Hoffnung(2): Über die Natur der Hoffnung

Nach dem etwas schwärmerischen Beitrag über Hoffnung geht es heute um die Natur der Hoffnung. Gibt es wahre und falsche Hoffnung? Was passiert, wenn wir keine Hoffnung haben?

Vor ein paar Jahren sah ich eine Jobanzeige bei Google. Bei meinem damaligen Job hat es mir nicht mehr sonderlich gefallen und die Stelle bei Google schien gut auf meine Fähigkeiten zu passen. Ich dachte: “versuchen schadet nie”, frischte meinen CV auf, schrieb einen kurzen Cover-Letter und schickte ab. Zwei Stunden Aufwand. Nach ein paar Tagen erhielt ich einen Anruf auf mein Handy, es war der Recruiter von Google. Er checkte mich auf meine Fähigkeiten in Mathematik und Informatik. Anscheinend hatte ich die Fragen richtig beantwortet, denn er stellt mir für drei Wochen später ein weiteres Telefoninterview in Aussicht. Ich solle mich aber vorbereiten. Ich sagte zu und übte daraufhin Abend für Abend für das Telefoninterview. Nach dem nächsten Interview gab es ein weiteres Telefoninterview zwei Wochen später. Als ich auch dieses bestand, lud mich Google zu einem Onsite-Interview ein und gab mir nochmals einen Monat Zeit für Vorbereitungen. Ich kaufte Bücher, frischte meine Programmierfähigkeiten auf. Ich verwendete jede freie Minute. Ich hörte auf zu Bloggen, denn dafür war nun keine Zeit mehr. Das Onsite-Interview dauerte einen ganzen Tag. Ein paar Tage später kam das Telefon. Nach einem kurzen Small-Talk-Geplänkel holte der Recruiter Luft und sagte: “Unfortunately…” und da fiel meine Welt zusammen. Zwei Monate Vorbereitungen für nichts. Der Recruiter meinte, ich hätte es nur knapp nicht geschafft und legte mir nahe, ich solle mich doch in einem Jahr nochmals bewerben, denn diese Position werde jedes Jahr wieder gesucht, sie hätten viele davon. Er erklärte mir, wo meine Schwächen lägen und wie ich mich fürs nächste Mal vorbereiten könne. Also bildete ich mich ein Jahr lang weiter, lernte eine neue Programmiersprache und las mich durch dicke Bücher durch. Doch nach einem Jahr war die Position nicht mehr ausgeschrieben. Auf Nachfrage war die Antwort des Recruiters, ich solle nochmals ein halbes Jahr warten. Aber auch dann war keine Stelle offen. Schlussendlich gab ich auf. Meine Hoffnung auf den Job hat sich nicht bewahrheitet. Die zwei Jahre Arbeit haben keine Früchte getragen. Es war schmerzhaft und demütigend.

Jeder erlebt solche Dinge. Bei mir war es nur eine verpasste Arbeitsstelle. Enttäuschte Hoffnungen ist der Grund, wieso manche Erwachsene zynisch und freudlos werden. Einige legen sich die Strategie zurecht: Besser nicht mehr hoffen, dann werde ich nicht mehr enttäuscht.


Ready Player One ist ein sehr gut geschriebener Science-Fiction-Roman. Am Anfang der Geschichte erlebt die Hauptfigur eine Abkehr vom Glauben: Anfangs geht er davon aus, dass es Gott gibt, doch durch seine Jugend kommt er durch wissenschaftliche Lektüre vom Glauben ab:

Ich habe das alles erst nach und nach herausgefunden, im Laufe mehrerer Jahre, und manchmal wäre ich trotzdem am liebsten von der nächstbesten Brücke gesprungen. Glücklicherweise hatte ich Zugang zur OASIS, was in etwa einer Rettungsluke in eine andere Welt gleichkam. Die OASIS hat mich davor bewahrt, den Verstand zu verlieren. Sie war mein Spielplatz und meine Vorschule, ein magischer Ort, an dem alles möglich war.

