Der Winter hatte sich noch nie so in die Länge gezogen wie dieses Jahr. Durch die Pandemie, durch das zu-Hause-bleiben, durch den reduzierten Kontakt mit Menschen drückte mir die stetige Dämmerung des Winters auf das Gemüt.

Die letzten Wochen, wohl ausgelöst durch das Anbrechen des Frühlings, habe ich über die Hoffnung nachgedacht. Die Gedanken - obwohl noch grösstenteils unfertig - würde ich gerne mit euch teilen.

Heute: Teil 1 - Hoffnung ist unvernünftig


Ich habe die erste Amsel gehört.
Es gibt nichts, was ihrem Zwitschern nahekäme.
Ihr Gesang verkündet das Ende des Winters.
Sie verkündet: Schau dir die Krokusse an,
Die mit leuchtenden Farben hervorbrechen.
Die Blätter, die an den Bäumen sprossen!

Ich blicke auf und tatsächlich: Frühling!
Die langen Nächte sind vorbei,
Das dauernde Dämmerlicht weicht dem klaren Frühlingslicht.
Mein Herz stimmt ein in den Amselgesang:
Freue dich, der Sommer kommt!


Es gibt wenig, das mein Herz so berührt, wie der Gesang einer Amsel. Ende Februar, Anfang März ist es der Vorbote für den Sommer. Bei uns im Rafzerfeld gibt es viele Feldlerchen. Die fangen ebenfalls an zu zwitschern, und ihr lustiger, wirrer Gesang hat mich schon oft zum schmunzeln gebracht. Die Vögel versprühen eine fröhliche Hoffnung auf den Frühling. Und es dünkt mich, als würden sie mich aufrufen, es ihnen gleichzutun.

Ein weiteres Vorbild für Hoffnung sind meine Kinder. Sie haben das Leben vor sich. Sie denken sich aus, was sie in Zukunft werden wollen. Und ihnen stehen alle Türe offen!

»Ich könnte Ballet lernen und eine Ballerina werden, schau mal, den Spagat kann ich schon fast!«

»Ich werde mal so Gitarre spielen können wie Slash, hör mal, seine Riffs kann ich schon spielen!«

Die Begeisterung, mit der sie ihren Hobbies begegnen ist ansteckend. Sie hoffen auf die Zukunft!

Die Hoffnung ist im Grunde genommen etwas sehr kindliches. Etwas unschuldiges. Die “dark side” vom Erwachsenenwerden ist, dass die Hoffnung durch die dunkle Wolke des Realismus überdeckt wird. Darum finde es wunderschön, wie Jesus uns geraten hat, wie die Kinder zu werden. Und dass uns Gott Kinder in unsere Mitte stellt, die uns zeigen wie Hoffnung geht.


Hoffnung hat eine kleine, vernünftige Seite und dann eine auswuchernde, grosszügige, verschwenderische unvernünftige Seite. Die vernünftige Seite ist die Wurzel: Die Hoffnung muss eine wahre Hoffnung sein. Meine Hoffnung in Gott wird immer wieder intellektuell geprüft und ich muss mir sicher sein, dass mein Glaube auf Tatsachen beruht.

Doch die unvernünftige Seite ist die schönere. Darüber schreibt G.K. Chesterton und stellt sie dem Atheismus gegenüber:

Die heidnischen Tugenden wie Gerechtigkeit und Mass [gehören] zu den traurigen Tugenden, die mystischen Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung hingegen zu den frohen und verschwenderischen Tugenden. […]
Heidnische Tugenden sind vernünftig, die christlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe hingegen im Kern denkbar unvernünftig. […]
Christliche Nächstenliebe […] heisst etwas verzeihen, das unverzeihlich ist, sonst wäre sie gar nicht erst eine Tugend. Hoffnung heisst hoffen, wenn alles hoffnungslos ist, sonst wäre sie keine Tugend. Und Glaube heisst das Unglaubliche glauben, sonst wäre auch er gar keine Tugend. (Aus G.K.Chesterton: Ketzer)

Eine solche Hoffnung kann also nur im christlichen Glauben entspringen. Im atheistischen Nährboden, wo nur der Verstand zählt, kann sie gar nicht erst wachsen. Und daher können wir fröhlich sein über die Hoffnung, die in uns ist!

Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und mit Frieden im Glauben, dass ihr überströmt in der Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes! (Röm 15,13)

Beitrag von meiner Frau

Es gibt immer wieder Christen, die, angesprochen auf Geld und Besitz, das Alte Testament herbeiziehen, um damit zu beweisen, dass Wohlstand ein Segen von Gott ist und dass sie es deshalb absolut verantworten können, Reichtum zu suchen und sich zu gönnen, was diese Welt zu bieten hat.

Was soll man dagegen sagen? Es steht ja in der Bibel. Es gibt verschiedene Stellen im Alten Testament, die von Gottes Segen in Form von grossen Herden, vollen Scheunen und vielen Nachkommen reden.

Für mich und meinen Mann ist jedoch schon seit einigen Jahren klar, dass wir nicht Geld und Besitz suchen wollen. Wir berufen uns dabei auf viele Stellen im Neuen Testament, die davor warnen, Geld zu lieben und Besitz anzuhäufen. Wir haben auch in unseren eigenen Herzen gemerkt, wie Gott an Wichtigkeit verliert, wenn wir irdische Güter suchen. Wie sich unsere Herzen langsam und schleichend von Gott wegbewegen, und stattdessen die Welt, und was sie zu bieten hat, immer begehrenswerter wird. Für uns steht ausser Frage, dass die Aussagen über Geld, Reichtum und Besitz im Neuen Testament wahr sind und nicht ernst genug genommen werden können. Doch was sage ich jemand, der mit einer Stelle aus dem Alten Testament kommt? Wie bringe ich beides zusammen?

Vor einiger Zeit stiess ich auf den im Titel zitierten Vers aus dem Kolosserbrief. Die ganze Stelle geht so:

Das ist doch alles nur ein Abbild und ein Schatten der Dinge, die Gott angekündigt hatte und die in Christus Wirklichkeit geworden sind. (Kol. 2,17)

Eigentlich geht es in dieser Stelle um Essensvorschrifen und das Einhalten bestimmter Tage. Paulus sagt den Christen, dass sie davon befreit sind, diese Vorschriften einhalten zu müssen. Denn in Christus sind die Dinge Wirklichkeit geworden, die zur Zeit des Alten Testaments in bildlicher Form für Sein Werk standen.

Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Dieser Satz “Das ist doch alles…” gilt nicht nur für Essensvorschrifen und das Einhalten bestimmter Feste. Es gilt für alle Dinge, die in Christus Wirklichkeit geworden sind!

Also auch für den Reichtum.

Nachdem Christus sein Erlösungswerk vollbracht hat, sollen wir uns ganz auf die himmlische Welt ausrichten. Der Reichtum, nachdem wir streben, ist nicht mehr irdischer Besitz, sondern: Christus selbst. Unsere Schätze sammeln wir nicht hier auf der Erde, wo Motten und Rost sie zerfressen können, sondern im Himmel, wo sie uns niemand stehlen kann (Matthäus 6, 19-20).

Unsere ganze Hoffnung, unser ganzes Trachten, ist nicht auf diese irdische Welt ausgerichtet, sondern auf den Himmel. Deshalb suchen wir auch keinen irdischen, materiellen Reichtum. Deshalb kann Paulus auch sagen:

“Denn der Gewinn, nachdem ich strebe, ist Christus.” (Philipper 3,8b)

Unmittelbar vor dieser Aussage seht:

Seinetwegen habe ich allem, was mir früher ein Gewinn zu sein schien, den Rücken gekehrt; es ist in meinen Augen nichts anderes als Müll. (Philipper 3,8a)

Ich kenne keine Stelle im neuen Testament, die uns auffordert, Reichtum in der Welt zu suchen. Im Gegenteil: Wir werden aufgefordert, das zu suchen, was oben ist, nicht das, was zur irdischen Welt gehört (z.B. Kol. 3,1-4). Es gibt auch keine Stelle, die so geht: “Gesegnet sind die Reichen” oder “Glücklich zu preisen ist der, der reich ist an irdischen Gütern”.

