#Irene: Minimalismus

Ich komme zum letzten Artikel meiner Serie. Im ersten Artikel habe ich vom Unterschied zwischen Christen in der Verfolgung und Christen im Wohlstand geschrieben. Es scheint so, dass Verfolgung und Wohlstand nicht gegeneinander ausgespielt werden können. Was haben sie miteinander zu tun? Die verfolgten Christen werden ja nicht vom Wohlstand verfolgt. Ja, und was hat Minimalismus mit Verfolgung zu tun? Äusserlich gesehen natürlich gar nichts.

Und doch geht es hier um zwei Bedrohungen, die unseren Glauben angreifen. Beide sind übrigens häufige Themen im Neuen Testament: Verfolgung/Leiden und Wohlstand/Geldliebe. Beide werden im Gleichnis von den vier Böden beschrieben (Matthäus 13, 21-22). Die beiden Bedrohungen kommen einfach grundverschieden daher.

Die eine ist ein frontaler, sichtbarer Angriff. Entweder, du sagst dich von deinem Glauben los, oder du wirst leiden. Du wirst deine Stelle verlieren. Wir zünden eure Kirche an. Wir kommen nicht mehr in dein Geschäft einkaufen. Wir stossen dich aus der Familie. Wir verprügeln dich. Oder wir töten dich.

Satan “verkleidet” sich hier nicht. Er greift an und macht Angst. Und einige sagen sich darauf vom Glauben los. Weil sie um ihr Leben fürchten. Um das Leben ihrer Kinder. Um ihre Existenz. Vielleicht auch um ihren Wohlstand und ihre Stellung.

Die andere Bedrohung kommt gar nicht als Bedrohung daher. Sie ist verkleidet. Sie ist verführerisch. Sie ist nicht erkennbar als das, was sie ist. Und deshalb ist sie auch so gefährlich. Sie ist nicht ein Angriff, sondern eine Verführung. In der Bibel wird Verführung oft mit dem Bild der Ehebrecherin beschrieben. Mit der fremden Frau, die sich aufreizend anzieht, sich mit Goldschmuck behängt und mit Parfum umgibt, um den Mann zum Ehebruch zu verführen. Genauso verhält es sich mit Geld, Wohlstand und Besitz. Es sieht nicht gefährlich aus. Es greift einem nicht an. Im Gegenteil, es “ruft” einem zu sich. “Komm zu mir! Gönn dir alles, was dein Herz begehrt! Wofür sonst hat Gott dich mit so viel Geld gesegnet? Je mehr du hast, desto besser wird es dir gehen! Nein, dein Besitz steht deinem Glauben nicht im Weg! Alle guten Gaben kommen doch schliesslich von Gott, oder? Also.”

Und wir fallen darauf herein. Wir sind geradezu mit Blindheit geschlagen. Wir sehen nicht, dass Geld und Besitz unsere Liebe zu Gott erkalten lassen. Wir nehmen automatisch an, dass das viele Geld, das wir verdienen, zu unserem Vergnügen und zu unserer Bereicherung da ist. Wir denken gar nicht darüber nach, dass es anders sein könnte. Und wenn wir mal über eine Stelle stolpern, wo es heisst: “Hängt euer Herz nicht ans Geld”, reden wir uns damit heraus, dass der Wohlstand ein Segen von Gott ist. Schliesslich danken wir Gott jeden Tag dafür, dass wir in so einem reichen Land leben. Oder wir beruhigen uns damit, dass wir ja auch viel besitzen können, ohne unser Herz daran zu hängen. Weit gefehlt! Diese Annahme ist ebenso unwahr wie gefährlich. Indem wir nicht bereit sind, uns von unserem Besitz loszusagen, verraten wir uns gleich selber.

Millionen von Christen in der westlichen Welt fallen auf diese Verführung herein und merken es gar nicht. Aber sie bezahlen teuer dafür. Jesus sagt ganz klar, dass man nicht Gott und dem Besitz gleichzeitig dienen kann, auch wenn man hierzulande die ganze Zeit zu hören bekommt, dass das nicht stimmt. Der Preis, den wir dafür bezahlen, ist hoch. Der Preis ist ein verkümmerter, erstickter Glaube (Matthäus 13,22). Ein Glaube ohne Kraft. Ein Gott, der langweilig erscheint. Gebete, die nicht erhört werden, denn “das Erbetene soll dazu beitragen, eure selbstsüchtigen Wünsche zu erfüllen.” (Jakobus 4,3; NGÜ). Monatelange Phasen, wo man abdriftet und Gott vergisst. Wie ein Schlafender, der für ein paar Sekunden erwacht, sich kurz an Gott erinnert und dann sofort wieder einschläft. Ich sage das aus eigener, jahrelanger Erfahrung.

Und es geht ja nicht nur ums Geld. Letztendlich geht es um die Frage, ob wir als Christen immer noch für uns selbst leben, oder ob wir uns selbst gestorben sind und für Christus leben. Das ist der wahre Kern. Und das ist auch der Punkt, wo wir von den verfolgten Christen, die dem Angriff Satans widerstehen und sich nicht von Gott lossagen, weil sie nicht mehr für sich selber leben, ganz, ganz viel lernen können. Auch wir müssen dem Angriff von Satan widerstehen!

Das mit dem Minimalismus war bei uns nur der Anfang. Dadurch kamen unsere Herzen erstmals vom Besitz los. Daraufhin wurde unsere Liebe zu Jesus grösser. Und die Liebe zu den verlorenen Menschen. Dann zeigte Gott uns Menschen, die auf dieser Welt nichts mehr suchen ausser Seinen Willen. Die begriffen haben, dass sie nicht mehr sich selber gehören. Sie wurden unsere Vorbilder. Hudson Taylor gehört dazu. Von ihm heisst es:

Würde ihm Gott helfen, die Macht der Sünde zu brechen, ihn nach Leib, Seele und Geist für Zeit und Ewigkeit erretten, dann war er bereit, auf alle irdischen Aussichten zu verzichten und ihm sein Leben ganz zur Verfügung zu stellen. Er würde dann überallhin gehen, alles auf sich nehmen, was Gottes Sache von ihm verlangte, und ganz Seinem Willen leben.

Das hat er auch getan, bis zu seinem Tod. Er gab sein gemütliches Leben auf, ging nach China, trug chinesische Kleidung (und Zöpfe), war oft vom Tod bedroht, erlitt unzählige Krankheiten, nahm beschwerliche Reisen auf sich, verlor seine Frau und mehrere seiner Kinder. Und doch sprach er davon, dass er nie ein Opfer brachte. So real und herrlich war Jesus für ihn.

Auch C.T. Studd lebte so. Er sagte:

Wenn Jesus Christus Gott ist und für mich starb, kann mir kein Opfer zu gross sein, um es ihm darzubringen.

Auch er gab alles auf, seinen grossen Reichtum und seine vielversprechende Karriere als Cricket-Spieler, und ging für Gott zuerst nach China, dann nach Indien und zuletzt nach Afrika, wo er unter den Eingeborenen in einer Hütte lebte, jahrelang getrennt von seiner Frau, die aus gesundheitlichen Gründen in England bleiben musste und von da aus die Administration des Missionswerks leitete. Warum? Weil er nicht mehr für sich selbst lebte.

Wir lasen auch Bücher über verfolgte Christen und sahen da den gleichen Geist wie bei Hudson Taylor und C.T. Studd. Da waren unzählige Beispiele von Menschen, die im Nahen Osten Christen geworden waren und die so ergriffen waren von der Herrlichkeit Gottes, dass sie bereit waren, sich von allem loszusagen und Gott nachzufolgen. Sie brannten darauf, das Evangelium weiterzusagen und den grossen Schatz, den sie gefunden hatten, mit ihren Mitmenschen zu teilen. Dabei wussten sie, dass es sie das Leben kosten konnte. In manchen Ländern ist die Verfolgung so gross, dass es buchstäblich nur eine Frage der Zeit ist, bis sie getötet werden. Die Gefahr ist also sehr real. Aber was geschah? Wenn jemand getötet wurde, löschte das den Glauben der anderen nicht aus. Im Gegenteil, sie wurden noch mutiger und entschlossener. Sie liebten ihre Feinde und beteten für sie. Sie vergaben ihnen und hiessen die Mörder ihrer Brüder in ihrer Gemeinde willkommen, wenn sie umkehrten. Sie kamen ins Gefängnis, wurden gefoltert, aber kamen gestärkt wieder heraus. Überall lasen wir, dass sie entschlossen waren, nur noch für Gott zu leben.

Denn wer seinetwegen körperliche Schmerzen auf sich nimmt, der hat mit der Sünde gebrochen und ist entschlossen, sich in der Zeit, die ihm hier auf der Erde noch bleibt, nicht mehr von menschlich-selbstsüchtigen Wünschen bestimmen zu lassen, sondern vom Willen Gottes. (1. Petrus 4, 1-2; NGÜ)

Irgendwie hatten sie erfahren, dass Jesus zu kennen herrlicher ist als das irdische Leben mit allen seinen Vergnügungen. Und für die, die immer noch sagen, dass Verfolgung und Wohlstand nichts miteinander zu tun haben: Ich kann mir schwer vorstellen, dass jemand bereit ist, für Jesus zu sterben, aber gleichzeitig immer noch an seinem Besitz hängt. Nein, wer sein Leben aufgibt, gibt alles Irdische auf.

Römer 12,1 bringt das, was ich sagen will, auf den Punkt. In der NGÜ ist dieser Abschnitt übertitelt mit: “Die angemessene Antwort auf Gottes Erbarmen”:

Ich habe euch vor Augen geführt, Geschwister, wie gross Gottes Erbarmen ist. Die einzige angemessene Antwort darauf ist die, dass ihr euch mit eurem ganzen Leben Gott zur Verfügung stellt und euch ihm als ein lebendiges und heiliges Opfer darbringt, an dem er Freude hat.

Das war die Einstellung von Hudson Taylor und von C.T. Studd und das ist die Einstellung von den verfolgten Christen, die entschlossen sind, trotz Drohungen und Gefahr das Evangelium weiterzusagen.

Wie weit entfernt von dieser Einstellung leben wir Christen in der ersten Welt zu einem grossen Teil! Wir wollen uns von Jesus in den Himmel bringen lassen, aber wir wollen die Herrschaft über unser Leben weitgehend behalten. Wir wollen Christus haben, aber gleichzeitig die Welt nicht aufgeben. Wir spenden einen kleinen Teil unseres Geldes, wollen aber kein Opfer bringen. Wir wollen Gott nachfolgen, aber das Ansehen der Welt geniessen. Wir sind nicht bereit, der Welt gegenüber zu sterben, uns selbst und unsere eigensüchtigen Wünsche aufzugeben. Wir wollen die Vorteile von Gott mit den Vorteilen der Welt zusammen haben. Aber in der Bibel steht etwas anderes:

Keiner von uns lebt für sich selbst, und auch wenn wir sterben, gehört keiner von uns sich selbst. Wenn wir leben, leben wir für den Herrn, und auch wenn wir sterben, gehören wir dem Herrn. (Römer 14, 7-8; NGÜ)

Und Paulus sagt:

Seinetwegen habe ich allem, was mir früher ein Gewinn zu sein schien, den Rücken gekehrt; es ist in meinen Augen nichts anderes als Müll. Denn der Gewinn, nach dem ich strebe, ist Christus; es ist mein tiefster Wunsch, mit ihm verbunden zu sein. (Philipper 3, 8-9; NGÜ)

In Anbetracht dessen, dass viele Menschen damals bereit waren (und heute bereit sind), für Gott zu sterben, ist unser Lebenswandel hier, wo wir nicht mal bereit sind, einen Teil unseres Wohlstandes aufzugeben, ein Affront. Ein Schlag ins Gesicht derer, die alles aufgeben für Gott. Wenn wir nur für unser eigenes Vergnügen leben und unsere selbstsüchtigen Wünsche erfüllen wollen - stellen wir dann diese Vorbilder des Glaubens nicht als dumm hin? Sagen wir damit nicht, dass das gar nicht nötig wäre? Dass sie den Glauben ein bisschen zu ernst genommen haben?