Zur Erklärung: Die OASIS, von der die Hauptfigur spricht, ist ein Virtual Reality Spiel, in das er abtauchen kann. Das ganze Buch dreht sich nur um die OASIS, um die virtuelle Welt, in der man sich flüchten kann.

Die Wissenschaft, angestachelt durch die Evolutionstheorie, hat jede Hoffnung zerschlagen. Ihr Argument: Die christliche Hoffnung ist ein Wunschdenken. Lass uns der Wahrheit in die Augen schauen und verstehen, dass das alles keinen Sinn hat. Mit einer solchen Einstellung bleibt wahrlich nur noch der Selbstmord oder das Flüchten in Ablenkungen wie z.B. Virtual Reality.

Ich muss mir immer wieder vor Augen malen, dass die Welt keine Hoffnung hat. Ich hatte auch keine, bevor ich mich zu Jesus bekehrte. Und nein: Der christliche Glaube ist kein Wunschdenken. Für mich ist es nach eingänglicher Prüfung noch immer die beste Erklärung für das Leben, das Universum und den ganzen Rest. Der Atheismus ist bloss eine unbegründete, hoffnungszerschlagende Peitsche des Teufels.


Doch ja, es gibt wahre und falsche Hoffnungen. In einer Predigt erzählte jemand, wie ein enger Familienangehöriger schwer krank war. Da kam ein Arzt, sah die Verzweiflung des Mannes und erklärte ihm, es werde schon wieder gut. Der Mann scheuchte den Arzt weg, denn es waren nur leere Worte. Die Hoffnung des Arztes hatte keine Basis. Die Worte waren zwar gut gemeint, er verkündigte aber nur eine leere Hoffnung.

Meine Geschichte mit Google war ähnlich: Das war eigentlich keine Hoffnung, die mich antrieb, es war ein Gamble. Ich wusste von Anfang an, dass meine Chancen nicht gut standen. Doch ich versuchte es trotzdem. Wie beim Roulette. Die Chancen zu verlieren sind gross, doch wenn ich gewinnen würde, dann würde mein Einsatz vervielfacht.

Doch die Art der biblischen Hoffnung ist ganz anders. Leider unterscheidet die deutsche Sprache nicht zwischen der “Gamble-Hoffnung” und er “biblischen Hoffnung”, doch in ihrem Wesen sind sie sehr verschieden. Mein Lieblingsvers über die Hoffnung:

Die Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist (Röm 5,5)

Das “zuschanden werden” klingt altmodisch. Die Zürcher Bibel hat “stellt uns nicht bloss”. Die Hoffnung für alle: “geht nicht ins Leere” oder NGÜ “in dieser Hoffnung werden wir nicht enttäuscht”. Im Google-Beispiel: Meine Vorbereitungen gingen ins Leere und der Moment, als der Recruiter “Unfortunately” sagte, war für mich ein Moment der Schande. Natürlich wurde ich nicht für ein Vergehen blossgestellt, doch der reine Fakt des Scheiterns hatte einen Anflug von Schande. Die Monate Vorbereitungen waren ein “Säen auf Hoffnung”, doch die Ernte blieb aus.

Die biblische Hoffnung ist aber kein “Säen auf Hoffnung”. Es ist etwas ganz anderes. R.C. Sproul hat den Unterschied zu der oben beschriebenen Hoffnung gut beschrieben:

Wenn die Bibel allerdings von Hoffnung spricht, dann bezieht sie sich auf etwas Zukünftiges, das sich ganz sicher erfüllen wird, etwas, dessen Ausgang absolut gewiss ist. Wenn wir unser Vertrauen auf Gottes Verheissungen setzen, können wir ohne jeden Zweifel wissen, dass sie sich erfüllen werden. Denn wenn Gott seinem Volk ein Versprechen für die Zukunft gibt, dann wirkt die Hoffnung des Volkes wie ein „sicherer und fester Anker unserer Seelen“ (Heb 6,19). Ein Anker verleiht einem Schiff Sicherheit inmitten der unruhigen See. Das, was Gott uns für die Zukunft verheisst, lässt unsere Seelen schon heute in Sicherheit ruhen.

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