#Aus dem Leben

Vor vier Jahren kam unsere Tochter in die erste Klasse. Den Kindergarten hat sie geliebt: Es waren zwei Jahre unbeschwertes Spielen. Selbst die Kindergartenlehrerinnen waren lustig und man durfte ihnen beim Abschied “Auf Wiedersehen Frau Kochtopf” sagen. Lesen und schreiben konnte sie bereits. Das hat sie sich selbst beigebracht. Kein Wunder: die ganze Welt um sie herum war voller Buchstaben.

Dann kam sie eben in die erste Klasse. Von einem Tag zum anderen musste sie lesen und schreiben. Was als spannende Nebenbeschäftigung begann, wurde zur Pflicht. An einem der ersten Schultage teilte die Lehrerin eine Aufgabe aus. Nachdem unsere Tochter die Aufgabe abgeschlossen hatte, streckte sie auf: “Kann ich jetzt in die Spielecke?”. Nein, meinte die Lehrerin. “Ich gebe dir ein Blatt mit weiteren Aufgaben.” Unserer Tochter wurde schmerzlich bewusst, dass die Schule kein Ort des Spiels war.

Und so blieb es. Frage ich meine Tochter am Abend nach den Highlights des Tages, erzählt sie vom Nachmittag nach der Schule. Frage ich sie, ob denn nicht auch in der Schule etwas lässig war, nennt sie höchstens die Pause. Oder das Turnen. Oder: Moment. Es gibt ein Fach, das sie gerne besucht: Das nennt sich “Deutsch-Lernforum”.

Das Lernforum ist freiwillig. Da gehen nur vier bis acht Kinder hin, die Klasse ist also gut viermal kleiner als ihre normale Schulklasse. Die Lehrerin fragt die Schüler, worauf sie Lust hätten. Handlettering, schlägt meine Tochter vor. Ok, hat zwar nur begrenzt etwas mit Deutsch zu tun, aber der Vorschlag wird aufgenommen. Andere Unterrichtsteile gibt die Lehrerin vor, aber auch diese werden spielerisch durchgeführt. Ein Beispiel: Sie bekamen den Auftrag, zu zweit eine Geschichte zu erfinden und aufzuschreiben. Danach haben sie die Geschichten in ein Hörspiel vertont. Das war das Highlight des letzten Schuljahres meiner Tochter.

Als unser Sohn noch in der Mittelstufe war, besuchte er das Mathe-Lernforum. Mein Eindruck: Er hat da um ein Vielfaches mehr schneller gelernt als in der normalen Mathestunde. Ich habe mich ein paarmal mit ihm hingesetzt und mit ihm durch Lernforum-Heft geblättert. Dabei habe ich gemerkt: Da wurde ihm das Interesse an der Mathematik geweckt. Da ging es um alltägliche, spielerische Probleme. Um Kuriositäten. Die Theorie war Mittel zum Zweck. Im Zentrum standen spannende Fragestellungen und die konnte man nur mittels Theorie lösen, daher wurde auch die Theorie spannend.

Wieso schreibe ich das alles auf? Ist es ein Aufruf zu Homeschooling? Nein. Weil ich weiss, wie man es besser machen könnte? Nein.

Ich schreibe dies, weil ich beobachte, dass Lernen vor allem da passiert, wo es Freiräume gibt. Wo das Spiel im Vordergrund steht. Die Neugier. Die Eigenmotivation.

Ich wollte schon lange über das Lernen und die Schule schreiben. Getriggered zu diesem Artikel wurde ich durch einen Beitrag aus der “Homeschooling-Ecke”. Ein paar Auszüge:

Einige von uns geben sich nicht mit kulturellen Normen zufrieden. Einige von uns, die sich an der Forschung und der kindlichen Entwicklung orientieren, wissen, dass Spiel für kleine Kinder keine Ergänzung zum Lernen ist, sondern dass Spiel Lernen ist.

Was die Autorin als “Spiel” versteht:

Spielen ist eine Reihe von intrinsisch motivierten Aktivitäten, die zum Vergnügen und zur Freude an der Freizeitgestaltung durchgeführt werden.

Bei der Durchsicht von Forschungsarbeiten und akademischen Artikeln über das Spielen können die Definitionen ein wenig variieren, aber eine Sache, die immer präsent ist, ist die Idee, dass Spielen freiwillig ist. Spielen ist nicht etwas, das Kindern aufgezwungen wird.

Das klingt schwärmerisch. Romantisch. Und ja, ich frage mich, wie sich das konkret bei unseren zwei Kindern umsetzen liesse. Ich weiss es nicht.

Was ich sehe ist, dass die Schule ein Ort geworden ist, wo die Lehrer davon ausgehen, dass die Schüler nicht freiwillig kommen. Und daher ein ganzes System von Regeln und Strafen geschaffen wurde, um die Schüler “in line” zu halten. Als unser Sohn in die Oberstufe kam, brachte er ein Heft voller Regeln nach Hause. Darin war beschrieben, welche disziplinarische Massnahmen für welche Vergehen gelten.

Das Deutsch-Lernforum auf der anderen Seite - obwohl auch Teil der Schule - ist ein freiwilliger Ort. Da sind nur Kinder, welche Freude an Deutsch haben. Und alleine diese Tatsache schafft eine ganz andere Umgebung. Es ist ein Ort, wo Interesse und Neugier geweckt wird. Wo der Lehrer nicht vorgibt, was die Kinder lernen sollen, sondern sie ihnen die grosse Welt der Sprache zeigt. Wo sie nicht für die Noten lernen, sondern weil sie der Stoff selber fasziniert.

Ja, das ist vielleicht der unfertigste Beitrag, den ich bisher geschrieben habe. Aber es ist ein Thema, das mir einfach keine Ruhe lässt! Und von dem ich hoffe, dass ich ein paar Feedbacks kriege. Denn es kann nicht nur uns so gehen.

Wir waren in den Sommerferien. 2 Wochen im Zelt auf dem Campingplatz. Diese Art von Ferien ist für mich immer die Möglichkeit, den Alltag hinter mir zu lassen. Kein Computer, (fast) kein Handy, keine Musik, keine News.

Doch da der Tagesablauf total anders war, fiel meine Gebetszeit am Morgen ins Wasser. Sprich ich habe 2 Wochen lang nicht mehr gebetet.

Richtig bewusst wurde mir das aber erst, als ich wieder zu Hause war und ich am ersten Arbeitstag aufstand. Soll ich nun wieder beten gehen? Wirklich Lust habe ich nicht. Doch, was solls, schaden kanns ja auch nicht wirklich.

Und so machte ich mich parat auf meinen ersten Gebetsspaziergang nach den Ferien. Im geistigen Auge laufe ich durch die Kornfelder, spreche mit Gott, rezitiere vielleicht ein bis zwei Bibelverse und komme dann mit fröhlichem Herzen wieder nach Hause. So weit meine Vorstellung vom Gebetsspaziergang.

Was aber tatsächlich passiert ist: Ich spreche Gott an, bete vielleicht ein bis zwei Sätze, und verfalle in ein Grübeln über die Arbeit und die Familie. Gedankenverloren spaziere ich durch die Felder und merke erst auf halben Weg, dass ich ja gar nicht am Beten bin.

Das passiert mir nicht zum ersten Mal, und ist jedes Mal beschämend. Doch ich erinnere mich an das erste Kapitel aus Paul Millers Buch “A Praying Life - Connecting with God in a Distracting World“:

Wir halten etwa fünfzehn Sekunden durch, und dann taucht wie aus dem Nichts die Todoliste des Tages auf und unsere Gedanken schweifen ab. Wir merken es und kehren mit schierer Willenskraft zum Gebet zurück. Ehe wir uns versehen, ist es schon wieder passiert. Statt zu beten, treiben wir in einer verwirrenden Mischung aus Umherschweifen und Grübeln umher. Dann setzen die Schuldgefühle ein. Irgendetwas muss mit mir falsch sein. Andere Christen scheinen diese Probleme mit dem Beten nicht zu haben. Nach fünf Minuten geben wir auf und sagen: “Ich bin nicht gut darin. Ich könnte genauso gut etwas arbeiten”.

Ich finde es immer erfrischend, wenn Christen ehrlich über ihre Schwachheit sprechen. Das ist auch einer der Gründe, wieso ich diesen Blog schreibe und nicht davor zurückschrecke, Dinge aus meinem Leben zu erzählen, die eben vom “Christlichen Soll” abweichen.

Paul Miller schreibt danach:

Richtig, irgendetwas stimmt nicht mit uns. Unser natürlicher Wunsch zu beten kommt von der Schöpfung. Wir sind nach dem Ebenbild Gottes geschaffen. Unsere Unfähigkeit zu beten kommt vom Sündenfall. Das Böse hat uns verunstaltet. Wir wollen mit Gott sprechen, können es aber nicht. Die Spannung zwischen unserem Wunsch zu beten und unseren stark beschädigten Gebetsantennen, führt zu ständiger Frustration.

Was ich in solchen Situationen immer zu Gott sage ist: “Gott, lehre mich zu beten”. Er war es, der in mir überhaupt den Glauben erschaffen hat, er wird es auch zustande bringen, dass ich in meinem unfähigen Zustand zu einem ehrlichen, erbaulichen Gebet finde.

Und so habe ich wieder angefangen zu beten. Jeden Tag, obwohl es sich nicht danach angefühlt hat. Nach ein paar Tagen hatte ich einen schweren Abend. Es war nach einem anstrengenden Arbeitstag und in der Familie hatten wir Streit. Ein Gedanke meldete sich: “Morgen kannst du das Gebet gut auslassen und es dir mal etwas gut gehen lassen, das musst du jetzt nicht auch noch machen!”. Doch schnell wurde mir klar: Oha, das Gebet ist unbewusst zur Pflichtübung geworden. Ein Todo, das ich auslassen kann, wenn es gerade zu stressig wird. Zum Glück meldete sich Sekunden danach ein ganz anderer Gedanke: “Gerade jetzt brauchst du das Gebet! An der Arbeit läuft es nicht gut, in der Familie ist Streit, wie genau soll sich das verbessern, indem du es dir einmal gut gehen lässt?”.

Es kam mir das Gleichnis des Pharisäers und des Zöllners in der Synagoge in den Sinn wo der eine betete: “wie gut bin ich, Herr, dass ich hier täglich bete” - Genau das hat sich bei mir eingestellt, ich suchte das Gebet, damit ich mich von den anderen abheben kann, damit ich von Gott mehr Segen bekam. Der andere aber betete in der Verzweiflung: Gott, sei mir Sünder gnädig - bei mir: Es läuft nicht gut in Arbeit und Familie. Schau nicht auf meine erbärmlichen Gebete und erhöre mich trotzdem!

Es ist mir bewusst geworden, dass ich meine Gebete als “geistliche Übungen” sah, die nicht viel mit meinem Leben zu tun haben. Denn wenn sie tatsächlich helfen würden, dann hätte ich keinen Reflex sie auszulassen, wenn es mir mal nicht gut geht.

Und zum Schluss wurde mir auch klar, wieso meine Gedanken immer wieder vom Gebet “abwanderten”: weil sie nicht mit meinen wahren Anliegen übereinstimmten. Denn meine Gedanken gingen dahin, wo meine Sorgen waren, doch mit meinem Gebet versuchte eher, Gott zu beeindrucken und fromme Worte hervorzubringen.

Dies beschreibt Paul E. Miller in “A Praying Life” so:

Der einzige Weg, zu Gott zu kommen, ist das Ablegen jeder spirituellen Maske. Dein wahres Ich muss den wahren Gott treffen. Er ist eine Person.

Anstatt Dich darüber zu sorgen, dass deine Gedanken sich nur um dich selber drehen, sprich mit Gott über deine Sorgen. Sag ihm, wo du müde bist. Wenn du nicht damit beginnst, wo du bist, dann wird sich das, wo du bist, durch die Hintertür hineinschleichen. Dein Geist wird dorthin wandern, wo du müde bist.