Es gibt dafür einige Stellen, die genau das Gegenteil aussagen:

Glücklich zu preisen seid ihr, die ihr arm seid; denn euch gehört das Reich Gottes. (Lukas 6, 20)

Ein Gemeindeglied, das in ärmlichen Verhältnissen lebt, soll sich vor Augen halten, was für eine hohe Würde Gott ihm verliehen hat. (Jakobus 1,9)

Hört, meine lieben Geschwister! Hat Gott nicht gerade die, die in den Augen dieser Welt arm sind, dazu erwählt, durch den Glauben reich zu werden? (Jakobus 2,5)

Wir werden also durch den Glauben (an Christus) reich. Das ist unser wirklicher, echter Reichtum. Das ist der Reichtum, der in Christus Wirklichkeit geworden ist.

Über die Reichen hingegen heisst es im Neuen Testament:

Und nun zu euch Reichen: Weint und klagt wegen all des Unheils, das über euch hereinbrechen wird! Der Tag kommt, an dem euer Reichtum verrottet sein wird. (Jakobus 5, 1-2)

Doch weh euch, die ihr reich seid: denn ihr habt euren Trost damit schon erhalten. (Lukas 6,24)

Warum ist das so? Warum sollte es jetzt plötzlich nicht mehr ein Segen sein, im Überfluss mit materiellen Gütern versorgt zu sein? Die Antwort ist ganz einfach: Durch den Glauben bekommen wir etwas Besseres als irdischen Reichtum.

Im ganzen Neuen Testament wird immer und immer wieder betont, dass unser Leben hier auf der Erde nicht “The Real Thing” ist. Dass wir nur Gäste und Fremdlinge sind. Dass unsere Heimat im Himmel ist. Ja, es heisst sogar, dass, wenn es die Auferstehung nicht gäbe, wir Christen die Elendesten unter allen Menschen wären. Weil unsere Hoffnung ganz auf das ewige Leben in der Gegenwart von Christus ausgerichtet ist und wir deshalb die Erfüllung nicht in irdischen Dingen suchen. Wir sind sogar dazu aufgerufen, Leiden auf uns zu nehmen.

Unsere Vorbilder im Neuen Testament, allen voran Jesus, waren nicht reiche, erfolgreiche und angesehene Menschen nach weltlichen Massstäben. Wie viele Dinge besass Jesus? Hatte er ein Haus? Diener? Besitztümer? Nichts von alldem. Er hatte nicht einmal eine Frau und Kinder. Es heisst, er hatte keinen Ort, wo er seinen Kopf zum Schlafen hinlegen konnte. Jesus hatte in voller Klarheit vor Augen, dass seine Heimat bei Gott im Himmel ist. Und dass seine Zeit auf der Erde nur begrenzt ist und verglichen mit der ewigen Herrlichkeit nicht ins Gewicht fällt. Wie eigenartig wäre es gewesen, wenn er sich auf der Welt Reichtümer angehäuft hätte!

Aber bei uns ist es ja nicht anders. Auch wir sind nicht in dieser Welt daheim. Auch wir haben keinen Grund, sesshaft zu werden und Besitztümer zu sammeln.

Nur scheinen wir das oft zu vergessen. Mir kommt es so vor, als wenn viele Christen in unseren Breitengraden nicht auf den Himmel ausgerichtet wären. Dass sie aus den Augen verloren haben, dass die Zeit hier auf der Erde nicht ins Gewicht fällt, verglichen mit der ewigen Herrlichkeit in der Gegenwart Gottes. Im Matthäus-Evangelium ist dieser Zustand treffend beschrieben:

Wieder ein anderer Teil fällt ins Dornengestrüpp. Das bedeutet: Jemand hört das Wort, doch die Sorgen dieser Welt und die Verlockungen der Reichtums ersticken es, und es bleibt ohne Frucht. (Matthäus 13,22)

Könnte es sein, dass wir, wenn wir als Christen auf unser Recht auf Reichtum und Wohlstand pochen, nicht begriffen haben, dass Christus unendlich viel herrlicher ist als materieller Reichtum? Dass wir keine Vorstellung vom Himmel haben, sondern dass der Himmel wie ein schwarzes Loch aussieht, das nicht fassbar ist? Dass wir uns deshalb lieber etwas suchen, das fassbar und verständlich ist? Oder dass wir gar nicht ganz davon überzeugt sind, dass der Himmel wirklich existiert und wir am Ende belohnt werden? Oder uns nicht vorstellen können, dass es im Himmel wirklich besser ist als hier auf der Erde?

