Minimalismus ist eine weltliche Bewegung. Jede Bewegung kommt mit einem philosophischen Unterbau daher. Bei Marie Kondō schwingt der Pantheismus mit; ein Glaube dass Gegenstände eine Seele haben. Bea Johnsons Minimalismus-Ansatz wirkt neutraler, aber auch bei ihr dringt unweigerlich ihre Weltsicht durch.
Für uns ist nie das Ziel, Teil der Minimalismus-Bewegung zu sein, sondern uns geht es darum, einige Praktiken herauszugreifen und in das christliche Weltbild einzufügen. Klingt gefährlich? Vermutlich ist es das auch! Genau darum ist es wichtig, das Thema “von der Bibel her” anzugehen. Der Begriff Minimalismus kommt in der Bibel natürlich nicht vor. Und trotzdem vermittelt die Bibel ein Ideal eines “Christlichen Lifestyles”, den ich mal “Christlicher Minimalismus” nenne und den ich gerne definieren würde. In diesem ersten Beitrag die positive Definition: drei Bilder aus der Bibel.
Der Pilger
In der Bibel kommt das Bild der Pilgerschaft überall vor: In Hebräer 11 sind die Glaubenshelden noch nicht in der Heimat angekommen, sondern…
haben es nur von ferne gesehen und waren davon überzeugt, und haben es willkommen geheißen und bekannt, dass sie Gäste ohne Bürgerrecht und Fremdlinge sind auf Erden (Heb 11,13)
In der Anschrift vom ersten Petrusbrief: “Petrus, Apostel Jesu Christi, an die Fremdlinge in der Zerstreuung”. Oder später im gleichen Brief: “Geliebte, ich ermahne euch als Gäste und Fremdlinge: Enthaltet euch der fleischlichen Begierden, die gegen die Seele streiten”.
Stell dir einen Pilger vor: Seine Pilgerschaft ist nur der Weg zum Ziel. Er hat nur das Nötigste mit dabei, nämlich nur gerade so viel, dass er es ans Ziel schafft.
Unterwegs lässt er sich aber plötzlich nieder, aus Freude über ein lauschiges Plätzchen und baut sich eine Hütte. Eine Stimme in ihm sagt: »Es ist nur für einen Moment. Nur für den Winter. Wenn dann der Frühling kommt, kannst du wieder weiter ziehen.« Das Ziel der Pilgerreise ist ihm noch im Kopf, aber das anfangs klare Bild verschwimmt langsam. Bis er eines Tages von anderen nicht mehr als Pilger wahrgenommen wird, sondern als jemand, der in dieser - mittlerweile sehr wohnlich eingerichteten - Hütte wohnt.
Ist es nicht so? Die Welt ruft zum Verweilen auf. Sie ruft immerzu: »Es ist doch schön hier! Und wer weiss, ob sich das Ziel wirklich lohnt! Vielleicht gibt es gar kein Leben nach dem Tod, und zur Sicherheit kannst du dir hier ein gemütliches Leben machen, und wenn das dann mit dem Himmel nichts war, dann hast du wenigstens das Leben auf der Welt genossen«.
Und so lässt sich der Pilger nieder. Und denkt sich: »Naja, verboten ist es ja nicht!«. Er beginnt, an seinem “Plan B” zu arbeiten: Ein gemütliches Haus. Ein schöner Garten. Einfach eine Umgebung, wo es ihm gut geht. Er fängt an, der Welt zu glauben, die sagt “der Weg ist das Ziel”, genau darum, weil sie nicht mehr an das Ziel glaubt.
Nein, der Weg ist nicht das Ziel! Abgesehen davon, dass dieser Spruch philosophischer Schwachsinn ist, denn ohne Ziel gibt es auch keinen Weg, und daher kann der Weg ohne Ziel gar nicht das Ziel sein.
Das Ziel ist der Himmel. Das Leben hier ist nur eine Pilgerreise. Es ist nicht “the real thing”! Unser Lebensstil soll dem eines Pilgers gleichen. Wenn wir uns hier auf der Erde so einrichten, als wäre es unsere Heimat, dann haben wir das Ziel aus den Augen verloren. Das wird unter anderem in unseren materiellen Gütern sichtbar.
Definition “Christlicher Minimalismus”:
Christlicher Minimalismus ist ein Lebensstil, der einem Pilger gleicht. Das zeigt sich in unserem Besitz, nämlich wie viel wir davon haben und wie wir damit umgehen. Es ist ein Zeugnis für die Welt, wenn wir nicht viel besitzen, denn es wirft die Frage auf: “wenn du nicht auf diese Welt hoffst, worauf dann?”.
Das Zelt
Wenn unser irdisches Zelt abgebrochen wird, haben wir eine Wohnung von Gott, ein nicht von Menschenhand gebautes ewiges Haus in den Himmeln. (2. Kor 5,1)
Stell dir vor: ein Mann muss vorübergehend aus seiner Wohnung ausziehen, weil sie gerade renoviert wird. Einen Monat lang muss er woanders wohnen.