Wir sind oft so beschäftigt und überwältigt, dass wir, wenn wir uns zum Beten zurückziehen, nicht wissen, wo unser Herz ist. Wir wissen nicht, was uns bedrückt. Also müssen wir uns seltsamerweise vielleicht Sorgen machen, bevor wir beten. Dann werden unsere Gebete einen Sinn haben. Sie werden von unserem wahren Leben handeln.

Und so ging ich am nächsten Morgen doch beten. Und rief zu Gott, er solle sich doch meiner Situation erbarmen. Und das Gebet wurde so viel realer, und schon bald merkte ich die ersten Gebetserhörungen.

Beitrag von meiner Frau Irene

Oh, dass die vergnügungssüchtigen Männer und Frauen der Welt nur die wahre Freude derer schmecken und fühlen könnten, die den wahren Gott kennen und lieben - ein Gut, das die Welt … ihnen nicht geben kann, das aber die ärmsten und bescheidensten Nachfolger Jesu erben und geniessen!
(Aus: John G. Paton: Missionary to the New Hebredes, An Autobiography)

Nachdem mein Mann und ich nun so viele Artikel geschrieben haben über “Die Welt aufgeben”, “Genügsam sein”, “Besitz verkaufen”, “Nicht mehr für sich selber leben”, “Geld spenden, anstatt für sich zu brauchen”, bleibt eine wichtige Frage zu beantworten: Wenn wir so viel aufgeben und die Freude nicht aus Dingen der Welt holen, woher kommt denn unsere Freude?

Denn wenn wir einfach Dinge aufgeben, die uns Freude gemacht haben, ohne etwas Besseres gefunden zu haben, werden wir gesetzlich, lieb- und freudlos. Und nach einer gewissen Zeit werden wir uns mit doppelter Hingabe erneut der Welt zuwenden.

Wenn ich mich recht erinnere, beantworte ich diese Frage eigentlich in jedem Artikel. Ich schreibe darüber, dass Jesus unser Schatz ist, dass Er herrlich ist, dass Er genügt. Ich zitiere Paulus, der sagt, dass Jesus zu kennen etwas unüberbietbar Grosses ist, dass der Gewinn, nachdem er strebt, Christus ist und dass Christus sein Leben ist (alles aus dem Philipperbrief). Aber was heisst das eigentlich genau?

Deshalb finde ich es wichtig, hier einmal einen ganzen Artikel diesem Thema zu widmen. Ich werde also aus meinem Leben erzählen, wie Gott mir seine Liebe zu mir und seine Existenz immer wieder sichtbar und real macht.

Und mein Erleben ist keineswegs nur etwas für Charismatiker oder Pfingstler. Das Erleben von Gottes Nähe und Liebe und das Empfinden von Liebe zu ihm sind Dinge, die absolut essenziell sind. Ja, ich gehe soweit zu sagen, dass man nicht als Christ leben kann, ohne diese Erlebnisse mit Gott zu haben, ohne etwas von ihm wahrzunehmen, das unsere Herzen zu ihm zieht und uns in aller Realität zeigt, dass Christus zu kennen herrlicher ist als alles, was die Welt zu bieten hat. Wie sonst könnten Christen bereit sein, für Jesus zu leiden? Wie sonst könnte jemand im Angesicht des Todes bei Gott bleiben und sich nicht von ihm lossagen? Wie sonst kann jemand Geld, Besitz und Ansehen aufgeben und glücklicher sein als vorher?

In allen Büchern und Geschichten von Missionaren oder anderen Christen, die ihr Leben ganz für Gott gelebt haben, findet man Zeugnisse davon. Es gibt buchstäblich keinen Christen, der sein Leben für Gott hingegeben hat und nicht Gottes Nähe, seine Liebe und seine Versorgung ganz real erlebt. Und ich würde sagen, Paulus ist das beste Beispiel dafür.

Ich habe ja in meiner Bekehrungsgeschichte beschrieben, wie ich Gott viele Jahre versucht hatte zu dienen, ohne etwas in meinem Herzen für ihn zu spüren. Keine Liebe zu ihm und keine Liebe von ihm zu mir. Weiter habe ich beschrieben, wie ich zu ihm geschrien habe, dass ich ihn finden kann. Und wie er mein Gebet erhört hat. Von dem Buch, in dem genau solche Erlebnisse beschrieben waren, von denen ich in diesem Artikel sprechen will.

Gott hat mir also genau das gezeigt: Dass man ihn wahrnehmen kann, dass man seine Liebe spüren kann und tiefe Liebe zu ihm empfinden kann. Natürlich betete ich von da an darum, dass ich diese Liebe auch spüren kann. Und Gott erhörte mein Gebet.

Ich bin der Überzeugung, dass die Fähigkeit, Gottes Herrlichkeit zu erkennen, einem bei der Wiedergeburt geschenkt wird und dass ohne diese Fähigkeit Christsein nicht möglich ist. Ganz ehrlich: Warum würde jemand - noch dazu jemand in unserem reichen Land, der gesund ist und alles im Überfluss hat - sich für Gott entscheiden, wenn er nicht erkannt hat (und damit meine ich: In seinem Herzen gespürt hat), dass Jesus herrlicher ist als alles, was er in der Welt kennt? Dass diese Liebe, die Gott ihm gibt, die beste, reinste und vollkommenste Liebe ist und alles übertrifft, was er in der Welt an Liebe erfahren oder sich danach gesehnt hat?

Ich glaube, dass ich genau deshalb, weil ich Gottes Liebe nicht erfahren hatte, früher immer das Gefühl hatte, ich müsse andere dazu überreden, Christ zu werden. Schliesslich mussten sie so vieles aufgeben, das ich als attraktiv empfand. Denn ich hatte die Realität von Gottes Herrlichkeit nicht erkannt.

Erst diese Erkenntnis, d.h. dieses Erfahren, macht uns fähig, uns Gott ganz hinzugeben. Erst dieses Erfahren macht uns bereit, eigene Wünsche aufzugeben, Unannehmlichkeiten auf uns zu nehmen, in die Mission zu gehen oder sogar für ihn zu sterben.

Also, genug der Theorie.

Ich glaube, wo ich Gottes Gegenwart als Erstes spürte, war im Gebet. Nachdem das vorher nie passiert war, wurde mein Herz plötzlich während des Gebets immer wieder von Gottes Herrlichkeit erfasst. Meist nicht grad am Anfang, aber nach einer Weile. Es ist wie ein Ziehen im Herz, ein Gefühl, dass Gott herrlich ist. Manchmal geschah es auch, dass Gott mich zum Beten drängte. Es überkam mich einfach ein inneres Drängen, wie eine Mischung aus Erkennen von Gottes Herrlichkeit und der Überzeugung, dass ich jetzt für jemand beten soll.

Ein solches Erlebnis ist mir noch sehr gut in Erinnerung. Einige Zeit vorher hatte meine Mutter mir erzählt, dass meine Cousine, die in eine christliche Gemeinde ging, ihren Ehemann verlassen hatte, wegen jemand anderem. Ich war erschüttert über diese Tatsache. Einige Wochen später war ich in der Küche am abwaschen und dachte an nichts Besonderes. Da überkam mich plötzlich ein tiefes Mitgefühl mit meiner Cousine. Ich weinte und betete für sie, dass sie Gottes Herrlichkeit erkennen kann und dass ihre Ehe wieder ganz wird.

Nachdem wir erkannt hatten, dass man Gottes Gegenwart spüren kann, fingen mein Mann und ich an, Anbetungsmusik zu hören und konnten Gott zum ersten Mal mit Liedern anbeten. Wir spürten während des Singens regelmässig Liebe zu Gott. Ja, wir erkannten immer wieder in der Anbetung, dass Gott herrlich und anbetungswürdig ist. Wir trafen uns eine Zeit lang häufig mit einem anderen Paar zur Anbetung und es geschah immer wieder, dass wir gegen Ende eines Liedes einfach weiter improvisierten, mit Worten, die uns in den Sinn kamen. Wir sangen z.B. “Jesus, du bist herrlich” oder “Du bist für unsere Sünden gestorben”. Wenn das Lied fertig war, war es ganz still und wir schauten einander an und spürten, dass Gott da ist.

Etwas “charismatischere” Erlebnisse sind die folgenden zwei:

Mit dem erwähnten Paar beteten wir nicht nur an, wir beteten auch füreinander und bauten Zeiten ein, in denen wir still wurden und “hörten”, ob Gott uns etwas sagte. Ich hörte leider nie etwas (bis heute spricht Gott nicht durch Bilder oder Worte zu mir, zu anderen aber schon). Einmal machten wir einen Versuch: Wir machten Kärtchen mit unseren Namen drauf und hörten nacheinander für alle, allerdings verdeckt, d.h. ohne zu wissen, für wen wir gerade hörten. Ich hörte wieder einmal nichts und musste zudem das Zimmer verlassen, um nach unserem damals etwa eineinhalbjährigen Sohn zu schauen. Ich war bitter enttäuscht. Das Paar musste gehen, bevor ich wieder ins Zimmer kam. Ich fragte meinen Mann: “Und, habt ihr was gehört?” Was war seine Antwort? “Ja, wir haben alle drei etwas für dich gehört - vielmehr gesehen”: Alle drei hatten unabhängig voneinander Bilder gesehen, die mit Frühling zu tun hatten. Jemand ein junges Pflänzlein, jemand sah eine Geige und hörte Vivaldis “Frühling” spielen, jemand sah Pflanzen und eine kleine Schaufel, ausserdem ein üppig blühendes Rapsfeld. Jemandem kam noch die Bibelstelle in den Sinn: “Ich weiss wohl, was ich für Gedanken über euch habe: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.” (Jer. 29,11)

Das passierte in der Anfangszeit, als ich noch sehr unsicher war und viele Zweifel hatte, ob Gott sich mir wirklich zeigt und ob ich wirklich im Glauben wachsen kann. Es war absolut ermutigend! Auch später hat Gott mir (durch andere) noch zweimal gezeigt, dass jetzt der Frühling anfängt bei mir, d.h. dass etwas am Wachsen ist, bzw. dass eine Knospe am Aufgehen ist. Das gab mir sehr viel Hoffnung, dass Gott etwas mit meinem Leben vorhat, auch wenn es nicht so schnell vorwärtsging, wie ich mir das vorstellte.

Das zweite “charismatische” Erlebnis ist ein Traum, den ich vor 12 Jahren hatte. Ich habe immer mal wieder einen Traum, von dem ich ziemlich sicher bin, dass er von Gott ist. Nicht sehr häufig, aber ab und zu.

In diesem Traum geschah Folgendes: Es lag ein Mann in DHL-Uniform auf der Strasse. Er war verletzt. Ich ging zuerst mehrmals an ihm vorbei, ohne ihn zu beachten. Dann ging ich zu ihm hin, kniete mich neben ihn und fragte, ob ich ihm helfen könne. Er sagte: Nein, es sei alles gut, er bleibe noch ein wenig liegen, dann gehe er weiter. Aber ich sah, dass er verletzt war und glaubte sogar, Blutspuren an seinem Mund zu sehen.

Da fühlte ich ein unglaubliches Mitleid mit ihm - eher “Mitleidenschaft” - so, wie es bei Jesus einmal beschrieben ist, dass es ihm die Eingeweide umdreht. Es war so stark, wie ich es noch nie erlebt habe. Es kam nicht aus mir selber, es war, wie wenn Gott mir sein Mitleiden mit den Menschen zeigen würde. Ich küsste daraufhin den Mann mehrmals auf die Stirn und flehte ihn an, dass er mich helfen lasse. Aber er lehnte ab. Schliesslich sagte ich voller Inbrunst zu ihm: “Gott segne dein Leben!” und ging.

Dieses Gefühl von Mitleid und Barmherzigkeit hielt den ganzen nächsten Tag an. Es war so stark, dass es alles andere ausblendete. Schliesslich konnte ich nicht anders, als Gott zu sagen: “Hier bin ich, sende mich! Ich will so den Menschen dienen, in dieser Liebe (das ist die Liebe von Jesus!). Ich will von dir benutzt werden, damit Menschen durch diese Liebe geheilt werden.”

