#Psychologie

Es gibt kein Buch über Smartphones.

Ja, doch. Natürlich gibt es Bücher über Smartphones, aber ich suchte eines, das die zugrundeliegende Psychologie dahinter erklärt, wie auch wie die Smartphone-Industrie funktioniert, oder was es mit der Gesellschaft macht. Und das fand ich nicht.

Irgendwie komisch, denn es gibt Bücher über die dümmsten Themen. Darm mit Charme zum Beispiel. Nicht, dass jetzt alle meine Freunde über Darm-Probleme reden würden. Aber trotzdem kommt das auf die Bestenliste.

Addiction by Design

Bei meiner Internet-Recherche stiess ich durch einen Smartphone-Artikel auf das Buch “Addiction by Design”. Das Buch behandelt die Glücksspielautomaten, die zugehörige Industrie und vor allem: wieso sie süchtig machen.

Auf den ersten Blick scheint der Vergleich Glücksspielautomaten - Smartphones etwas weit hergeholt: Die Automaten sind Gaming, die Smartphones bieten viel mehr als nur Gaming. Automaten trägt man nicht rum, Smartphones schon. Automaten versprechen Geld, Smartphones nicht.

Doch beim Lesen des Buchs fällt immer wieder die schiere Ähnlichkeit mit der Smartphone-Welt auf. Eine Ähnlichkeit vorneweg: beim Design von Automaten wird, wie auch bei Smartphone-Apps auf “time spent” optimiert: Seitdem die Automaten-Hersteller entdeckten, dass sie mehr Profit machen können, je länger ein Spieler am Automat hängen bleibt, optimieren sie hauptsächlich darauf, eine Session möglichst lange hinzuziehen. Genauso bei Apps: ist eine App werbefinanziert (wie Youtube, Facebook, Twitter, Instagram) so heisst es: je mehr Werbe-Einblendungen, desto mehr Profit. Und je länger die “time spent” eines Users, desto mehr Werbe-Einblendungen, desto mehr Profit.

Dieses Ziel macht alles aus. Ob die Hersteller nun absichtlich oder unabsichtlich Features bauen, welche die “time spent” erhöhen, ist egal. Schlussendlich wollen die Firmen Profit und werden immer die Features bevorzugen, welche ihrem Ziel zuträglich sind.

Doch zuerst zum Buch: Die Autorin, Natasha Dow Schüll, ist Anthropologin und hat während fünfzehn Jahren Feldstudie betrieben - vor allem in Las Vegas. Herausgekommen ist ein gut 400 seitiges Werk, das auch für den Laien gut zugänglich ist. Das Buch ist eine Mischung aus Einzelschicksalen, Interviews mit Casino-Betreibern/Glücksspielautomaten-Herstellern und psychologischen Hintergrundinformationen.

In diesem Post habe ich versucht, die wichtigsten Parallelen zur Smartphone-Problematik herauszuschälen. Doch eine kleine “word of warning” vorneweg: Das Thema ist düster. Das schwingt im ganzen Buch mit. Der Grund ist, dass es Ungerechtigkeit aufdeckt, ohne dafür Lösungen aufzuzeigen. Und dies ist eine treffende Beschreibung der Smartphone-Welt: es ist nicht recht, dass mehr und mehr Zeit in das Starren eines Bildschirms verschwendet wird, zum Profit von ein paar Wenigen.

Geschichte der “Slot Machines”

Glücksspielautomaten (Englisch: “slot machines”) sind rund ein Jahrhundert länger auf dem Markt als Smartphones. Daher sind die psychologischen Effekte, Suchtsymptome und Therapiemöglichkeiten viel ausgereifter als die von Smartphones.

Anfangs waren die slot machines ausschliesslich mechanisch und ziemlich primitiv. Doch über die Jahre optimierten die Hersteller die Geräte sukzessive nach Gewinn. Parallel bemerkten Casinos, dass die Umgebung um die Slot Machines den Umsatz stark beeinflusst. Es gibt “Innenarchitekten”, welche sowohl die Anordnung der Glücksspielautomaten, den Teppich, die Belüftung wie auch die Musik und das Licht optimieren. Es wurden Geld-Automaten in die Nähe gestellt, so dass, wenn einem Spieler das Geld ausgeht, er schnell neues besorgen kann. Idealerweise werden keine Getränke serviert, damit Toiletten-Besuche die Sessions nicht unterbrechen.

Die Maschinen waren anfangs auf grosse Gewinne konzipiert, bis die Hersteller herausfanden, dass den Spielern die lange Spieldauer wichtiger war als grosse Gewinne. Sie änderten die Slot Machines so, dass mit demselben Einsatz länger gespielt werden kann. Dies verhinderte, dass neue Spieler durch grosse Verluste frustriert wurden, band die Spieler länger an die Geräte und unter dem Strich sprangen grössere Gewinne heraus.

“Addiction by Design” beschreibt die wahre Geschichte von Darlene, welche süchtig wird und auf einem Forum fragt, was der Sucht-Faktor der Glücksspiele ausmacht. “Ja, machen sie halt”, waren im Grunde die ersten Antworten auf ihre Frage. Bis später jemand erklärt: der psychologische Effekt basiert auf einem Experiment, der “Skinner Box”:

Die Skinner Box

Skinner Box

Im Skinner-Box-Experiment wird eine Taube in eine Box gesteckt. An der Wand der Box befindet sich eine Taste. Pickt die Taube auf die Taste, so werden in die Box Körner ausgeschüttet. B. F. Skinner hat analysiert, wie lange die Taube am Spiel teilnimmt, je nach dem wie oft die Körner ausgeschüttet werden. Das überraschende: die Taube liess sich länger auf dieses Spiel ein, wenn nicht jedes Mal Gewinn ausgeschüttet wurde. Der Zufall machte das Spiel spannender, da der Ausgang nicht zum Vornherein klar war.

Diese Logik nannte Skinner “the schedule of reinforcement” (“Zeitplan der Verstärkung”). In einem Interview erklärt Skinner, wie sich die Gambling-Sucht durch sein Experiment erklären lässt:

The human subject […] doesn’t gamble because it feels exciting when it does so, […] but people gamble because of the schedule of the reinforcement that follows. And this is true of all gambling machines because they all have winning ratios built into them.

Vergleich zum Smartphone: Bei vielen Apps gibt es denselben Effekt: Um bei Twitter auf neue Beiträge zu checken, nutzt man das “Swipe-Down”, das Wischen nach unten. Das erinnert überraschend an die Urform der Slot Machines, den einarmigen Banditen. Und wie bei der Slot Machine kommt bei Twitter manchmal ein Gewinn (ein Like, ein Retweet), manchmal nicht. Bei der Mail-App ist es dasselbe, bei Facebook auch, bei den News ebenfalls.

Sind sich die Entwickler dabei eigentlich bewusst, was sie da machen? In “Addicted by Design” scheint die Antwort: Nein. Ein Zitat aus dem Buch:

“Our game designers don’t even think about addiction,” IGT’s Connie Jones told us in the introduction, “they think about beating Bally and other competitors. They’re creative folks who want machines to create the most revenue”

Ja, und das Management? Das scheint sich ganz auf auf die Friedman Doktrin zu berufen, welche besagt, dass eine Firma allein seinen Shareholdern verpflichtet ist. Ausserdem appellieren sie an die Verantwortung der Spieler:

Unsurprisingly, the gambling industry aggressively dismisses the possibility that technology is part of the problem, or that adjusting its design might be part of the solution. “The problem is not in the products they abuse, but within the individuals,”

Dieselben Mechanismen spielen auch bei der Internet-Industrie: Tristan Harris, der heute bezeichnet wird als “the closest thing Silicon Valley has to a conscience”, hatte als Google-Mitarbeiter bei Google die Skinner-Box-Effekte angeprangert mit dem Appell an Google, etwas zu ändern. Prompt erhielt er innerhalb Google eine neue Funktion, die es ihm erlaubte, sich Vollzeit für sein Anliegen einzusetzen. Leider hatte er in dieser Funktion keine Befehlsgewalt, und so konnte er nichts bewegen. War ja auch klar, denn auch Google ist nur seinen Shareholdern verpflichtet. Das musste Harris schmerzlich erfahren und hat darauf die Firma verlassen.

Ludocapitalism

Das “Spielgeschäft” wird im Fachjargon “Ludocapitalism” genannt. Addiction by Design formuliert dies ziemlich bissig:

Ludocapitalism: Textbook capitalist exploitation thrives in peaceful and productive coexistence with the play-drive of the exploited. […] gamblers become collaborators in the optimization of industry profits.

Während der Industrialisierung motivierte man die Massen mit Zwang (“Coercion”). Doch Zwang funktioniert nur, wenn der Mensch keine Ausweichmöglichkeiten hat. In der nachindustriellen Zeit wurde das Angebot so breit, dass es andere Motivations-Methoden brauchte. Dies wurde durch “Collusion” möglich, einem trügerisches Einverständnis zwischen Produzent und Nutzer:

Der Nutzer geht auf Etwas ein, ohne rational erklären zu können, wieso er das tut. Ist der Nutzer erst einmal aufgesprungen, versucht ihn der Produzent in einen “Flow” zu kriegen, einem Zustand in der menschlichen Psyche, der als positiv empfunden wird. Dieser Flow ist eine ganz tolle Sache, wenn man sich zum Beispiel in seinem Hobby oder Beruf “verliert”, also einen produktiven Fokus erzeugt, aus dem man nicht mehr raus will. Csikszentmihalyi beschreibt das in seinem Buch “Flow” und hat gerade in der Motivationsforschung eine kleine Revolution ausgelöst. Aber derselbe Mechanismus lässt sich natürlich auch nutzen, um Profit zu schlagen, bei den “Slot Machines” kommt das sehr deutlich zum Ausdruck: Hat ein Spieler erst einmal durch einen unterbewussten Entscheid angefangen zu spielen, lässt der Automat keine Pause mehr offen, wo der Spieler seinen unbewussten Entscheid hinterfragen könnte, und erzeugt so einen “Flow”, welcher für den Spieler als sehr positiv empfunden wird.

