieser besagt, dass du deines Glückes Schmied bist, was dir Positives geschieht, das hast du dir selbst zuzusprechen.

Prediger aber verkündet: Geniesse, aber verstehe, dass alles aus der Hand Gottes kommt. «Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab» (Jak 1,17).

Die Befriedigung eines aufgeräumten Hauses, eines zufriedenen Chefs bei der Arbeit, eines Budgets das aufgegangen ist. Wenn der Worship im Gottesdienst Leute bewegt, wenn beim Reparieren Etwas gelingt, wenn die Kinder nach dem gemeinsamen Lernen eine gute Note nach Hause bringen: dies kommt alles aus der Hand Gottes.

Oder die traute Zweisamkeit mit meiner Frau, ein Herumgeblödel mit meinen Kindern, der warme Kaffee am Morgen, das kuschelige Bett am Abend. Dies alles hat Gott gegeben zum geniessen.

So gesehen sind all diese Geschenke eine Gnade. Und so gesehen überwiegen sie weit die Mühsal der Arbeit.

Und zum Schluss mein Lieblings-Vers aus Prediger:

Genieße das Leben mit der Frau, die du liebst, alle Tage deines nichtigen Lebens, das er dir unter der Sonne gegeben hat, alle deine nichtigen Tage hindurch; denn das ist dein Anteil in diesem Leben und in der Mühe, womit du dich abmühst unter der Sonne. (Prediger 9,9)

Bevor ich “Zero Waste Home” von Bea Johnson las, konnte ich mir nicht vorstellen, wie wir hier in der Schweiz gross anders leben könnten, als wir es taten. Dass man nicht nur auf ein, zwei Dinge verzichten kann, sondern dass es möglich ist, mit VIEL weniger zu leben, ohne dass man dafür in den Busch ziehen und in einer Lehmhütte leben muss.

Oder wie wir mehr Geld übrig haben könnten, um mehr für die Mission und die Armen zu spenden (allerdings waren uns die Verlorenen und die Armen auch nicht so am Herz; auch das hat sich geändert). Je mehr wir verdienten, desto mehr gaben wir aus und desto mehr Wünsche rückten in unser Blickfeld, die wir uns erfüllen wollten. Wir überlegten uns, ein eigenes Haus zu kaufen. Ich machte regelmässige Shopping-Touren, von denen ich mit neuem Geschirr, Haushaltgeräten, Kissenbezügen und Weihnachtsdekoration zurückkam. Ich kaufte zwar der Umwelt zuliebe Bio-Kleider, doch wenn der Katalog ins Haus kam, bestellte ich alles, was das Herz begehrte (und hatte immer zu wenig Kleidergeld).

Vom Geld blieb nie viel übrig und der Zehnte reute mich, hinderte er uns doch daran, uns noch mehr für uns selbst zu kaufen.

Da ich mich schon lange für Nachhaltigkeit und Umweltschutz interessiert hatte, gab Gott mir ein Buch mit diesem Thema in die Hand und führte mich über Abfallvermeidung und Besitz-Reduzieren dazu, dass ich Geld und Besitz nicht mehr liebe. Man könnte diesen Wandel damit beschreiben, dass Gott in unseren Herzen einen Schalter umgelegt hat, sodass ich jetzt anstatt das Geld für mich zu haben und mehr und mehr anschaffen zu wollen, soviel wie möglich verkaufen will, so wenig wie möglich für mich haben will und ich mehr Freude verspüre, je mehr ich spenden kann! Es ist also nicht etwa so, dass wir uns dazu zwingen, weniger Besitz zu haben und dabei eifersüchtig auf die Nachbarn schauen, die mehr haben als wir. Im Gegenteil! Wir haben uns noch nie so glücklich gefühlt wie jetzt.

Ein riesiger Erdrutsch von Folgen ist ins Rollen gekommen, der nicht nur den Besitz betrifft, sondern alles:

Ich lebe nicht mehr für mich selbst. Mein grosser Wunsch ist, nur noch für Gott zu leben. Ich habe keine Ziele mehr, die ich neben Gott für mich selbst erreichen möchte. Mein Schatz ist Jesus. Meine Heimat ist im Himmel. Mein Ziel auf der Welt ist, das Evangelium zu verkünden, damit Seelen gerettet werden und Gott verherrlicht wird.

Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn. (Philipper 1, 21)

Zurück zum Buch: “Zero Waste” hat zwei Bedeutungen: Null Abfall und Null Verschwendung. Es geht also nicht nur darum, Verpackungen und Plastik zu vermeiden und z.B. in einem Unverpackt-Laden einzukaufen. Das ist nur ein kleiner Teil davon. Die Kernaussage, die “geheime Zutat”, heisst: weniger Konsum. Das ist genau der Punkt, wo die Wende geschieht. Ich hatte schon lange versucht, nachhaltig zu leben. Ich kaufte seit Jahren Bio-Lebensmittel, Bio-Kleidung und Bio-Kosmetik. Und gab einiges an Geld aus. Aber mit dem Motto “Ich kauf nix mehr” (ein Satz, den ich irgendwo gelesen hatte und der uns sofort gefiel) konnte ich nicht nur nachhaltiger leben (bzw erst richtig nachhaltig, denn Nachhaltigkeit und verschwenderischer Konsum widersprechen sich zutiefst, weshalb auch der Slogan “Kaufen Sie sich grün!” ein Witz ist), sondern gleichzeitig ungeahnte Mengen von Geld sparen.