Bis heute kommt mir der Traum immer wieder in den Sinn. Ich weiss immer noch nicht die ganze Bedeutung davon (warum war z.B. der Mann nicht an meiner Hilfe interessiert?). Aber der Wunsch, den Menschen mit der Barmherzigkeit Jesu Heilung zu bringen, den Verlorenen (die nicht mal wissen, dass sie verloren sind), das Evangelium zu bringen, ist geblieben und sogar stärker geworden.

Ein anderes Erlebnis geschah, als ich eines Abends im Bett lag und nicht einschlafen konnte. Ich fing an zu beten und Gottes Herrlichkeit kam über mich und ich lag etwa eine Stunde so da in Gottes Gegenwart und betete und genoss seine Nähe. Es ist auch schon vorgekommen, dass ich mitten in der Nacht aufgewacht bin und wunderbar beten konnte. Gott und ich waren ganz allein zusammen in der stillen Nacht.

Ein anderes Mal (vor etwa eineinhalb Jahren) hatte ich grosse Zweifel, ob wir mit unserem Leben überhaupt vor Gott bestehen können. Unser ganzer Alltag fühlte sich so nichtig an, so umsonst. Ich hatte das Gefühl, nicht vorwärtszukommen.

Am Abend im Bett fühlte ich Gottes Frieden, weil wir in seinem Willen wandeln und nicht mehr für uns selbst leben wollen. Ich sagte Gott mehrmals: “Ich will nur für dich leben und bereit sein, für dich zu sterben.”

In der Nacht hatte ich (seit Langem wieder einmal) einen Traum:

Ich war in einer Schule und der Lehrer sagte die Prüfungsnoten von mehreren Prüfungen von jedem Schüler, während alle im Halbkreis standen und zuhörten.

Ich hatte Angst, eine oder mehrere ungenügende Noten zu haben und nicht zu bestehen. Da las der Lehrer eine Note von mir vor. Es war eine 6 (zum Verständnis für die deutschen Leser: Das ist in der Schweiz die Bestnote!). Ich war erleichtert. Dann kam eine Deutschprüfung und ich hatte die Note 6½ und bei der nächsten Prüfung (Mathematik) ebenfalls 6½! Ich lachte auf - ungläubig - und sagte: “6½ gibt es ja gar nicht!”

Aber beide Prüfungen - ich schaute sie an - waren makellos. Musterprüfungen. Bei der Deutschprüfung war ein rotes Raster, das perfekt ausgefüllt war. Auch die Matheprüfung war sauber und wunderschön geschrieben und ohne auch nur den kleinsten Fehler - halt eben makellos. Die Note 6½ schien die “Makellos-Note” zu sein.

Es war irgendwie klar, dass es meine Prüfung war, aber gleichzeitig war es nicht meine Schrift oder Perfektion - es war wie etwas Neues für mich, das ich noch nicht gesehen hatte.

Ich rief: “Danke Gott, danke, danke!” Und sprang fröhlich herum.

Es ist, wie wenn Gott mir durch diesen Traum sagen würde: Dein Herzenswunsch, nur für mich zu leben, ist angenommen. Er ist in meinen Augen makellos. Er könnte nicht perfekter sein. Ja, Gott sagt zu mir: Du hast die Prüfung bestanden. Zwar eigentlich nicht ich selber, sondern so, wie wenn Jesus die Prüfung geschrieben hätte. So ist es ja auch. Nicht ich bin makellos, sondern ich bin es durch Jesu Tod und Auferstehung. Mein Wunsch, nur noch für Gott zu leben, ist zwar mein grösster Herzenswunsch, aber er kommt nicht von mir, sondern von Gott.

Ist das nicht ein unglaublicher Liebesbeweis von Gott? Es macht meinen Wunsch, nur noch für Ihn zu leben, noch grösser!

Noch ein letztes Erlebnis möchte ich aufschreiben (wenn man mal anfängt, kann man fast nicht mehr aufhören…):

Dieses Erlebnis ist schon einige Jahre her. Ich muss vorausschicken, dass ich zu den Menschen gehöre, die sich viel Sorgen machen und die sich immer mal wieder fragen, ob sie nicht vielleicht eine tödliche Krankheit haben und bald ihr letztes Stündlein geschlagen hat. Immer wieder habe ich Phasen mit körperlichen Stresssymptomen, und wenn die ein gewisses Mass annehmen, kriege ich schon mal Angst, dass es nicht nur Stresssymptome sind, sondern eine tödliche Krankheit. Je nachdem, ob das Herz betroffen ist oder ich Kopfschmerzen habe, kommen mir dann “Herzinfarkt” oder “Hirntumor” in den Sinn.

Eines Nachts erwachte ich also mit solchen Symptomen. Da überkam mich eine richtige Todesangst. Ich war wie gelähmt davon. Sie füllte alles aus. Ich schrie innerlich zu Gott um Hilfe. Da konnte ich plötzlich der Angst ins Gesicht sehen und sagen: “Also gut. Wenn ich sterbe, dann sterbe ich eben. Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn! Der Tod kann mich nicht trennen von Jesus!”

Da ging die Angst weg. Sie musste weichen. Es war, wie wenn ihr Bann gebrochen würde. Und ich erkannte (fühlte!), dass Jesu Herrlichkeit sogar in Todesangst real ist und stärker ist als die Angst. Das hat meinen Glauben sehr gestärkt!

Die hier erwähnten Geschichten sind nicht mal ein Zehntel von dem, was ich mit Gott erlebt habe. Ich könnte eine ganze zehnteilige Beitragsreihe mit solchen Erlebnissen füllen. Das werde ich zwar nicht tun, aber sie zeigen hoffentlich, dass die Herrlichkeit Jesu für mich absolut real ist und dass seine Liebe erfahrbar ist und nicht einfach eine Theorie, die wir glauben müssen, ohne etwas davon zu spüren.

Und ich hoffe, dass dadurch klar wird, dass wir in Christus wirklich etwas Besseres gefunden haben als die Welt und dass wir Dinge der Welt nur aufzugeben bereit sind, weil wir den Schatz gefunden haben.

Ich schliesse diesen Artikel mit einem weiteren Zitat von John Paton, dessen Leben als Missionar unter Kannibalen oft bedroht war und der gerade in diesen Momenten die Herrlichkeit Gottes am meisten erfuhr:

Ohne dieses beständige Bewusstsein der Gegenwart und Macht meines lieben Herrn und Erlösers hätte mich nichts in der Welt davor bewahren können, den Verstand zu verlieren und elendig zu vergehen. Seine Worte “Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende” wurden mir so real, dass es mich nicht erschreckt hätte, wenn ich Ihn, wie Stephanus, auf die Szene herabblicken sehen hätte. Ich fühlte Seine stützende Kraft … Den engsten und liebsten Eindruck vom Gesicht und Lächeln meines gesegneten Herrn hatte ich in jenen schrecklichen Momenten, als Muskete, Keule oder Speer auf mein Leben gerichtet waren. Oh, welche Glückseligkeit trifft den, der lebt und die Leiden dadurch erträgt, indem er auf den sieht, “der unsichtbar ist”!

Beitrag von meiner Frau

Kurze Zeit, nachdem ich das Entweder-Oder-Gebet geschrien hatte, traf sich mein Mann mit einem guten Freund aus unserer Gemeinde zu einem Bier. Sie sprachen über dies und das und mein Mann erwähnte, dass ich Mühe hätte, die Liebe Gottes zu verstehen. Der Freund, ein sehr belesener Mann, bot ihm an, mir einige Bücher über dieses Thema auszuleihen. Wenig später hielt ich einen Stapel Bücher über die Liebe Gottes in der Hand. Ich sah sie durch und hatte keine Lust, mich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Ich konnte nicht noch jemand gebrauchen, der mir eine theoretische Abhandlung zu Gottes Liebe lieferte. Was nützte mir eine Definition von Liebe, wenn ich sie nicht spüren konnte? Ich griff zum kürzesten Buch und begann trotzdem zu lesen. Da passierte es.

Das Buch ist “Nahe am Vaterherz“ von Ed Piorek, aber das ist eigentlich Nebensache. Denn ich bin überzeugt, dass es nicht das Buch war, das mir Gottes Liebe erklärte, sondern Gott selbst, durch das Buch. Was ich da las, war keine weitere Erklärung, wie man verstehen kann, dass Gott einen liebt, nein - es stand geschrieben, dass Gott durch seinen Geist seine Liebe in unsere Herzen ausgiesst - d.h. seine Liebe zu uns! - und dass wir das auch spüren.

Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist. (Römer 5,5)

Es gab auch viele Beispiele im Buch von Menschen, die Gottes Liebe und seine Gegenwart gespürt hatten. Sie wurden dadurch verändert, erkannten Sünden, konnten vergeben. Interessanterweise hatte ich einige Monate zuvor ein anderes Buch angefangen, in dem ähnliche Erlebnisse erzählt wurden, aber ich hatte es wieder weggelegt, weil es mir nichts sagte.

Doch was ich hier las, traf mich bis zuinnerst ins Herz. Gott zeigte mir in seiner grossen Gnade genau das, wonach ich mich mein Leben lang gesehnt hatte: Liebe. Eine echte Beziehung zu Ihm, wo ich auch spüre, dass er nahe ist und mich liebt. Nicht einfach ein “Glauben” aus der Ferne. Nicht einfach Regeln befolgen, um gerecht zu sein. Es hat den Himmel aufgerissen.

Am nächsten Sonntag, im Gottesdienst, ging ich auf unseren Freund zu, total aus dem Häuschen, und fragte ihn: “Ist dir aufgefallen, was in dem Buch steht, das du mir ausgeliehen hast? Es steht, dass man die Liebe Gottes spüren kann! In seinem Herzen!” Eigenartigerweise war diese bahnbrechende Erkenntnis total an ihm vorbeigegangen. Für ihn war das Buch eines unter vielen. Das zeigt mir einmal mehr, dass Gott persönlich zu einem spricht…

Diese Erkenntnis, dass ich Gottes Liebe zu mir spüren kann und auch Liebe zu ihm empfinden kann, hat alles verändert. Zum ersten Mal in meinem Leben liebte ich Jesus. Weil ich jetzt wusste, dass Er mich liebt. Die Aussage, dass Gott uns erwählt, machte mir nicht mehr Angst, sondern gab mir Sicherheit: Nicht ich habe Ihn erwählt, sondern Er mich. Demnach war es nicht so, dass ich bettelnd vor Ihm stand und einen gleichgültigen, abweisenden Gott bat, mich aufzunehmen. Ich hatte mir das immer so vorgestellt, dass ich vor Gott stehe, die Hand hebe und sage: “Ähm - Gott…könnte ich bitte auch zu deiner Familie gehören?” Und er gibt zur Antwort: “Hm - du? Sorry, nein, kein Interesse. Ich kann mich nicht mit noch jemandem herumschlagen, der Probleme hat.” Nein, es war genau umgekehrt: Er hatte mich schon vor meiner Geburt erwählt und mein ganzes bisheriges Leben war darauf ausgerichtet gewesen, dass ich zu Ihm fand und erkannte, wie herrlich Er ist.

Mein Mann und ich fingen an, jeden Abend vor dem Schlafengehen zu beten, und unsere Gebete waren zum ersten Mal lebendig, voller Leidenschaft und Liebe zu Gott. Wir spürten in unseren Herzen, dass Gott da war und fassten neuen Mut, vertrauensvoll zu beten.

Wir lasen zusammen das Neue Testament durch und es erschien uns wie ein neues Buch! Jesus war nicht mehr langweilig, die Gleichnisse und die Geschichten von Heilungen waren nicht mehr bedeutungslos. Und Paulus, den ich immer ein bisschen extrem gefunden hatte und mit dem ich nichts hatte anfangen können, wurde nun mein grosses Vorbild. Wie er die Liebe Jesu erfahren hatte! Wie er sein ganzes Leben nur für Ihn gelebt hatte! Was er alles in Kauf genommen hatte, weil er wusste, dass Gott zu kennen so unüberbietbar viel herrlicher ist als alles Irdische!

