Gastbeitrag meiner Frau zu Minimalismus und Zero Waste (9) - Wenn wir leben, leben wir für den Herrn

Ich komme zum letzten Artikel meiner Serie. Im ersten Artikel habe ich vom Unterschied zwischen Christen in der Verfolgung und Christen im Wohlstand geschrieben. Es scheint so, dass Verfolgung und Wohlstand nicht gegeneinander ausgespielt werden können. Was haben sie miteinander zu tun? Die verfolgten Christen werden ja nicht vom Wohlstand verfolgt. Ja, und was hat Minimalismus mit Verfolgung zu tun? Äusserlich gesehen natürlich gar nichts.

Und doch geht es hier um zwei Bedrohungen, die unseren Glauben angreifen. Beide sind übrigens häufige Themen im Neuen Testament: Verfolgung/Leiden und Wohlstand/Geldliebe. Beide werden im Gleichnis von den vier Böden beschrieben (Matthäus 13, 21-22). Die beiden Bedrohungen kommen einfach grundverschieden daher.

Die eine ist ein frontaler, sichtbarer Angriff. Entweder, du sagst dich von deinem Glauben los, oder du wirst leiden. Du wirst deine Stelle verlieren. Wir zünden eure Kirche an. Wir kommen nicht mehr in dein Geschäft einkaufen. Wir stossen dich aus der Familie. Wir verprügeln dich. Oder wir töten dich.

Satan “verkleidet” sich hier nicht. Er greift an und macht Angst. Und einige sagen sich darauf vom Glauben los. Weil sie um ihr Leben fürchten. Um das Leben ihrer Kinder. Um ihre Existenz. Vielleicht auch um ihren Wohlstand und ihre Stellung.

Die andere Bedrohung kommt gar nicht als Bedrohung daher. Sie ist verkleidet. Sie ist verführerisch. Sie ist nicht erkennbar als das, was sie ist. Und deshalb ist sie auch so gefährlich. Sie ist nicht ein Angriff, sondern eine Verführung. In der Bibel wird Verführung oft mit dem Bild der Ehebrecherin beschrieben. Mit der fremden Frau, die sich aufreizend anzieht, sich mit Goldschmuck behängt und mit Parfum umgibt, um den Mann zum Ehebruch zu verführen. Genauso verhält es sich mit Geld, Wohlstand und Besitz. Es sieht nicht gefährlich aus. Es greift einem nicht an. Im Gegenteil, es “ruft” einem zu sich. “Komm zu mir! Gönn dir alles, was dein Herz begehrt! Wofür sonst hat Gott dich mit so viel Geld gesegnet? Je mehr du hast, desto besser wird es dir gehen! Nein, dein Besitz steht deinem Glauben nicht im Weg! Alle guten Gaben kommen doch schliesslich von Gott, oder? Also.”

Und wir fallen darauf herein. Wir sind geradezu mit Blindheit geschlagen. Wir sehen nicht, dass Geld und Besitz unsere Liebe zu Gott erkalten lassen. Wir nehmen automatisch an, dass das viele Geld, das wir verdienen, zu unserem Vergnügen und zu unserer Bereicherung da ist. Wir denken gar nicht darüber nach, dass es anders sein könnte. Und wenn wir mal über eine Stelle stolpern, wo es heisst: “Hängt euer Herz nicht ans Geld”, reden wir uns damit heraus, dass der Wohlstand ein Segen von Gott ist. Schliesslich danken wir Gott jeden Tag dafür, dass wir in so einem reichen Land leben. Oder wir beruhigen uns damit, dass wir ja auch viel besitzen können, ohne unser Herz daran zu hängen. Weit gefehlt! Diese Annahme ist ebenso unwahr wie gefährlich. Indem wir nicht bereit sind, uns von unserem Besitz loszusagen, verraten wir uns gleich selber.