Bea Johnson hat als “Anleitung” für Zero Waste die bekannte “3-R-Regel” (Reduce, Reuse, Recycle) genommen und am Anfang und am Ende noch je ein “R” hinzugefügt (Refuse bzw Rot, Verrotten), wobei die Reihenfolge äusserst wichtig ist:

  1. Refuse (Unnötiges ablehnen)
  2. Reduce (Konsum, Besitz, Ansprüche, kurz: eigentlich ALLES reduzieren)
  3. Reuse (Wiederverwendbares anstatt Einwegprodukte kaufen; gebraucht statt neu kaufen)
  4. Recycle (als letzte Möglichkeit vor dem endgültigen Fortwerfen)
  5. Rot (alles Kompostierbare kompostieren).

Dabei sind die ersten zwei (Refuse, Reduce) die wichtigsten Punkte - und nicht ganz überraschend auch die, die direkt mit unserem Herz zu tun haben: Was will ich kaufen? Was will ich besitzen? (Vielleicht auch ein wenig der dritte Punkt “Reuse”, denn gebraucht anstatt neu zu kaufen hat auch damit zu tun, dass wir uns nicht immer das Neuste, Beste gönnen.)

Als ich “Zero Waste Home” zum ersten Mal las (ich habe es mindestens vier Mal durchgelesen), dachte ich: Das tönt spannend, aber das Meiste werde ich wohl nicht umsetzen können. Ich ging ein erstes Mal (wie es Bea Johnson empfohlen hatte), durch unseren ganzen Besitz durch (zumindest durch das, worüber ich selbst entscheiden konnte; zwei Jahre später entrümpelten mein Mann und ich dann wirklich jeden Winkel des Hauses). Die Küche als “mein” Reich kam zuerst dran. Jede Schublade, jedes Kästchen, jedes Gestell räumte ich aus und fragte mich bei jedem Gegenstand: Brauche ich das wirklich? Geht es nicht auch ohne das? (Nebenbemerkung: Marie Kondō, die Aufräum-Expertin aus Japan, fragt etwas anderes: “Does it spark joy?” - Löst der Gegenstand Freude aus? - Dazu Näheres in einem der nächsten Beiträge).

Beim ersten Durchgang sortierte ich v.a. Kaputtes und Doppeltes (Drei-, Vier-, Fünffaches) aus. Ich ging immer noch davon aus, dass ich das Meiste, was ich besitze, auch wirklich benötige.

Beim zweiten Durchgang (ein Jahr später) kam schon viel mehr weg, auch Dinge, die ich nur ein Mal hatte. Ich hatte gemerkt, wieviel aufgeräumter es im Haus aussah mit weniger Gegenständen. Und die Küchenregale sahen so viel schöner aus, wenn nicht fünf Bratpfannen übereinandergestapelt waren!

Beim dritten Durchgang (wieder ein Jahr später, jeweils über die Weihnachtsferien) war der Wandel vollzogen, der Schalter umgelegt: Ich wollte am liebsten alles weggeben! Ich tat grosszügig Dinge in Schachteln und packte sie weg, um zu schauen, ob ich ohne sie auskomme. Im Lauf dieses Jahres passierte es dann zum ersten Mal, dass ich einige wenige Dinge aus den Schachteln zurückholen musste, weil ich zuviel weggetan hatte.

Beim vierten Durchgang fand ich praktisch nichts mehr, was ich entbehren konnte (zumindest nicht, solange wir hier in der Schweiz leben, und nicht im Busch).

Am Ende hatten wir unseren Besitz um gut zwei Drittel reduziert.

Meine Frau und ich sind uns einig: Auf eine einsame Insel würden wir neben der Bibel ein anderes Buch mitnehmen: “Hudson Taylor, Ein Mann der Gott vertraute”.

Nach Paulus gab es wohl keinen Missionar, der so sehr Gott vertraut hat und alle seine Möglichkeiten eingesetzt hat um einer Nation das Evangelium zu verkünden. Und beim Lesen von Brother Yuns “The Heavenly Man” - einige Jahrzehnte nach Taylor, und nach der Kommunistischen Revolution - lässt sich das Erbe von Taylor nur erahnen. Er hat dem grössten Volk der Erde das Evangelium gebracht und noch heute wächst das Christentum fast nirgends schneller als in China.

Die Wirkung Taylors kommt aus seinem Wandel mit Gott, und aus dem Lesen seiner Biographie wurde mir klar: es kommt aus seinem Gebet und seinem totalen Glauben an Gottes Verheissungen.