Ich liebte Jesus zum ersten Mal in meinem Leben.

(Das muss wohl der Zeitpunkt sein, wo ich Christ wurde.)

Zum ersten Mal war es auch so, dass ich den Menschen um mich herum von Gott erzählen wollte. Wenn ich nicht so scheu gewesen wäre, hätte ich jedem Fremden neben mir an der Bushaltestelle von Jesus erzählt. Ich schaute die Leute um mich herum an und dachte: Die müssen alle erfahren, wie herrlich Jesus ist!

Ja, jetzt wollte ich Gott selbst. Nicht Gerechtigkeit oder der Hölle entkommen. Ich hatte jemand gefunden, der mich liebte und den ich lieben konnte. Meine ewige Suche nach Liebe war vorbei.

Zum ersten Mal erkannte ich auch, dass Gott herrlicher ist als das, was die Welt zu bieten hat. Ich hatte mich vorher ganz auf die Welt verlassen und suchte, was alle anderen suchen. Ich hatte Weisheit in weltlichen Büchern gesucht und Trost in weltlicher Musik. Plötzlich störten mich die Regale voller Bücher und CDs und ich gab sie weg. Lange hatte ich die Vorstellung, dass ich dafür ein Bild vom Kreuz malen und es anstelle der Regale aufhängen könnte. Leider scheiterte diese Idee an meinen nicht vorhandenen Malkünsten…

Und heute? Zweifle ich immer noch daran, dass ich Christ bin? Ich muss sagen: Nein, ich zweifle nicht mehr. Seit bald dreizehn Jahren. Denn:

Der Geist selbst gibt Zeugnis unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind. (Römer 8, 16)

Ich liebe Jesus. Ich möchte von ganzem Herzen für ihn leben. Und ich spüre auch seine Liebe zu mir. Das geht auch in schwierigen Zeiten nicht verloren.

Und noch etwas anderes gibt mir Sicherheit:

Meine Pilgerreise auf der Erde ist ja noch nicht zu Ende und ich bin weit entfernt davon, vollkommen zu sein. Und “unser Wissen ist Stückwerk” (1. Korinther 13, 9). Aber im Gegensatz zu früher merke ich, dass Gott mich vorwärtsführt. Ich bin nicht mehr orientierungslos im Nebel, selbst wenn es Zeiten gibt, wo ich nicht weiss, wohin es geht. Stück für Stück führt mich Gott dahin, dass ich Ihn mehr liebe und die Welt weniger. Dass ich bereit werde, mehr aufzugeben für Ihn. Mehr Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen. Dass ich nicht für mich leben will, sondern für Ihn.

Ab dem Jahr 2015 hat Gott mich und meinen Mann ein ganzes Stück weitergeführt, was das betrifft, aber davon habe ich schon in anderen Artikeln geschrieben.

Ach, und noch kurz zur Freiheit, die mir immer so wichtig gewesen war: Für mich ist die grösste Freiheit, Gott zu gehören. Einerseits bin ich dadurch nämlich nicht mehr Sklave der Sünde und muss keine Angst mehr haben vor dem Gericht. Jesus ist meine Gerechtigkeit geworden. Andererseits wurde mir eine riesige Last von den Schultern genommen, seit ich nicht mehr für mich selber lebe und versuche, meine eigenen Ziele zu verfolgen. Ich habe die Leitung und die Verantwortung für das Gelingen meines Lebens abgegeben (und auch die Vorstellung, was gelingen heisst) und kann deshalb “getrost erwarten, was da kommen mag”. Das ist eine ungeahnte, vorher nie gekannte Freiheit!

Wann wurde ich denn nun gerettet? Ich möchte mit diesem Vers abschliessen:

Deshalb legt alles ab, was euch beschmutzt, alles Böse, was noch bei euch vorhanden ist, und geht bereitwillig auf die Botschaft ein, die in euer Herz gepflanzt wurde und die die Kraft hat, euch zu retten. (Jakobus 1, 21)

Ja, wann immer der genaue Zeitpunkt war: Gottes Botschaft wurde in mein Herz gepflanzt. Und sie wird immer grösser und stärker. Sie hat die Kraft, mich durch das irdische Leben durchzutragen, bis der Lauf vollendet ist und ich endgültig gerettet werde.

Beitrag von meiner Frau

Genau zu dem Zeitpunkt, als ich die erwähnte unglückliche Beziehung begann, wurde ich mitten in Zürich, einen Katzensprung von dem Restaurant entfernt, wo ich arbeitete, von zwei jungen Frauen angesprochen, die mich in den Gottesdienst ihrer Gemeinde einladen wollten.

Was sie mir sagten, weiss ich nicht mehr, aber es endete damit, dass ich ihnen meine Nummer gab, damit sie mit mir ein Treffen vereinbaren konnten. Ein wenig hoffte ich wohl, sie würden meine Nummer verschusseln und sich nie mehr melden. Aber sie waren sehr zielstrebig, riefen mich kurz darauf an und wir trafen uns zu einem Gespräch in einem Café.

Das wurde der Anfang einer langen Reihe von Gesprächen. Ich hatte unendlich viele Fragen über den Glauben und wollte alles ganz genau wissen. Sie wiederum waren um Antworten nicht verlegen und schienen ein fundiertes Wissen zu haben. Endlich waren da Menschen, die wussten, wovon sie sprachen!

Irgendwann stellte ich dann eine Frage, die mir seit Jahren auf dem Herz brannte: Wie kann ich wissen, dass ich Christ bin? Wie kann ich mir sicher sein? Ich erzählte von den vielen Malen, wo ich Jesus gebeten hatte, in mein Herz zu kommen und von meiner Unsicherheit, die dennoch immer da war. Ihre Antwort war: indem du dich taufen lässt. Die Taufe ist der Zeitpunkt, wo wir gerettet werden. Am Anfang steht die Umkehr, d.h. dass man seine Sünden bekennt und bereut. Danach kommt die Entscheidung, Gott ganz nachzufolgen, und die Taufe. In der Taufe wird man gerettet.

Ich war so froh, dass mir endlich jemand einen klaren Weg aufzeigte! Gleichzeitig erinnerte ich mich, dass ich einige Jahre zuvor mit zwei Freundinnen einen Bibelkurs bei einem Pfarrer gemacht hatte. Zum Thema Taufe hatte er nur sehr unklare und schwammige Antworten gehabt und ich hatte nie verstanden, wieso die Taufe überhaupt nötig war. Jetzt wusste ich es endlich.

Es folgte ein halbes Jahr Bibelstudium. In dieser Gemeinde war es üblich, dass man mit Interessierten einen persönlichen Bibelkurs durchführte, in dem alle wichtigen Themen des Glaubens besprochen wurden. Bei manchen dauerte das kürzer (siehe die Bekehrungsgeschichte von meinem Mann), bei mir etwas länger.

Es war eine intensive Zeit. Ich war hin- und hergerissen. Einerseits merkte ich, dass ich mit Gott ernst machen musste. Ich konnte nicht einfach ein bisschen glauben und mir ansonsten mein Leben selbst zurechtschneidern. Ich hatte ja mit dieser verbotenen Beziehung gemerkt, wohin das führte. Ich wollte ganz für Gott leben. Andererseits spürte ich, dass ich da in eine Gemeinschaft kam, in der das Leben ziemlich straff geordnet war, und ich hatte Angst, meine Freiheit zu verlieren.

Unterdessen hatte ich auch an einem oder zwei Gottesdiensten teilgenommen und mehr Leute kennengelernt. Alle waren sehr zuvorkommend und nahmen mich ohne Vorbehalte in ihrer Gemeinschaft auf. Übrigens hatten mir die neu kennengelernten Freundinnen auch geholfen, mit meiner Beziehung aufzuhören. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar.

Ein halbes Jahr später hatte ich mich durchgerungen: Ich war bereit, mich taufen zu lassen. Ich hatte meinen Mentorinnen und Gott meine Sünden bekannt, wir waren sogar mal auf der Strasse gewesen, um - genau wie bei mir damals - Leute einzuladen. Der Tauftermin wurde auf den 21. Januar 2001 festgelegt, ich war 22 Jahre alt. Irgendwie freute ich mich darauf, weil ich mich endlich ganz für Gott entschieden hatte und gleichzeitig sicher sein konnte, dass ich gerettet wurde. Andererseits erinnere ich mich an fast depressive Gefühle. Ich wusste, dass ich, um in den Himmel zu kommen, dafür in Kauf nehmen musste, mein ganzes restliches Leben in einem - wie ich es empfand - Gefängnis zu verbringen. In einer Gemeinschaft, wo vieles vorgeschrieben war und die in fast alle Bereiche des Lebens eindrang. Von meiner ersehnten Freiheit blieb nicht mehr viel übrig. Aber ich war überzeugt, dass ich keine andere Wahl hatte, wenn ich in den Himmel kommen wollte.

Bezeichnenderweise war mein Taufvers Joh. 8, 31-32: “Wenn ihr bleiben werdet an meinem Wort, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.”

Ich wusste, dass es in diesem Vers um Freiheit von der Sünde geht. Das störte mich ein bisschen, denn ich verstand nicht, dass man in der Sünde gefangen ist, wenn nicht Jesus einen durch seinen Tod am Kreuz frei macht. Aber ich hatte immer noch die Hoffnung, echte Freiheit zu finden und klammerte mich deshalb an diesen Vers.

So wurde ich also ein Mitglied dieser Gemeinde und tauchte in ein ganz neues Leben ein. Ich war Teil einer Studentengruppe, die viel zusammen unternahm und wie eine Familie wurde. Noch heute habe ich zu einigen von ihnen Kontakt. Es entstanden Freundschaften fürs Leben. Später wohnten wir auch zusammen in WGs. Wir veranstalteten regelmässig Parties, wozu wir Interessierte einluden, damit sie Gott kennenlernen konnten.

Ich lernte auch einige nette Jungs kennen und genoss es, von der Männerwelt nicht mehr links liegen gelassen zu werden. Einer von ihnen wurde später mein Mann…

Doch obwohl ich täglich in der Bibel las und betete, alle Gottesdienste, Andachten und Frühgebete besuchte, Leute auf der Strasse einlud, mit einer Mentorin wöchentlich über meine Fortschritte sprach und meine Sünden bekannte und mit Interessierten die Bibel studierte, stellte sich nach nicht allzulanger Zeit das gleiche nagende Gefühl ein wie früher: Ich fragte mich einmal mehr, ob ich wirklich Christ war. Diesmal waren die Fragen ein bisschen anders: Hatte ich bei der Taufe alles richtig gemacht? Hatte ich auch wirklich alle meine Sünden bekannt? Nein - nicht ganz, musste ich zugeben. Vielleicht hatte das die ganze Taufe ungültig gemacht und ich kam nicht in den Himmel. Ich war ironischerweise wieder am selben Ort wie vorher.

Schliesslich besprach ich meine Fragen mit einer erfahrenen Christin. Sie versicherte mir, dass meine Taufe gültig sei. So war das Thema vorerst vom Tisch. Aber meine Beziehung zu Gott wuchs nicht. Obwohl mir alle versicherten, was für grosse Fortschritte ich im Glauben mache, fühlte ich mich wie in einem geistlichen Nebel. Ich war völlig orientierungslos. Bibel lesen war ein tägliches To Do, beten eine Qual.

Mittlerweile geschahen in meinem persönlichen Leben einige Dinge, die meine Verwirrung mit dem Glauben in den Hintergrund treten liessen. Ich hatte in der Studentengruppe einen Freund gefunden und war überglücklich. Zwei Jahre später heirateten wir. Ich schloss mein Studium ab und wir gründeten eine Familie. In der Gemeinde war einiges geschehen und die engen Regeln hatten einer grösseren Gestaltungsfreiheit Platz gemacht. Mit Gott kam ich trotzdem nicht recht weiter und ich erinnere mich, dass ich einmal dachte: Vielleicht lerne ich Altgriechisch und Hebräisch und versuche die Bibel in ihrer Originalsprache zu lesen. Das könnte meine Nische im Christentum sein.