Aber: der Spieler verliert dabei viel Geld. Eigentlich sollte ihn das kurieren, so dass er sich auf die nächste Spiele-Session nicht mehr einlässt. Das Überraschende: Was süchtig macht ist nicht primär die Aussicht auf Gewinn, sondern vielmehr der Zustand des Flows, der alles andere in der Welt ausschliesst. Es entsteht eine Welt, welche vom Spieler kontrollierbar ist. In diese einzutreten ist einfach. Davon auszutreten praktisch unmöglich.

Die Ähnlichkeiten zum Smartphone sind zu frappierend! Viele lassen sich mit dem Smartphone wecken, und um den Wecker abzustellen sind sie schon “drin”: Noch schnell Notifications checken, Mail und Facebook. Und der ganze Tag ist irgendwie von diesem “always on” durchtränkt; denn für die Meisten - behaupte ich mal - wäre das Weglegen des Smartphones für ein paar Tage ein enormer Willensakt.

Was nun beim Smartphone auf den ersten Blick nicht klar ist: vordergründig scheint der Nutzer nichts verlieren zu können, denn de facto sind die Dienste ja gratis. Da sind die Verhältnisse etwas komplizierter als beim Glücksspiel, wo auf den ersten Blick klar ist, wie das Business-Modell aussieht. Beim Smartphone wird nun indirekt die Zeit des Nutzers ausgenutzt, damit die App die Werbezeit einem Dritten verkaufen kann. Dass diese Konstellation nicht durchsichtig ist, macht es aber nicht besser, sondern nur schlechter.

Im Endeffekt haben wir einen Apparat, wo am längerem Hebel Technologie-Giganten wie Google, Facebook und co. stecken, am kürzeren der Nutzer, welcher nicht versteht, was da gespielt wird und mehr und mehr seiner Zeit opfert, und damit ein paar wenige grosse Firmen noch reicher macht.

Regulation

Government agents smash slot machines in Chicago, 1910

Die Slot Machines kamen um ca. 1900 auf. Schon bald wurden sie attackiert (auch physisch, siehe Bild), es wurden Gesetze aufgestellt, welche aber immer wieder umgangen wurden.

Als dann nach dem 2. Weltkrieg die Slot Machines stark zunahmen, wurden sie überall verboten, ausser im Bundesstaat Nevada, wo auch Las Vegas liegt.

Nach und nach wurden die Regulationen aber wieder aufgehoben, und jetzt sind sie in den meisten Bundesstaaten erlaubt, allerdings mit Einschränkungen, wie z.B. dass in die Maschine kein Geldautomat eingebaut werden darf.

In der Schweiz sind die Casinos dazu “verpflichtet, eine Sperre an­zuordnen, wenn sie wissen oder annehmen müssen, dass ein Gast über seinen finanziellen Verhältnissen spielt”. Ebenso in Deutschland.

Bei Smartphones sind solche Regulationen noch in weiter Ferne. Nichts deutet darauf hin, den Konsumenten zu schützen, zu viel seiner Zeit in dieses Gerät zu stecken. Der Konsens: Der Konsument hat sich ja freiwillig dafür entschieden, wieso soll nun eine übergeordnete Stelle entscheiden, was davon gut sein soll und was nicht?

Klar, das sind die Mechanismen der freien Marktwirtschaft. Der Kunde konsumiert was er will. Und doch müssen auf Zigaretten-Päckchen die Folgen eines übermässigen Konsums sehr plakativ aufgezeigt werden.

Doch hier nimmt niemand Verantwortung an. Die Produzenten nicht. Der Staat nicht. Bleibt die persönliche Verantwortung, welche ich für mich und für meine Kinder treffen muss und will.

Justin Rosenstein – Erfinder des Facebook-Like-Buttons – blockierte auf seinem Laptop Reddit und Snapchat und limitierte Facebook. Doch das genügte nicht. Schlussendlich kaufte er sich ein neues iPhone und beauftragte seine Sekretärin, ihm darauf eine Kindersicherung einzurichten, damit er keine Apps mehr installieren kann.

Leah Pearlman – ehemalige Team-Kollegin von Rosenstein – schloss sich per Browser-Plugin von ihrem Facebook-Newsfeed aus und stellte jemanden ein, der nun ihren Facebook-Feed beobachtet, so dass sie das nicht mehr selbst tun muss.

Es ist natürlich schön zu sehen, dass ich mit meinem Geständnis von letzter Woche nicht alleine bin. Oder auch beängstigend. Doch warum verhält es sich so? Wieso machen Smartphones so abhängig?

Der vermutlich beste Advokat gegen Smartphone-Sucht ist Tristan Harris, ehemaliger Produktmanager bei Google. Er hat bei Google ein Memo verfasst, das aufzeigt, wie Google-Apps unbeabsichtigt süchtig machen, und wie man das ändern könne. Denn immerhin hat Googles Android einen 50% Marktanteil. Er erreichte damit etwa 5’000 Google-Mitarbeiter und hatte damit eine interne Diskussion ausgelöst.

Die Bottom-Line: Smartphone-Apps bringen Nutzer dazu, Dinge zu tun, welche sie aus freien Stücken gar nicht bereit wären zu tun. Sprich: sie nutzen psychische Schwachstellen aus. Der Clou ist, dass der Nutzer das nicht merkt sondern denkt: “Quatsch! Schwachstellen! Ich doch nicht!”.

Hier drei der fünf Punkte aus seinem Memo – angereichert mit weiteren Facts aus seinem TEDx-Talk und einem ausgezeichneten Guardian-Artikel.

Schwachstelle 1: Zeitprognosen sind schwierig

Auch schon mal passiert? Du nimmst das Smartphone um etwas nachzuschauen. Oh. Eine Notification. Draufgeklickt und eine Viertelstunde später: »was wollte ich eigentlich ursprünglich tun?«.

Schwachstelle: die menschliche Psyche ist schlecht, die Dauer einer Handlung vorherzusehen. Insbesondere am Smartphone.
“Nur noch schnell…”. Mit dieser Phrase nimmt mich schon meine Frau hoch.

Wenn es im Voraus möglich wäre zu wissen, wieviel Zeit der Klick auf die Notification auffressen wird, würde ich mich vermutlich anders entscheiden. Doch genau diesen Schwachpunkt nutzen Apps mit Notifications aus, um den Nutzer “reinzusaugen” und “in der App zu behalten” (mehr dazu bei “Schwachstelle 3” unten).

Schwachstelle 2: Periodische Belohnungen machen süchtig

“Swipe-Down” etwas ehrlicher

Bei Langeweile oder bei Enttäuschungen oder bei Anstrengungen sucht das Hirn einen Ausweg: ein kurzer Snack! Vielleicht ist ein neues Mail reingekommen? Oder ein Tweet? Oder lass mich die News checken um zu sehen, was Trump jetzt schon wieder angestellt hat.

Und jetzt kommts: um neue Mails oder Tweets zu schecken, haben die Entwickler das “Swipe-Down” erfunden: Man streicht mit dem Finger von oben nach unten um zu sehen, ob was neues reingekommen ist. Die Ähnlichkeit zu einem Spielautomat (“Slot Machine” oder “Einarmiger Bandit”) ist verblüffend. Jedes Mal wenn man “zieht”, kommt was raus. Ein neues Mail, eine News, oder vielleicht nichts. Wie am Automat.

Loren Brichter, der dieses Feature erfunden hat (per Zufall, denn es gab einfach keinen Platz für einen “Refresh-Button”) meint dazu, er sei verwirrt, dass dieses Feature so lange überlebt habe. Denn Apps könnten auch gut ganz automatisch updaten. Aber auch Slot-Machines könnten automatisch spielen. Tun sie aber nicht.

Dazu Brichter:

Smartphones sind nützliche Tools, aber sie machen süchtig. Swipe-Down zum Refreshen macht süchtig. Twitter macht süchtig. Dies sind keine guten Dinge. Als ich daran arbeitete, war ich nicht genügend reif um darüber nachzudenken. Ich sage nicht, dass ich jetzt reif wäre, aber ein bisschen mehr schon, und ich bedaure die Kehrseite dieser Medaille.

Schwachstelle: die menschliche Psyche verlangt nach Linderung bei Langeweile, Enttäuschungen, Anstrengnungen, etc. Und wenn man sich daran gewöhnt hat, dieses Bedürfnis mit dem Smartphone zu befriedigen, so vertiefen sich diese neurologischen Pfade, so dass dieser Reflex immer stärker wird. »Dies sind die gleichen neurologischen Schaltkreise, welche Menschen dazu veranlasst, nach Essen, Komfort, Wärme oder Sex zu streben« meint Chris Marcellino, ehemaliger Apple-Engineer und nun Neurochirurgist.

Schwachstelle 3: Der Weg des geringsten Widerstandes

Hat es eine App geschafft, einen Nutzer zu triggern, so versucht sie ihn dann möglichst lange zu halten. Bei Youtube kommt das nächste Video automatisch. Bei Netflix auch. Bei Facebook kommen kontroverse Beiträge zuoberst, denn dies behält den Nutzer erwiesenermassen länger in der App.