Stellen wir damit nicht auch den Tod von Jesus infrage, wenn wir, nachdem wir Christen geworden sind, so weiterleben wie bisher? Machen wir dann nicht Jesus lächerlich, der sein ganzes Leben nicht für sich selbst lebte? Der kein eigennütziges Ziel hatte, keinen Besitz und kein Ansehen suchte? Und der schlussendlich für uns getötet wurde? Wenn Jesus für uns gestorben ist, wie können wir dann noch für uns selbst leben? Wie können wir ihm nicht ALLES geben und ihm unser ganzes Leben zur Verfügung stellen?

Wir sind nämlich überzeugt: Wenn einer für alle gestorben ist, dann sind alle gestorben. Und er ist deshalb für alle gestorben, damit die, die leben, nicht länger für sich selbst leben, sondern für den, der für sie gestorben und zu neuem Leben erweckt worden ist. (2. Korinther 5,14-15; NGÜ)

Wir können nicht ungeschehen machen, dass Jesus für uns das Opfer erbracht hat. Wir können es nicht runtertun und sagen: “Aber Jesus, das wäre doch nicht nötig gewesen! Das ist doch ein bisschen zu extrem! Eigentlich wäre ich ja ganz zufrieden damit, wenn ich einfach ein Leben wie jeder andere führen und geniessen könnte, was diese Welt zu bieten hat. Warum musstest du so etwas tun?”

Wenn wir so denken, haben wir überhaupt nichts verstanden. Dann haben wir nicht verstanden, dass wir ohne Jesu Tod am Kreuz ganz tot und verloren waren! Dann haben wir nicht verstanden, wie kostbar Jesus ist. Dann haben wir den Schatz noch nicht gefunden. Denn wenn wir den Schatz finden, geben wir dafür alles andere auf.

Oh, wie schuldig macht sich das Volk Gottes, das denkt, es sei reich und habe alles, weil es vollgefressen ist von der Welt, dabei ist es arm, blind und nackt!

Oh, dass du uns Umkehr gibst und aus uns willige, freudige Nachfolger machst, die bereit sind, ihr Leben für die Völker hinzugeben!

Was nützt es dem Menschen, wenn er sein Leben für sich behält? Er wird es verlieren! Du törichter Mensch! Weisst du nicht, dass dein Leben, deine Freude, dein Frieden Jesus ist? ER ist unser Schatz! Hast du das denn ganz vergessen? Oder hast du es nie erkannt?

Ach, wie wünsche ich mir, nur noch für Jesus zu leben und meine ganze Freude in IHM zu suchen! Und deshalb sage ich mit Paulus:

Es ist also nicht etwa so, dass ich das alles schon erreicht hätte und schon am Ziel wäre. Aber ich setze alles daran, ans Ziel zu kommen und von diesen Dingen Besitz zu ergreifen, nachdem Christus von mir Besitz ergriffen hat. Geschwister, ich bilde mir nicht ein, das Ziel schon erreicht zu haben. Eins aber tue ich: Ich lasse das, was hinter mir liegt, bewusst zurück, konzentriere mich völlig auf das, was vor mir liegt, und laufe mit ganzer Kraft dem Ziel entgegen, um den Siegespreis zu bekommen - den Preis, der in der Teilhabe an der himmlischen Welt besteht, zu der uns Gott durch Jesus Christus berufen hat. (Philipper 3, 12-14; NGÜ)

Meinem Mann ist aufgefallen, dass ich in meinen Beiträgen v.a. auf den Minimalismus-Teil von Zero Waste eingegangen bin, also auf die ersten zwei “R”: Refuse - Unnötiges Ablehnen - und Reduce - Besitz und Konsum reduzieren. Deshalb möchte ich hier einen kleinen Nachtrag machen und erklären, wie wir Abfall vermeiden. Auch das ist nämlich in den letzten fünf Jahren eine Gewohnheit geworden und bringt - ausser für die Umwelt - auch für uns einige unschlagbare Vorteile, die wir nicht mehr missen wollen.

Der grösste Vorteil ist natürlich ganz einfach die Reduktion unseres Abfall-Berges. Wir haben unseren Abfall zwar nicht - wie einige prominente Vertreter der Zero-Waste-Bewegung - auf einen Liter pro Jahr reduziert. Aber immerhin ist unser jährlicher Abfall innerhalb von drei Jahren um 90 Prozent gesunken. Bevor wir mit Zero Waste angefangen hatten, füllten wir einen 35-Liter-Sack pro Woche für unseren 4-Personen-Haushalt. Also etwa durchschnittlich viel. Das macht 52 Abfallsäcke pro Jahr. In den letzten zwei Jahren füllten wir fünf 35-Liter-Säcke pro Jahr, vier davon mit laufendem Abfall und einen mit Dingen, die wir ausgemistet hatten und die wir nicht mehr verkaufen/verschenken konnten. Nein, wir haben nicht plötzlich auf 110-Liter-Säcke gewechselt und nein, wir entsorgen unseren Abfall nicht illegal im Wald. Es ist also ein riesiger Unterschied zu vorher. Es ist nicht etwa so, dass wir uns all die Mühe machen, Verpackungen zu vermeiden und man den Unterschied fast nicht merkt. Es fühlt sich total anders an und einmal soweit gekommen, würden wir nie mehr zurück wollen. Der grosse Vorteil dabei ist, dass wir

  1. nur noch etwa alle 12 Wochen einen Sack rausbringen müssen. Die meiste Zeit sieht daher unser Abfalleimer schön leer aus und
  2. keinen stinkenden Abfall mehr in der Küche haben, da wir alle “nassen” Abfälle kompostieren

Übrigens ist auch unser Recycling-Berg viel kleiner geworden.

Wie haben wir das fertig gebracht? Im Folgenden werde ich nochmals auf die “5 R” eingehen und v.a. zu den letzten drei einiges sagen:

1. Refuse - Unnötiges ablehnen

Das finde ich persönlich den mühsamsten Teil, da man (manchmal auch zu Freunden oder Familienmitgliedern - oder den Kindern) nein sagen muss. Wir haben ein ziemlich wachsames Auge darauf, dass keine unnötigen und ungewollten Dinge in unser Haus kommen. Dazu gehört z.B. Werbung und auch sonstige unerwünschte Post im Briefkasten (Kataloge oder Newsletter), Werbegeschenke wie Kugelschreiber, Müsterli von Apotheken und Drogerien, alte Spielzeuge, die uns jemand schenken will (falls es nicht gerade DAS ist, was wir seit Monaten suchen), Kassenzettel, Sammelpunkte von Läden (und die “Geschenke”, die es dafür gibt), Plastik- oder Papiersäcke beim Take-Away, Plastiksäcke beim Warenhaus an der Kasse - die Liste ist endlos. Es hilft nur ein fester Entschluss, “Nein, danke!” zu sagen, auch bei der ungläubigen Nachfrage fest zu bleiben, vorauszuschauen (damit man genug schnell ist) und sich vorzustellen, dass man all das Zeug wieder aufräumen und schlussendlich entsorgen muss (und es dann meinen schön leeren Abfalleimer füllt!).

2. Reduce - Reduzieren

Darüber habe ich ja lang und breit im 2. und 3. Artikel geschrieben, daher gibt es da nicht mehr viel zu sagen. Ausser: Das Reduzieren darf im Abfall-Vermeiden nicht unterschätzt werden! Wenn ich mit weniger Dingen auskomme, muss ich damit automatisch auch weniger verschiedene Dinge einkaufen. Wenn ich nach dem Motto “Ich kauf nix mehr!” lebe, kommt

  1. weniger Verpackung in mein Haus (Plastiksäcke, Kartonschachteln, Füllmaterial, Styroporschalen etc) und
  2. gibt es weniger Dinge, die kaputtgehen und entsorgt werden müssen (z.B. Kleider: Wenn ich mir die ganze Zeit neue Pullis kaufe und schliesslich 70 Pullis im Kleiderschrank habe, was übrigens tatsächlich vorkommt, fülle ich später ganze Kleidersäcke nur mit Pullis).

3. Reuse - Wiederverwenden

Untersuchung unseres Rest-Abfalls

Hier kommen wir zum Kern dieses Artikels - das Vermeiden von Verpackung. Allem Reduzieren zum Trotz ist es natürlich nicht vermeidbar, dass wir täglich Dinge kaufen müssen - v.a. Lebensmittel und Hygieneartikel. Die eine Seite des Wiederverwendens ist, Einwegprodukte durch Mehrwegprodukte zu ersetzen (Stofftaschentücher anstatt Papiertaschentücher, Lappen anstatt Haushaltpapier, Stoffsäcke anstatt Plastiksäckli etc.) Die andere Seite ist, Dinge wie Nahrungsmittel und Hygieneprodukte möglichst ohne Verpackung zu kaufen (die Seife vom 3. Artikel ist da ein gutes Beispiel). Mein Mann und ich hatten grossen Spass daran, unseren (schon nicht mehr so vollen) Abfallsack auszuleeren und alles auf dem Küchentisch auszubreiten, um zu schauen, wo unser Abfall herkam (braucht zwar ein bisschen Überwindung, aber da wir schon alles verrottbare kompostierten, war es nicht ganz so eklig).

Ich fragte mich bei allem, was wir so kauften (nachdem ich schon gefragt hatte, ob wir es wirklich brauchen, d.h. schon am “Reduce” vorbei war), “Kann ich das auch ohne Verpackung kaufen?” Wenn die Antwort “Ja” ist, ist es einfach (z.B. Gemüse und Früchte, Brot).

So kaufen wir z.B. anstatt Kaffeekapseln offenen Kaffee und kochen ihn auf einem italienischen Kaffeetopf. Damit sparen wir übrigens trotz teurem Bio-Kaffee unheimlich viel Geld, denn die billigsten Kaffeekapseln sind immer noch 2-3mal so teuer pro 100g wie offener Bio-Kaffee. Gemüse habe ich im Sommer von meinem Gemüsegarten, im Winter kaufe ich es auf dem Markt, in Stoffsäcken. Bei Früchten entscheide ich mich immer für die offenen. Brot mache ich zum grössten Teil selber (auch hier kann man enorm Geld einsparen, wenn man wie ich zu Hause ist und Zeit dafür hat - ein gekauftes Brot vom Bäcker ist zwei- bis dreimal so teuer wie ein selbst gemachtes), aber auch das ist relativ einfach ohne Verpackung zu bekommen. Man muss einfach daran denken, der Verkäuferin den Stoffsack hinzuhalten - oder das Brot einfach so unter den Arm klemmen.

Getreide und Hülsenfrüchte vom Unverpackt-Laden

Seit es in meiner Region einen Unverpackt-Laden gibt (seit Sommer 2017) ist es natürlich um einiges einfacher geworden, Verpackung zu vermeiden. Ich fahre ein Mal pro Woche dahin und kaufe all das, was man sonst nur schwer offen bekommt: Teigwaren, Reis, Hülsenfrüchte, Getreide, Salz, Zucker, Nüsse, Dörrfrüchte, Gewürze, Tees, Kaffee, Öl, Essig, Haferflocken, Kakao, Backpulver, Maisstärke, Seife, Zahnbürsten und Natron (zum putzen). Übrigens gibt es da auch Gummibärli und Schokolade zu kaufen.