Mit Schwangerschaft und Geburt unseres ersten Kindes kamen einige Schwierigkeiten auf mich zu, die mich an meine Grenzen brachten. Unser Kind schlief zwei Jahre lang nicht durch. Und nicht nur das, es war immer wieder nächtelang sehr unruhig, sodass ich nicht schlafen konnte und immer gereizter wurde. Immer wieder flehte ich Gott in der Nacht an: “Mach, dass unser Kind einschläft, jetzt! Ich halte es nicht mehr aus!” Aber Gott beantwortete meine Gebete nicht. Mehrmals geschah es, dass ich mich darauf von Gott lossagte. Ich wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben. Am nächsten Morgen befiel mich dann die Angst, ich sei jetzt für immer und ewig verloren. Was, wenn ich die Sünde begangen hatte, die nicht vergeben werden kann? Ich entschuldigte mich bei Gott und hoffte, dass er mich wieder annahm.

So ging das monatelang und ich stürzte in eine grosse Glaubenskrise. Was bringt es zu Gott zu beten, wenn er nicht hört? Wie kann ich einem Gott vertrauen, der mir nicht hilft in der Not? In meiner Verzweiflung fand ich eine beängstigende Antwort: Gott will mich nicht. Ich gehöre nicht zu den Erwählten. Ich möchte zwar zu ihm kommen, aber es ist unmöglich. Ich erinnerte mich an den Vers:

Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind. (Römer 8,28)

Schon immer hatte mich dieser Zusatz (denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind) verwirrt, aber jetzt glaubte ich, die Wahrheit darüber zu erkennen: Diejenigen, die nicht berufen sind, können gar nicht zu Gott kommen, auch wenn sie wollen! Dabei übersah ich natürlich, dass es auch Verse wie die Folgenden gibt:

Alle, die der Vater mir gibt, werden zu mir kommen, und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausweisen.(Johannes 6, 37)

Ihr werdet mich suchen und finden; denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen, spricht der Herr.” (Jeremia 29, 13-14)

Diese falsche Erkenntnis stürzte mich in eine bodenlose Verzweiflung. Ich erinnere mich, dass ich zu Gott schrie: “Gott, wenn es nicht möglich ist, zu dir zu kommen, dann töte mich bitte! Dann habe ich keinen Grund mehr zu leben.” Ich meinte dieses Gebet todernst. Es war alles oder nichts. Mein Innerstes war entblösst vor Gott. Es gab nur entweder - oder. Entweder zu Gott kommen oder sterben. Vielleicht hatte ich wirklich zum ersten Mal Gott von ganzem Herzen gesucht.

Und Gott antwortete! Natürlich nicht, indem er mich tötete, denn es ist ja möglich, zu ihm zu kommen! Gottes Antwort kam kurze Zeit später. Wieder einmal eilte er mir zu Hilfe und diesmal veränderte sich alles.

Dies ist der zweite mögliche Zeitpunkt meiner Bekehrung, im Sommer 2008.

Beitrag von meiner Frau

Eigentlich sollte man doch - zumindest ungefähr - wissen, wann man Christ wurde. Ich bin aber bis heute zwischen zwei Zeitpunkten hin- und hergerissen, die zwanzig Jahre auseinanderliegen. Ausserdem kommt da noch ein dritter Zeitpunkt ins Spiel, den ich lange als Tag meiner Bekehrung ansah - der Tag, an dem ich mich taufen liess. Doch den betrachte ich heute als am wenigsten wahrscheinlich.

Tönt alles ziemlich kompliziert, oder? Was mich beruhigt, ist aber die Tatsache, dass ich weiss, dass ich jetzt Christ bin - weil ich Jesus liebe und nur noch für Ihn leben will. Und das ist ja eigentlich die Hauptsache. Aber fangen wir von vorne an:

Aufgewachsen bin ich in einem wunderschönen, alten, sehr abgelegenen Flarzhaus, ohne Zentralheizung, (fast) ohne Nachbarn, ohne Fernseher, dafür mit Hund, Katzen, Enten, einer Gans, einem grossen Gemüse- und Obstgarten und einer Mutter, die zu Hause war. Ich kann mir keinen schöneren Ort vorstellen.

Ich war die Mittlere von drei Schwestern, introvertiert, scheu und zurückgezogen. Am liebsten las ich oder spielte Klavier (beides stundenlang). In der Schule hatte ich stets gute Noten, bis auf das Mündliche. Ich getraute mich meist nicht, mich zu melden.

Wir gingen in keine Gemeinde. Meine Mutter war in einer Freikirche aufgewachsen und hatte sich dort auch bekehrt. Später zerrüttete sich diese Gemeinde und meine Mutter war erschüttert über die Tatsache, dass bekennende Christen einander so bekämpfen konnten. Sie ist bis heute nie mehr Teil einer Gemeinde gewesen.

Trotzdem war sie es, die mich mit dem Glauben bekannt machte. Vor dem Essen sangen wir jeweils ein Dankeslied und auch beim ins Bett gehen sangen wir ein Lied oder sie sprach ein Gebet. Ich kann mich nicht mehr erinnern, was genau sie mir von Gott erzählte, aber ich glaube, sie gab mir die wichtigsten Tatsachen weiter.

Ausserdem waren die meisten meiner Tanten und Onkel mütterlicherseits Christen, und eine Tante schickte uns immer wieder christliche Traktate zu. Wir besassen auch einige Kassetten mit christlichen Hörspielen, die ich mir endlos anhörte (z.B. “Im Schluuchboot ufem Ozean”, “Stammt de Mänsch würklich vom Aff ab?”, “Hamid und Kinza”). Ich liebte sie, denn sie waren spannend und zeigten mir (v.a. durch die wahren Geschichten), wie Gott im Leben der Menschen wirkte und real war. Noch heute erinnere ich mich gerne an sie.

Am Ende mehrerer dieser Kassetten wurde die Frage gestellt, ob der Hörer sich auch schon für Gott entschieden habe? Dann folgte ein Bekehrungs-Gebet, das man nachsprechen konnte. Der Teil, an den ich mich erinnern kann, war in etwa “Jesus, bitte komm in mein Herz”. Dieses Gebet sprach ich nach, denn ich wollte in den Himmel kommen. Das ist der erste mögliche Zeitpunkt meiner Bekehrung, mit etwa 10 Jahren.

Ich glaube auch, dass ich das Gebet wirklich ernst meinte. Interessanterweise schien es aber nicht die geringste Auswirkung zu haben. Nicht, dass man unbedingt sofort etwas merken muss. Aber bei mir veränderte sich überhaupt nichts. So kam es, dass ich unsicher darüber blieb, ob mein Gebet genügt habe. Vielleicht hatte ich es zu wenig ehrlich gemeint? Schliesslich führte das dazu, dass ich immer wieder, v.a. nach dem Hören einer Kassette, Jesus von Neuem bat, in mein Herz zu kommen.

Als ich ein Teenager wurde, abonnierte meine Mutter für mich einen Bibelleseplan, den ich treu las. Dadurch fing ich an, regelmässig in der Bibel zu lesen. Bestimmt lernte ich dadurch vieles über Gott und den christlichen Glauben. Aber irgendetwas fehlte. Im Nachhinein muss ich sagen: Es war die persönliche Beziehung zu Gott, die Liebe zu ihm. Ich fühlte nichts für ihn. Ja, ich konnte mir nicht im Entferntesten vorstellen, dass man ihn kennenlernen konnte. Ich war ein eingeschüchtertes, unsicheres Mädchen, dass zwar etwas über Gott lernte und sich wohl unbewusst auch danach sehnte, von ihm geliebt und angenommen zu sein, das aber keine Vorstellung davon hatte, dass man ihn kennen kann. Deshalb betete ich auch nicht um Nähe zu ihm.

So las ich zwar mit Interesse die Bibelstellen und Kommentare dazu und machte mir endlose Listen mit Geboten und Verboten des christlichen Lebens. Und ich versuchte, alles einzuhalten und richtig zu machen. Aber es war keine Beziehung zu Gott, sondern ein Befolgen von Regeln und Normen aus der Ferne. Die Triebkraft dazu kam nicht aus meiner Liebe zu Gott, sondern aus dem Wunsch, das Richtige zu tun. Ich hatte erkannt, dass die Bibel die Wahrheit ist und dass man ohne Gott in die Hölle kommt, also versuchte ich, nach der Bibel zu leben.

In der Sekundarschule lernte ich ein Mädchen kennen, das sich auch als Christ bezeichnete. Wir wurden Freundinnen und beschlossen, einander im Glauben zu helfen. Sie besuchte die lokale Chrischona-Gemeinde und lud mich zu Gottesdiensten und Jugendtreffen ein. Mir gefielen die Gottesdienste recht gut, aber mit der Jugendgruppe konnte ich gar nichts anfangen. Ich war zu introvertiert und schüchtern. Es kostete mich riesige Überwindung, in eine Gruppe fremder Jugendlicher zu gehen, wo nichts voraussehbar war und man auch noch Gruppenspiele machen musste! Alle schienen Spass zu haben. Das konnte ich nicht nachvollziehen und blieb fortan den Treffen fern. Auch in den Gottesdienst ging ich weniger und weniger, denn meine Freundin hatte schon ihre Kollegen aus der Jugendgruppe und ich fand keinen Anschluss.

Dann kam ich aufs Gymnasium. Dort passierte einiges. Ich fand Freunde und getraute mich (zum ersten Mal!) sogar, mit Jungs zu reden. Ich wurde selbstsicherer und auch kritischer. Durch die Lektüre einiger Bücher und Theaterstücke aus der Zeit der Aufklärung wandte ich mich der Philosophie zu. Kant und Schiller wurden meine Vorbilder. Durch das Theaterstück “Maria Stuart” von Schiller erhielt ich eine Idealvorstellung der inneren Freiheit, die unabhängig ist von den äusseren Umständen (Im Nachhinein muss ich sagen: Diese Freiheit habe ich heute im Glauben endlich gefunden!) Meine eigenen Vorstellungen und die aus der Bibel klafften immer mehr auseinander. Meine Sehnsüchte und Wünsche drehten sich um Freiheit, Unabhängigkeit - und natürlich um Liebe. Schon seit der 1. Klasse war ich krampfhaft und permanent in immer wieder neue Jungs verliebt - allerdings nur von Weitem, denn ich hätte nie den Mut aufgebracht, etwas von meinen Gefühlen zu zeigen.

Gleichzeitig wandte ich mich aber nicht ganz von Gott ab, und nachdem ich erfahren hatte, dass es am Gymnasium eine Bibelgruppe gab, nahm ich dort regelmässig teil. Über diese Bibelgruppe empfand ich widerstreitende Gefühle. Etwas drängte mich, mit Christen im Kontakt zu sein. Gleichzeitig kostete es mich aber grosse Überwindung, Woche für Woche dorthin zu gehen, im Kreis zu sitzen und mit fremden Leuten über persönliche Dinge zu sprechen. Wir machten auch Strasseneinsätze (dabei jonglierte ich…) und sprachen mit Leuten über den Glauben. Aber ich fühlte mich sehr unwohl dabei. Wahrscheinlich merkte ich, dass ich den Menschen nichts Wirkliches über Gott sagen konnte.

Die Mentorin der Gruppe, eine junge, lebensfrohe Studentin, nahm sich schliesslich meiner an und traf sich regelmässig mit mir. In ihrer WG hatten wir super Gespräche über alle Fragen des Lebens. Sie war eine grosse Hilfe, meine erste Mentorin im Glauben.

Hatte ich vorher mehrere Jahre Tierärztin werden wollen, so stellte sich nun immer mehr heraus, dass Sprachen meine grosse Leidenschaft waren. Ich entschloss mich, vergleichende Sprachwissenschaft an der Uni Zürich zu studieren. Meine christlichen Verwandten waren ganz begeistert über diese Entscheidung. “Mit diesem Studium kannst du später mit Wycliffe die Bibel übersetzen!”, sagten sie. Aber ich wich der Antwort aus; Bibelübersetzung war gar nicht auf meinem Radar.

