Sparen mit Bio. Ein Selbstversuch. Teil 1: Der Honig

Beitrag von meiner Frau

Ich starte gerade einen Selbstversuch: Einen Monat lang möglichst wenig Haushaltsgeld ausgeben (ohne, dass die Familie zu viel davon mitkriegt und streikt), gleichzeitig aber keine Kompromisse eingehen mit der Herstellungsart. Sprich: Sparen mit Bio.

Die Probleme fangen schon an, bevor es richtig losgeht: Drei Tage vor Beginn bringt eine übersehene WC-Papier-Rechnung (das Einzige, was wir im Haushalt per Rechnung bezahlen) mein Budget unvorhergesehenerweise praktisch auf null. Dabei hätte ich grad kurz bevor das richtige Sparen losgeht, noch einen Honig nachkaufen müssen, der gerade zu Ende geht. Honig ist teuer, das weiss man ja. Ich stehe im Volg vor dem Honig-Regal. Normalerweise kaufen wir Honig aus dem Dorf, im Pfandglas (nicht Bio, aber auch nicht das Schlechteste).

Aber Moment, da hat sich seit dem letzten Kauf etwas geändert: Alle Honige aus dem Dorf haben auf Bio umgestellt! Normalerweise würde ich mich darüber freuen. Aber heute bringt es mich einigermassen aus der Fassung. Der Bio-Honig kostet pro 500g 15.50 Fr. Vorher war er 13 Fr. Ich will doch sparen! Und habe eh kein Geld mehr! Mein Mann steht neben mir und lässt seinen Blick abwärts gleiten. “Der da kostet nur 5.50 Fr. pro 500g!”, sagt er. Hm. Wie ist so ein Preisunterschied möglich? Soll ich wirklich den Billigsten kaufen, der irgendwie hergestellt wird, damit wir uns Honig leisten können? Wir entscheiden uns, noch nichts zu kaufen. Zu Hause habe ich die Idee: “Wir kaufen einfach gar keinen Honig mehr!” Das sage ich natürlich nur, weil ich keinen Honig auf dem Brot mag. Aber mein Mann protestiert. “Verzichten geht nicht!”, ist seine Reaktion. Tja, damit wären wir schon mittendrin im Konflikt. Es geht nämlich keineswegs nur um die puristische Frage: Was kann ich mir leisten? Es geht ebenso sehr um die Frage: Was will ich mir leisten? Und ich nehme mich da gar nicht heraus. Dass ich so einfach bereit bin, auf Honig zu verzichten, ist ja nur so, weil ich keine Lust auf Honig habe. Würde es um Kaffee gehen, sähe die Sache wieder ganz anders aus.

Eigentlich wäre der neue Bio-Honig das ultimative Produkt, das alle Vorteile der Nachhaltigkeit in sich vereint: Biologisch. Aus dem Dorf. Im Pfandglas. Nur stört da eben dieser hohe Preis. Ist er deswegen ein Edelprodukt? Auf gewisse Weise schon, denn Honig ist ein Genussmittel. Niemand ist darauf angewiesen, Honig zu essen. Auf gewisse Weise aber auch nicht. Ausser man ist der Ansicht, dass Nachhaltigkeit an sich eine unnötige Veredelung ist. Der Meinung bin ich aber nicht. Ich bin überzeugt, dass nachhaltiger Anbau und artgerechte Tierhaltung längerfristig die einzigen Alternativen sind, um unserer Umwelt nicht zu schaden (und, dass wir als Christen erst recht dazu verpflichtet sind, mit der Natur sorgsam umzugehen, wie ich da geschrieben habe).

Nun, ich mache ja nur einen Versuch. Wir haben genügend Geld. Wenn ich auf etwas nicht verzichten will, finde ich immer einen Weg, es mir zu kaufen. Entweder ich überziehe das Haushalts-Budget. Oder ich zahle es von meinem Sackgeld. Im schlimmsten Fall stocke ich einfach das Budget auf. Es ist ja nicht so, dass unser Konto leer wäre. Dann können wir einfach ein bisschen weniger spenden.