Andere Dinge kaufe ich in Pfandgläsern, dazu gehören Honig, Weiss- und Rotwein, Bier, Joghurt (das mache ich auch manchmal selber) und Quark.

Selber gemachtes Waschmittel und Flüssigseife

Waschmittel, Abwaschmittel und Flüssigseife liess ich lange in einem Bio- bzw Claroladen auffüllen, im Moment mache ich Waschmittel (aus Waschsoda vom Unverpackt-Laden und Seife) und Flüssigseife selber, zum Abwaschen brauchen wir ein Stück Seife.

Eier kann ich bei uns im Dorf offen kaufen, dafür nehme ich immer denselben Eierkarton mit, er hält mindestens ein Jahr.

Fleisch, Fisch und Käse kaufe ich bei unserem Metzger und bringe dabei meine eigenen Glasbehälter mit. Käse/Fleisch in Glasbehältern, Milch im Kessel
Damit habe ich vor vier Jahren angefangen und es kostete mich einige Überwindung. Ich war ziemlich froh, als mir der Verkäufer sagte, das sei gar kein Problem, es kämen noch andere mit ihren Behältern einkaufen!

Milch kaufen wir direkt beim Bauernhof (wo es übrigens auch Eier und Honig gibt) und bringen einen Kessel oder Glasflaschen mit. Rahm nehme ich von der Milch ab und friere ihn in Gläsern ein, wenn ich ihn nicht gerade brauche. Das reicht meistens für den normalen Gebrauch. Kommt Besuch und brauche ich Schlagrahm, kaufe ich auch mal Rahm im Plastikbehälter, den ich dann im Coop ins Plastik-Recycling werfe.

Knusper-Müesli

Ist es nicht möglich, etwas ohne Verpackung zu kaufen, gibt es drei Möglichkeiten:

  1. Ich mache es selber
  2. Ich kaufe es nicht mehr oder suche eine Alternative, die keine Verpackung hat
  3. Ich kaufe es trotzdem und nehme den Abfall in kauf.

Alle drei Möglichkeiten kommen bei uns zum Zug. Einige Dinge mache ich selber. Das sind im Moment Schoko-Knuspermüesli (sehr kleiner Aufwand), Tofu (dauert ca 1h, daher mache ich es nur im Winter ca alle zwei Wochen, ist aber etwa ⅔ günstiger als gekaufter Tofu) und, wie schon erwähnt, Waschmittel, Flüssigseife, Brot/Brötchen und manchmal Joghurt. Ausserdem Konfitüre und Pelati, wenn ich viele Tomaten im Garten habe. Auch Tee vom Garten dörre ich selber.

Tofu

Anderes habe ich eine Zeit lang gemacht oder ausprobiert, dazu gehören Zwieback (war vor einiger Zeit bei uns beliebt als Znüni/Zvieri, jetzt nicht mehr), Butter (viel zu teuer und aufwändig, ausserdem nicht so gut), Frischkäse, Mozzarella, Ketchup (ein totaler Reinfall), Pasta (als es noch keinen Unverpackt-Laden gab), Tomatenpüree, Senf (mache ich immer noch selber, muss aber dafür Senfsamen verpackt kaufen..)

Einiges kaufe ich schlicht nicht mehr (ich wünschte, Ketchup würde dazugehören!). Das ist z.B. Darvida, Snickers u.ä., Gerber-Chäsli, abgepackte Gebäcke, Kaugummi (höchstens zum Autofahren für die Kinder), Süssgetränke in Pet-Flaschen, Fertig-Pizza, Tortelloni und Ravioli im Kühlregal, Tiefgefrorenes wie Fischfilets, Pizza, Fischstäbli, Crevetten, Beeren, Gemüse etc und alles, was in vorgeformten Plastik-Behältern daherkommt.

Dann gibt es eben diese Dinge, die unsere fünf Säcke pro Jahr ausmachen, auf die ich aber nicht verzichten will, da das Ganze ja auf längere Zeit machbar bleiben soll und Abfall sparen auch nicht unser Lebensziel ist:

Ich kaufe regelmässig Butter, Sauerrahm und Ketchup. Manchmal kaufe ich Mozzarella oder asiatische Nudeln, selten Chips (zum Grillieren oder im Wald Würstchen braten), Glacé (mit Besuch, wenn ich nicht backen mag). Die Kinder bringen natürlich auch hie und da etwas vom Volg mit, wobei Dinge wie “Deo-Roller” mit süssem Pulver oder Plastik-Eimer mit Zuckerwatte drin ein absolutes No-Go sind!

So, das war der grösste Teil - zum Reuse gehört natürlich auch, alles, was geht, gebraucht zu kaufen. Das kommt auch meistens mit weniger oder keiner Verpackung.

4. Recycle - Recyceln

Wenn wir in den Ferien sind und nicht unverpackt einkaufen können, entscheiden wir uns für Dinge in Gläsern oder Büchsen, die man gut recyceln kann. Auch Teigwaren im Karton oder Mehl und Zucker in der Papiertüte gehen auswärts gut. Auch zu Hause kaufe ich einiges in Gläsern, z.B. im Winter Pelati und manchmal eine Fertig-Sauce. Oder Thunfisch in der Büchse und selten Ananas und Pfirsiche für ein Riz Casimir. Und zwei- bis dreimal im Jahr Bio-Ravioli aus der Büchse, wenn meine Tochter und ich am Mittag mal allein sind zum Essen!

Mehl kaufe ich übrigens - da ich das Brot selber mache und ziemliche Mengen davon kaufe - direkt in einer Mühle in 2,5- oder 5-kg-Papieräcken.

Kochbuch aus Altpapier

Papier-Recycling entsteht bei uns v.a. von den Handouts, die unsere Kinder aus der Schule mitbringen und von den vielen Zeichnungen, die sie machen. Einseitig beschriebenes Papier zerreisse ich und mache davon Notizzettel (meine To-Do-Listen). So musste ich seit Jahren keinen Notizblock mehr kaufen. Aus gefalteten einseitig beschriebenen Blättern (beschriebene Seite nach innen) machte ich z.B. ein Kochbuch mit meinen persönlichen Rezepten und band es mit Schnur (von den Mehlsäcken) zusammen.

Seit wir so wenig Abfall haben, sind wir beim Recyceln ziemlich pingelig geworden. Wir trennen jedes kleinste Metallteilchen ab und werfen jedes Papierchen ins Altpapier..

5. Rot - Kompostieren

Wie ich gelesen habe, macht Kompost (zumindest vom Gewicht her) einen Drittel vom Hausmüll aus, deshalb ist das Kompostieren etwas vom Ersten und Wirksamsten, was man tun kann, um Abfall zu sparen. In einigen Städten gibt es ja eine grüne Mülltonne, wo auch Essensreste etc hinein dürfen. Das ist bei uns auf dem Land leider noch nicht so. Wir haben das Glück, einen Garten zu besitzen und können so auch einen Kompost betreiben, der uns dann wieder Erde gibt. Es lohnt sich auf jeden Fall, vielleicht zusammen mit Nachbarn, einen Kompost anzufangen, denn ohne die kompostierbaren Abfälle aus dem Müll zu nehmen, ist es nicht gut möglich, über Wochen hinweg den gleichen Abfallsack zu benutzen. Das würde bald unerträglich zu stinken anfangen..

So, das ist das Ende des längsten Artikels meiner Reihe - ich hoffe, es hat sich niemand gelangweilt.. Aber deshalb steht im Titel ja auch: “Für Interessierte”.

[Eure Gabe] ist wie ein Opfer, dessen Duft vom Altar zu Gott aufsteigt, ein Opfer, das Gott willkommen ist und an dem er Freude hat. (Philipper 4,18b; NGÜ)

Als wir anfingen, unseren Besitz zu verkaufen, lenkte Gott gleichzeitig unsere Aufmerksamkeit und unsere Herzen immer mehr auf die Verlorenen. Der Gedanke, selbst einmal in die Mission zu gehen, nahm (v.a. in mir) langsam aber sicher Gestalt an. Wir lasen Bücher über Hudson Taylor und C.T. Studd, die uns unglaublich inspirierten. Ihr Entschluss, alles, was sie im Leben hätten erreichen können, aufzugeben, um Gott zu dienen und das Evangelium den Verlorenen zu bringen, erfüllte uns mit dem tiefen Wunsch, ebenso hingegeben zu leben. In Hudson Taylors Biografie heisst es über ihn:

Er lebte nur für das eine Ziel: die Ausbreitung des Königreiches Christi. Dafür gab er sein ganzes Einkommen, seine bemerkenswerte Verstandes- und Körperkraft und seine gesamte Zeit her. (aus: Hudson Taylor. Ein Mann, der Gott vertraute)

Wir lasen auch Bücher von Brother Andrew, einem holländischen Missionar, der sein Leben dafür einsetzt, unterdrückten und verfolgten Christen zu helfen. Schliesslich setzten wir uns mit WEC (einer von C.T. Studd gegründeten Missions-Organisation) und Open Doors (der von Brother Andrew gegründeten Hilfs-Organisation) in Verbindung. Wir lernten viele sehr liebe und inspirierende Menschen kennen, die uns wiederum der Mission näher brachten. Schliesslich wurde aber klar, dass die Mission für unsere Familie im Moment nicht in Frage kommt (wir rechnen jedoch immer noch damit, dass Gott uns “zur elften Stunde” einmal in diesen Dienst rufen könnte).

Durch das Minimieren und genügsam Leben hatten wir plötzlich immer mehr Geld übrig. Viele Dinge hatten wir auf dem Flohmarkt oder über Ricardo verkauft und dadurch Einiges verdient. Viel Geld hatten wir auch eingespart, weil wir weniger konsumierten. Nun konnten wir neben dem Zehnten noch viel mehr geben.

Es wurde uns klar, dass wir uns nicht erst dann an der Mission beteiligen können, wenn wir in ein fernes Land reisen, sondern auch jetzt schon, indem wir den Missionaren Geld geben. Und dass dieser Teil der Arbeit genauso wichtig ist. Ja, wir merkten, dass diese Art der “Arbeit” für unsere Familiensituation wie zugeschnitten war, da wir nicht viel Kapazität und Kraft hatten, um einen praktischen Dienst zu tun. Aber Gott hat uns (erstens als Schweizer, zweitens als gut Verdienende und drittens als Minimalisten) viel Geld gegeben, das wir zu Seiner Ehre für die Verlorenen, Armen und Verfolgten einsetzen können. Als wir das erkannt hatten, wurden wir von grosser Freude erfüllt. Es wich auch das nagende Gefühl, nicht fähig zu sein, an Gottes Arbeit teilzuhaben. Unsere Arbeit besteht im Moment einfach im Geben! Der oben zitierte Vers aus Philipper war eine weitere Bestätigung, dass Gott unseren Dienst annimmt und Freude daran hat.