Bevor das Studium anfing, reiste ich für drei Monate in die Slowakei, um die Sprache zu lernen. Auch dort war ich zwischen zwei Welten hin- und hergerissen. Mein Verlangen nach Liebe war gross, und ich lernte einen jungen Mann kennen. Nach meinem Aufenthalt schrieb ich ihm noch ein ganzes Jahr lang Briefe, in der Hoffnung, er liebe mich. Es stellte sich jedoch heraus, dass er einfach ein Frauenheld war, der nur einen kurzen Flirt gesucht hatte. Zum Glück, muss ich im Nachhinein sagen, denn ich wäre wahrscheinlich Hals über Kopf in die Slowakei ausgewandert und hätte jemand geheiratet, dem Gott gleichgültig war.

Aber Gott liess mich auch in der Slowakei nicht los. Ich lernte eine Gruppe junger Amerikaner kennen, die in unserer Stadt einen Missionseinsatz machten. Sie machten mich mit einheimischen Christen bekannt und von da ab besuchte ich regelmässig einen Gottesdienst. Zum ersten Mal sah ich hier etwas, was davon zeugte, dass man zu Gott Liebe empfinden kann. In jedem Gottesdienst gab es Zeiten, in denen laut (von allen gleichzeitig) gebetet wurde und jeden Sonntag gab es einen Aufruf, nach vorne zu gehen und Christ zu werden. Irgendwie berührten mich diese Gefühle für Gott und ich betete jeweils mit.

Als meine Zeit dort zu Ende ging, riet mir eine Frau, mit der ich näher Kontakt hatte, in der Schweiz unbedingt eine Gemeinde zu besuchen. Sie schrieb mir sogar eine Adresse in Zürich heraus. Aber die Überwindung und mein Freiheitsbedürfnis waren zu gross; ich meldete mich nie dort.

Das Studium fing an und nahm mich ganz gefangen. Ich dachte, ich hätte meine Bestimmung gefunden: Sprachen analysieren, so viele Sprachen wie möglich lernen, Feldforschung in fernen Ländern betreiben und nebenher Musik machen. Und natürlich einen Mann finden.

In meinen ersten Semesterferien arbeitete ich für zwei Monate als Kellnerin in einem Restaurant in Zürich. Da geschah es, dass einer meiner Mitarbeiter, ein verheirateter Mann, mir gestand, er habe sich in mich verliebt. Nach all den Jahren unerwiederter Liebe und zerschlagener Hoffnungen konnte ich dem leider nicht widerstehen und wir begannen eine (zum Glück kurze) Beziehung. Ich war einfach zu schwach, um der Versuchung zu widerstehen. Wer weiss, wo ich gelandet wäre, hätte Gott nicht eingegriffen. Aber er war schon unterwegs…

Es gibt so viele tolle Verheissungen aus der Bibel. Als Abschluss dieser kleinen Reihe will ich heute beschreiben, welche Verheissungen mir derzeit am wertvollsten sind. Es sind Dinge, die ich mir stetig vor Augen halte, ohne die mein Leben komplett anders aussehen würden. Es ist sozusagen ein persönliches Credo.

Doch zuerst eine kurze Zusammenfassung aus den letzten drei Beiträgen: Was ist Hoffnung?

  1. Hoffnung ist überschwänglich, sie ist lustig, unvernünftig, sie hat eine kindliche Energie.
  2. Die christliche Hoffnung unterscheidet sich diametral von dem, was wir auch als Hoffnung bezeichnen, aber besser mit “Gamble” beschrieben wird.
  3. Hoffnung ist nicht untätig, sondern wagt scheinbar Unmögliches, gestützt auf die Verheissungen Gottes.

1. Gott erhört Gebete

Naht euch zu Gott, so naht er sich zu euch.
Reinigt eure Hände, ihr Sünder,
Und heiligt eure Herzen, die ihr geteilten Herzens seid.
(Jak. 4,8)

Der Krux vom Gebet ist: Gott erhört es nicht sofort. Meist merke ich auch nicht, dass Gott präsent ist. Es gibt Ausnahmen, da werden Gebete sofort erhört respektive merke ich Gottes Präsenz so wie Elisas Diener, der plötzlich die feurigen Streitwagen sah.

Doch wenn ich ehrlich bin, stehe ich meistens am Morgen auf und gehe beten in der Hoffnung, dass Gott mein Gebet erhört. Das schöne ist: Gebet wird erhört. Eben nicht sofort, sondern allmählich und oft auch nicht so, wie ich erwartet hätte. Und die Nähe mit Gott wird mir auch geschenkt. Auch da: allmählich.

Die Verheissung ist aber gewaltig: Gott naht sich zu mir!? Habe ich diese Verheissung vor Augen, glaube ich diese Verheissung fest in meinem Herz, dann wandelt sich das Gebet zur wichtigsten Tat meines Tages.

Ein paar weitere Verse als Side-Kicks:

Ihr habt es nicht, weil ihr nicht bittet. Ihr bittet und bekommt es nicht, weil ihr in böser Absicht bittet, um es in euren Lüsten zu vergeuden. (Jak 4,2-3)

Bittet, so wird euch gegeben; sucht, so werdet ihr finden; klopft an, so wird euch aufgetan! (Mt 7,7)

Die Opfer, die Gott gefallen, sind ein zerbrochener Geist; ein zerbrochenes und zerschlagenes Herz Wirst du, o Gott, nicht verachten. (Ps 51,17)

2. Gott ist herrlicher als die Welt

Verkauft euren Besitz und gebt das Geld den Armen! Schafft euch Geldbeutel an, die nicht löchrig werden und legt euch einen unerschöpflichen Reichtum im Himmel an, wo kein Dieb ihn findet und keine Motten ihn fressen. (Lk 12,33-34)

Für uns Westler gibt es wohl keinen revolutionäreren Vers als diesen. Alles um uns herum drängt auf Karriere, Besitz, eigenes Haus und Geld auf dem Konto.

Darum ist es umso schwieriger, einem Vers wie diesem vollumfänglich zu vertrauen. Für meine Frau und mich sind Verse wie dieser so wichtig, so real, so wirklich geworden, dass wir angefangen haben, mehr darauf zu vertrauen als auf das, was die Welt um uns herum erzählt.

Wir haben diesen Vers ganz konkret umgesetzt: Wir haben unsere Dinge verkauft und das Geld den Armen gegeben. In über dreissig Beiträgen haben wir bereits darüber erzählt.

Unsere Hoffnung ist, dass wir mit dem Weggeben nichts verlieren, sondern etwas gewinnen. Die Schwierigkeit ist, wie beim Gebet, dass der Gewinn sich nicht sofort einstellt. Doch wir können ehrlich berichten, dass wir nicht enttäuscht wurden. Durch das Weggeben wurde uns eine Nähe zu Gott geschenkt, die wir vorher nicht kannten. Es hat sich schon jetzt als guten Tausch erwiesen. So wie Jesus in Mk 10,29-30 beteuert, dass jeder, der seinen Besitz weggibt, schon in diesem Leben hundertfältigen Lohn empfängt.

Das Geben ist immer ein Hoffen auf Gott. Eine Gewissheit in die unsichtbare Verheissung. Denn wenn die Verheissung ausbleiben würde, dann wäre das Weggeben tatsächlich bloss Schaden.

Ein paar weitere Verse als Side-Kicks:

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, so bleibt es allein; wenn es aber stirbt, so bringt es viel Frucht. (Joh 12,24)

Wer sein Leben liebt, der wird es verlieren; wer aber sein Leben in dieser Welt hasst, wird es zum ewigen Leben bewahren. (Joh 12,24)

3. Jesus hat mir eine Wohnung im Himmel vorbereitet

Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen; wenn nicht, so hätte ich es euch gesagt. Ich gehe hin, um euch eine Stätte zu bereiten. (Joh 14,2)

Obwohl mir Gott schon hier auf Erden Lohn gibt dafür, dass ich täglich mein Kreuz auf mich nehme, bleibt doch der grosse Lohn noch aus. An diesem Punkt liegen die Prediger des Wohlstandsevangeliums falsch. Sie predigen, dass sich der Lohn schon auf Erden einstellt. Tut er aber nicht. Wieso ist sonst Jesus am Schluss gestorben, und zwar ohne Besitz und mit einer Schar von Jüngern, in welche er seine ganze Energie steckte, die ihn aber zum Zeitpunkt der Not verliessen? Das wäre gemäss Wohlstandsevangelium der ultimative Fail gewesen.

Wenn ich all den Lohn für die Nachfolge allein in diesem Leben erwarte, dann bin ich der “elendeste unter allen Menschen“, denn dies ist eine falsche Hoffnung, die sich nicht bewahrheiten wird.

Was mich hält, Jesus nachzufolgen, ist meine feste Zuversicht auf den Himmel. Ich merke: Mache ich meine Nachfolge abhängig von sichtbaren Erfolgen auf der Erde, dann wird sie wie ein Fähnlein im Wind. Stellt sich Segen ein, so folge ich Jesus begeistert nach, bleibt der Segen aus, dann setze ich lieber wieder etwas mehr auf die Welt.

Ein paar Verse als Side-Kick:

Diese [Hoffnung] halten wir fest als einen sicheren und festen Anker der Seele, der auch hineinreicht ins Innere (Heb 6,19)

Wenn unser irdisches Zelt abgebrochen wird, haben wir eine Wohnung von Gott, ein nicht von Menschenhand gebautes ewiges Haus in den Himmeln. (2. Kor 5,1)

4. Jesus hat mich erwählt, nicht ich ihn

Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und euch dazu bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibt (Joh 15,16)

Dass Jesus mich erwählt hat und nicht umgekehrt, fällt mir leicht zu glauben. In meiner Bekehrungsgeschichte habe ich erzählt, dass ich kein Interesse an Gott hatte, bis er in mein Leben hineingriff und mir die Sehnsucht nach ihm erweckte.

Was mir schwerer fällt zu glauben ist, dass er mich dazu bestimmt hat, Frucht zu bringen. Meine Schwachheit ist mir stets vor Augen. Ich gehöre zu der Sorte von Menschen, die sich im Vergleich mit anderen Menschen als minderwertig ansehen. Daher ist mir dieser Vers so wichtig geworden, denn Jesus hat mich dazu bestimmt, Frucht zu bringen, und wer bin ich, ihn dabei zu hinterfragen?

Ein paar Verse als Side-Kick:

So? Was bildest du dir ein? Du bist ein Mensch und willst anfangen, mit Gott zu streiten? Sagt etwa ein Gefäss zu dem, der es geformt hat: »Warum hast du mich so gemacht, ‘wie ich bin’?« (Röm 9,20)

Denn wir sind seine Schöpfung, erschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen. (Eph 2,10)

Auch zündet niemand eine Lampe an und stellt sie dann unter ein Gefäss. Im Gegenteil: Man stellt sie auf den Lampenständer, damit sie allen im Haus Licht gibt. (Mt 5,15)

5. Jesus eröffnet in jeder Versuchung einen Ausweg

Gott aber ist treu; er wird nicht zulassen, dass ihr über euer Vermögen versucht werdet, sondern er wird zugleich mit der Versuchung auch den Ausgang schaffen, sodass ihr sie ertragen könnt. (1. Kor 10,13)

In Versuchungen fühle ich mich von Gott verlassen. Es fühlt sich so an, als hätte der Teufel gerade uneingeschränkten Zugriff auf mich erhalten, als wäre ich ihm ausgeliefert.

Gottes Gebot ist nicht, zu kämpfen, sondern zu erdulden (Jak 1,12) und zu fliehen (1. Kor 10,14). Also nicht den Starken zu spielen, sondern geduldig zu warten.

Soweit sein Gebot. Seine Verheissung dabei ist, dass er zeitgleich einen Ausweg schafft. Ich stelle mir Harry Potter vor in Hogwarts, der gerade in einem Sackgasse-Gang steht, ohne Türen und von vorne von irgendeinem Typen angegriffen wird. Statt zu kämpfen, ertastet Harry die Wände und plötzlich findet er die verborgene Tür und geht hindurch.