Deshalb wollen wir uns doch lieber absichern, sozusagen als Plan B, und auch nach irdischem Reichtum streben. Dann haben wir wenigstens etwas gehabt, falls es mit dem Himmel doch nicht klappen sollte.

Vielleicht haben wir nie erfahren, wie herrlich Jesus ist. Vielleicht können wir nicht verstehen, was Paulus damit meint, wenn er sagt:

Jesus Christus, meinen Herrn, zu kennen, ist etwas so unüberbietbar Grosses, dass ich, wenn ich mich auf irgendetwas anderes verlassen würde, nur verlieren könnte. (Philipper 3,8)

Aber ich weiss, was Paulus damit meint. Deshalb ist materieller Reichtum in meinen Augen auch nichts anderes als Müll. Oder, wie es Matt Chandler in einer Predigt gesagt hat: “Everything you own is the stuff of future garage sales, junkyards and dumps” - was soviel heisst, wie: “Alles, was du besitzt, ist Material künftiger Flohmärkte, Schrotthalden und Müllhalden”.

Materieller Reichtum hat zwei gravierende Nachteile:

  1. Er geht irgendwann kaputt, verrottet oder wird altmodisch.
  2. (Und das ist viel wichtiger): Er zieht unsere Herzen von Gott weg.

Das ist es mir nicht Wert! Nein, ich sage lieber von ganzem Herzen mit Paulus:

Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn!” (Philipper 1,21)

Teil 7 von “Lesenswichtig”, meiner Liste von christlichen Artikeln, die mich diese Woche bewegt haben.

Geschichten aus dem Leben sind immer spannend. Und es gibt viel zu wenig davon. Darum besteht das Lesenswichtig von heute nur aus Lebensgeschichten.

Ruth Metzger

Ruth ist eine treue Ermutigerin. Als ich meinen Blog vor fünf Jahren begann, kamen wir in Kontakt. Als ich einen zweiten Anlauf machte vor gut zwei Jahren hat sie mich ermutigt und jetzt beim dritten Anlauf hat sie mich wieder ermutigt und mit spannenden Fragen herausgefordert.

Diese Woche habe ich ihre Bekehrungsgeschichte gelesen. Ein paar Auszüge daraus:

Als ich 12 war, hat ein Gast des Hauses uns Kindern mal furchtbare Angst vor der Hölle gemacht. Da beschloss ich, diese Bekehrungsgeschichte ein für alle Mal hinter mich zu bringen. Ich bekannte Gott ein paar Sünden, die mir so einfielen und heulte ein bisschen, wie ich es in vielen frommen Blättchen immer wieder gelesen hatte, und dachte dann: So, jetzt kann Gott zufrieden sein und wird mich in den Himmel holen, falls ich sterbe. Und meine Eltern können auch ganz beruhigt sein.

Ganz nebenbei war ich auch noch ein junges Mädchen, das sich nach Liebe sehnte. Natürlich interessierte sich kein Junge für mich ausser vielleicht für Diskussionen über irgendwelche Themen, denn ich war schon ein komischer Vogel, durfte auf keine Party und schon gar keinen Freund haben und war auch unfreiwilligerweise nach den Normen gekleidet, die in meiner konservativen Gemeinde üblich waren.

Inzwischen war ich 16 und beschloss, meinen Eltern und Gott offen den Krieg zu erklären. Ich dachte: Wenn ich die Wahrheit herausfinden will, muss ich aufhören mitzuspielen. Also sagte ich meinen Eltern: Ich glaube nicht mehr an Gott. Ich gehe nicht mehr mit in die Gemeinde. Und ich werde an euren Familienandachten nicht mehr teilnehmen. Was so endete, dass ich sonntags alleine zu Hause sass, und dass ich bei den Hausandachten, wenn alle knieten, sitzen blieb, und wenn alle sangen, schwieg ich.

Zum Beitrag: Meine Geschichte

Martin Till und der Liberalismus

Über Rachel Held Evans wurde schon viel geschrieben. Vieles davon ist aber arg theoretisch. Bei vielen Beiträgen fehlt mir der persönliche Bezug, die Lebensgeschichten, das “sich verletzlich machen”.