Mittlerweile fühlen wir uns komisch, wenn wir auf unserem Konto Geld entdecken, das da einfach so unbenutzt herumliegt. Wir haben erkannt, dass das Geld auf unserem Konto keineswegs “unser” Geld ist, sondern dass es Gott gehört. Wir sind lediglich Verwalter davon. Und wir glauben nicht, dass wir gute Verwalter sind, wenn wir das Meiste für uns brauchen und nur das weggeben, was noch übrig bleibt, nachdem wir uns alle Wünsche erfüllt haben (die sind nämlich nach eigener Erfahrung endlos und am Schluss bleibt kaum etwas übrig). Wir glauben auch nicht, dass Gott uns Schweizern das viele Geld gibt, damit wir uns damit schnelle Autos, grosse Häuser und dicke Ferien leisten. Das Geld hat er uns anvertraut, damit wir es für sein Reich einsetzen können. Und dass ein Ausgleich stattfindet (2. Kor 8,13), nämlich dass wir was bei uns zu viel ist denen geben, die zu wenig zum Leben haben.

Wir fragen also Gott, wo wir das Geld hingeben sollen und spenden es (was nicht heisst, dass wir von der Hand in den Mund leben und kein Erspartes mehr haben). Und da wir einige Organisationen und die Menschen dahinter kennengelernt haben, fühlt sich das Spenden nicht mehr an wie Geld ins Leere werfen. Immer wieder hören wir von den Leuten, die in der Mission tätig sind. Wir lesen Briefe von ihnen, machen Skype-Chats und manchmal kommen sie sogar zu uns auf Besuch. Wir beten für sie und die Menschen, unter denen sie tätig sind.

Eine grosse Ermutigung erleben wir, wenn wir hören, dass das Geld, das wir gespendet haben, genau im richtigen Moment angekommen ist. Z.B. genau einen Tag, bevor ein Bauprojekt wegen Geldmangel eingestellt worden wäre. Und das Geld kam bar in den Händen einer Besucherin aus der Schweiz!

Ganz besonders berührte uns kürzlich eine kleine Meldung in einem Gebetskalender von einem Land, wo wir den Erlös unseres Autos hingegeben hatten: Ein Auszug eines Briefes von einem Christen:

Wir sind erstaunt über die Liebe unseres Vaters, der Menschen von weit weg gebraucht, um uns mit dem Nötigsten zu versorgen. Herr, wir beten, dass du uns gebrauchst. Wir wollen das Evangelium bis ans Ende der Welt bringen.

Ist das nicht unglaublich? Wir können armen Christen helfen und sie sind dadurch im Glauben gestärkt und wollen ihrerseits das Evangelium weitergeben! Das ist eine grosse Freude!

Ja, wir ermutigen Christen mit unserer Gabe, indem sie merken, dass andere Christen an sie denken und ihnen helfen. Sie erfahren Gottes Hilfe durch uns. Ihre Gebete werden durch unsere Gabe erhört. Im Gegenzug ermutigen sie uns, indem sie uns dafür danken und wir merken, dass wir von Gott gebraucht werden.

Paulus sagt in dem Abschnitt über das Geben im Philipper 4 auch etwas vom Gewinn derer, die Geld geben. Nachdem er sich für die Gabe bedankt hat, schreibt er:

Denkt jetzt nicht, ich wäre darauf aus, noch mehr zu bekommen. Es geht mir vielmehr darum, dass der Gewinn, den ihr selbst von eurem Geben habt, immer weiter anwächst. (Phil 4,17; NGÜ)

Was ist dieser Gewinn? Es gibt mehrere Stellen, wo von Reichtum oder einem Schatz im Himmel die Rede ist. Eine davon ist die Geschichte vom “reichen Jüngling”:

Jesus antwortete: “Wenn du vollkommen sein willst, geh, verkaufe alles, was du hast, und gib den Erlös den Armen, und du wirst einen Schatz im Himmel haben. (Matthäus 19,21; NGÜ)

Und für die, die sich herausreden wollen, dass das Besitz verkaufen nur dem reichen Jüngling gegolten hat hier eine Stelle aus Lukas 12, die sich an alle wendet:

Verkauft euren Besitz und gebt das Geld den Armen! Schafft euch Geldbeutel an, die nicht löchrig werden und legt euch einen unerschöpflichen Reichtum im Himmel an, wo kein Dieb ihn findet und keine Motten ihn fressen. Denn wo euer Reichtum ist, da wird auch euer Herz sein. (Lukas 12, 33-34; NGÜ)

Wir haben schon manchmal darüber gewitzelt, was wir den Nachbarn sagen sollen, wenn sie uns fragen, warum bei uns schon wieder so viel “Gratis zum mitnehmen” ist (jemand hat mal gefragt, ob wir überhaupt noch ein Bett haben, oder ob wir jetzt auf dem Boden schlafen). Wir könnten ihnen einfach sagen: “Wir machen: Verkauft euren Besitz und gebt das Geld den Armen!”

Eine weitere Stelle steht im Matthäus 6, in der Bergpredigt:

Sammelt euch keine Reichtümer hier auf der Erde, wo Motten und Rost sie zerfressen und wo Diebe einbrechen und sie stehlen. Sammelt euch stattdessen Reichtümer im Himmel, wo weder Motten noch Rost sie zerfressen und wo auch keine Diebe einbrechen und sie stehlen. Denn wo dein Reichtum ist, da wird auch dein Herz sein. (Matthäus 6, 19-21; NGÜ)

Diese Stelle ist eine meiner Lieblingsstellen. Es heisst ganz klar: Sammelt euch KEINE Reichtümer auf der Erde. Nicht: Nicht zu viele. Oder: Nicht mehr als der Nachbar. Sondern ganz einfach: Keine.

Wenn wir uns einerseits keine Reichtümer auf der Erde anhäufen und andererseits unser Geld den Armen geben, werden wir uns dadurch Schätze im Himmel sammeln. Und “wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein.” Mein Herz wird also dadurch bei Jesus sein. Ich werde Ihn lieben anstatt meinen Besitz. Da mein Trachten und mein Sehnen nicht mehr nach Besitz und nach meinen eigensüchtigen Wünschen auf der Erde ist, ist in meinem Herz Platz für Jesus Christus, meinen herrlichen Erlöser. Und für die Verlorenen, die ihn noch nicht kennen.

Das ist ein grosser Gewinn!

Minimalismus ist der Versuch, mit möglichst wenig Dingen auszukommen.

Das ist natürlich eine Idee, die nur in einer Überfluss-Gesellschaft wie der unseren zustande kommen kann. Oder wie soll ich jemandem in einem Slum erklären, was Minimalismus ist, wenn er nur eine einzige Hose besitzt, die zudem noch zerrissen und verlöchert ist? (Oder einem Kind in demselben Slum beibringen, was Aufräumen heisst, wenn es in der ganzen Nachbarschaft nur einen einzigen Fussball gibt - und dieser darüber hinaus das einzige Spielzeug ist?)

Ein grosser Teil der Welt befindet sich nicht in der Luxus-Situation, darüber nachdenken zu können, ob er weniger haben möchte.

Aber da wir nun einmal in diesem Wohlstand und Überfluss leben, liegt es auch in unserer Verantwortung, uns damit auseinanderzusetzen.

Dasselbe gilt für die Abfallvermeidung. In armen Ländern liegt zwar mehr Abfall herum, aber das ist nur so, weil er nicht so fachgerecht und schnell entsorgt wird wie bei uns. (Man stelle sich einmal vor, unser wöchentlicher Abfall würde anstatt in saubere Säcke verpackt und abtransportiert einfach auf die Strasse geleert! Da wäre bald kein Durchkommen mehr..). In Wahrheit produzieren wir in den reichen Ländern ein Vielfaches an Abfall von dem der armen Länder. Der Grund ist ganz einfach, dass wir es uns leisten können, mehr zu kaufen und häufiger Neues zu kaufen - auch wenn wir es gar nicht brauchen (z.B. jede Saison neue Kleider, obwohl die alten noch nicht kaputt sind. Oder neue Möbel, weil uns die alten nicht mehr gefallen). Die Menge an Abfall, die ein Mensch produziert, nimmt proportional zu seinem Einkommen zu - das ist eine bewiesene Tatsache.

Es liegt also in unserer Verantwortung, was wir mit all dem Überfluss an Geld, Gütern und Abfall machen.

Nachhaltigkeit und Umweltschutz werden in der christlichen Welt manchmal ein bisschen wie Stiefkinder behandelt. Uns Christen geht es ja schliesslich primär darum, dass Menschen gerettet werden, nicht, dass unser Planet gerettet wird. Stimmt. Das denke ich auch. Und ich bin auch wahnsinnig froh darüber, dass es nicht unsere Aufgabe ist, die Welt zu retten. Gott wird einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen. Wie herrlich! Ja, ich bin wirklich froh, dass diese Last, die Welt vor dem Untergang zu retten, nicht auf unseren Schultern liegt. Ich kenne nämlich Menschen, die sich für Umweltschutz einsetzen und Gott nicht kennen. Und ich spüre, wie die Verantwortung sie niederdrückt. Und sie z.T. auch bitter und wütend werden.

Wenn Gott also sowieso eine neue Erde schaffen wird, könnten wir dann nicht - angelehnt an Römer 6,1 - sagen: “Dann können wir doch mit der Umwelt unachtsam umgehen und die Natur ausnutzen. Gott wird sowieso eine neue Erde machen!” Das sei ferne! Wie können wir als Kinder Gottes jemals mit Gottes Schöpfung nicht achtsam und respektvoll umgehen? Wie können wir sie nicht schützen, pflegen und erhalten?

Gott hat uns Menschen von allem Anfang an als Verwalter über die Schöpfung eingesetzt. Er hat uns die Verantwortung übertragen, die Erde zu pflegen und zu ihr zu schauen.

In 1. Mose 2,15 heisst es:

Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, damit er ihn bebaue und bewahre.

Wir tragen Verantwortung dafür, wie wir mit Gottes Schöpfung umgehen. Es ist unmöglich, sich vorzustellen, dass wir Gott von ganzem Herzen lieben und gleichzeitig seine Schöpfung zerstören und ausbeuten. Das passt in keiner Weise zusammen!

Selbst wenn man die ganze Argumentation vom Verwalten der Erde weglassen würde: Es geht bei der ganzen Thematik ja keineswegs nur um Klimaerwärmung, abgerodete Urwälder und Massentierhaltung - es geht auch um Menschen! Menschen sind von der Umweltzerstörung auch betroffen, nicht nur Tiere und Pflanzen. Und sie sind auch noch auf eine ganz andere Art betroffen:

Wenn wir uns hier billige Kleider (oder Haushaltartikel oder Spielwaren oder Einrichtungsgegenstände) kaufen, weil wir (auch als Christen!) immer mehr wollen und gleichzeitig immer weniger bezahlen wollen (damit wir uns noch mehr kaufen können!), werden wir damit Teil einer weltweiten Dynamik, die auch als moderne Sklaverei bezeichnet wird. Menschen z.B. in Südostasien arbeiten endlose Stunden jeden Tag für einen Hungerlohn, ohne Krankenversicherung, ohne Ferien und ohne Rechte, um für uns reiche Menschen billige Ware zu produzieren - für uns, die wir sowieso schon alles haben! - damit wir uns immer noch mehr kaufen können (und damit wieder Unmengen von Abfall produzieren, was wiederum ein Problem ist). Damit stellen wir uns als Herren über sie und sie müssen für uns arbeiten, ob sie wollen oder nicht. Denn häufig ist diese Arbeit ihre einzige Wahl, um überhaupt überleben zu können.