Millionen von Christen in der westlichen Welt fallen auf diese Verführung herein und merken es gar nicht. Aber sie bezahlen teuer dafür. Jesus sagt ganz klar, dass man nicht Gott und dem Besitz gleichzeitig dienen kann, auch wenn man hierzulande die ganze Zeit zu hören bekommt, dass das nicht stimmt. Der Preis, den wir dafür bezahlen, ist hoch. Der Preis ist ein verkümmerter, erstickter Glaube (Matthäus 13,22). Ein Glaube ohne Kraft. Ein Gott, der langweilig erscheint. Gebete, die nicht erhört werden, denn “das Erbetene soll dazu beitragen, eure selbstsüchtigen Wünsche zu erfüllen.” (Jakobus 4,3; NGÜ). Monatelange Phasen, wo man abdriftet und Gott vergisst. Wie ein Schlafender, der für ein paar Sekunden erwacht, sich kurz an Gott erinnert und dann sofort wieder einschläft. Ich sage das aus eigener, jahrelanger Erfahrung.

Und es geht ja nicht nur ums Geld. Letztendlich geht es um die Frage, ob wir als Christen immer noch für uns selbst leben, oder ob wir uns selbst gestorben sind und für Christus leben. Das ist der wahre Kern. Und das ist auch der Punkt, wo wir von den verfolgten Christen, die dem Angriff Satans widerstehen und sich nicht von Gott lossagen, weil sie nicht mehr für sich selber leben, ganz, ganz viel lernen können. Auch wir müssen dem Angriff von Satan widerstehen!

Das mit dem Minimalismus war bei uns nur der Anfang. Dadurch kamen unsere Herzen erstmals vom Besitz los. Daraufhin wurde unsere Liebe zu Jesus grösser. Und die Liebe zu den verlorenen Menschen. Dann zeigte Gott uns Menschen, die auf dieser Welt nichts mehr suchen ausser Seinen Willen. Die begriffen haben, dass sie nicht mehr sich selber gehören. Sie wurden unsere Vorbilder. Hudson Taylor gehört dazu. Von ihm heisst es:

Würde ihm Gott helfen, die Macht der Sünde zu brechen, ihn nach Leib, Seele und Geist für Zeit und Ewigkeit erretten, dann war er bereit, auf alle irdischen Aussichten zu verzichten und ihm sein Leben ganz zur Verfügung zu stellen. Er würde dann überallhin gehen, alles auf sich nehmen, was Gottes Sache von ihm verlangte, und ganz Seinem Willen leben.

Das hat er auch getan, bis zu seinem Tod. Er gab sein gemütliches Leben auf, ging nach China, trug chinesische Kleidung (und Zöpfe), war oft vom Tod bedroht, erlitt unzählige Krankheiten, nahm beschwerliche Reisen auf sich, verlor seine Frau und mehrere seiner Kinder. Und doch sprach er davon, dass er nie ein Opfer brachte. So real und herrlich war Jesus für ihn.

Auch C.T. Studd lebte so. Er sagte:

Wenn Jesus Christus Gott ist und für mich starb, kann mir kein Opfer zu gross sein, um es ihm darzubringen.

Auch er gab alles auf, seinen grossen Reichtum und seine vielversprechende Karriere als Cricket-Spieler, und ging für Gott zuerst nach China, dann nach Indien und zuletzt nach Afrika, wo er unter den Eingeborenen in einer Hütte lebte, jahrelang getrennt von seiner Frau, die aus gesundheitlichen Gründen in England bleiben musste und von da aus die Administration des Missionswerks leitete. Warum? Weil er nicht mehr für sich selbst lebte.