Doch wie kommen die Apps zu diesen Kniffs? Sind das gezielte psychologische Manipulationen?

Nein. Im Software-Engineering gibt’s ein Konzept das heisst A/B-Testing: Ein neues Feature – z.B. ein neuer Sortier-Algorithmus bei Facebook – zeigt man erst mal einer Test-Gruppe A, die Gruppe B merkt noch nichts davon. Und nun vergleicht man, welche Gruppe besser abschneidet. Apps wie Facebook und Youtube optimieren auf möglichst lange Verweildauer. Und so kommt es, dass ein Entwickler-Team plötzlich über ein Feature stolpert, das die Performance signifikant erhöht. Und “zufällig” spricht das genau eine Schwachstelle der menschlichen Psyche an.

Und da das Internet eine “Schlacht um die Nutzer-Aufmerksamkeit” ist, müssen die anderen Apps nachziehen: Nachdem Youtube das Autoplay eingeführt hat, ist auch Facebook nachgezogen. Sonst ist man ziemlich schnell weg vom Fenster.

Schwachstelle: die menschliche Psyche funktioniert nach “Reflexen” (vergleiche schnelles Denken im “schnelles Denken, langsames Denken”). Spricht eine App diese Reflexe an, kommt der Mensch nicht mehr dazu, zu reflektieren und aus der App auszusteigen (“wie lange will ich hier eigentlich noch weiterschauen?”) und bleibt im Sog der App gefangen.

Wie reagierte Google auf das Memo?

Soviel zum Inhalt des Memos von Tristan Harris. Das Echo darauf war bei Google positiv: Bis in die Chefetagen fanden die Argumente Gehör. Harris wurde zum “Design-Ethiker” befördert. Das Problem war, dass er da keine Entscheidungsgewalt hatte und nur weiter vor sich hin grübeln konnte. Sprich, die Sache ist im Sand verlaufen.

Denn – und nun kommt der wichtigste Gedanke dieses Beitrags –

Google ist Werbefinanziert.

Je mehr Werbung Google anzeigen kann, desto mehr Geld verdient sie.

Sprich je häufiger und je länger Nutzer auf der App sind, desto mehr Geld.

Und Google ist Börsen-Kotiert. Und die Aktionäre wollen Geld. Da kann man lange lieb sein wollen mit dem Nutzer. Schlussendlich macht man die App, welche am meisten Geld reinbringt.

Google und Facebook verdienen mächtig viel Geld. In der Liste der wertvollsten Firmen der Welt (nach Marktwert) ist Google auf Platz 3 und Facebook auf Platz 5.

Wird sich etwas ändern?

Als Tristan Harris merkte, dass sich bei Google nichts ändern wird, hat er gekündigt und die Organisation “Time Well Spent” ins Leben gerufen. Damit versucht er, an Firmen wie Facebook zu appellieren sowie den Nutzer aufzuklären.

Harris meint:

Ich glaube, dass sich etwas ändern wird – die Frage ist nur: woher kommt der Wandel?

Und verweist darauf, dass auch die Bio-Lebensmittel mit kleinen Produzenten angefangen haben.

Doch ich erwarte von solchen Initiativen eher wenig. Denn diese Mechanismen sind Markt-Getrieben und das Business-Modell von News und Social Media ist nunmal Online-Werbung. Und dass sie sich von diesem Business-Modell verabschieden ist sehr unrealistisch. Oder kann sich jemand vorstellen, für Facebook oder Youtube Geld zu zahlen?

Was für mich bleibt ist persönlich Verantwortung anzunehmen.

Was bleibt, ist zuzugeben, dass ich anfällig bin auf Smartphone-Sucht. Dass ich nicht so handle, wie ich eigentlich will.

Persönlich fing ich an, Schritte zu gehen. Und nicht nur ich für mich, sondern auch für meine Kinder. Dazu nun – wie letztes mal versprochen – einige Beiträge ab nächster Woche.

 
 


 

Weiterführende Artikel

Wen es interessiert, mehr über dieses Thema zu lesen: Bester “Primer” für dieses Thema finde ich den Guardian Artikel: “Our minds can be hijacked”. Des weiteren kann ich diese Autoren empfehlen:

__Tristan Harris__: Ex-Google-Employee, jetzt Initiator von "Time Well Spent". Fragt sich (wie ich auch), wieso dieses Thema nicht die Titelseiten von allen Magazinen füllt. Lohnenswert sind sein [TED-Talk](https://www.ted.com/talks/tristan_harris_the_manipulative_tricks_tech_companies_use_to_capture_your_attention) wie auch seine [Posts und Notizen auf Medium](https://medium.com/@tristanharris)  __Anitra Eggler__: Journalistin und Rednerin. Setzt sich im deutschsprachigen Raum für "weniger digitalen Stress ein". Auf ihrer (etwas wirren…) [Homepage](http://www.anitra-eggler.com/) finden sich Artikel und Videos
__Dr. Natasha Schüll__: Kulturanthropologin und Dozentin für Medien, Kultur und Kommunikation. Ihr Buch: [Addiction By Design: Machine Gambling in Las Vegas](https://press.princeton.edu/titles/9156.html) (bin ich gerade am lesen) beschreibt die Spielsucht an Spielautomaten. Der Vergleich zu Smartphones ist geradezu frappierend. Das macht es zum vermutlich besten psychologischen Grundlagenbuch zur Smartphone-Sucht. __Roger McNamee__: Venture Capitalist. Arbeitet mit Tristan Harris an "Time Well Spent". Hat einige [spannende Artikel auf The Guardian](https://www.theguardian.com/profile/roger-mcnamee). z.B. diesen: [Why not regulate social media like tobacco or alcohol?](https://www.theguardian.com/media/2018/jan/29/social-media-tobacco-facebook-google).

Michael Winterhoff – Warum unsere Kinder Tyrannen werden

Früher – also als ich noch Kind war – früher, da galt es etwas, wenn ein Erwachsener etwas sagte. Kinder fluchten Erwachsene nicht an, sie sagten nicht einfach trotzig “Nein!”, sie schlugen nicht, die Spielregeln waren einfach klar. Aber heute ist das ganz anders.

Soweit so gut. Haben wir schon tausendfach gehört. “Früher war alles besser”. Alter Kaffee.

Was mich aber fast verrückt macht, ist, dass meine Kinder so sehr in diese respektlose Haltung abdriften, obwohl ich sie nicht dazu erziehe. Was meine Eltern mit mir machten, mache ich doch auch: Ich bin konsequent, ich verbringe Zeit mit ihnen, zeige Interesse, etc. aber der Narzissmus, die Unfähigkeit auf andere einzugehen, Respekt zu zeigen wird gross in ihnen. Die Rezepte meiner Eltern greifen einfach nicht mehr; es ist alles viel zäher, mühsamer, und natürlich fängt man dann an an sich selbst zu zweifeln …

Wieso driften die Kinder heute viel stärker in Respektlosigkeit wie früher? Ein grosser Teil ist die Beeinflussung durch ihre Umwelt: Ihre Freunde sind respektlos; bei Kindergeschichten, -filmen und -liedern (z.B. Schtärnefoifi) ist fast immer der Tenor “Eltern sind blöd, Kinder sind schlauer”. Natürlich durchtränkt dies die Kinder, natürlich braucht es heute umso mehr Gegensteuer, um auf Kurs zu bleiben.

Nun, ist es die Mühe wert? Ist es denn wichtig? Ich komme zu Schluss: ja! Bei gefühlt der Hälfte der Bibelversen über den Umgang mit Kindern geht es darum, ihnen Respekt beizubringen. (z.B. fünftes Gebot, Exo. 20,12: »Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt!«).

Michael Winterhoff beschreibt den Wandel der Kindererziehung über 20 Jahre

Michael Winterhoff

Michael Winterhoff ist Kinder- und Jugendpsychiater und ist Autor des Buches mit dem dreisten Titel “Warum unsere Kinder Tyrannen werden“. Das Buch ist 2008 erschienen und ist mittlerweile recht populär: Es wurde ca. ½ Million mal verkauft. Ich fand es sogar bei uns in der Dorfbibliothek.

In seinen 20 Jahren Praxiserfahrung hat er einen Wandel in der Kindererziehung festgestellt. Waren anfangs nur 2-3 Kinder pro Klasse auffällig, so waren es zum Schluss ein Drittel. Die Erwartungen an die Kinder fielen von Jahr zu Jahr, aber Winterhoff blieb seinen Massstäben treu und behandelte die Kinder stets nach dem Schema, auch wenn er dabei etwas “altbacken” erschien. So vermied er, dass er sich dem Zahn der Zeit anpasste, und konnte den Wandel des Erziehungsstils gut dokumentieren.

Ich erhoffte, dass ich im Buch Antworten auf meine Frage bekomme, wieso Respekt beibringen schwieriger als früher ist und welche die effektivsten Methoden hierzu sind. Diese Fragen werden im Buch nur teilweise beantwortet: Praktische Tipps leider fehlen völlig. Dafür ist Winterhoffs Analyse im Gebiet der Kinderpsychologie grösstenteils überzeugend, nur bei der Gesellschaftskritik schafft er es nicht recht zu überzeugen, er stellt z.B. die These auf, dass der Grund der Misere ist, dass Eltern mit Technik überfordert sind. Ein weiterer Kritikpunkt am Buch: Zum Teil sind seine Beschreibungen einfach zu extrem, ein Artikel der “Zeit” beschreibt treffend:

Das ist etwa so, als schriebe ein Gefängnisdirektor ein Buch über die Moral der Gesellschaft und führte als Nachweis die Verbrechenskarrieren seiner Häftlinge an.