Ein übles Beispiel dafür ist Billig-Mode. Unsere Schränke platzen aus allen Nähten, während diejenigen, die sie für uns nähen, kaum genug zum Anziehen haben - weil die Kleider für uns möglichst billig sein müssen, damit wir uns mehr davon leisten können. (Ein guter und sehr bewegender Einblick in diese Thematik gibt der Film “The True Cost” - Der Preis der Mode (2015))

Ein anderes Beispiel sind Dekorations-Artikel, wie wir sie jetzt in der Weihnachtszeit überall sehen (und kaufen) konnten. Wenn man sie umdreht, um zu sehen, wo sie hergestellt wurden, steht meist ein ostasiatisches Land darauf. Ist es recht, dass Menschen im fernen Osten, die kaum genug zum Leben haben, für uns reiche Westler Dekorations-Artikel herstellen, damit wir unsere Häuser jede Saison mit neuen Gegenständen schmücken können? Dass sie wenig verdienen und schlechte Arbeitsbedingungen haben, um für uns Dinge herzustellen, die wir gar nicht brauchen?

Jakobus 5,3b-4 sagt Ähnliches (NGÜ):

Denn ihr habt Reichtümer angehäuft, und das, obwohl wir am Ende der Zeit leben! Schlimmer noch: Den Arbeitern, die eure Felder bestellen, habt ihr den Lohn vorenthalten - ein Unrecht, das zum Himmel schreit! Die Hilferufe derer, die eure Ernte einbrachten, sind dem Herrn, dem allmächtigen Gott, zu Ohren gekommen.

Wir enthalten unseren Arbeitern den gerechten Lohn vor, während wir selbst ein Leben in Luxus führen und uns immer mehr bereichern. Mein Herz tut weh, während ich das schreibe. Wir sollen doch als Christen nicht die Armen ausbeuten, sondern ihnen helfen!

Das bringt mich zum Herz hinter der Ethik. Ich habe den leisen Verdacht, dass hinter der Abwehr von nachhaltigem Leben mancher Christen eigentlich die selbstsüchtigen Wünsche ihrer menschlichen Natur stehen. Warum wollen wir nicht teureres Fleisch aus tierfreundlicher Haltung kaufen? - Weil wir uns dann weniger Fleisch leisten können. Warum kaufen wir nicht Waren, die in der Schweiz hergestellt wurden (wenn es sie denn gibt)? - Weil wir uns dann nicht mehr jedesmal etwas Neues kaufen können, wenn uns danach verlangt, sondern nur noch, wenn etwas kaputt gegangen und nicht mehr reparierbar ist - also, wenn wir es brauchen (ganz abgesehen davon, dass wir einen Grossteil der Dinge, die wir uns regelmässig kaufen, gar nicht brauchen; dazu mehr im Teil 3). Und wenn jemand Geld sparen muss, gibt es die Möglichkeit, Vieles gebraucht zu kaufen.

Es ist nicht etwa so, dass ich mich, was dieses Thema anbelangt, perfekt verhalten würde. Das ist mir wichtig zu sagen. Es ist nicht so, dass es mir gelingt, keine Dinge mehr zu kaufen, die unter schlechten Bedingungen hergestellt wurden. Im Alltag ist das gar nicht so einfach. Es ist unmöglich, erstens immer darauf zu achten, wo und wie etwas hergestellt wurde, zweitens dann konsequent nur das Nachhaltige zu kaufen (denn manchmal eilt es auch) und drittens, wenn es nichts Nachhaltiges gibt, zu verzichten. Bei Manchem wissen wir auch gar nicht, wie es hergestellt wurde. Auch bei uns kommt es vor, dass z.B. in der Familienbörse nichts ist, was unserem Teenager gefällt, und wir dann halt in einem Warenhaus Kleider kaufen. Auch ich gehe Kompromisse ein, und manchmal ist es mir auch einfach zu mühsam, den Extra-Aufwand zu betreiben. Ich bin weit davon entfernt, perfekt zu sein. Und eine globale Lösung für die ganze Problematik habe ich auch keine. Aber ich möchte, nachdem ich schon davon weiss, mein Bestes versuchen.

Und auch hier gilt wieder (wie immer…): Weniger Konsum. Weniger Konsum produziert weniger Abfall. Weniger Konsum ermöglicht es uns, Dinge zu kaufen, die nachhaltiger und unter besseren Arbeitsbedingungen hergestellt wurden. Weniger Konsum entwöhnt unsere Herzen vom Besitz und macht uns frei, auf dem Himmel zu schauen.

Nun, ein Leben in der Ehrfurcht vor Gott bringt tatsächlich einen grossen Gewinn, vorausgesetzt man kann sich - was den irdischen Besitz betrifft - mit Wenigem zufrieden geben. 1. Timotheus 6,6, NGÜ

Als ich mich daran gewöhnt hatte, bei jedem Gegenstand zu fragen: “Brauche ich das wirklich?”, fing ich irgendwann an, dieselbe Frage auch bei anderen Dingen in meinem Leben zu stellen. Ich glaube, wir haben in unserer Überflussgesellschaft ziemlich aus den Augen verloren, was nötig ist und was nicht. Natürlich bin ich froh um fliessendes warmes und kaltes Wasser, um die Waschmaschine, die Dusche, die Heizung im ganzen Haus, den Elektroherd, den Backofen und den Kühlschrank. Auch, dass wir Ärzte haben, Schulen, Bibliotheken und Coiffeure. Aber es gibt unzählige weitere Angebote und Dinge, an die wir uns einfach gewöhnt haben, ohne uns jemals zu fragen, ob sie wirklich nötig sind. Deshalb lohnt es sich, einfach mal drauflos zu hinterfragen. Der Gewinn daraus ist (einmal mehr): Wir brauchen weniger Geld für uns selber, wir können mehr Geld weggeben, wir haben mehr Zeit, um uns mit göttlichen Dingen zu beschäftigen und weniger Chaos und Stress. Und am Ende ist unser Herz auf den Himmel ausgerichtet, nicht auf diese Welt.

Was haben wir also hinterfragt? Wie im dritten Artikel geht es auch hier um sehr persönliche Entscheidungen, die keinesfalls als Norm dienen sollen.

Von einer ganzen Reihe von Dingen und Aktivitäten, von denen man sich fragen kann, ob und wieviel man braucht (z.B. Haustiere, Sportarten (inkl. Ausrüstung), Sportkurse, Wellness-Angebote, Hobbies, Therapien, Coaching-Angebote und vieles mehr) habe ich hier drei Themen ausgewählt.

Brauchen wir ein Auto - und wenn ja, wie viele?

Den ersten Teil dieser Frage haben wir uns vor genau zwei Jahren gestellt (mein Mann schreibt ausführlicher darüber in seinem Artikel). Hier nur soviel: Wir haben unser Auto verkauft, weil wir es einfach super fanden, weniger zu besitzen. Auch, wenn es manchmal mühsamer ist. Jemand hat in einer Dokumentation zu Besitz (Wie viele Dinge brauchen wir wirklich?, NDR Doku 2019) gesagt, das Auto sei ein “verlängertes Zuhause”. Man kann seine Musik hören, die Heizung anstellen und muss nicht andere Leute im Zug anschauen. Stimmt doch irgendwie, oder? Im Auto ist es einfach gemütlicher (ausser, es wird den Kindern schlecht). Nun ist uns klar, dass nicht jeder auf sein Auto verzichten kann, es gibt viele Situationen, wo es einfach unentbehrlich ist. Aber den zweiten Teil der obigen Frage kann man sich ja auch stellen. Wieso nicht mal einen Testmonat mit nur einem oder gar keinem Auto machen? Und wenn wir den Besitz nicht mehr lieben - was für einen Grund haben wir dann noch, uns ein möglichst grosses, teures, cooles Auto zu kaufen oder den neusten Trend mitzumachen? Sollen wir nicht lieber ein möglichst kleines, unscheinbares Auto kaufen, das uns einfach als Gebrauchs-Gegenstand dient?

Ernährung und Gesundheit

Jahrelang waren dies zwei meiner wichtigsten und liebsten Themen. Dabei ging es mir v.a. um gesunde Ernährung und natürliche Heilmittel. Nicht, dass ich jetzt plötzlich gegen all das wäre. Aber im Zuge des Minimierens, wo ich mich fragte: “Brauche ich dieses Stärkungsmittel?” “Will ich dieses spezielle Nahrungsmittel immer noch kaufen?” geschah es, dass ich das Meiste wegliess (ähnlich wie bei den unzähligen Badezimmer- und Kosmetikprodukten). Und es geht mir nicht schlechter dabei.

Ich bin natürlich nicht dagegen, dass man etwas für seine Gesundheit tut. Aber in unserer Gesellschaft haben sich die Themen Ernährung und Gesundheit so aufgeplustert, dass sie viel zu viel Raum einnehmen. Überall hören und lesen wir, was wir alles für unsere Gesundheit tun können. Dass Gesundheit das höchste Gut ist. Wovon wir wieviel essen sollen und welche Nahrungsmittel wir unbedingt vermeiden müssen. Welche Ernährungsform auf unseren Körper zugeschnitten ist. Und es gibt unheimlich viele Produkte zu kaufen, die uns schlank machen, unseren Körper widerstandsfähig machen, kurz: unser Wohlbefinden verbessern.

All diese Produkte kaufen wir uns regelmässig und geben einen Haufen Geld aus. Wofür? Für UNS. All das Geld geben wir für uns selbst aus. Damit es uns besser geht. (Wäre es nicht besser, wir würden dieses Geld für diejenigen geben, die Jesus nicht kennen? Oder am Verhungern sind?) Ich glaube nicht mehr, dass das nötig ist. Ich glaube eher, dass wir hier viel zu viel Gewicht auf uns selbst legen, aus unser Wohlbefinden. Darauf, unser Leben noch ein bisschen angenehmer zu machen. Oder weil es sich einfach gut anfühlt, sich etwas Gutes zu tun. Wir dienen uns selber, unserem Körper.

Und im Thema Gesundheit stellte ich noch eine andere Dynamik bei mir fest: Da ich mich mehr und mehr für ganzheitliche Therapien interessierte und sie es mir irgendwie angetan hatten, geschah es nach und nach, dass ich auf diese Therapien vertraute. Und damit auch den Menschen und Philosophien dahinter. Das kam so:

Vor einigen Jahren war ich über längere Zeit so verspannt (und gestresst), dass ich Kopfschmerzen, Schwindel und Ohrgeräusche bekam. Nachdem mir die “normale” Physiotherapie nicht geholfen hatte, wurde mir Chiropraktik empfohlen. Da ging ich über ein Jahr hin. Es half auch, allerdings traten wieder neue Probleme auf. Damals ging ich auf die Bitte meiner Schwester hin auch einmal wöchentlich mit ihr zusammen ins Yoga. Das half zwar gegen die Verspannung, aber irgendwie war es mir ein bisschen unwohl dabei, immer diese Buddhas anzuschauen… Ausserdem war die (sehr sympathische und liebe) Yogalehrerin extrem buddhistisch und gab uns nicht nur die Techniken weiter, sondern auch die Philosophie dahinter. Schliesslich traf ich sie für eine persönliche Beratung wegen meiner gesundheitlichen Probleme. Da öffnet man sich natürlich und gibt persönliche Dinge preis. Und man holt sich Rat von dieser Person. Sie empfahl mir Osteopathie. Glücklicherweise gab es das nicht weit von uns. Ich ging daraufhin wiederum über ein Jahr lang zu einer Osteopathin. Nicht, dass es nicht half. Die Verspannungen und Ohrgeräusche, die Kopfschmerzen und der Schwindel gingen weitgehend weg. Aber da ich jede Woche hinging, passierte noch etwas:

  1. Ich glaubte, dass ich ohne Osteopathie nicht mehr auskommen kann. Sobald ich wieder verspannt war, brauchte ich sie ja (und das geschah häufig).
  2. Ich merkte, dass meine Therapeutin so eine Art Coach für mich geworden war. Sie fragte viel, ich erzählte viel. So wurde sie zu einer Anlaufstelle für Lebensfragen. Und auch sie orientierte sich sehr an östlichen Philosophien. Sie riet mir z.B. (nachdem ich mit Yoga aufgehört hatte), mir unbedingt einen Morgen für Yoga zu reservieren.