Wir lasen auch Bücher über verfolgte Christen und sahen da den gleichen Geist wie bei Hudson Taylor und C.T. Studd. Da waren unzählige Beispiele von Menschen, die im Nahen Osten Christen geworden waren und die so ergriffen waren von der Herrlichkeit Gottes, dass sie bereit waren, sich von allem loszusagen und Gott nachzufolgen. Sie brannten darauf, das Evangelium weiterzusagen und den grossen Schatz, den sie gefunden hatten, mit ihren Mitmenschen zu teilen. Dabei wussten sie, dass es sie das Leben kosten konnte. In manchen Ländern ist die Verfolgung so gross, dass es buchstäblich nur eine Frage der Zeit ist, bis sie getötet werden. Die Gefahr ist also sehr real. Aber was geschah? Wenn jemand getötet wurde, löschte das den Glauben der anderen nicht aus. Im Gegenteil, sie wurden noch mutiger und entschlossener. Sie liebten ihre Feinde und beteten für sie. Sie vergaben ihnen und hiessen die Mörder ihrer Brüder in ihrer Gemeinde willkommen, wenn sie umkehrten. Sie kamen ins Gefängnis, wurden gefoltert, aber kamen gestärkt wieder heraus. Überall lasen wir, dass sie entschlossen waren, nur noch für Gott zu leben.

Denn wer seinetwegen körperliche Schmerzen auf sich nimmt, der hat mit der Sünde gebrochen und ist entschlossen, sich in der Zeit, die ihm hier auf der Erde noch bleibt, nicht mehr von menschlich-selbstsüchtigen Wünschen bestimmen zu lassen, sondern vom Willen Gottes. (1. Petrus 4, 1-2; NGÜ)

Irgendwie hatten sie erfahren, dass Jesus zu kennen herrlicher ist als das irdische Leben mit allen seinen Vergnügungen. Und für die, die immer noch sagen, dass Verfolgung und Wohlstand nichts miteinander zu tun haben: Ich kann mir schwer vorstellen, dass jemand bereit ist, für Jesus zu sterben, aber gleichzeitig immer noch an seinem Besitz hängt. Nein, wer sein Leben aufgibt, gibt alles Irdische auf.

Römer 12,1 bringt das, was ich sagen will, auf den Punkt. In der NGÜ ist dieser Abschnitt übertitelt mit: “Die angemessene Antwort auf Gottes Erbarmen”:

Ich habe euch vor Augen geführt, Geschwister, wie gross Gottes Erbarmen ist. Die einzige angemessene Antwort darauf ist die, dass ihr euch mit eurem ganzen Leben Gott zur Verfügung stellt und euch ihm als ein lebendiges und heiliges Opfer darbringt, an dem er Freude hat.

Das war die Einstellung von Hudson Taylor und von C.T. Studd und das ist die Einstellung von den verfolgten Christen, die entschlossen sind, trotz Drohungen und Gefahr das Evangelium weiterzusagen.

Wie weit entfernt von dieser Einstellung leben wir Christen in der ersten Welt zu einem grossen Teil! Wir wollen uns von Jesus in den Himmel bringen lassen, aber wir wollen die Herrschaft über unser Leben weitgehend behalten. Wir wollen Christus haben, aber gleichzeitig die Welt nicht aufgeben. Wir spenden einen kleinen Teil unseres Geldes, wollen aber kein Opfer bringen. Wir wollen Gott nachfolgen, aber das Ansehen der Welt geniessen. Wir sind nicht bereit, der Welt gegenüber zu sterben, uns selbst und unsere eigensüchtigen Wünsche aufzugeben. Wir wollen die Vorteile von Gott mit den Vorteilen der Welt zusammen haben. Aber in der Bibel steht etwas anderes:

Keiner von uns lebt für sich selbst, und auch wenn wir sterben, gehört keiner von uns sich selbst. Wenn wir leben, leben wir für den Herrn, und auch wenn wir sterben, gehören wir dem Herrn. (Römer 14, 7-8; NGÜ)

Und Paulus sagt:

Seinetwegen habe ich allem, was mir früher ein Gewinn zu sein schien, den Rücken gekehrt; es ist in meinen Augen nichts anderes als Müll. Denn der Gewinn, nach dem ich strebe, ist Christus; es ist mein tiefster Wunsch, mit ihm verbunden zu sein. (Philipper 3, 8-9; NGÜ)

In Anbetracht dessen, dass viele Menschen damals bereit waren (und heute bereit sind), für Gott zu sterben, ist unser Lebenswandel hier, wo wir nicht mal bereit sind, einen Teil unseres Wohlstandes aufzugeben, ein Affront. Ein Schlag ins Gesicht derer, die alles aufgeben für Gott. Wenn wir nur für unser eigenes Vergnügen leben und unsere selbstsüchtigen Wünsche erfüllen wollen - stellen wir dann diese Vorbilder des Glaubens nicht als dumm hin? Sagen wir damit nicht, dass das gar nicht nötig wäre? Dass sie den Glauben ein bisschen zu ernst genommen haben?