Ron Kubsch hat hier eine umfassende Rezension zum Buch geschrieben, ich will das Buch hier nicht umfassend beschreiben, sondern picke mir drei Rosinen aus dem Kuchen raus:

1. Die Kinder in ihrer psychologischen Entwicklung fördern

Winterhoff schreibt: Kinder werden von ihren Eltern in ihrer psychologischen Entwicklung alleine gelassen, lernen sich nicht unterzuordnen und scheitern dann schlussendlich an der Lehre. Dasselbe entnehme ich auch der Tagespresse, z.B. diesem griffigen Beispiel:

Ich erinnere mich auch an einen Lehrling, der im Spital gearbeitet hat. Als er die Nachttische hätte putzen sollen, verweigerte er die Arbeit. Er sagte, er selber habe ja nichts dreckig gemacht. Er hat die Lehre schliesslich abgebrochen.

Die Reaktion des Lehrlings ist so weltfremd, dass man gar nicht weiss, wie man es ihm verständlich erklären könnte. Es gibt weitere Beispiele, etwas vom Maurerlehrling, der sich weigert, draussen zu arbeiten, wenn es zu kalt ist,. Quintessenz: Viele Kinder sind bei Schulabschluss zwar genügend intelligent, aber psychisch den Anforderungen der Berufswelt nicht mehr gewachsen. Ein Zitat von Winterhoff:

Der Irrglaube ist, dass sich Psyche von alleine entwickelt. Das Gegenteil ist der Fall: Die Psyche wird vor allem durch die Umwelt beeinflusst, besonders durch ein erwachsenes Gegenüber als Begrenzung der eigenen Individualität (S. 70)

Winterhoff führt auf - und da gebe ich ihm recht - dass Eltern ihren Kindern viel zu früh zu viel Mitbestimmungsrecht geben. Bei Dingen, welche sie selbst gar nicht beurteilen können, lassen Eltern sie mitreden, bei der Wahl des Urlaubsortes zum Beispiel. Wenn Eltern danach gefragt werden, wieso sie dies tun, kommt als Beispiel die Antwort: »Manuel ist pfiffig und trifft den Nagel oft auf den Kopf«. Die Konsequenz daraus ist aber, dass erstens die Familie aus Unreife falsche Entscheidungen fällt, und zweitens das Kind absolut überfordert ist:

Persönlichkeit setzt erst mit dem achten oder neunten Lebensjahr ein. Was man [davor] „Persönlichkeit“ nennt, ist, dass die Kinder lustbetont sind, und annehmen, sie seien alleine auf der Welt und können rein lustbetont ihren Willen ausleben. Diese Kinder haben noch nicht gelernt, die Aussenwelt/andere Menschen als Begrenzung des eigenen Ichs zu akzeptieren (S. 28)

So wie das Kind seine Zeit braucht um sich körperlich oder intellektuell/sprachlich zu entwickeln braucht es seine Zeit um sich psychisch zu entwickeln. Das sind drei verschiedene Stränge, die voneinander getrennt gefördert werden müssen. Gemäss Winterhoff kommt der psychologische Strang am ehesten zu kurz. Oft geschieht es, dass die Erziehung nur auf die körperlichen und intellektuellen Fähigkeiten fokussiert wird und die psychologische ausser Acht gelassen wird.

Winterhoff listet vier Bereiche auf, wo Kinder Hilfe in ihrer psychologischen Entwicklung brauchen (S. 33)

  1. Frustrationstoleranz
  2. Gewissensinstanz
  3. Arbeitshaltung
  4. Leistungsbereitschaft

Leider geht er dann auf diese Bereiche nicht näher ein. Für konkrete Schritte empfehle ich Hanniels Reihe “Buben in die Selbstständigkeit leiten”.

2. Es ist einfach so! Bei kleinen Kindern funktioniert Erziehung nicht primär über den Verstand

Winterhoff beschreibt: Eltern versuchen den Kindern zu viel zu erklären, in der Hoffnung über den Appell an ihren Verstand Besserung herbeizuführen. Wo noch wenig Verstand ist - nämlich bei kleineren Kindern - muss der Verstand nicht appelliert, sondern aufgebaut werden. Ein Zitat:

Der alte Kant’sche Leitsatz »Habe Mut, dich deines Verstandes zu bedienen« ist in unserer spätaufklärerischen Gesellschaft zum Mantra geworden, das wir innerlich unablässig vor uns hinmurmeln und das unterschiedslos auf alle Menschen in unserer Umgebung [Anm: auf unsere Kinder] projiziert wird. […]
Folglich unterstellen wir, diesem modernen Denkansatz folgend, auch Kindern die Fähigkeit, das »Sapere aude« [Anm: »Wage es, weise zu sein«] zu leben und verstandesgesteuert ihr Verhalten einrichten zu können.

Auch hier gibt es im Buch keine praktische Anweisung, der einzige halb-konkrete Anhaltspunkt ist der Appell an den gesunden Menschenverstand:

Kurzum: Es war [früher] völlig normal, dass das Gros der wichtigen Entscheidungen von Erwachsenen getroffen wurde und die Kinder das Ergebnis zu akzeptieren hatten. Der Grund dafür war stets die Anerkennung einer unsichtbaren Grenze zwischen Erwachsenenwelt und Kinderwelt, erkennbar beispielsweise auch an der Tatsache, dass wertende Äußerungen über Erwachsene Kindern nicht zugestanden wurden, sondern dem Kind zumindest verbal deutlich gemacht wurde, dass es sich so etwas nicht herausnehmen dürfe. Diese verbale Sanktionierung kam dann auch in Form einer Feststellung daher (»So redet man nicht über Erwachsene!«) und nicht mit dem Versuch einer ausführlichen Begründung, warum das so sei.

3. Erziehung setzt voraus: Du bist du, und ich bin ich

Erziehung kann nur dann funktionieren, wenn der Erwachsene das Kind nicht “als sich selbst” sieht, sondern als eigenständige, unabhängige Persönlichkeit. Das ist wohl die Hauptaussage des Buches. Fangen Eltern und Kinder miteinander zu “verschmelzen” wird der Erziehung den Boden unter den Füssen entzogen. Dann hilft alles Schelten und Strafen nichts, alle Versuche verpuffen ohne merkliche Auswirkung.

Winterhoff beschreibt drei Stufen der Verschmelzung:

  1. Partnerschaftlichkeit (»mein Kind ersetzt meine Ehe/fehlende Freundschaften«)
  2. Projektion (»ich will, dass meine Kinder gut sind, damit es mir selbst gut geht«)
  3. Symbiose (»mein Glück hängt vom Glück meiner Kinder ab«)

Die Beschreibung der einzelnen Stufen (wobei Winterhoff die Stufe 3 als die schlimmste bezeichnet) fand ich nicht sonderlich hilfreich. Folgende Überlegung von Winterhoff machte aber Sinn: Wenn das System Eltern=Erzieher, Kinder=Lernende/Unterordnende durcheinandergerät, dann hilft alle Konsequenz, alles Grenzen setzen nicht mehr. Dann ist die Erziehung “ausser Rand und Band”. Ein treffendes Zitat:

Wenn der Erwachsene [bei offensichtlicher Rebellion des Kindes] mit Blickkontakt, also äußerlich erkennbarer Zuwendung auf das Kind zugeht, wird das Kind grinsend beweisen, dass es [die Situation im Griff hat]. Bevor der Erwachsene das Kind greifen kann, wird es dann um den Tisch herumlaufen und es witzig finden, dass der Erwachsene es nicht erwischt. […] Die Verweigerungshaltung des Kindes erzeugt bei den Eltern in der Regel sofort Druck, weil sie das Gefühl bekommen, dass sich ihr eigener Körperteil weigert, eine Funktion richtig auszuführen. Das Gefühl des Drucks führt zu gesteigerter Aufregung mit dem Ergebnis entsprechender Strafandrohungen oder schließlich gar dem Abstrafen des Kindes [was aber keine grosse Wirkung erzielen wird, …]

Die normale Reaktion der Eltern würde [aber] darin bestehen, sich dieser provokativ wirkenden Verweigerungshaltung von Seiten des Kindes nicht zur Verfügung zu stellen, sich also abgegrenzt zu zeigen (genau wie bei den Provokateuren, an denen man in der Stadt einfach vorbeigeht) und dem Kind damit zu bedeuten, dass es die Eltern mit seinem frechen Verhalten nicht steuern kann. Es ist sehr wohl denkbar, das Kind wegen dieser Frechheit auf sein Zimmer zu schicken. Sinn dieser Handlung wäre die räumliche Trennung, um auf diese Weise zu einem natürlichen Aggressionsabbau beim Kind zu kommen.

Dieses Zitat beweist, dass Winterhoff nicht für besonders strenge, strafende Erziehung ist (was ihm häufig vorgeworfen wird), sondern sich für die richtige Basis zwischen Eltern und Kindern einsetzt. Ist diese Voraussetzung erfüllt, genügen Worte, einfache Handlungen um die Kinder wieder auf den richtigen Weg zu bringen.

Wie man aber nun zu dieser gesunden Basis kommt, darüber schweigt das Buch leider auch. Was mir bleibt, ist, Missstände im Gebet vor Gott zu bringen und immer wieder mit meiner Frau darüber zu sprechen, welche Schritte wir tun können, um die Eltern-Kind-Beziehung wieder ins Lot zu bringen.

Sofies Welt beantwortet die Frage: In welche Zeit bin ich hineingeboren worden?