Irgendwann zu dieser Zeit las ich im 1. Psalm: “Wohl dem, der nicht wandelt im Rat der Gottlosen.” Das traf mich. Ich sagte alle weiteren Termine ab und entschloss mich, lieber auf Gott zu vertrauen, als Rat bei Menschen zu holen, die Gott nicht kennen und daher auch nicht wissen, was für mich das Beste ist. Ich muss zugeben, am Anfang war es hart. Mein Körper spielte verrückt und ich war mehrmals verzweifelt und nahe daran, aufzugeben. Aber schliesslich normalisierte sich alles und ich habe seit zwei Jahren nichts mehr von den Therapien gebraucht. Positiver Nebeneffekt: wenn ich mal wieder sehr verspannt bin, macht mein Mann mir eine Massage. Das genügt.

Was ist mein Kleidungsstil?

Ich habe Jahre damit verbracht, mich zu fragen: Was ist mein Stil? Welche Kleidung passt zu mir? Irgendwie hat sich auch das geändert. Je weniger ich auf mich, meine Wünsche und meinen Besitz achte, und je mehr ich von mir weg auf Jesus schaue, desto grösser wird der Wunsch, dass die Menschen nicht mich sehen, sondern Jesus. Auf Ihn möchte ich stolz sein, nicht auf mich. Deshalb möchte ich mich auch nicht mehr so anziehen, dass ich Aufmerksamkeit auf mich lenke. Ja, ich möchte so unscheinbar wie möglich angezogen sein. Ich habe ja schon im 3. Artikel geschrieben, dass ich die meisten meiner Kleider gebraucht kaufe. Da hat es halt manchmal nicht das Perfekte. Ich habe einige Kleidungsstücke, die mir nur mässig gefallen. Aber irgendwie stört mich das nicht mehr. Natürlich will ich nicht wie ein Landstreicher daherkommen oder extra hässliche Kleider kaufen. Aber mir wäre am liebsten, wenn die Menschen in mir nur noch Jesus sehen würden, nicht mehr mich.

Meine grossen Vorbilder sind einfache Menschen, die von aussen unscheinbar sind, aus deren Gesicht jedoch die Freude von Jesus strahlt und die ihr Leben ganz Gott geweiht haben und keinen Gewinn in der Welt anstreben. Ein solches Ehepaar haben wir vor einem guten Jahr kennengelernt. Als wir sie zum ersten Mal sahen, erschienen sie uns langweilig. Nichts deutete darauf hin, dass ein Gespräch mit ihnen interessant sein könnte. Doch als wir dann mit ihnen sprachen, merkten wir, dass wir uns getäuscht hatten. Sie erzählten uns, wie sie Missionare geworden waren und für ihre Versorgung auf Gott vertrauten. Wie sie Wunder erlebt hatten. Von ihrer Liebe zu den verlorenen Menschen an Orten, wo das Evangelium noch unbekannt war. Wenn wir mit ihnen sprachen, sahen wir nicht Menschen, sondern Jesus. Sie versuchten nicht, die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, auf ihr Aussehen, ihre Redegewandtheit, ihren Erfolg oder ihr Wissen. Sondern auf Jesus. So möchte ich auch sein.

Zum Schluss noch ein Zitat von William Burns (China-Missionar):

Wenn jemand Christus im Herzen hat, den Himmel vor Augen und an zeitlichen Gütern nur das Notwendigste besitzt, dann können ihm Sorgen und Leid nicht leicht etwas anhaben.

Das ist einfaches Leben!

In der ersten Zeit des Ausmistens und Minimierens geschah etwas Eigenartiges - etwas, das mir zeigte, dass mein Herz immer noch am Besitz hing:

Ich verkaufte z.B. ein ganzes Schränklein voll antikem Porzellangeschirr, das ich mir nach und nach in Brockenhäusern zusammengekauft hatte. Das Geschirr war z.T. angeschlagen und es fehlten auch einige Teile. Da ich aber im Hinterkopf hatte, dass wir zwei- bis dreimal im Jahr grössere Familien-Kaffeekränzchen bei uns bewirten, kaufte ich mir dafür ein wunderschönes neues Teegeschirr mit 16 Tellern und 12 Kaffeetassen inklusive Unterteller. D.h., ich gab das weniger Gute, das “nicht Perfekte” weg und kaufte dafür etwas Perfektes, das genau meinen Geschmack traf und auf meine Bedürfnisse zugeschnitten war.

Das ist genau der Punkt, wo ich mit dem Minimalismus nicht mehr übereinstimme. Es besteht die Gefahr, dass die wenigen Dinge, die ich noch besitze, dafür handverlesen und perfekt auf MEINE Bedürfnisse abgestimmt sind und dass dadurch ihre Wichtigkeit für mich noch vergrössert wird.

Es gibt z.B. einige Minimalisten, die sich ein “Tiny House” (ein Mini-Haus in Wohnwagengrösse) bauen lassen. Diese Minihäuser sind meistens bis ins Detail ausgeklügelt und mit sorgfältig ausgewählten Einrichtungsgegenständen bestückt und werden gern vorgeführt. Auch wir haben uns vor zwei Jahren, als unser zweite Stock komplett leergeräumt war und das Haus zu gross schien, ein perfektes kleines Häuschen erträumt, gerade gross genug für unsere wenigen Habseligkeiten. Doch mittlerweile sind wir von dem Gedanken abgekommen. Wenn wir umziehen würden, dann wäre es eher in eine unscheinbare 4-Zimmer-Wohnung.

Deshalb an dieser Stelle eine kleine Gegenüberstellung von der Herangehensweise von Marie Kondō und Bea Johnson.
Marie Kondō ist eine Aufräum-Spezialistin aus Japan, die in den letzten Jahren auf der ganzen Welt als Expertin fürs Ausmisten, Minimieren und Ordnung halten bekannt geworden ist. Wenn ich jemandem gegenüber erwähne, dass wir unser Haus ausgemistet haben, höre ich oft:” Ah, nach der Methode von Marie Kondō? Die kenne ich auch.” Deshalb habe ich mich im Internet ein wenig über ihre Philosophie und Methoden schlau gemacht. Ich kam zum Schluss, dass ihre Einstellung zum Besitz zu einem grossen Teil grundverschieden ist von der unseren und auch von dem, was in Bea Johnsons Buch steht.

Das Einzige, wo ich mit Marie Kondō übereinstimme, ist, dass weniger Gegenstände besser sind. Sie empfiehlt, zwei Drittel des Besitzes auszumisten (das ist natürlich auf unsere westliche Dimension von Besitztümern ausgerichtet). Ich habe bei uns nachgezählt und komme auf etwa 60-70%, die wir von den meisten “Kategorien” weggegeben haben (kleiner Nebeneffekt: das Aufräumen und Ordnung halten wird unglaublich viel einfacher mit wenig Gegenständen! Ja, es gelingt uns erst jetzt, beständig ein ordentliches Haus zu haben).

Die zentrale Frage, die Marie Kondō empfiehlt, sich beim Ausmisten zu stellen, ist: “Does it spark joy?” - Gibt mir der Gegenstand Freude? Wenn ja, behalte ich ihn; wenn nein, kommt er fort - übrigens nicht, ohne sich bei ihm bedankt zu haben, dass er einem gute Dienste geleistet hat.

Zusammengefasst ist die Marie-Kondō-Methode sehr selbst-zentriert (Was will ICH? Was macht MIR Freude?). Man soll sich nur mit Dingen umgeben, die man liebt. Wenn einem etwas nicht mehr gefällt, soll man es sofort weg tun und sich etwas Neues kaufen, das einem gefällt.

Die Liebe zum Besitz wird also sogar noch gefördert. Die Frage nach Umwelt und Konsum wird nicht gestellt. Weiter zu denken als das eigene ICH findet nicht statt.

Ausserdem dringt überall die Philosophie oder der Glaube durch, dass Gegenstände irgendwie lebendig sind, eine Seele haben. Das mutet ein wenig pantheistisch an. Es wird empfohlen, jeden Gegenstand ans Herz zu halten, um zu spüren, ob er einem Freude gibt. Man soll mit den Gegenständen sprechen. Sich bei ihnen bedanken. Einen Altar für schöne Dinge einrichten.

Die krasseste Aussage fand ich in einer Anleitung, wie Kleider versorgt werden sollen: Aufrollen und nebeneinander stellen (statt stapeln). Warum? Damit die Kleidungsstücke atmen und sich vom Druck erholen können. Ernsthaft??

Man kann das natürlich als östliche Kuriosität abtun und darüber lächeln, aber in mir lösen solche Sätze eine starke Abneigung aus. Es widerspricht zutiefst der Weltanschauung, die ich als Christ habe und der Art, wie ich mit meinem Besitz umgehen will - ja, mein Ziel ist, dass mein Herz vom Besitz entwöhnt wird, nicht, dass es sich noch mehr daran hängt!

Bei Bea Johnson hingegen geht es nicht primär um MICH, sondern um die Umwelt. Um etwas Grösseres, etwas ausserhalb von mir selbst. Ihre Aussage ist: Besitz macht nicht glücklich. Besitz sind einfach Dinge, die man zum leben braucht. Auch Bea Johnson fragt beim Ausmisten: “Gefällt mir das?” Aber sie fragt auch: “Könnte ich auch ohne das leben? Brauche ich das wirklich?” (Und wenn ja, wie viele?)

Diese Frage ist in unserem Leben zentral geworden (ja, auch der Teil: und wenn ja, wie viele?).

Unser Ziel ist es, mit möglichst wenig Besitz auszukommen.

Nicht, um krass zu sein (“Ich besitze nur 100 Gegenstände”, “Ich habe nur 33 Kleidungsstücke”), sondern um GENÜGSAM zu sein, die eigenen Ansprüche so klein wie möglich zu halten. Mich mit dem zufrieden zu geben, was ich habe. Auch, wenn es nicht perfekt ist.

Meine Frage ist also nicht (mehr) “Was will ICH?” sondern: “Wie kann ich möglichst anspruchslos leben?”

Wenn wir also Nahrung und Kleidung haben, soll uns das genügen. (1. Tim 6,8 NGÜ)

Da ich vor fünf Jahren keine Ahnung hatte, wie man mit weniger auskommen kann, als wir es bisher taten, nehme ich an, dass es anderen Menschen genauso geht. Deshalb eine Anzahl sehr konkreter (und persönlicher) Beispiele, was wir bei uns im Haushalt geändert haben.

Alle diese Beispiele verbinden mehrere Vorteile miteinander:

  • Weniger Abfall
  • Weniger Chaos
  • Mehr Ordnung (und gleichzeitig weniger aufräumen!)
  • Weniger verschiedene Dinge einkaufen/ersetzen
  • Weniger Geld für meine eigenen Bedürfnisse ausgeben
  • Mehr Geld für die Bedürftigen und Unerreichten bleibt übrig

Alle Beispiele sind natürlich nur Beispiele und sollen keineswegs in eine Vorgabe ausarten, wie man zu leben hat oder welche Gegenstände man besitzen “darf” und welche nicht!