Stellen wir damit nicht auch den Tod von Jesus infrage, wenn wir, nachdem wir Christen geworden sind, so weiterleben wie bisher? Machen wir dann nicht Jesus lächerlich, der sein ganzes Leben nicht für sich selbst lebte? Der kein eigennütziges Ziel hatte, keinen Besitz und kein Ansehen suchte? Und der schlussendlich für uns getötet wurde? Wenn Jesus für uns gestorben ist, wie können wir dann noch für uns selbst leben? Wie können wir ihm nicht ALLES geben und ihm unser ganzes Leben zur Verfügung stellen?

Wir sind nämlich überzeugt: Wenn einer für alle gestorben ist, dann sind alle gestorben. Und er ist deshalb für alle gestorben, damit die, die leben, nicht länger für sich selbst leben, sondern für den, der für sie gestorben und zu neuem Leben erweckt worden ist. (2. Korinther 5,14-15; NGÜ)

Wir können nicht ungeschehen machen, dass Jesus für uns das Opfer erbracht hat. Wir können es nicht runtertun und sagen: “Aber Jesus, das wäre doch nicht nötig gewesen! Das ist doch ein bisschen zu extrem! Eigentlich wäre ich ja ganz zufrieden damit, wenn ich einfach ein Leben wie jeder andere führen und geniessen könnte, was diese Welt zu bieten hat. Warum musstest du so etwas tun?”

Wenn wir so denken, haben wir überhaupt nichts verstanden. Dann haben wir nicht verstanden, dass wir ohne Jesu Tod am Kreuz ganz tot und verloren waren! Dann haben wir nicht verstanden, wie kostbar Jesus ist. Dann haben wir den Schatz noch nicht gefunden. Denn wenn wir den Schatz finden, geben wir dafür alles andere auf.

Oh, wie schuldig macht sich das Volk Gottes, das denkt, es sei reich und habe alles, weil es vollgefressen ist von der Welt, dabei ist es arm, blind und nackt!

Oh, dass du uns Umkehr gibst und aus uns willige, freudige Nachfolger machst, die bereit sind, ihr Leben für die Völker hinzugeben!

Was nützt es dem Menschen, wenn er sein Leben für sich behält? Er wird es verlieren! Du törichter Mensch! Weisst du nicht, dass dein Leben, deine Freude, dein Frieden Jesus ist? ER ist unser Schatz! Hast du das denn ganz vergessen? Oder hast du es nie erkannt?

Ach, wie wünsche ich mir, nur noch für Jesus zu leben und meine ganze Freude in IHM zu suchen! Und deshalb sage ich mit Paulus:

Es ist also nicht etwa so, dass ich das alles schon erreicht hätte und schon am Ziel wäre. Aber ich setze alles daran, ans Ziel zu kommen und von diesen Dingen Besitz zu ergreifen, nachdem Christus von mir Besitz ergriffen hat. Geschwister, ich bilde mir nicht ein, das Ziel schon erreicht zu haben. Eins aber tue ich: Ich lasse das, was hinter mir liegt, bewusst zurück, konzentriere mich völlig auf das, was vor mir liegt, und laufe mit ganzer Kraft dem Ziel entgegen, um den Siegespreis zu bekommen - den Preis, der in der Teilhabe an der himmlischen Welt besteht, zu der uns Gott durch Jesus Christus berufen hat. (Philipper 3, 12-14; NGÜ)

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