Er entscheidet sich zum Zelten. Seine Freunde fragen ihn, wieso er sich denn so etwas antun würde, denn ein Hotel böte ihm mehr Annehmlichkeiten. Er hat seine Gründe. Darauf gehen wir hier nicht ein, denn Zelten ist natürlich schön und romantisch, aber darum geht es hier jetzt grad nicht. Sondern darum: Beim Zelten muss sich der Mann einschränken: Es gibt kein fliessendes Wasser. Strom fehlt auch. Damit fällt auch die Musik weg, der Film am Abend. Elektrisches Licht gibts auch nicht. Gekocht wird auf dem Gaskocher oder Feuer. Wenn es regnet, dann kann er sich zwischen einem Regenspaziergang und dem Lesen im kleinen Zelt entscheiden.
Stell dir vor, der Mann bliebe länger als der eine Monat. Es wird ein Jahr, zwei Jahre. Er baut sein Zelt aus: Aus dem Zelt wird eine Hütte, eine Wasserleitung wird gezogen, und durch einen Strom-Generator kommt er in Genuss von Licht und Radio-Hören.
Dann kommt jemand vorbei: »Was machst du hier? Weisst du nicht, dass deine Wohnung längst umgebaut ist?«. Der Mann antwortet: »Woher weiss ich, dass meine Wohnung nun fertig ist? Das ist mir zu unsicher, besser, ich richte mich hier ein, dann weiss ich, was ich habe«.
Im Haus meines Vaters sind viele Wohnungen; wenn nicht, so hätte ich es euch gesagt. Ich gehe hin, um euch eine Stätte zu bereiten. (Joh 14,2)
Jesus bereitet dir eine Wohnung im Himmel vor. Wenn das mit dem Himmel nichts wäre, dann hätte er es gesagt. Ehrlich! Dann könntest du dich auf der Erde schön einrichten.
Aber die Wohnung im Himmel ist unendlich schöner und herrlicher und gemütlicher und richtiger als unser Zuhause auf der Erde.
Wenn wir aber das aus den Augen verlieren, wenn wir nicht wirklich glauben, dass Jesus im Himmel für uns eine Stätte bereitet, dann richten wir uns auf der Erde ein schönes Zuhause ein.
Definition “Christlicher Minimalismus”:
Christlicher Minimalismus ist wie Genügsamkeit in einem Zelt mit dem Wissen, dass sein Zuhause im Himmel ist. Er nimmt Entbehrungen in Kauf mit dem Wissen, dass es nicht für immer ist. Er sagt sich “Wo dein Schatz ist, ist auch dein Herz.”. Das heisst: Er vertraut auf eine herrliche Wohnung im Himmel, und daher wird sein Herz himmlisch gesinnt sein.
Der Botschafter
So sind wir nun Botschafter für Christus […] so bitten wir nun stellvertretend für Christus: Lasst euch versöhnen mit Gott! (2.Korinther 5,20)
Zum Schluss: Stell dir einen Botschafter vor. Er hat einen offiziellen Auftrag von seinem Heimatland erhalten und lebt eine Zeit lang in einem fernen Land. Als Botschafter kann er sich nicht vom fremden Volk abgrenzen, ja es ist sogar seine Aufgabe, beim Volk ein und auszugehen, es kennenzulernen: seine Kultur, sein Denken, seine Pläne.
Dann passiert aber Folgendes: Der Botschafter beginnt, sich wohlzufühlen im fernen Land. Nach einer Zeit zieht er es sogar seinem Heimatland vor. Er verliebt sich. Er will heiraten. Sein Auftrag verwandelt sich zum schlechten Gewissen: “Eigentlich sollte ich die Sache meines Heimatlandes vertreten”. Doch was anfangs als Enthusiasmus begann, wandelt sich langsam zur Last.
Irgendwann kann er sein neues Leben nicht mehr mit seinem Auftrag vereinbaren: Er schickt seinem Heimatland die Kündigung, und lebt hinfort ohne Gewissensbisse im fernen Land.
Das dumme ist nur: Sein Heimatland ist das Himmelreich und mit der Kündigung verfällt sein Bürgerrecht. Doch das kümmert ihn nicht, denn eingelullt von der Liebe zum fernen Land sind ihm die Versprechungen des Himmels fern geworden. Wie gut hätte er sich daran getan, diesen Vers zu Herzen zu nehmen:
Richtet euch nicht länger nach ´den Maßstäben` dieser Welt, sondern lernt, in einer neuen Weise zu denken (Röm 12,2)
Definition “Christlicher Minimalismus”:
Der Christliche Minimalismus hat den göttlichen Auftrag vor Augen. Er ist ganz eingenommen von “Gottes Sache”. Er erkennt die Versuchungen der Welt und ringt darum, den Einfluss der Welt aufs Nötigste zu reduzieren: Das zeigt sich auch im Besitz und im Konsum. Auf der anderen Seite merkt er, dass er als “einen von ihnen” gelten muss, denn als Botschafter muss er sich mit der Welt verständigen können. Daher hütet er sich davor, ein “Freak” zu werden.
Fortsetzung folgt!
Dies war der Teil 1 meiner Definition “Christlicher Minimalismus”, im Teil 2 werde ich auf negative Beispiele eingehen: Was ist denn christlicher Minimalismus eben nicht?