Körper- und Haarseife

Fangen wir im Bad an. Mein Lieblingsbeispiel ist die Seife. Die Meisten von uns besitzen ja eine Unmenge von verschiedenen Badezimmer-Artikeln: Shampoos für jeden Haartyp, für Kinder, für Erwachsene; ebenso Duschgels für Männer, Frauen und Kinder; Peelings, Haarpackungen, Pflegespülungen, 2in1-Produkte, Badeperlen, Badeöle, Schaumbäder, Badesalz, Müsterchen.
Auch wir hatten das Meiste davon. Bis wir die Seife entdeckten. Es ging uns ja vorerst mal ums Abfall sparen, und da bot sich das feste Stück Seife an, da es nicht flüssig ist und darum auch keine Verpackung nötig hat. Wir wechselten also auf eine unparfümierte Olivenöl-Seife für den Körper. Die gleiche für die ganze Familie. Für die Haare haben wir eine Haar-Seife, ebenfalls für die ganze Familie. Theoretisch könnte man die Olivenölseife auch für die Haare benutzen, aber das Ergebnis war mit der Haarseife besser. (Wenn wir zelten gehen, nehmen wir nur eine Seife mit - die übrigens auch fürs Wäsche waschen und Geschirr spülen geeignet ist). That’s it - zwei Stück Seife sind alles, was auf unserem Badewannenrand liegt. Alle anderen Produkte haben wir ganz einfach weggelassen.

Dasselbe gilt für die meisten anderen Körperpflege-Produkte. Anstatt eine (sündhaft teure!) Bio-Gesichtscrème von der Kosmetikerin (ich war lange überzeugt, dass mein Gesicht ohne diese Crème nicht überlebensfähig ist), Bodylotion, Handcrème und Fusscrème benutze ich - meistens nichts mehr. Das Einzige, was übrig geblieben ist, ist eine (selbstgemachte) Salbe aus Olivenöl und Bienenwachs, die ich manchmal im Winter benutze (für Gesicht, Hände und Füsse), wenn ich sehr trockene Haut habe.

Man könnte natürlich entgegenhalten: Was macht das schon für einen Unterschied, ob ich nur ein Stück Seife benutze oder meine gewohnten Körperpflegeprodukte? Das hat allenfalls mit Abfallvermeidung zu tun, aber damit hat es sich dann auch. Aber denken wir doch einmal darüber nach, wieviel Geld wir ausgeben, wenn wir all die oben aufgezählten Dinge regelmässig kaufen. Für uns. Um uns das zu gönnen, was uns gefällt. Ist es recht, wenn wir den Grossteil unseres Geldes für unsere eigenen Wünsche gebrauchen?
Und dass wir all diese Produkte benötigen, damit es unserem Körper gut geht, ist überhaupt nicht wahr!

Ebenso verhält es sich mit hundert anderen kleinen Dingen, die wir uns täglich (oder wöchentlich oder monatlich) kaufen, weil wir denken, dass wir ohne sie nicht auskommen können, oder ganz einfach, weil wir sie haben wollen. Es handelt sich dabei zwar nicht um riesige Summen wie für ein Auto oder ein Haus, aber es kommt trotzdem Einiges zusammen. Seit wir unzählige Dinge (nicht nur im Bad, auch in der Küche; auch dazu einige Beispiele) einfach nicht mehr kaufen, haben wir viel mehr Geld übrig! Das (und der Entschluss, alles, was möglich ist, gebraucht zu kaufen) zeigt, dass nachhaltiges Einkaufen nicht nur für Leute mit grossem Einkommen möglich ist.

Und noch etwas anderes spielt hier mit: Wenn wir ohne all diese unzähligen Dinge auskommen können, die wir in unseren reichen Ländern für unentbehrlich halten, sind wir viel mehr vorbereitet, an einen anderen Ort hinzuziehen, falls es nötig sein sollte. Ja, für uns ist es so, dass wir, falls Gott uns einmal in die Mission rufen sollte (was wir nicht ganz ausschliessen), schon zu einem gewissen Grad darauf vorbereitet sind. Natürlich braucht es dazu noch ganz andere Vorbereitung. Aber immerhin haben wir schon hier gelernt, unsere Bedürfnisse klein zu halten, mit wenig auszukommen und unsere Ansprüche niedrig zu halten.

Ein weiteres Beispiel im Bad ist das Make-Up, von dem ich mittlerweile gar keins mehr habe (ich habe mich nie regelmässig geschminkt).
Für Frauen (sorry, Männer!) ist die Menstruationstasse anstelle von Tampons und (selbstgenähte) Stoff-Slipeinlagen eine geniale Alternative zu den teuren Wegwerf-Produkten. Das muss ich alles nie mehr kaufen! Ich spare Abfall und Geld gleichzeitig.

Das bringt mich zu weiteren Alternativen zu Wegwerf-Produkten (die wiederum Nachhaltigkeit billig machen): Stoff-Taschentücher, Abwaschlappen, Putzschwämme, Stoffsäcke für den Offen-Einkauf (übrigens alles aus meinem Fundus aus Stoffen/ -resten genäht und daher kostenlos).

In der Küche ist das Trio Haushalt-Papier/Klarsichtfolie/Alufolie verschwunden und hat waschbaren Tüchern oder verschliessbaren (Glas-)behältern Platz gemacht.

Putzmittel-Zutaten: Essig, Seife und Natron

Anstatt der unzähligen Putzmittel (deren Geruch mir mittlerweile Kopfschmerzen verursacht) dienen mir v.a. drei Dinge zum putzen: Seife (z.T. in flüssiger Form), Natron und Essig. Um sehr fettige Sachen sauber zu bekommen, habe ich eine (nachfüllbare) Flasche Abwaschmittel (die nach einem Jahr immer noch zur Hälfte voll ist). Auch hier: Wir brauchen all die überparfümierten, z.T. gefährlichen Putzmittel gar nicht. Und auch hier geht Abfall sparen Hand in Hand mit Geld sparen. Das ist doch eine Win-Win-Situation! Oder, wenn man die obige Liste anschaut, eine Win-Win-Win-Win-Win-Situation.

Kommen wir zur Küche. Ein Grossteil der Veränderungen bestand hier natürlich im Minimieren: weniger Pfannen, weniger Küchenmesser, weniger Küchengeräte, weniger Kochlöffel, weniger Bratschaufeln (ich glaube, wir hatten sechs Stück), weniger Krimskrams, weniger Back-Utensilien. War vorher die Schublade unter dem Backofen übervoll von Blechen und Backformen und musste ich die Dinge, die nicht mehr Platz hatten, ausquartieren und einen zweiten “Back-Utensilien-Ort” bestimmen, so hat heute alles in dieser Schublade Platz: Ein rundes Blech, eine Glasform, eine Springform, eine Cake-Form, eine Brotform, ein Wallholz. Und die Schublade klemmt nicht mehr.

Die grosse Frage ist hier: Was ist das Minimum an Dingen, mit denen ich auskommen kann, ohne, dass es mühsam wird? Und auch hier könnte man fragen: Was bringt das? Ich liebe meine Küchen-Utensilien und ich brauche alles. Aber das Minimieren bringt gleich mehrere Vorteile: Ordnung halten ist einfach. Dinge rausnehmen ist nicht mühsam. Die Geräte, die ich nicht mehr habe, muss ich nicht mehr putzen, instandhalten und ersetzen, wenn sie kaputt sind. Und ich lerne, mit wenig auszukommen.

Unser Vorratsschrank

Als Nächstes kommen die Lebensmittel an die Reihe. Ja, auch hier kann man extrem viel reduzieren und vereinfachen - und wiederum Geld sparen (und Food Waste vermeiden). Ein Blick in die Lebensmittelgeschäfte zeigt, wie übermässig viele verschiedene Produkte es bei uns zu kaufen gibt. Und was in den Gestellen ist, hat damit auch automatisch eine Berechtigung, gekauft und gebraucht zu werden. Wenn ich heute meinen Blick über die Regale in einem Supermarkt schweifen lasse, merke ich, dass ich das Meiste davon gar nicht brauche.

Ich kaufe häufig Bio-Produkte, Vieles davon in einem Unverpackt-Laden. Beides ist nicht gerade für Preiswertigkeit bekannt. Trotzdem gebe ich nicht mehr Geld aus als andere Leute (allerdings auch nicht weniger). Das Geheimrezept heisst auch hier: Vereinfachen und genügsam sein. Ich kaufe relativ wenige, häufig eher billige Grundnahrungsmittel (z.B. Hülsenfrüchte), keine grosse Mengen Fleisch, praktisch keine Fertigprodukte und mache dafür Einiges selber (aber nur das, was nicht zu aufwändig ist). Ein Beispiel dafür ist Essig und Oel: Früher hatte ich mehrere verschiedene Oele: für Salat, zum Braten, für asiatische Gerichte, Leinöl für die Gesundheit, Baumnussöl für spezielle Rezepte. Dasselbe mit Essig: Apfelessig, weisser Balsamico, dunkler Balsamico etc. Sie füllten eine halbe Küchenschublade. Und ich musste alle regelmässig nachkaufen. Heute habe ich einen Essig, ein Oel zum Braten und eins für Salat. Das reicht mir völlig.

So haben wir es mit allen Nahrungsmitteln gemacht: Wir kaufen weniger verschiedene Teigwaren, Hülsenfrüchte, Reis-Arten, Snacks, Mehle, Zuckerarten, Gewürze, Müesli und Teesorten. So haben wir viel weniger verschiedene Nahrungsmittel zu Hause (und müssen weniger Dinge einkaufen). Das hat auch zur Folge, dass weniger davon vergessen geht und verdirbt.

Unser Kleiderschrank

Als letztes Thema schliesslich: Die Kleider. Viel muss ich dazu nicht mehr sagen, alle Vorteile des Minimierens treffen auch hier zu. Nur soviel: Der (antike und nicht sehr grosse) Kleiderschrank, den mein Mann und ich gemeinsam benützen, ist nicht mehr zu klein und sieht anstatt überfüllt eher leer aus. Wir haben gerade so viel Kleidung, wie wir zwischen zwei Wäschen nötig haben. Dazu besitze ich ein paar Winterschuhe, ein paar Joggingschuhe, ein Paar Wanderschuhe, ein Paar Flipflops und zwei Paar Ballerinas. Ich brauche nicht mehr.

Wenn ein Kleidungsstück kaputt geht, flicke ich es. Ist das nicht mehr möglich, kaufe ich ein Gebrauchtes. In der Börse oder im Brockenhaus. Nur, wenn ich da nichts finde, kaufe ich neue Kleider. Ausser Socken und Unterwäsche (beim Letzteren habe ich eine gewisse Hemmung, sie gebraucht zu kaufen) musste ich in den letzten drei Jahren nur ein Kleidungsstueck neu kaufen.

Zum Schluss:
Der grosse Gewinn, den ich (neben vielen kleineren Gewinnen) von all dem Minimieren und Vereinfachen mitnehme, ist: Ich umgebe mich nicht mehr mit tausend Dingen, an die sich mein Herz hängt, sondern sehe sie als das, was sie sind: Material, das ich zum Leben brauche, an dessen Schönheit ich mich auch erfreue; aber mein Herz hängt an Jesus, an den himmlischen Dingen, und meine Ziele sind nicht Wohlstand und Besitz, sondern das Evangelium zu verkünden und Gott zu ehren.

Ganz abgesehen davon macht es auch riesigen Spass, alles auszumisten! (Sonst hätten wir es nie gemacht.) Und es fühlt sich so viel leichter an, ohne all die unnützen Dinge, um die man sich kümmern, die man kaufen, aufräumen, umhertragen, zügeln, flicken und schliesslich entsorgen muss!