So habe ich Versuchungen immer wieder erlebt. Sie nehmen zu und zu, ich halte durch und plötzlich geht die verborgene Türe auf, der Ausgang, der Gott “zugleich mit der Versuchung” geschaffen hat.

Ein paar Verse als Side-Kick:

So unterwerft euch nun Gott! Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch (Jak 4,7)

Glückselig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet; denn nachdem er sich bewährt hat, wird er die Krone des Lebens empfangen, welche der Herr denen verheissen hat, die ihn lieben (Jak 1,12)

Meine Bekehrungsgeschichte beginnt mit Pulp Fiction. Es ist ein denkbar seltsamer Anfang, aber in diesem Kult-Film geht es eigentlich darum, wie Jules merkt, wie Gott ihn gerade vor dem Tod bewahrt hat. Die einzige logische Reaktion war, dass er seinen Job aufgab und ab sofort Jesus nachfolgte. Das ist vermutlich nicht die anerkannte Zusammenfassung des Plots. Aber glaubt mir, darum geht es eigentlich im Film und so hat Gott ihn auch in mein Leben gestellt.

Ich sah mir den Film an und war tief beeindruckt. Ich wusste zwar nicht wovon, aber nach dem Film stand ich auf, drehte den Fernseher ab und wusste: Etwas muss in meinem Leben geschehen. Es erwachte in mir der Wunsch, nach der Wahrheit zu suchen. Ich stand mitten im Wohnzimmer meines Elternhauses. Es war niemand zu Hause. Meine Augen schweiften durch die Büchergestelle auf der Suche nach einem Buch, das mich über die Wahrheit des Lebens erleuchten könnte. Sowas hatte ich zuvor nicht gemacht. Ich hatte mich nie für Philosophie interessiert. Mein Leben war geprägt von Realismus, von Naturwissenschaften, aber nach Pulp Fiction musste etwas verrücktes her, etwas ganz anderes.

Nun gab es in diesem Büchergestell leider keine christlichen Bücher, denn meine Eltern hatten sich vom Christentum abgewendet. Mein Vater war in einer christlichen Familie aufgewachsen. Seine Eltern und alle seine Geschwister gingen in den Brüderverein, eine strenge, gesetzliche Freikirche. Er wollte aus dieser Enge ausbrechen, verwarf den christlichen Glauben, und wendete sich der Esoterik zu. Meine Mutter war katholisch aufgewachsen. Sie wurde in einer klösterlichen Schule unterrichtet, ihre Eltern waren streng katholisch und lehnten alles ausserhalb der katholischen Kirche ab. Auch sie wollte aus dieser Enge ausbrechen und wendete sich, zusammen mit meinem Vater, der Esoterik zu. Mein Bruder und ich wurden in der esoterischen Weltsicht erzogen. Zu viert lachten wir über die Enge des Christentums. Meine Verwandten väterlicherseits schickten uns gelegentlich christliche Traktate zu, in der Hoffnung, wir Kinder würden sie lesen, aber stattdessen machten wir uns über diese Hefte lustig. Ich erinnere mich an eine Zeichnung mit dem Titel “der schmale Weg”. Es zeigte den richtigen, christlichen Weg, der zum Himmel führt und daneben den “breiten Weg”, welcher gesäumt war mit Menschen, die tanzten, tranken und sich mit Glücksspiel vergnügten und der natürlich in der Hölle endete. “Wie hinterwäldlerisch”, dachten wir, “wie langweilig!”. Es gab nichts, was mich am christlichen Glauben auch nur im Ansatz interessiert hätte.

So kam es, dass ich kein christliches Buch aus diesem Büchergestell nahm. Auch wenn es eines gegeben hätte, ich hätte es höchstens als Belustigung gelesen. Was ich dann fand, war “Siddharta” von Hermann Hesse. Ich nahm es nach oben in mein Schlafzimmer und fing an, darin zu lesen.


Zu diesem Zeitpunkt war ich neunzehn Jahre alt. Ich hatte gerade meine obligatorische Militärzeit (Rekrutenschule) abgeschlossen und mein Informatikstudium an der Universität (ETH Zürich) begann. Leider kannte ich in meiner Klasse niemanden. Mein bester Freund in der Kantonsschule hatte sich zwar auch für das Informatikstudium entschieden, aus irgendeinem Grund wollte er aber in Lausanne studieren. Im Nachhinein sagt er, das wäre eine Fehlentscheidung gewesen, doch für meine Bekehrungsgeschichte war diese Entscheidung wichtig, denn so war ich darauf angewiesen, im Studium neue Freunde zu finden.

Meine Passion zu dieser Zeit war die “Demoscene”. Das waren Programmierer, welche Computeranimationen programmierten und sie mit Musik hinterlegten. Ich hatte mit meinem Freund aus der Kantonsschule eine Gruppe gegründet und wir hatten einige dieser “Computer-Demos” programmiert. Ich war für die Musik zuständig und wendete all meine Freizeit dafür auf.

Eines Tages, als ich mit dem Shuttle-Bus zu einem entfernten Gebäude der ETH fuhr, dünkte mich, ich hörte zwei Studenten über die Demoscene sprechen. Ich war mir zwar nicht ganz sicher, aber da ich sowieso keine Freunde hatte, nahm ich all meinen Mut zusammen und sprach sie an, mit dem Risiko, dass ich mich lächerlich machte. Und siehe da, sie waren wirklich Demo-Programmierer! Die Freude über das gemeinsame Hobby war gross und so verbrachten wir von diesem Tag an viel Zeit zusammen.

Der eine der beiden hiess Josi (eigentlich Josua) und wie sich bald herausstellte, war er Christ. Es störte ihn nicht, dass keiner seiner Mitstudenten an Jesus glaubte. Er war sich seiner Sache sicher und erzählte auch mir bald in einer sehr natürlichen Art und Weise vom Christentum, weil Jesus das Zentrum seines Lebens war. Dabei schien er sich ehrlich für mich zu interessieren, bat mich zum Beispiel zu ihm zu sitzen in den Vorlesungen; mein Bedürfnis nach Freundschaft wurde grosszügig gestillt.

Kurze Zeit später zog ich für eine Woche in die WG von Josi und seinen zwei Mitstudenten. Wir wollten mehr Zeit zusammen verbringen, über Computer-Demos sprechen und übers Programmieren austauschen. Ich übernachtete in Josis Zimmer. Eines Abends, nachdem wir uns zu Bett gelegt und schon das Licht gelöscht hatten, fragte er mich, wieso ich denn nicht an Gott glaube. Ich erwähnte, dass die Evolution eine ganz gute Erklärung für die Welt sei, doch Josi konterte: Es sei gar keine gute Erklärung. Wie sollte zum Beispiel ein Auge entstehen? Ein Auge ist so kompliziert, da braucht es die Netzhaut und die Nerven, es braucht ein Gehirn und so weiter. Wenn die Evolution durch Vererbung nur jeweils Mutation für Mutation voranschreitet, dann muss es einen Fisch gegeben haben mit einem “halben Auge”, das wäre für den Fisch aber nur nachteilig gewesen und er hätte sich gegenüber den anderen Fischen nicht durchgesetzt. Diese Argumentation schien mir logisch und mein grösstes naturwissenschaftliches Argument gegen Gott wurde entkräftet.


Am vierundzwanzigsten Dezember ging ich in das Zimmer meines Bruders und stellte mit Schrecken fest, dass er sich gerade die CD gekauft hatte, die ich ihm für Weihnachten gekauft hatte. Ich war verwundert, denn ich schenkte ihm jede Weihnacht die neueste CD seiner Lieblingsband, es war mir überhaupt nicht verständlich, wieso er nun wenige Tage vor Weihnachten diese CD kaufte. Mir war natürlich nicht bewusst, dass Gott im Hintergrund die Fäden spannte und dass dieses Missgeschick Teil seines Plans war. Mir blieb also nichts anderes übrig, als nach Zürich zu fahren und die CD umzutauschen. Als ich aus dem CD-Laden spazierte, begegnete ich Josi, der gerade den Zug zu seinen Eltern nehmen wollte. Wir freuten uns, einander zu sehen und er lud mich zu einem Spaziergang im Park ein. Im Park erzählte er mir seine Geschichte mit Gott. Geblieben waren mir vor allem die übernatürliche Wunder, die er mit Gott erlebt hatte.

Am Abend, nach der Weihnachtsfeier bei uns zu Hause, ging ich ins Bett. Im Bett dachte ich darüber nach, was Josi mir im Park erzählt hatte. Ich dachte: Wenn Josi so etwas erlebt, dann kann ich das mit Gott auch erleben. Also betete ich zu Gott: “Gott, wenn es dich gibt, dann zeige mir deine Liebe”. Und sofort durchströmte mich ein so intensives Gefühl, wie ich es noch nie erlebt hatte. Es war ein warmer Strom von Freude, der mich durchströmte, für einige Sekunden. Es war die Bestätigung, dass es Gott gibt und er mich liebt.

Dieses Erlebnis, davon bin ich überzeugt, war meine Wiedergeburt. In Johannes 3 wird beschrieben, dass es sich mit der Wiedergeburt so verhält, dass man nicht wisse, woher sie komme, wie ein Wind, der plötzlich bläst. Ein paar Wochen zuvor hatte ich Gott nicht gesucht, ja sogar über Gott gelacht, ihn verachtet, ihn als nutzlose Krücke abgetan, und nun hatte er meine Barrikaden durchbrochen und gab mir ein neues Herz, das ihn als etwas Wertvolles betrachtete.

Um die Zeit meiner Bekehrung fing ich an, regelmässig Tagebuch zu schreiben und auch am vierundzwanzigsten Dezember am Abend, vor dem ins Bett gehen, schrieb ich einen Eintrag und schloss ihn ab mit “mehr nach der Werbung…….”. Als Fernsehkind wollte ich einfach irgendeinen zufälligen Spruch aufschreiben, ohne Kontext, einfach weil es lustig war. Was ich nicht wusste: Gott würde nur wenige Minuten danach wirklich Werbung machen, und zwar eine Werbung, die unwiderstehlich war.


Das Problem war: Josi konnte mich in keine christliche Gemeinde mitnehmen. Für das Studium war er von zu Hause nach Zürich gezogen und besuchte übers Wochenende seine Eltern im Kanton Bern.

Das Weihnachtserlebnis allein ohne Gemeinde hätte nur einen kurzfristigen Effekt gehabt. Schon am Tag danach schrieb ich in mein Tagebuch, dass ich Angst habe, dass sich das alles auf ein Gefühl reduziere und sobald das Gefühl verflogen wäre, alles wieder beim Alten wäre.

Doch auch hier hatte Gott vorgesorgt. Etwa zwei Monate vor Weihnachten wurde ich auf der Strasse angesprochen. Ob ich Interesse hätte, in einen Gottesdienst zu kommen. Nein. Sie würden auch regelmässig Partys feiern, wo ich andere Studenten kennenlernen könne. Nein. Der Mann auf der Strasse liess nicht locker: “Hier ist meine Telefonnummer, wie lautet deine?”. Zum Nein sagen fehlte mir der Mut. Ich dachte daran, die falsche Nummer anzugeben, aber dafür war ich zu ehrlich. Also sagte ich ihm meine richtige Nummer. Und natürlich rief er an. Nach einiger Überzeugungsarbeit willigte ich ein, zu einer Party zu gehen. Und die gefiel mir, denn die Gemeinschaft war grossartig. Ähnlich wie bei Josi gab es da plötzlich Leute, die sich für mich interessierten und die auch untereinander nahe Freundschaften hatten. Ich wollte herausfinden, was das Geheimnis hinter dieser liebevollen Gemeinschaft war. Also fing ich an, in den Gottesdienst zu gehen. Doch meine Barrikaden blieben oben, weil es noch vor meinem Weihnachtserlebnis war.