Wie geht es aber denen, die wirklich kein Geld mehr auf dem Konto haben? Können sie sich überhaupt Gedanken über Nachhaltigkeit machen, oder blenden sie die Regale mit den Bio-Produkten einfach aus, so wie ich die Regale mit den Billig-Produkten ausblende? Ich kann ja nicht wirklich in jemanden hineinsehen, der auf dem untersten Einkommensniveau lebt. Aber etwas fällt mir auf. Es gibt ja bei uns, wie schon hier beschrieben, im Coop nicht nur eine Sorte Fleisch zu kaufen, sondern mindestens drei. “Normale”, die vom Preisniveau in der Mitte sind (was ist eigentlich normal?), teurere aus tierfreundlicher Haltung und ganz billige fürs Budget. Wenn ich mich umschaue, was die Leute so alles in den Einkaufswagen legen, dann sehe ich eigentlich niemanden, der nur das Allernötigste einkauft. Wie ich gerade von einem Hilfsprojekt gelesen habe, sind in einem Nothilfepaket z.B. lediglich Reis, Bohnen und Öl drin. Nicht, dass wir so tun müssen, als ob wir in einer Hungersnot wären, aber als wichtige Nahrungsmittel kommen mir z.B. Reis, Teigwaren, Mehl, Salz, Öl, Essig, Gemüse und Früchte in den Sinn (ohne Anspruch auf Vollständigkeit). Vielleicht noch Milch, Käse, Fleisch und Eier. (Womit wir schon mitten in der Ernährungsdebatte wären, da will ich jetzt aber nicht hinein.)

Was ich in den Einkaufswagen aber sehe, sind alle Produkte quer durchs Band, einfach in Billig-Version. Es scheint so, dass wir nicht bereit sind, auf etwas zu verzichten, wenn es zu teuer ist (ausser, es ist uns nicht wichtig). Nein, was wir stattdessen tun, ist, die billig(st)e Variante davon zu kaufen. Damit wir nicht verzichten müssen. Nochmals: Ich schliesse mich hier gar nicht aus. Auch ich ertappe mich dabei, meine Verzichtbereitschaft hervorzuheben bei Dingen, die ich gar nicht kaufen will. Oder bei Sachen, auf die ich nicht verzichten will, schon mal ein Auge zuzudrücken und statt etwas Nachhaltiges etwas Billiges zu kaufen.

Ich glaube, das Sparen hat sich tendenziell vom Verzichten zum Kaufen von Billig-Produkten gewandelt. Bei den Kleidern ist es doch dasselbe. Niemand kauft sich nur zwei Paar Hosen und flickt sie, bis sie auseinanderfallen (das wäre auch gesellschaftlich ziemlich wenig angesehen). Nein, wenn jemand bei der Kleidung sparen muss, kauft er Billig-Kleider.

Verzichten müssen wir nicht mehr. Dafür gibt es ja praktischerweise die Billig-Produkte. Aber ist das wirklich eine gute Lösung? Irgendjemand zahlt ja doch dafür. Die Natur. Die Tiere. Die Menschen, die unter schlechten Bedingungen und mit geringem Lohn arbeiten müssen. Können wirklich nur die mit einem dicken Portemonnaie Verantwortung für nachhaltige und gerechte Herstellung übernehmen? Sind die mit kleinem Einkommen gar nicht in der Lage, etwas dazu beizutragen?

Ich glaube, wir sollten das Verzichten wieder lernen. Aber es ist gar nicht so einfach. Meine Generation, hier in der Schweiz, ist das Verzichten nicht so gewohnt. Wir sind gut darin, das Billigste zu suchen, um eben nicht verzichten zu müssen. Aber herzlich schlecht darin, einfach ohne etwas auszukommen. Das merke ich bei diesem Selbstversuch ziemlich deutlich an mir selber.

Wie machen wir es nun mit dem Honig? Ganz verzichten? Nur am Sonntag Honig essen? Mein Mann hat vorgeschlagen, den Honig einfach aus seinem Sackgeld zu bezahlen… Hm, also, das ist ja jetzt wirklich nicht ganz im Sinn der Übung! Fortsetzung folgt.

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