Bevor ich “Zero Waste Home” von Bea Johnson las, konnte ich mir nicht vorstellen, wie wir hier in der Schweiz gross anders leben könnten, als wir es taten. Dass man nicht nur auf ein, zwei Dinge verzichten kann, sondern dass es möglich ist, mit VIEL weniger zu leben, ohne dass man dafür in den Busch ziehen und in einer Lehmhütte leben muss.

Oder wie wir mehr Geld übrig haben könnten, um mehr für die Mission und die Armen zu spenden (allerdings waren uns die Verlorenen und die Armen auch nicht so am Herz; auch das hat sich geändert). Je mehr wir verdienten, desto mehr gaben wir aus und desto mehr Wünsche rückten in unser Blickfeld, die wir uns erfüllen wollten. Wir überlegten uns, ein eigenes Haus zu kaufen. Ich machte regelmässige Shopping-Touren, von denen ich mit neuem Geschirr, Haushaltgeräten, Kissenbezügen und Weihnachtsdekoration zurückkam. Ich kaufte zwar der Umwelt zuliebe Bio-Kleider, doch wenn der Katalog ins Haus kam, bestellte ich alles, was das Herz begehrte (und hatte immer zu wenig Kleidergeld).

Vom Geld blieb nie viel übrig und der Zehnte reute mich, hinderte er uns doch daran, uns noch mehr für uns selbst zu kaufen.

Da ich mich schon lange für Nachhaltigkeit und Umweltschutz interessiert hatte, gab Gott mir ein Buch mit diesem Thema in die Hand und führte mich über Abfallvermeidung und Besitz-Reduzieren dazu, dass ich Geld und Besitz nicht mehr liebe. Man könnte diesen Wandel damit beschreiben, dass Gott in unseren Herzen einen Schalter umgelegt hat, sodass ich jetzt anstatt das Geld für mich zu haben und mehr und mehr anschaffen zu wollen, soviel wie möglich verkaufen will, so wenig wie möglich für mich haben will und ich mehr Freude verspüre, je mehr ich spenden kann! Es ist also nicht etwa so, dass wir uns dazu zwingen, weniger Besitz zu haben und dabei eifersüchtig auf die Nachbarn schauen, die mehr haben als wir. Im Gegenteil! Wir haben uns noch nie so glücklich gefühlt wie jetzt.

Ein riesiger Erdrutsch von Folgen ist ins Rollen gekommen, der nicht nur den Besitz betrifft, sondern alles:

Ich lebe nicht mehr für mich selbst. Mein grosser Wunsch ist, nur noch für Gott zu leben. Ich habe keine Ziele mehr, die ich neben Gott für mich selbst erreichen möchte. Mein Schatz ist Jesus. Meine Heimat ist im Himmel. Mein Ziel auf der Welt ist, das Evangelium zu verkünden, damit Seelen gerettet werden und Gott verherrlicht wird.

Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn. (Philipper 1, 21)

Zurück zum Buch: “Zero Waste” hat zwei Bedeutungen: Null Abfall und Null Verschwendung. Es geht also nicht nur darum, Verpackungen und Plastik zu vermeiden und z.B. in einem Unverpackt-Laden einzukaufen. Das ist nur ein kleiner Teil davon. Die Kernaussage, die “geheime Zutat”, heisst: weniger Konsum. Das ist genau der Punkt, wo die Wende geschieht. Ich hatte schon lange versucht, nachhaltig zu leben. Ich kaufte seit Jahren Bio-Lebensmittel, Bio-Kleidung und Bio-Kosmetik. Und gab einiges an Geld aus. Aber mit dem Motto “Ich kauf nix mehr” (ein Satz, den ich irgendwo gelesen hatte und der uns sofort gefiel) konnte ich nicht nur nachhaltiger leben (bzw erst richtig nachhaltig, denn Nachhaltigkeit und verschwenderischer Konsum widersprechen sich zutiefst, weshalb auch der Slogan “Kaufen Sie sich grün!” ein Witz ist), sondern gleichzeitig ungeahnte Mengen von Geld sparen.

Bea Johnson hat als “Anleitung” für Zero Waste die bekannte “3-R-Regel” (Reduce, Reuse, Recycle) genommen und am Anfang und am Ende noch je ein “R” hinzugefügt (Refuse bzw Rot, Verrotten), wobei die Reihenfolge äusserst wichtig ist:

  1. Refuse (Unnötiges ablehnen)
  2. Reduce (Konsum, Besitz, Ansprüche, kurz: eigentlich ALLES reduzieren)
  3. Reuse (Wiederverwendbares anstatt Einwegprodukte kaufen; gebraucht statt neu kaufen)
  4. Recycle (als letzte Möglichkeit vor dem endgültigen Fortwerfen)
  5. Rot (alles Kompostierbare kompostieren).

Dabei sind die ersten zwei (Refuse, Reduce) die wichtigsten Punkte - und nicht ganz überraschend auch die, die direkt mit unserem Herz zu tun haben: Was will ich kaufen? Was will ich besitzen? (Vielleicht auch ein wenig der dritte Punkt “Reuse”, denn gebraucht anstatt neu zu kaufen hat auch damit zu tun, dass wir uns nicht immer das Neuste, Beste gönnen.)

Als ich “Zero Waste Home” zum ersten Mal las (ich habe es mindestens vier Mal durchgelesen), dachte ich: Das tönt spannend, aber das Meiste werde ich wohl nicht umsetzen können. Ich ging ein erstes Mal (wie es Bea Johnson empfohlen hatte), durch unseren ganzen Besitz durch (zumindest durch das, worüber ich selbst entscheiden konnte; zwei Jahre später entrümpelten mein Mann und ich dann wirklich jeden Winkel des Hauses). Die Küche als “mein” Reich kam zuerst dran. Jede Schublade, jedes Kästchen, jedes Gestell räumte ich aus und fragte mich bei jedem Gegenstand: Brauche ich das wirklich? Geht es nicht auch ohne das? (Nebenbemerkung: Marie Kondō, die Aufräum-Expertin aus Japan, fragt etwas anderes: “Does it spark joy?” - Löst der Gegenstand Freude aus? - Dazu Näheres in einem der nächsten Beiträge).

Beim ersten Durchgang sortierte ich v.a. Kaputtes und Doppeltes (Drei-, Vier-, Fünffaches) aus. Ich ging immer noch davon aus, dass ich das Meiste, was ich besitze, auch wirklich benötige.

Beim zweiten Durchgang (ein Jahr später) kam schon viel mehr weg, auch Dinge, die ich nur ein Mal hatte. Ich hatte gemerkt, wieviel aufgeräumter es im Haus aussah mit weniger Gegenständen. Und die Küchenregale sahen so viel schöner aus, wenn nicht fünf Bratpfannen übereinandergestapelt waren!

Beim dritten Durchgang (wieder ein Jahr später, jeweils über die Weihnachtsferien) war der Wandel vollzogen, der Schalter umgelegt: Ich wollte am liebsten alles weggeben! Ich tat grosszügig Dinge in Schachteln und packte sie weg, um zu schauen, ob ich ohne sie auskomme. Im Lauf dieses Jahres passierte es dann zum ersten Mal, dass ich einige wenige Dinge aus den Schachteln zurückholen musste, weil ich zuviel weggetan hatte.

Beim vierten Durchgang fand ich praktisch nichts mehr, was ich entbehren konnte (zumindest nicht, solange wir hier in der Schweiz leben, und nicht im Busch).

Am Ende hatten wir unseren Besitz um gut zwei Drittel reduziert.

Vor bald fünf Jahren hat Gott uns über Zero Waste und Minimalismus stolpern lassen.
Am Anfang (Sommer 2015) stand die Erkenntnis, dass die Christen an den Orten der Welt, wo sie verfolgt werden, zwar viel Schweres durchmachen und ihr Leben bedroht ist, dass dafür aber ihr Glaube oft stark und lebendig ist.

An Orten wie der Schweiz hingegen, wo wir Glaubensfreiheit haben, nicht um unser Leben bangen müssen und auch materiell aufs Beste versorgt sind, ist der Glaube oft kümmerlich und schwach.

Unsere Frage war: (Wie) können wir hier in der reichen Schweiz leben, ohne dass unser Glaube verkümmert? Oder ist die einzige Möglichkeit, in ein Land mit Verfolgung zu ziehen oder als Missionar in einem armen Land zu leben?

Da fiel mir Anfang 2016 das Buch “Zero Waste Home (2013)“ von Bea Johnson in die Hände, ein Buch über Abfallvermeidung und Minimalismus. Das war der Anfang einer riesigen Veränderung. Es zeigte uns einen praktischen Weg auf, wie wir in der konsum-orientierten reichen Schweiz Gott hingegeben leben können.

Es mag von aussen so aussehen, als ob Müll-Vermeidung und Entrümpeln nichts mit Gott zu tun hätten, aber das Gegenteil ist der Fall. Besitz, Konsum, Verschwendung - diese Themen treffen genau den wunden Punkt in unseren Herzen und enthüllen die selbstsüchtigen Wünsche unserer menschlichen Natur (oder des Fleisches), die uns daran hindern, uns selbst und dieser Welt zu sterben und ganz Gott hingegeben zu leben - Geldliebe, Habgier, Sich-Alles-Gönnen, sich so viel wie möglich für sich selbst zu nehmen.

Es gibt im neuen Testament unzählige Stellen über genau dieses Thema. Hier eine - zugegeben etwas provokative - Kostprobe aus Jakobus 5:

Und nun zu euch Reichen: Weint und klagt wegen all des Unheils, das über euch hereinbrechen wird! ´Der Tag kommt, an dem` euer Reichtum verrottet sein wird; Motten werden eure Kleider zerfressen haben, und euer Gold und Silber wird von Rost überzogen sein. Und dieser Rost wird als Beweis gegen euch dienen und wird euch zugrunde richten, als wäre er ein Feuer, das euer Fleisch verzehrt. Denn ihr habt Reichtümer angehäuft, und das, obwohl wir am Ende der Zeit leben! […]
Ihr habt hier auf der Erde ein Leben im Luxus geführt und habt euch dem Vergnügen hingegeben; ihr habt euch alles gegönnt, was euer Herz begehrt, und habt euch damit höchstpersönlich für den bevorstehenden Schlachttag gemästet, den Tag des Gerichts (Jakobus 5,1-3;5, NGÜ)

Der Unterschied zwischen Christen in der Verfolgung und Christen im Wohlstand ist: Der verfolgte Christ ist der Welt gegenüber gestorben und lebt nur noch für Gott. Er muss sich bei seiner Bekehrung entscheiden, ob er die Welt (oder sein Leben) will oder Gott. Für ihn ist klar, dass nicht beides gleichzeitig geht.

Der Christ im reichen Land hingegen trifft diese Entscheidung oft nicht. Er gibt sich der Illusion hin, er könne für Gott leben, ohne die Welt aufzugeben. Er könne beides haben. Aber das ist nicht möglich. Matthäus 6,24 lehrt, dass wir nicht zwei Herren dienen können - Gott und dem Mammon. Wir werden den einen lieben und den anderen hassen.

Zurück zu uns: Gott hat uns also das Buch von Bea Johnson - die beschämenderweise nicht einmal Christ ist - in die Hand gegeben, um uns einen praktischen Weg zu zeigen, wie wir aus diesem Sog der Welt und des Besitzes herauskommen können. Er hat unsere Herzen nach und nach vom Besitz entwöhnt.

Im Folgenden werde ich kurz erklären, was hinter den Begriffen “Minimalismus” und “Zero Waste” steht und was wir so alles gemacht haben.

Ich werde auch darauf eingehen, was wir davon nicht machen - und warum wir nie Marie Kondō zum Vorbild hatten. Doch dazu später.

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