Hudson Taylor: tägliches Zitat

Seine Memoiren haben meine Frau und mich stark beeinflusst. Deshalb starte ich heute eine Reihe “tägliches Zitat von Hudson Taylor”. Alle Zitate sind aus dem Buch “Ein Mann der Gott vertraute“. Ich schätze, dass das Buch Zitate für ein halbes Jahr hergibt (zwei Monate sind bereits vorbereitet). Wenn es genügend Interesse gibt, dann werde ich weitere Biographien einfliessen lassen.

Die Zitate werden publiziert auf:

Vor bald fünf Jahren hat Gott uns über Zero Waste und Minimalismus stolpern lassen.
Am Anfang (Sommer 2015) stand die Erkenntnis, dass die Christen an den Orten der Welt, wo sie verfolgt werden, zwar viel Schweres durchmachen und ihr Leben bedroht ist, dass dafür aber ihr Glaube oft stark und lebendig ist.

An Orten wie der Schweiz hingegen, wo wir Glaubensfreiheit haben, nicht um unser Leben bangen müssen und auch materiell aufs Beste versorgt sind, ist der Glaube oft kümmerlich und schwach.

Unsere Frage war: (Wie) können wir hier in der reichen Schweiz leben, ohne dass unser Glaube verkümmert? Oder ist die einzige Möglichkeit, in ein Land mit Verfolgung zu ziehen oder als Missionar in einem armen Land zu leben?

Da fiel mir Anfang 2016 das Buch “Zero Waste Home (2013)“ von Bea Johnson in die Hände, ein Buch über Abfallvermeidung und Minimalismus. Das war der Anfang einer riesigen Veränderung. Es zeigte uns einen praktischen Weg auf, wie wir in der konsum-orientierten reichen Schweiz Gott hingegeben leben können.

Es mag von aussen so aussehen, als ob Müll-Vermeidung und Entrümpeln nichts mit Gott zu tun hätten, aber das Gegenteil ist der Fall. Besitz, Konsum, Verschwendung - diese Themen treffen genau den wunden Punkt in unseren Herzen und enthüllen die selbstsüchtigen Wünsche unserer menschlichen Natur (oder des Fleisches), die uns daran hindern, uns selbst und dieser Welt zu sterben und ganz Gott hingegeben zu leben - Geldliebe, Habgier, Sich-Alles-Gönnen, sich so viel wie möglich für sich selbst zu nehmen.

Es gibt im neuen Testament unzählige Stellen über genau dieses Thema. Hier eine - zugegeben etwas provokative - Kostprobe aus Jakobus 5:

Und nun zu euch Reichen: Weint und klagt wegen all des Unheils, das über euch hereinbrechen wird! ´Der Tag kommt, an dem` euer Reichtum verrottet sein wird; Motten werden eure Kleider zerfressen haben, und euer Gold und Silber wird von Rost überzogen sein. Und dieser Rost wird als Beweis gegen euch dienen und wird euch zugrunde richten, als wäre er ein Feuer, das euer Fleisch verzehrt. Denn ihr habt Reichtümer angehäuft, und das, obwohl wir am Ende der Zeit leben! […]
Ihr habt hier auf der Erde ein Leben im Luxus geführt und habt euch dem Vergnügen hingegeben; ihr habt euch alles gegönnt, was euer Herz begehrt, und habt euch damit höchstpersönlich für den bevorstehenden Schlachttag gemästet, den Tag des Gerichts (Jakobus 5,1-3;5, NGÜ)

Der Unterschied zwischen Christen in der Verfolgung und Christen im Wohlstand ist: Der verfolgte Christ ist der Welt gegenüber gestorben und lebt nur noch für Gott. Er muss sich bei seiner Bekehrung entscheiden, ob er die Welt (oder sein Leben) will oder Gott. Für ihn ist klar, dass nicht beides gleichzeitig geht.

Der Christ im reichen Land hingegen trifft diese Entscheidung oft nicht. Er gibt sich der Illusion hin, er könne für Gott leben, ohne die Welt aufzugeben. Er könne beides haben. Aber das ist nicht möglich. Matthäus 6,24 lehrt, dass wir nicht zwei Herren dienen können - Gott und dem Mammon. Wir werden den einen lieben und den anderen hassen.

Zurück zu uns: Gott hat uns also das Buch von Bea Johnson - die beschämenderweise nicht einmal Christ ist - in die Hand gegeben, um uns einen praktischen Weg zu zeigen, wie wir aus diesem Sog der Welt und des Besitzes herauskommen können. Er hat unsere Herzen nach und nach vom Besitz entwöhnt.

Im Folgenden werde ich kurz erklären, was hinter den Begriffen “Minimalismus” und “Zero Waste” steht und was wir so alles gemacht haben.

Ich werde auch darauf eingehen, was wir davon nicht machen - und warum wir nie Marie Kondō zum Vorbild hatten. Doch dazu später.

Your browser is out-of-date!

Update your browser to view this website correctly. Update my browser now

×