Ich merkte schnell, worauf es hinauslief. “Jesus als einziger Weg in den Himmel” war inkompatibel mit meiner esoterischen Erziehung. Ich war überzeugt, dass jede Weltreligion zum Ziel führt, insbesondere der Buddhismus, da ich ja kurz zuvor Siddharta gelesen hatte. “Kein Sex vor der Ehe” kam mir nicht zeitgemäss vor. Obwohl ich als introvertierter Informatiker keine Freundin hatte, wo das ein Problem hätte sein können, waren solche Ansichten über die Sexualität unter meinen Mitmenschen eine lächerliche Kuriosität.

Ich überlegte mir, von dieser Gemeinde nur die Lebenspraktiken zu übernehmen, ohne dabei ihre Lehre anzunehmen. Dann könnte ich auch so lieben wie sie, ohne meine Überzeugungen und das Ansehen meiner Umgebung über Bord werfen zu müssen.

Aber dann kam es eben anders. Nach dem ersten Gottesdienstbesuch hatte ich das Weihnachtserlebnis, und dies bewegte mich, Gott zu suchen. In den Tagebucheinträgen fing ich an zu schreiben, dass ich will, dass Gott mein bester Freund wird. Plötzlich war ich bereit, nicht nur die Lebenspraktiken, sondern auch die Lehre zu übernehmen.

Bei der christlichen Gemeinde handelte es sich um die “International Church of Christ”, eine Abspaltung von der “Church of Christ”. Wie man aus der Episode der Strassenevangelisation herauslesen kann, war dies eine strenggläubige Gemeinde, die von den Mitgliedern höchste Hingabe erwartete. Sie hatte durchaus sektiererische Tendenzen. Trotzdem hatte Gott diese Gemeinde ausgesucht als Brutkasten für mich den Babychrist. Es ist wunderschön, wie Gott unperfekte, ja sogar fast sektiererische Gemeinden benutzen kann, um sein Reich zu bauen.

Nach dem zweiten Gottesdienstbesuch wurde ich gefragt, ob ich Interesse hätte, die “Bibel zu studieren”. Natürlich war ich interessiert! Ich wollte mehr über diesen Gott herausfinden. Wie sich herausstellte, war das ein Glaubens-Grundkurs, allerdings als Einzelunterricht. Ich sass jeweils mit zwei bis drei Männern dieser Gemeinde zusammen, meistens in einer ihrer WGs. Sie lehrten mich, wie ich die Bibel lesen kann und wie man betet. Dazu beteten wir alle zusammen laut. Sie lehrten mich über die Hingabe an die Gemeinde und die Sünde. Dabei bekannte jeder seine Sünden laut vor allen anderen. Weiter lehrten sie mich über das Kreuz, die Vergebung und die Taufe. Wir sassen täglich zusammen, jeden Abend. Sie sagten mir, dass dieser Prozess normalerweise viel länger gehe. Aber da ich schon wiedergeboren war, gab es bei mir nicht viel zu überlegen.

Die grösste Herausforderung für mich war, meine raubkopierte Software zu löschen. Nach dem Thema “Sünde” war klar, dass ich mich als Christ von jeder Sünde abwenden will, auch von dieser. Das Löschen der Software selbst war keine grosse Sache. Für Vieles gab es Freeware- oder Opensource-Alternativen, oder es liess sich eine günstige Studentenversion finden. Die grössere Sache war, meinen Mitstudenten zu erklären, warum ich keine raubkopierte Software mehr benutze. Es war das erste Mal, dass ich mich zu Jesus bekennen musste.

Am ersten Februar 1998 liess ich mich taufen. Vor der Taufe prüften die Brüder mein Herz: Was treibt dich an? Hast du wirklich Jesus als Heiland angenommen? Bist du von deinen Sünden umgekehrt? Hast du Jesus als Herr angenommen über all deine Lebensbereiche?

Ich verstand, dass dies eine grosse Entscheidung war. Ich erinnere mich an den einen Gebetsspaziergang, wo ich mit Gott rang. Sollte ich wirklich Jesus als Herr meines ganzen Lebens annehmen? Es kam mir vor, als müsse ich einen Schritt ins Leere tun und darauf hoffen, dass Gott mich hält.

Die Taufe selbst war ein grossartiges Erlebnis. Ich erinnere mich, dass ich nach der Taufe auf dem Nachhauseweg die ganze Welt hätte umarmen können. Ich wollte alles für Gott tun, für ihn in die Mission gehen, auch an die entferntesten Orte.

Es war so viel passiert innerhalb von drei Monaten, dass es mir schwerfiel, den Leuten zu erklären, was mit mir geschehen war. Meine Eltern verstanden es nicht, mein Bruder leider auch nicht. Und auch im Studium konnte ich es niemandem so richtig erklären. Ich verstand nicht, wieso sie die Herrlichkeit des Evangeliums nicht sehen konnten. Vielleicht taten sie es als Strohfeuer ab. Doch das Feuer blieb.

Auch heute, nach dreiundzwanzig Jahren, bleibt das Feuer in mir bestehen. Gott hat mir seinen Heiligen Geist gegeben. Der führte mich immer wieder zu ihm, durch alle Schwierigkeiten in Gemeinden und durch veränderte Lebensumstände. Immer blieb Gott mir treu und darum blieb auch ich ihm treu.

Die Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist (Rom 5,5)

Unser Wasserkocher. 2004-2020

Vor ein paar Wochen gab unser Wasserkocher seinen Geist auf. Ich versuchte ihn zu reparieren, aber keine Chance. Mit seinen 16 Jahren war er deutlich über der mittleren Lebenserwartung eines Wasserkochers gestorben.

Ich muss zugeben, dass wir schon früher überlegt haben, ihn zu ersetzen. Denn man sah ihm die Jahre an, und das Design gefiel uns schon lange nicht mehr. Ich wollte einen neuen. Meine Frau nicht. So blieb er. Bis er nun eben kaputt ging.

Unsere erste Reaktion war: Ersetzen. Klar, was kaputt geht, kauft man neu. Das ist ein Automatismus. Es ist ein unbewusster Kauf-Reflex.

Diesen Reflex hat Dieter Meier (“Yello”-Günder) hier exzellent mit dem Lachsfang verglichen:

Im atlantischen Ozean bis hinunter zu den Küsten Feuerlands jagt der Lachs seine Beute und findet dann nach Jahren zurück zum kleinen Fluss, wo er in einem Bergsee das Licht des Wassers erblickte. Wenn er sich gegen den Strom hochkämpft zum Tümpel seiner Herkunft, nimmt er keine Nahrung mehr auf, weil er für die beschwerliche Reise zu seiner Reproduktion sich im großen Ozean so stark und fett gefressen hat, dass er sich durch keine Beute verführen und ablenken lässt vom Kampf gegen Wasserfälle und Stromschnellen, zum einzigen Ziel seines Daseins, der Erhaltung seiner Art. So ist es denn die große Kunst des Fischers, seine Fliege so geschickt tanzen zu lassen, dass der satte und futterabstinente Fisch einzig aus schierem Fressreflex zuschnappt, wenn ihm die Beute virtuos vors Maul gehalten wird.

Dieter Meiers Behauptung: In der Wirtschaft herrscht Überproduktion, und nun muss die Ware dem Kunden “vors Maul” gehalten werden, damit er zuschnappt, bevor er überlegen kann. Also sei es schon längst nicht mehr so, dass wir Waren kaufen würden, die wir bräuchten (so wie der Lachs nichts mehr zu Essen braucht, sich sogar “vorgenommen” hat, nichts mehr zu essen), sondern solche, welche uns in einem unbedachten Moment angeboten werden und die wir reflexartig kaufen würden.

Das ist nun vielleicht etwas zu schwarz. So gesellschaftskritisch wollte ich in diesem Beitrag gar nicht werden. Trotzdem merke ich bei mir folgendes: Ist der Abstand zwischen “ich will” zum Kauf-Akt zu kurz, dann bleibt das neue Teil häufig als “Clutter” in unserem Haushalt. Lasse ich dem “Wunsch zu kaufen” eine Woche Zeit, dann verflüchtigt er sich oft, und ich habe etwas weniger gekauft.

Aber das ist gar nicht so einfach, denn ein Wasserkocher ist innert Minuten im Internet bestellt. Wir haben uns nie zu den Impuls-Käufern gezählt, aber auch nach mehreren Jahren Minimalismus hätte uns dieser Reflex fast erwischt.

Im Hebräer 13,5 heisst es: “Begnügt euch mit dem, was vorhanden ist”. Das wollten wir glauben. Also besprachen wir die Alternative zum Wasserkocher: Wasser erhitzen in der Pfanne. Geht aber länger. Nervt uns das? Vielleicht! Am Morgen mache ich mir zum Aufwachen einen Schwarztee. Am Abend trinken wir einen Tee auf dem Sofa. Wir würden Morgens und Abends ein paar Minuten warten, bis das Wasser kocht. Wir gaben uns einen Monat Zeit. Danach würden wir uns einen Wasserkocher kaufen, wenn es uns zu sehr nervt.

Was passierte mit meiner Morgenroutine? Früher war es so: Ich fülle das Wasser in den Wasserkocher. Stelle ihn an. Bereite meinen Tee vor. Und dann kocht das Wasser auch schon. Neu ist es so, dass nach der Vorbereitung des Tees und dem Kochen des Wassers eine ganze Minute verstreicht. Ich nutze die Zeit, indem ich eine kurze Dehnübung mache. Kein wirklicher Verlust also.

Fazit nach einem Monat: der Wasserkocher wird nicht gekauft. Mit der Pfanne geht’s zwar langsamer, richtig eingeplant ist es aber kein Problem und es wurde zur Gewohnheit, das Wasser morgens und abends früher ob zu stellen. Und das Positive: Das Entkalken des Wasserkochers entfällt, und auf der Küchenablage steht weniger rum. Die Küche gewinnt an Ästhetik.

Handy-Garage des Vaters in der Youtube-Sendung

Auf Youtube haben wir die Sendung Endlich Offline gefunden. Es geht um Menschen, welche zu viel Zeit am Handy verbringen. Ein Coach besucht eine Familie und schlägt ihnen einige Techniken vor, um die Zeit am Handy zu reduzieren, eine davon ist die “Handy-Garage”:

Alle Smartphones des Hauses werden an diesem Ort “geparkt”. Im Film hat der Vater eine Kiste mit Deckel gebastelt, in welcher die Handys am Strom angeschlossen sind.

Von der Sendung motiviert, haben wir das sofort ausprobiert. So funktioniert die Garage bei uns:

  • das Handy bleibt in der Garage, ausser ich brauche es gerade. Das heisst, ich trage es nicht mit mir rum und wenn ich aus dem Haus gehe kommt es “by default” nicht mit, ausser ich brauche es, dann muss ich es aktiv aus der Garage holen.
  • in der Nacht bleibt es in der Garage (darum heisst es auch “Garage” weil Autos die Nacht über ebenfalls in der Garage bleiben). Zum Wecken haben wir uns einen Wecker angeschafft. Damit bin ich nicht gleich am Handy, wenn ich morgens aufstehe und starte “by default” den Tag handyfrei.
  • Notifications sind auf Stumm geschaltet (weder Ton noch Vibration), das Blinken/Licht ist deaktiviert. Das heisst das Handy spricht nicht mit mir, sondern ich muss aktiv hingehen um zu schauen, ob ich was neues gekriegt habe. Leute, die mir schreiben, müssen länger mit einer Antwort warten, sie werden es überleben :)
  • einzig wenn jemand anruft, klingelt das Handy, damit bin ich für Notfälle erreichbar

Fazit nach ca. 3 Wochen: ich trage das Handy wesentlich weniger auf mir, für wichtige Aufgaben (Adresse nachschauen, auf Sonos Musik einstellen) gehe ich zur Garage. Da das Handy dort eingesteckt ist, und ich es ausstecken müsste um es mitzunehmen, lasse ich es meistens dort.

Ein paar Dinge sind aber auch etwas komplizierter: für “2 Factor Authentication” (Ebanking und im Geschäft) muss ich aufstehen, um das Login am Handy zu bestätigen. Aber der Zeitverlust, der dadurch entsteht, ist um ein vielfaches kleiner als wenn ich das Handy die ganze Zeit auf mir trage.

Also: absolut empfehlenswert!

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