Jede Generation hat ihre verfärbende Brille auf. Dinge, die nie hinterfragt werden, die “einfach so sind”. Im Nachhinein sagt man dann “Wie konnten sie nur..”.

Wie bitte sehr wurde Sklavenarbeit begründet? Wie konnte es nur zum Nationalsozialismus kommen? Mich lässt die Frage nicht los: Wird man in der Zukunft über unser Jahrhundert sprechen: “Wie konnten sie nur..?”. Ohne Frage! Doch was ist an der heutigen Zeit abartig? Und wie kann ich dies erkennen und mich davon distanzieren?

Ich selbst bin ein Kind der Zeit und bin auch als Christ in gewissen Gedankenmustern gefangen. Doch in welchen? Mir fehlte der Überblick über die Philosophie-Geschichte, um die vielen Gedanken überhaupt einordnen zu können: Woher stammt die heutige Weltanschauung? Woher kommen verschiedene christliche Strömungen (insbesondere das liberale Christentum)? Ich war schon drauf und dran den “Störig“ zu bestellen, als mir ein Kollege Sofies Welt empfahl.

Das Buch ist enorm spannend geschrieben. Trotz der 600 Seiten hatte ich es - als ungeübter Leser - in knapp zwei Wochen durch, da es eine geschickte Mischung zwischen Philosophie-Geschichte und Storytelling ist. Die geschickte Erzählstruktur hat das Buch auch in die “Top 50 Liste” der meist verkauften Bücher katapultiert. Das Buch ist definitiv lesenswert. Obwohl es nicht christlich ist, kann ich es als eine gute Übersicht zur Philosophie empfehlen. Ich habe eine Zusammenfassung aller Philosophen gemacht, welche im Buch behandelt werden.

Was mich besonders interessiert hatte: Ich wollte wissen, woher gewisse Denkensarten herkommen. Ich habe 5 Strömungen analysiert mit einem Wissensstand von “Sofies Welt”, ich kann nicht für mehr Korrektheit als Sofies Welt garantieren, insbesondere wenn es darum geht woher ein gewisses Gedankengut kommt.

Woher kommt die Idee, dass es nur das gibt, was wir messen können?

Der heutige Trend: Eigentlich ist die heutige Philosophie tot. Oder anders formuliert, was früher Philosophen waren, sind heute Naturwissenschaftler: Die Wahrheit wird mittels Teilchenbeschleuniger oder Marsexpeditionen erforscht. Dass es eine absolute metaphysische Wahrheit gibt, glaubt ja fast niemand mehr, deshalb lohnt es sich auch nicht, darüber zu philosophieren. Was wir sicher wissen können, ist nur die messbare Welt. Dieser Trend geht auf die Naturalistische Strömung (ab Mitte 19. Jahrhundert) zurück. Darwin hatte gerade die Theorie aufgestellt, dass der Mensch “ganz natürlich” entstanden sei; Gott und all die übernatürlichen Phänomene brauchte es nicht mehr, nun war alles erklärbar. Naturalismus wird in Sofies Welt so erklärt:

Unter ›Naturalismus‹ verstehen wir dabei eine Wirklichkeitsauffassung, die außer der Natur und der wahrnehmbaren Welt keine weitere Wirklichkeit akzeptiert.

Was mich überraschte ist, dass es diesen Trend schon bei den griechischen Philosophen gab: Schon Aristoteles stellte die Theorie auf, dass ein Kind mit Nichts in die Welt kommt und alles nur über seine Sinne erfährt. Diese Beschränkung der Welt auf das Wahrnehmbare ist also keine “Errungenschaft” der letzten Jahrhunderte, es ist kein Fortschritt aus dem rückschrittlichen Mittelalter, es ist bloss einfach eine Modeerscheinung, welche wieder vorbei gehen wird. Ich finde diese Erkenntnis heilsam, denn es zeigt, dass die Menschheit immer mal wieder in dieses Extreme “es gibt nur, was ich sehe” fällt.

Das Paradoxe an der Geschichte der Philosophie ist, dass sie bei Fragen wie “woher komme ich” anfing, nun aber bei der Teilchenphysik angelangt ist und dabei von der ursprünglichen Frage völlig abgeirrt ist. In “Sofies Welt” wird das schön beschrieben, als die beiden Hauptfiguren vor einem Büchergestell voller Esoterik-Literatur stehen: Da die heutige Philosophie die Fragen der Menschen nicht mehr beantwortet, sucht die Menschheit ihre Antworten halt woanders, nämlich in der Ufologie, im Pendeln, in der Ernährung, oder eben hoffentlich bei Gott.

Das Gegenmittel: Um die verfärbende Brille abzunehmen, hilft eine gute Dosis Descartes: Was er macht ist Folgendes: Fangen wir damit an, was wir wirklich, wirklich sicher wissen können. Die Welt um uns herum könnte Trug sein, auch wenn sie sehr real erscheint. Schliesslich wirken auch Träume sehr real. Auf was können wir aber sicher vertrauen? Auf unser Bewusstsein! Was ich sicher weiss, ist, dass es mich gibt, und dies merke ich, indem ich darüber nachdenken kann. So ist sein berühmtestes Zitat zu verstehen: “Ich denke also bin ich” (cogito ergo sum). Nun ist die Frage, woher dieses Bewusstsein kommt, und diese Frage beantwortet die Bibel, indem sie erklärt, dass wir nach dem Bild Gottes geschaffen wurden.

Woher kommt die Über-Sexualisierung?

Von Sigmund Freud. Er hat behauptet: Wer die Sexualität “unter dem Deckel” hält, lässt sie immer grösser werden. Nach und nach wird sie sich ausbreiten, bis sie überall zum Vorschein kommt: in Träumen, in “Versprechern” bei Gesprächen, etc. Letztlich führe die Unterdrückung der Sexualität zu Psychosen. Er hat behauptet, dass die Gesellschaft die Sexualität bändigen kann, wenn sie ihren sexuellen Trieben mehr Raum gibt. So wie man ein wildes Tier zufriedenstellen kann, wenn man es aus dem Zwinger lässt und ihm ein grösseres Gehege gibt.

Doch die Geschichte hat gezeigt, dass die Sexualität sich so nicht bändigen lässt. Das wilde Tier gibt sich mit dem grösseren Gehege nicht zufrieden. Im Gegenteil: Es wird zum Monster, das immer stärker wird und das immer mehr Freilauf fordert. Über viele Jahrzehnte wird nun der Sexualität grössere und grössere Gehege gegeben, angefangen bei Sex vor der Ehe, weiter bei Seitensprüngen, Prostitution, Pornografie, was nicht stört ist auch erlaubt. Doch irgendwann sollte der Hunger doch mal gestillt sein, oder? Wer mehr und mehr isst, bei dem sollte doch irgendwann mal die Sättigung einsetzen, nicht? C.S. Lewis beschreibt die Situation gut (aus “Mere Christianity” – “Pardon ich bin Christ”):

Nehmen wir ein anderes Beispiel. Mit Striptease-Vorstellungen, also damit, dass sich ein Mädchen auf der Bühne auszieht, kann man großes Publikum anlocken. Nehmen wir aber einmal an, wir kämen in ein Land, wo man ein Theater damit füllen könnte, dass jemand eine zugedeckte Platte auf die Bühne trägt und dann langsam den Deckel abnimmt, so dass jedermann — kurz bevor das Licht ausgeht — sehen kann, dass ein Hammelkotelett oder ein Stück Speck auf der Platte liegt. Würden wir nicht annehmen, dass in diesem Land mit dem Appetit der Leute etwas nicht in Ordnung ist? Und würde nicht jemand aus einer anderen Welt von uns annehmen müssen, dass es um unseren Geschlechtstrieb nicht sehr viel anders bestellt ist?

Woher kommt die Ansicht, dass es keine absolute Wahrheit gibt?

Der Trend: Wir leben in einer Welt voller Individualisten, in der jeder meint, er wisse selbst am Besten, was recht ist. Die scheinbare Lösung: Statt auf Konfrontation zu gehen ist der friedlichste Weg einfach alle mit ihren Behauptungen stehen zu lassen und zu behaupten es gäbe gar keine absolute Wahrheit. Dieser Trend geht auf Hegel zurück, der beobachtete, dass sich philosophische Überzeugungen von Generation zu Generation verändern. Er behauptete, dass die Lebensanschauungen der Welt sich immer weiter entwickeln (Fortschrittsglaube). Ein Zitat über Hegel aus Sofies Welt:

Weil den Menschen immer wieder Neues einfällt, ist die Vernunft ‚progressiv‘. Das heißt, die menschliche Erkenntnis schreitet immer weiter fort und mit der Menschheit insgesamt geht es entsprechend ‚vorwärts‘.

Hegel meint: Wenn die Menschheit sich immer weiter entwickelt, dann wird auch unsere Ansicht früher oder später überholt sein. Wir sind nur ein Baustein eines grossen Gebäudes, unsere Überzeugungen haben also primär gar keine grosse Relevanz für unseren Alltag, sondern sind hauptsächlich als kleiner Fortschritt der Menschheitsgeschichte zu verstehen.

Das Gegenmittel: Um diese verfärbende Brille abzunehmen, hilft eine Dosis Kierkegaard: Er hat bemerkt, dass die Philosophie Hegels dazu führt, dass Menschen für ihr Leben keine Verantwortung mehr annehmen: »Ich lebe halt heute, da handle ich so. Lebte ich früher, dann würde ich mich anders verhalten«. Er kritisiert, dass die Philosophie nur noch betrachtend ist und nicht (wie bei Kant) eine Richtschnur für unser Leben.

