Gastbeitrag meiner Frau zu Minimalismus und Zero Waste (5) - Das einfache Leben

Nun, ein Leben in der Ehrfurcht vor Gott bringt tatsächlich einen grossen Gewinn, vorausgesetzt man kann sich - was den irdischen Besitz betrifft - mit Wenigem zufrieden geben. 1. Timotheus 6,6, NGÜ

Als ich mich daran gewöhnt hatte, bei jedem Gegenstand zu fragen: “Brauche ich das wirklich?”, fing ich irgendwann an, dieselbe Frage auch bei anderen Dingen in meinem Leben zu stellen. Ich glaube, wir haben in unserer Überflussgesellschaft ziemlich aus den Augen verloren, was nötig ist und was nicht. Natürlich bin ich froh um fliessendes warmes und kaltes Wasser, um die Waschmaschine, die Dusche, die Heizung im ganzen Haus, den Elektroherd, den Backofen und den Kühlschrank. Auch, dass wir Ärzte haben, Schulen, Bibliotheken und Coiffeure. Aber es gibt unzählige weitere Angebote und Dinge, an die wir uns einfach gewöhnt haben, ohne uns jemals zu fragen, ob sie wirklich nötig sind. Deshalb lohnt es sich, einfach mal drauflos zu hinterfragen. Der Gewinn daraus ist (einmal mehr): Wir brauchen weniger Geld für uns selber, wir können mehr Geld weggeben, wir haben mehr Zeit, um uns mit göttlichen Dingen zu beschäftigen und weniger Chaos und Stress. Und am Ende ist unser Herz auf den Himmel ausgerichtet, nicht auf diese Welt.

Was haben wir also hinterfragt? Wie im dritten Artikel geht es auch hier um sehr persönliche Entscheidungen, die keinesfalls als Norm dienen sollen.

Von einer ganzen Reihe von Dingen und Aktivitäten, von denen man sich fragen kann, ob und wieviel man braucht (z.B. Haustiere, Sportarten (inkl. Ausrüstung), Sportkurse, Wellness-Angebote, Hobbies, Therapien, Coaching-Angebote und vieles mehr) habe ich hier drei Themen ausgewählt.

Brauchen wir ein Auto - und wenn ja, wie viele?

Den ersten Teil dieser Frage haben wir uns vor genau zwei Jahren gestellt (mein Mann schreibt ausführlicher darüber in seinem Artikel). Hier nur soviel: Wir haben unser Auto verkauft, weil wir es einfach super fanden, weniger zu besitzen. Auch, wenn es manchmal mühsamer ist. Jemand hat in einer Dokumentation zu Besitz (Wie viele Dinge brauchen wir wirklich?, NDR Doku 2019) gesagt, das Auto sei ein “verlängertes Zuhause”. Man kann seine Musik hören, die Heizung anstellen und muss nicht andere Leute im Zug anschauen. Stimmt doch irgendwie, oder? Im Auto ist es einfach gemütlicher (ausser, es wird den Kindern schlecht). Nun ist uns klar, dass nicht jeder auf sein Auto verzichten kann, es gibt viele Situationen, wo es einfach unentbehrlich ist. Aber den zweiten Teil der obigen Frage kann man sich ja auch stellen. Wieso nicht mal einen Testmonat mit nur einem oder gar keinem Auto machen? Und wenn wir den Besitz nicht mehr lieben - was für einen Grund haben wir dann noch, uns ein möglichst grosses, teures, cooles Auto zu kaufen oder den neusten Trend mitzumachen? Sollen wir nicht lieber ein möglichst kleines, unscheinbares Auto kaufen, das uns einfach als Gebrauchs-Gegenstand dient?

Ernährung und Gesundheit

Jahrelang waren dies zwei meiner wichtigsten und liebsten Themen. Dabei ging es mir v.a. um gesunde Ernährung und natürliche Heilmittel. Nicht, dass ich jetzt plötzlich gegen all das wäre. Aber im Zuge des Minimierens, wo ich mich fragte: “Brauche ich dieses Stärkungsmittel?” “Will ich dieses spezielle Nahrungsmittel immer noch kaufen?” geschah es, dass ich das Meiste wegliess (ähnlich wie bei den unzähligen Badezimmer- und Kosmetikprodukten). Und es geht mir nicht schlechter dabei.

Ich bin natürlich nicht dagegen, dass man etwas für seine Gesundheit tut. Aber in unserer Gesellschaft haben sich die Themen Ernährung und Gesundheit so aufgeplustert, dass sie viel zu viel Raum einnehmen. Überall hören und lesen wir, was wir alles für unsere Gesundheit tun können. Dass Gesundheit das höchste Gut ist. Wovon wir wieviel essen sollen und welche Nahrungsmittel wir unbedingt vermeiden müssen. Welche Ernährungsform auf unseren Körper zugeschnitten ist. Und es gibt unheimlich viele Produkte zu kaufen, die uns schlank machen, unseren Körper widerstandsfähig machen, kurz: unser Wohlbefinden verbessern.

All diese Produkte kaufen wir uns regelmässig und geben einen Haufen Geld aus. Wofür? Für UNS. All das Geld geben wir für uns selbst aus. Damit es uns besser geht. (Wäre es nicht besser, wir würden dieses Geld für diejenigen geben, die Jesus nicht kennen? Oder am Verhungern sind?) Ich glaube nicht mehr, dass das nötig ist. Ich glaube eher, dass wir hier viel zu viel Gewicht auf uns selbst legen, aus unser Wohlbefinden. Darauf, unser Leben noch ein bisschen angenehmer zu machen. Oder weil es sich einfach gut anfühlt, sich etwas Gutes zu tun. Wir dienen uns selber, unserem Körper.