Insgesamt empfand ich die Philosophie von Kierkegaard als die heilsamste für unsere Zeit: Der heutige Relativismus (=Toleranz) ist enorm bequem: Mein Nachbar verhält sich komisch? Wenn “es für ihn stimmt” dann darf ich mich doch gar nicht einmischen.. Kierkegaard ruft auf zum Handeln, zum unbequemen Stellung beziehen, zu Konflikten:

In der modernen Stadtgesellschaft sei der Mensch ›Publikum‹ oder ›Öffentlichkeit‹ geworden, meinte Kierkegaard, und das erste Kennzeichen der Menge sei das viele unverbindliche ›Geschwätz‹
Heute würden wir vielleicht das Wort ›Konformität‹ verwenden, das heißt, dass alle dasselbe ›meinen‹ und ›vertreten‹, ohne dass irgendwer ein leidenschaftliches Verhältnis dazu hat.«

Woher kommt “erlaubt ist, was nicht stört”?

Das Credo heute: Solange es niemanden stört ist es ok. Hauptsache, er ist glücklich, es “stimmt für ihn”. Das höchste Gut der modernen Zivilisation ist die Freiheit vor Moral-Massstäben. Gut sichtbar ist das z.B. beim Thema Pornografie: Obwohl der Konsum davon Ehen zerstört und die Porno-Akteure ins Elend (z.B. Drogenkonsum) stürzt, greift niemand ein. Der Grund: Niemand wird zu diesem Handeln gezwungen, die Menschen sind für sich selbst verantwortlich und wer weiss, vielleicht schadet es ihnen ja doch nicht, obwohl alle Anzeichen dies andeuten.

Woher kommt dieser Verlust an Sinn und Moral? Ein bekannter Verkündiger dieser Philosophie ist Jean-Paul Sartre (20. Jahrhundert). Er entwickelte die einzig schlüssige Antwort auf Darwin und die Urknalltheorie: Wenn der Mensch nicht von einem Gott erschaffen wurde, wenn die ganze Evolution sowieso irgendwann wieder in einem weiteren Urknall wiederholt werden soll, dann hat seine Existenz keinen Sinn. Er schuf das “absurde Theater”, in Sofies Welt wird das so beschrieben:

Dem ›absurden Theater‹ – oder ›Theater des Absurden‹ – ging es darum, die Sinnlosigkeit des Daseins zu zeigen. Man hoffte, das Publikum werde dann nicht nur zuschauen, sondern auch reagieren. Es war also nicht das Ziel, die Sinnlosigkeit etwa zu verherrlichen. Im Gegenteil: Durch Darstellung […] von ganz alltäglichen Ereignissen […] sollte das Publikum gezwungen werden, über die Möglichkeiten eines echteren und eigentlicheren Daseins nachzudenken.

Das Gegenmittel: Soweit ich verstanden habe, ist diese Philosophie der “Sinn- und Morallosigkeit” bisher in der Weltgeschichte noch nie so aufgetreten. Daher gibt es auch keine Philosophen, an die wir uns für eine Antwort wenden könnten. Jonas Erne hat mich darauf hingewiesen, dass zur Zeit der griechischen Philosophen schon mal eine ähnliche Situation herrschte: Die Sophisten stürzten die Welt in den Relativismus und erst Sokrates, Platon und Aristoteles glaubten wieder an eine “absolute Wahrheit” und den daraus folgenden moralischen Ansprüchen.

Parallel dazu haben wir heute die Agnostiker welche aus der Postmoderne entstanden sind. Sie sagen: “wir können es eh nicht herausfinden, darum versuchen wir es gar nicht erst”. Und die Gegenströmung dazu entsteht mit dem “Neuen Atheismus”, der wieder an eine absolute Wahrheit glaubt und z.B. behauptet, dass man wissenschaftlich herausfinden kann, wie die Welt entstanden ist. Darauf aufbauend haben die “Neuen Atheisten” einen eigenen Moral-Anspruch, der sich zwar dem christlichen widersetzt aber zumindest logisch herleitbar ist. Daher ist es eigentlich einfacher mit Atheisten zu diskutieren als mit Agnostikern.

Die Gefahr in den Diskussionen mit Atheisten ist aber, dass man mit der Moral anfängt. Das ist nicht zielstrebig. Wenn ich z.B. jemandem versuche zu erklären, dass Pornografie der Ehe schadet, so wird die Antwort sein, dass doch eine “gesunde, freie Sexualität” der Person selbst gut tut, und die Ehe an sich ist nur dann schützenswert, wenn sie auch funktioniert, und dies ist nur dann der Fall, wenn beide ihre Sexualität frei ausleben dürfen. Die Argumentationen sind schlüssig, wenn man davon ausgeht, dass es keinen Schöpfer gibt, der gewisse Spielregeln festgelegt hat und Menschen dafür belohnt, wenn sie sich an die Spielregeln halten. Darum sind Diskussionen um Sexualität (insbesondere auch Homosexualität) zwischen Christen und Nicht-Christen nur vergeudete Zeit, da beiden Parteien von einem ganz anderen Weltbild ausgehen. Die Zeit wäre besser investiert in der Diskussion darüber, ob die Welt geschaffen wurde oder nicht.

Woher kommt der Glaube, dass uns Wissen zu besseren Menschen macht?

Von der Aufklärung. Seither lautet die gängige Annahme: Bildung löst die Probleme der Menschheit. Wenn nur alle Menschen Zugriff auf das Wissen der Menschheit hätten, dann wären alle Probleme gelöst. In Sofies Welt wird das so beschrieben:

»Wenn Vernunft und Wissen sich erst ausgebreitet hätten, meinten die Aufklärungsphilosophen, dann würde die Menschheit große Fortschritte machen. Es war nur eine Frage der Zeit, dann würden Unvernunft und Unwissen verschwunden und eine aufgeklärte Menschheit da sein. Dieser Gedanke hatte in Westeuropa bis vor einigen Jahrzehnten fast schon ein Monopol. Heute sind wir nicht mehr so sehr davon überzeugt, dass immer mehr Wissen zu immer besseren Zuständen in der Welt führt. Diese Kritik der ›Zivilisation‹ wurde allerdings auch schon von den französischen Aufklärungsphilosophen selber vorgebracht.«

Tatsächlich profitieren viele Bereiche von einer Verbreitung des Wissens: Gesundheit, Lebensumstände, etc. haben sich dank dem Gedankengut der Aufklärung massiv verbessert. Doch ausserhalb dieses wissenschaftlichen Bereiches bietet blosses Wissen keinen wesentlichen Beitrag. Immer noch erwartet die Welt die “Lösung aller Probleme” aus der Wissenschaft: Welthunger, Frieden, glückliche Menschen, all das sind immer wieder Themen von TED-Talks in der Hoffnung, dass Forschung und Informations-Verbreitung die Probleme lösen würden. Aber diese Probleme werden so einfach nicht gelöst, da sie nicht wissenschaftlicher Natur sind. Die Blindheit über die Grösse des “ausser-wissenschaftlichen Bereiches” ist frappant.

In Sofies Welt wird dieses Dilemma so beschrieben:

Aber wenn wir uns fragen, woher die Welt stammt – und also mögliche Antworten diskutieren –, dann läuft die Vernunft gewissermaßen im Leerlauf. Dann kann sie nämlich kein Sinnesmaterial ›bearbeiten‹; sie hat keine Erfahrungen, an denen sie sich reiben kann. […] Es ist genauso sinnvoll zu sagen, die Welt muss einen Anfang in der Zeit haben, wie zu sagen, dass sie keinen solchen Anfang hat. Die Vernunft kann zwischen den beiden Möglichkeiten nicht entscheiden, weil sie sie beide nicht ›fassen‹ kann.

Da man nicht “beweisen” kann, welche Religion nun recht hat, dann nimmt man die Toleranz-Keule und sagt “alle haben recht und keiner hat recht” und schweigt einfach darüber und lässt die Menschen im Ungewissen, gerade bei den relevantesten Fragen.

Das Gegenmittel: Die einzige Lösung zu diesem Dilemma kann nur “von Aussen” kommen. Vom Schöpfer, von dem, der uns ins Leben gerufen hat. Es muss über eine göttliche Offenbarung passieren. Und diese Offenbarung kann man dann selbst mit “wissenschaftlichen Methoden” prüfen, sprich es muss geschichtlich, archäologisch, etc. schlüssig sein. Dies trifft auf das Christentum zu, daher finde ich das Thema “Apologetik” spannend, da es genau diese Brücke zwischen Wissenschaft und Glaube schlägt.

Chesterton: Ketzer – ein Aufruf zum scharfsinnigen Denken

G.K. Chesterton (1874 – 1936) war ein Phänomen. Ich habe noch niemanden gelesen, der so konsequent jeden Gedanken umdreht: Mit einer Leichtigkeit ergreift er Behauptungen, welche eigentlich jeder richtig findet, wendet sie vor und zurück und, was vorher mir vorher logisch erschien, erscheint plötzlich völlig absurd! Und dabei schreibt Chesterton witzig, schlicht und niemals ironisch.

Chesterton war als Jugendlicher Agnostiker, ist dann zum Christentum konvertiert und trat am Schluss seines Lebens der katholischen Kirche bei. Er war wohl ziemlich einseitig begabt. Einige Male hat er auf Reisen seiner Frau telegrafiert mit der Frage, wo er nun eigentlich hinsollte (sie hat dann jeweils geschrieben: “Home!”). Er war ein Denker, ein Tagträumer. Solche Menschen finde ich sympathisch, vielleicht, da mir mein Englischlehrer das Gleiche vorwarf. “Philipp, are you with us?” hat er gefragt, wenn ich mal wieder einem Gedanken nachjagte.

Das Buch “Ketzer: Ein Plädoyer gegen die Gleichgültigkeit” war nun das erste Buch, das ich von ihm las (auf Empfehlung von Hanniel). Ich denke, es wird nicht das Letzte sein. Denn Chesterton greift Denkfehler an, welche sich langsam in die Gesellschaft einschlichen. Was mich eigentlich überraschte: Neun Kapitel widmete er zeitgenössischen Schriftstellern und ihren Denkfehlern. Die Schreiber sind heute allesamt nicht mehr bekannt (jedenfalls mir nicht), aber ihre Denke hat hundert Jahre überlebt - in einigen Fällen haben sie sich sogar noch ausgeweitet und sich zu regelrechten Monstern entwickelt.

Ich habe fünf seiner philosophischen Kunststückchen herausgerissen und gebe ein paar einprägsame Zitate wieder - ich hoffe, dass dem einen oder anderen Leser der Reichtum seiner Gedanken erschließt.

These der Gegner: Ernst ist das Gegenteil von Spaß

Selbstporträt von Chesterton basierend auf dem Slogan 'Drei Acker und eine Kuh'

Chestertons Bücher sind voll von Witz, oftmals subtil. Oft treibt er einen Gedanken der Gegner auf die Spitze, um zu zeigen, wie absurd er ist. Seine Gegner warfen ihm vor, seine Sache nicht ernst zu nehmen. Chestertons Antwort (S. 190):

Aber unbegreiflich ist mir, wie jemand, der sich ernsthaft mit der Gesellschaft befasst, zu der Annahme kommt, er könne die Gedankenlosigkeit unserer Generation mit verkrampften Paradoxa heilen.

Wenn [jemand] denkt, ich meinte nichts ernst, sondern machte nur Spaß, so deshalb, weil [er] denkt, Spaß sei das Gegenteil von Ernst. Spaß ist das Gegenteil von Nicht-Spaß und sonst gar nichts. […] In Wahrheit haben Spaß und Ernst nicht das geringste miteinander zu tun und haben nicht mehr Ähnlichkeit miteinander als Merkmale wie schwarz und dreieckig.

Er vergleicht die Absicht eines Witzes - nämlich zu überraschen - mit der Erwartung an einen Propheten oder Lehrer:

Jedenfalls erwarten wir, wenn wir einem Propheten oder einem Lehrer zuhören, nicht unbedingt Esprit oder Eloquenz, aber immer etwas, was wir nicht erwartet haben.

Was das für mich bedeutet: Niemand wird gerne gelangweilt.
Ich fühle mich herausgefordert das Evangelium nicht “trocken” zu verkündigen, sondern immer wieder neue Formen und Wege zu finden, es zu verkündigen. Einen eigenen Stil zu finden empfinde ich dabei die größte Herausforderung.

These der Gegner: Die Menschheit ist fortschrittlich

Die gängige Ansicht: Die Aufklärung hat eine Alternative geschaffen zum Glauben der Religion: Der Mensch wird immer selbstständiger, es steht ihm immer mehr Wissen zur Verfügung, er entwickelt sich immer weiter. Dabei ist ihm der Glaube an eine Morallehre immer weniger wichtig, wichtiger ist der “gesunde Menschenverstand”; dies ist gleichbedeutend mit einer Freiheit von Dogmen.

Chestertons Antwort (S. 34):

Recht verstanden, hat Fortschritt tatsächlich eine höchst erhabene und legitime Bedeutung. Aber als Gegenbegriff gegen inhaltliche moralische Ideen verstanden, ist das Wort lächerlich. […] Schon der Name »Fortschritt« deutet auf eine Richtung hin; sobald wir an dieser Richtung im Mindesten zu zweifeln beginnen, wird uns im gleichen Maße der Fortschritt zweifelhaft.

Nicht nur ist das Zeitalter mit der geringsten Klarheit darüber, was Fortschritt ist, unser »Zeitalter des Fortschritts«. Mehr noch ist Tatsache, dass die Menschen, die am wenigsten wissen, was Fortschritt ist, die »progressivsten« Menschen in unserem Zeitalter sind.

Ich behaupte also nicht, dass dem Wort »Fortschritt« keine Bedeutung zukommt; ich behaupte nur, dass es ohne Bedeutung bleibt, wenn nicht zuvor die Morallehre feststeht.

In der Tat ist es heutzutage fortschrittlich, einfach immer mehr Moral fallen zu lassen: Tu, was den anderen nicht stört und gut ist. Chesterton an einer anderen Stelle (S. 234)

Lässt [der] ausgefuchste Skeptiker eine Lehre nach der anderen fallen; sieht er sich in Gedanken als Gott, der selbst keinerlei Glauben hat, aber auf alle Religionen hinabblickt - dann sinkt er nach und nach zurück in die Unentschiedenheit der streunenden Tiere und die Bewusstlosigkeit der Gräser. Bäume haben keine Dogmen. Rüben sind extrem weitherzig.

These der Gegner: Massen-Zeitungen sind politisch motiviert

Die gängige Ansicht ist, dass Tageszeitungen mit großer Auflage (besonders Gratiszeitungen) die Bevölkerung “umpolen”, dass sie zu viel Macht hätten, etc.

Chesterton kontert (S. 100):

[Das] wirkliche Gebrechen [der Sensationspresse] besteht nicht darin, dass es über die Stränge schlägt, sondern dass [sie] unerträglich zahm ist. Das ganze Ziel ist es, sich im Rahmen eines gewissen Erwartungshorizontes und einer gewohnten Gemeinplätzigkeit zu halten.

Sprich: Die Presse kann sowieso nur das schreiben, was alle denken, sonst würde sie sich nicht verkaufen. Daher ist das Diktat nicht bei der Zeitung, sondern beim Volk. Also muss man die Gründe der “Volksverführung” nicht bei den Zeitungen suchen, sondern woanders. Denn die Zeitungen haben keinesfalls die Absicht große Revolutionäre zu sein, sondern sind gefangen in der Mittelmäßigkeit: (S. 104)

Jeder noch so kluge Mensch, der damit beginnt, den Erfolg zu verherrlichen, muß in reinem Mittelmaß enden. […] Der Kult um den Erfolg ist der einzige unter allen Kulten, von dem sich mit Fug und Recht sagen läßt, dass seine Anhänger dazu verdammt sind, Sklaven und Feiglinge zu werden.

Was das für mich bedeutet: Ich sehe mir die Tageszeitungen nicht als bestimmende Quelle an, sondern als Spiegel der Gesellschaft, als Zeugnis der “herrschenden Verhältnisse”. Trotzdem geht natürlich von ihnen eine Gefahr aus für uns Christen (insbesondere für meine Kinder), da sie unser Denken infiltriert (Röm 12,2).

These der Gegner: Schlussendlich können wir nur der Vernunft trauen

Die Aufklärung brachte uns das Diktat der Vernunft. Wem sollen wir trauen wenn nicht unserem eigenen logischen Denken? Sogar Christen blieben von diesem Gedankenmodell nicht verschont. Rechts ein Bild von Bill Bright das behauptet, dass dem Glauben selber das Kennen der Fakten (also die Vernunft) vorangehe. Ich kann mich gut erinnern, als mir das jemand in meinen ersten Monaten als Christ gezeigt hat und ich dieses Verständnis jahrelang nicht hinterfragt hatte.

Doch dieser Fokus auf die Vernunft ist im Grunde genommen der Kerngedanken der Heiden, aber das Ziel der Christen ist ganz ein anderer. Chesterton dazu (S. 139/140)

die heidnische Tugenden [sind] vernünftig, die christlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe hingegen im Kern denkbar unvernünftig.

Da das Wort »unvernünftig« durchaus mißverstanden werden kann, wäre es vielleicht korrekter zu sagen, dass jede dieser christlichen oder mystischen Tugenden ein Paradox einschließt, während das für die typisch heidnischen oder rationalen Tugenden nicht gilt:

Christliche Nächstenliebe heißt etwas zu verzeihen, was unverzeihlich ist, sonst wäre sie gar nicht erst eine Tugend. Hoffnung heißt hoffen, wenn alles hoffnungslos ist, sonst wäre es keine Tugend. Und Glaube heißt das Unglaubliche glauben, sonst wäre auch er gar keine Tugend. […]

Als gar nicht schick gilt der Glaube, und von allen Seiten wird ihm regelmäßig vorgehalten, er sei ein Paradox.

Und dieser Glaube ist der Welt ein Ärgernis (Paradoxon), weil es sich so gar nicht mit der Vernunft vereinbaren lässt.

In eine ähnliche Kerbe schlägt er, als aufzeigt, dass sich Fortschritt nicht mit selbstständigem Denken vereinbaren lässt. Mir fiel es wie Schuppen vor den Augen, ja klar, das sind ja entgegengesetzte Kräfte! (S. 149):

Ich weiß nicht, was für ein unglaublicher Denkfehler heutige Autoren dazu bringt, die Idee des Fortschritts so beharrlich mit der Idee des selbstständigen Denkens zu verknüpfen. Fortschritt ist unverkennbar das gerade Gegenteil des selbstständigen Denkens. Denn jeder selbstständig und individuell Denkende beginnt ganz von vorn und gelangt aller Voraussicht nach nicht weiter als sein Vater vor ihm.

Was das für mich bedeutet: Ich glaube Vernunft ist wichtig, Gott gebietet uns zum Nachdenken. Aber die Vernunft ist weder der Treiber (der Mensch will von sich aus nicht zum Licht) noch das Ziel (das Ziel ist Glaube, Liebe, Hoffnung), sie ist nur der Mittel zum Zweck.