Und im Thema Gesundheit stellte ich noch eine andere Dynamik bei mir fest: Da ich mich mehr und mehr für ganzheitliche Therapien interessierte und sie es mir irgendwie angetan hatten, geschah es nach und nach, dass ich auf diese Therapien vertraute. Und damit auch den Menschen und Philosophien dahinter. Das kam so:

Vor einigen Jahren war ich über längere Zeit so verspannt (und gestresst), dass ich Kopfschmerzen, Schwindel und Ohrgeräusche bekam. Nachdem mir die “normale” Physiotherapie nicht geholfen hatte, wurde mir Chiropraktik empfohlen. Da ging ich über ein Jahr hin. Es half auch, allerdings traten wieder neue Probleme auf. Damals ging ich auf die Bitte meiner Schwester hin auch einmal wöchentlich mit ihr zusammen ins Yoga. Das half zwar gegen die Verspannung, aber irgendwie war es mir ein bisschen unwohl dabei, immer diese Buddhas anzuschauen… Ausserdem war die (sehr sympathische und liebe) Yogalehrerin extrem buddhistisch und gab uns nicht nur die Techniken weiter, sondern auch die Philosophie dahinter. Schliesslich traf ich sie für eine persönliche Beratung wegen meiner gesundheitlichen Probleme. Da öffnet man sich natürlich und gibt persönliche Dinge preis. Und man holt sich Rat von dieser Person. Sie empfahl mir Osteopathie. Glücklicherweise gab es das nicht weit von uns. Ich ging daraufhin wiederum über ein Jahr lang zu einer Osteopathin. Nicht, dass es nicht half. Die Verspannungen und Ohrgeräusche, die Kopfschmerzen und der Schwindel gingen weitgehend weg. Aber da ich jede Woche hinging, passierte noch etwas:

  1. Ich glaubte, dass ich ohne Osteopathie nicht mehr auskommen kann. Sobald ich wieder verspannt war, brauchte ich sie ja (und das geschah häufig).
  2. Ich merkte, dass meine Therapeutin so eine Art Coach für mich geworden war. Sie fragte viel, ich erzählte viel. So wurde sie zu einer Anlaufstelle für Lebensfragen. Und auch sie orientierte sich sehr an östlichen Philosophien. Sie riet mir z.B. (nachdem ich mit Yoga aufgehört hatte), mir unbedingt einen Morgen für Yoga zu reservieren.

Irgendwann zu dieser Zeit las ich im 1. Psalm: “Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen.” Das traf mich. Ich sagte alle weiteren Termine ab und entschloss mich, lieber auf Gott zu vertrauen, als Rat bei Menschen zu holen, die Gott nicht kennen und daher auch nicht wissen, was für mich das Beste ist. Ich muss zugeben, am Anfang war es hart. Mein Körper spielte verrückt und ich war mehrmals verzweifelt und nahe daran, aufzugeben. Aber schliesslich normalisierte sich alles und ich habe seit zwei Jahren nichts mehr von den Therapien gebraucht. Positiver Nebeneffekt: wenn ich mal wieder sehr verspannt bin, macht mein Mann mir eine Massage. Das genügt.

Was ist mein Kleidungsstil?

Ich habe Jahre damit verbracht, mich zu fragen: Was ist mein Stil? Welche Kleidung passt zu mir? Irgendwie hat sich auch das geändert. Je weniger ich auf mich, meine Wünsche und meinen Besitz achte, und je mehr ich von mir weg auf Jesus schaue, desto grösser wird der Wunsch, dass die Menschen nicht mich sehen, sondern Jesus. Auf Ihn möchte ich stolz sein, nicht auf mich. Deshalb möchte ich mich auch nicht mehr so anziehen, dass ich Aufmerksamkeit auf mich lenke. Ja, ich möchte so unscheinbar wie möglich angezogen sein. Ich habe ja schon im 3. Artikel geschrieben, dass ich die meisten meiner Kleider gebraucht kaufe. Da hat es halt manchmal nicht das Perfekte. Ich habe einige Kleidungsstücke, die mir nur mässig gefallen. Aber irgendwie stört mich das nicht mehr. Natürlich will ich nicht wie ein Landstreicher daherkommen oder extra hässliche Kleider kaufen. Aber mir wäre am liebsten, wenn die Menschen in mir nur noch Jesus sehen würden, nicht mehr mich.

Meine grossen Vorbilder sind einfache Menschen, die von aussen unscheinbar sind, aus deren Gesicht jedoch die Freude von Jesus strahlt und die ihr Leben ganz Gott geweiht haben und keinen Gewinn in der Welt anstreben. Ein solches Ehepaar haben wir vor einem guten Jahr kennengelernt. Als wir sie zum ersten Mal sahen, erschienen sie uns langweilig. Nichts deutete darauf hin, dass ein Gespräch mit ihnen interessant sein könnte. Doch als wir dann mit ihnen sprachen, merkten wir, dass wir uns getäuscht hatten. Sie erzählten uns, wie sie Missionare geworden waren und für ihre Versorgung auf Gott vertrauten. Wie sie Wunder erlebt hatten. Von ihrer Liebe zu den verlorenen Menschen an Orten, wo das Evangelium noch unbekannt war. Wenn wir mit ihnen sprachen, sahen wir nicht Menschen, sondern Jesus. Sie versuchten nicht, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, auf ihr Aussehen, ihre Redegewandtheit, ihren Erfolg oder ihr Wissen. Sondern auf Jesus. So möchte ich auch sein.

Zum Schluss noch ein Zitat von William Burns (China-Missionar):

Wenn jemand Christus im Herzen hat, den Himmel vor Augen und an zeitlichen Gütern nur das Notwendigste besitzt, dann können ihm Sorgen und Leid nicht leicht etwas anhaben.

Das ist einfaches Leben!

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