These der Gegner: Der Sinn des Lebens ist sowieso unklar. Die richtige Antwort darauf ist Skeptizismus

Meine Erfahrung: je intellektueller das Umfeld, desto skeptischer und beißender sind die Witze. Ich habe früher gerne Reddit gelesen, bis ich es nicht mehr ausgehalten hatte, dass einfach alles zerrissen wird. Der Skeptizismus fing schon zu Chestertons Zeit an sich auszubreiten. Seine Antwort darauf ist eine treffende Beschreibung der Welt des 20/21. Jahrhunderts: (S. 196)

Unser Einspruch gegen den Skeptizismus lautet, dass er dem Leben jede Triebkraft nimmt. Der Materialismus ist keineswegs etwas, das dem Zwang ein Ende macht. Er ist selber der große Zwang.

Und weiter (S. 145):

Der Urfluch aller Geschichte hat uns die Neigung beschert, der Wunder müde zu sein. Sähen wir die Sonne zum ersten Mal, dann wäre sie der furchtbarste und schönste Meteor überhaupt. […] wir neigen dazu, unsere Ansprüche immer höherzuschrauben.

Und weiter (S. 122):

Aber [wenn] gleichermaßen die Furcht, das Staunen und die Fröhlichkeit abgeht, [damit] will ich nichts zu tun haben.

Und nirgends ist das Kind so wahrhaft kindlich, […] dass es alles, selbst die komplizierten Dinge, mit schlichtem Vergnügen gewahrt.

Was das für mich bedeutet: Ich will nicht “sitzen, wo die Spötter sitzen” – denn der Einfluss einer skeptischen, ironischen Atmosphäre wirkt lähmend auf mich und die Familie. Von meinen Kindern kann ich von dieser “Schlichtheit des Herzens” lernen.

Hans-Joachim Maaz: Die narzisstische Gesellschaft. Wie narzisstisch bin ich selbst?

Das Buch “Die narzisstische Gesellschaft” von Hans-Joachim Maaz ist zwar kein christliches Buch, aber die Beschreibung hat mich sofort angesprochen:

Der narzisstische Mensch ist im Kern ein um Anerkennung ringender, stark verunsicherter Mensch. So tut er alles, um die Bestätigung, die er zum Leben braucht, zu erhalten. Diese narzisstische Kompensation bedarf ständig erweiterter Ablenkung durch Konsum, Besitz, Animation und Aktion.

Seit ein paar Monaten bin ich immer wieder über den Begriff “Narzissmus” gestolpert und wollte prüfen, wie es denn bei mir steht. Tief drin schlummerte der Verdacht, dass ich ein Narzisst inmitten von lauter Narzissten bin. Ich wollte wissen: Wie sehr definiere ich mich durch meine Umgebung?

Ja, ich gestand mir ein, dass mir die Traffic-Zahlen meines Blogs (zu) wichtig sind. Und auch, dass ich (allzu sehr) wissen wollte, was andere in der Gemeinde über mich denken. Aber so sind doch alle, nicht? Daher kann es nicht so schlimm sein, oder? Doch! Wenn nämlich der Grossteil meiner Mitmenschen ebenfalls vom Narzissmus befallen ist, und genau das ist Maaz’ Aussage:

Ich spreche auch von der großen Zahl von Menschen, die gut angepasst an die Verhältnisse und Erwartungen ihrer Umwelt relativ unauffällig, eigentlich normal und ganz anständig leben […]. Die Grenzen zwischen «noch normal» und «schon pathologisch» sind fließend, und durch das, was «alle» machen, ist ihre Bewertung verzerrt. So kann die Mehrheit einer Bevölkerung extrem selbstentfremdet und hochpathologisch leben, ohne dass das wahrgenommen wird, weil eben «alle» so sind.

Oha! Das heisst: Die Welt um mich herum ist narzisstisch und verführt mich dazu, auch so zu sein wie sie. Könnte daher “stellt Euch nicht dieser Welt gleich“ für mich heute heissen, aus der Welt des Narzissmus auszubrechen?

Ist das Buch empfehlenswert?

Hans-Joachim Maaz ist Psychotherapeut und hat 34 Jahre Erfahrung mit Neurologie und Psychiatrie. Das Buch ist daher ein “Heimspiel”. Die Beschreibungen, was Narzissmus ist und welche Auswirkungen und Gesichter diese Störung hat, waren sehr aufschlussreich. Bestechend ist auch die Beschreibung der westlichen Welt, die in ihrem Konsum gänzlich in den Mechanismen des Narzissmus gefangen ist.

Das Buch empfand ich aber als zu langfädig; einige Ausführungen kamen mehrmals vor. Ich denke das Buch liesse sich auf die Hälfte reduzieren, ohne an Inhalt einzubüssen. Wer das Buch lesen will, empfehle ich mit dem Epilog zu beginnen (Maaz’ persönliche Geschichte) und dann nur die Kapitel 1, 2, 4, 5, 6, 8, 11, 18, 21, 22, 25 zu lesen.

Was habe ich gelernt?

  • Narzissmus kommt von einem Liebes-Mangel in der Kindheit (Wunde).
  • Narzissmus ist die Verdrängung dieser Wunde, die viele Formen annehmen kann (Geschäftigkeit, ständiger Konsum, social Media ist eine Form davon, Krieg ein anderer): »[…] begünstigt eine Gesellschaft mit aktionistischer, ruheloser Geschäftigkeit und ablenkender Reizüberflutung, um Erkenntnis zu verhindern«.
  • Es gibt zwei Typen von Narzissten:
    • Grössenselbst-Narzissten holen ihren Kick aus dem Lob ihrer Mitmenschen. Das sind die Karrieretypen, welche nur deshalb Karriere machen, um von ihrer Umwelt geachtet zu werden. Es geht ihnen nicht um die Sache, sondern um sich selbst.
    • Grössenklein-Narzissten empfinden sich als Opfer ihrer Umwelt und holen ihre Nahrung dadurch, dass sie von anderen bemitleidet werden. Sie wollen keine Lösungen für ihre Probleme, da sie sonst keinen Grund mehr hätten, um bemitleidet zu werden.
  • Diese beiden Typen funktionieren am Besten in einer Wechselwirkung:
    • Unterhaltungs-Industrie: Der Star (Grössenselbst) lebt durch das Zujubeln der Menge (Grössenklein), die ein Idol brauchen, da ihr eigenes Leben sinnlos ist: »Der Fan meint nicht den Bewunderten, sondern er braucht und benutzt den Anerkannten, um sich selbst mit dessen Erfolgen aufzuwerten«.
    • Paar-Beziehung: Er (Grössenselbst) macht Dinge nur um von ihr (Grössenklein) gelobt zu werden. Beispiel: Helmut+Hannelore Kohl
    • Beide Parteien haben Interesse am Aufrechterhalten dieses Systems, darum wollen beide das System am Leben erhalten (daher glaubt Maaz auch nicht, dass sich die narzisstische Gesellschaft jemals selbst heilen wird, da sie es schlicht nicht will).
  • Ist die Menschheit seit dem 2. Weltkrieg besser geworden? Nein, es wurden nur die Fahnen gewechselt: Hitler (Grössenselbst) wurde vom Volk (Grössenklein) verehrt und Deutschland (Grössenselbst) lebte ihren Narzissmus durch Krieg aus. Seither wird der Narzissmus durch Konsum genährt. »Es darf nur nicht der Strom ausfallen oder der Zugang zu den “Spielen” nicht zu teuer werden, sonst bricht das gesellschaftlich aufgebaute und kollektiv genutzte Abwehrgebäude zusammen, und die Ablenkungsenergie wird sich dann in aller Regel destruktiv austoben«.
  • Unsere Wirtschaft ist ganz auf die “Gier” der Menschen ausgerichtet: die Gier und die Möglichkeit Schulden aufzunehmen ist der Treiber allen Wirtschaftswachstums: »Die Gier ist das narzisstische Symptom der Wachstumssucht, mit der Konsequenz, dass ein anderes Gesellschaftsmodell, das ohne materielles Wachstum auskäme, gar nicht für möglich gehalten wird – ähnlich wie bei Drogensüchtigen, die sich ein abstinentes Leben gar nicht mehr vorstellen können«.
  • Eine Erziehung mit Lob und Tadel fördert den Narzissmus der Kinder (sie tun Dinge nur, um den Eltern zu gefallen).
  • Ein narzisstischer Mensch ist grundsätzlich “willenlos”, denn er orientiert sich nur an seinem Mitmenschen: »Er richtet sich mit seinem Wollen und Nichtwollen nach den Reaktionen anderer und weiß am Ende gar nicht mehr, wer er wirklich ist und was er will«.

Was ich im Buch vermisst habe

  • Maaz eröffnet das Buch mit der griechischen Sage des Narziss, aber es fehlt dann der Schluss, dass das Problem schon immer bestand. Denn Kinder haben die Wunde von ihren Eltern. Aber ihre Eltern haben ihrerseits diese Wunde. Das Problem ist, dass wir alle in eine sündige Welt hineingeboren wurden (Erbsünde).
  • Maaz geht praktisch nicht auf Social Media ein. Er ist auch schon über 60, daher kam er wohl damit nicht wirklich in Kontakt.
  • Ebenfalls hätte ich mir eine etwas tiefere Analyse der Unterhaltungsindustrie (Fernseher, Tageszeitung, Internet) gewünscht.
  • Wenn Lob und Tadel den Narzissmus meiner Kinder und Mitmenschen fördern, wie kann ich ihnen dann Feedback geben?
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