In diesem Beitrag setzt sich Pfarrer Martin Till mit Evans Buch “Inspired” auseinander. Dabei webt er seine eigene Geschichte als Pastor ein, ist kritisch und trotzdem fair. Eine gelungene Rezension. Ein paar Auszüge:

Die Beobachtung, dass das Narrativ (Erzählen von Geschichten) die wohl am häufigsten in der Bibel verwendete Literaturgattung ist, wird zur Grundlage [Rachel Held Evans] hermeneutischen Ansatzes.
In Inspired schlägt Held Evans deshalb einen Mittelweg vor, der sowohl „strikten Literalismus“ als auch „selbstsicheren, desinteressierten Liberalismus“ vermeidet (xxii). Ihr Hauptanliegen dabei ist, dass die inspirierte Schrift immer zur aktiven Tat, zum Einsatz für verfolgte und unterdrückte Minderheiten führt.
Von meiner eigenen Biografie her kann ich Rachel Held Evans Anliegen gut verstehen. Zwar verlief die Entwicklung in meinem Leben genau gegensätzlich zu der ihrigen, aber die Parallelen sind doch auffallend. Aus liberalem landeskirchlichem Hintergrund kommend wurden mir im Religionsunterricht und in der Gemeinde als junger Mann faszinierende und aufrüttelnde sozialpolitische Ziele und Aktionen vor Augen geführt. Alle Bibelauslegung gipfelte damals für mich in der Bergpredigt und entsprechend wurde ich aktiv in der Altenarbeit und im Einsatz für Gefangene. Mein Problem war allerdings, dass unter der Decke all dieser Aktivitäten meine persönlichen Fragen und Probleme weitgehend ungelöst blieben und mir auch eine ausgedünnte und überalterte Ortsgemeinde dabei nicht wirklich weiterhelfen konnte.
Das wurde erst anders als ich durch eine Sommerfreizeit zum ersten Mal mit begeisterten jungen evangelikalen Christen in Kontakt kam, die mir nicht nur Freundschaft, Liebe und Respekt entgegenbrachten, sondern die mir Nachfolge Jesu authentisch vorlebten und mir die Bibel als feste Orientierung und geistliche Kraftquelle attraktiv machen konnten.

Zum Beitrag: Rachel Held Evans: Ein neuer Zugang zur Inspiration der Bibel?

John Stott

Evangelium21 übersetzt regelmässig Artikel von evangelikalen Webseiten wie “The Gospel Coalition” oder “Desiring God” auf Deutsch. Diese Woche übersetzten sie einen Artikel über John Stott, ein englischer Theologe von dem ich (shame on me?) noch nie etwas gehört hatte. Der Artikel beschreibt die private Seite des Theologen, sein Studium in der Bibel wie in zeitgenössischer Literatur.

Das alltägliche Muster unseres gemeinsamen Lebens: Jeden Morgen um Punkt elf Uhr brachte ich ihm eine Tasse Kaffee. Ich fand ihn an seinem Schreibtisch über einen Brief oder ein Manuskript gebeugt, in die Arbeit vertieft, die vor ihm lag. Er war mit seiner unvergleichlichen Konzentrationsfähigkeit auf die anstehende Aufgabe fokussiert. Um ihn nicht zu stören, stellte ich Tasse und Untertasse leise neben seiner rechten Hand ab. Oft murmelte er dann ein kaum hörbares Wort des Dankes: „Ich bin es nicht wert.“
Es war Stotts lebenslange, tägliche Praxis, früh aufzustehen, um eine beträchtliche Zeit im Gebet zu verbringen und dann vom Frühstück bis zum Mittag an seinem Schreibtisch zu arbeiten. Diese Studienzeit war unantastbar. Frances beschrieb mir einmal, wie beschämt sie sich gefühlt habe, als sie es bei einer Gelegenheit für nötig empfunden hatte, ihn zu unterbrechen, nachdem jemand mit einer dringenden Frage angerufen hatte (sie konnte sich nicht erinnern, was es war). Als sie die Tür öffnete, brütete Stott gerade über einem Buch, die Ellenbogen auf den Tisch gestützt und den Kopf in den Händen. Ohne seine Position zu verändern drehte er den Kopf und murmelte etwas wie „Sie haben keine Ahnung, wie schwierig es ist, wenn mein Gedankengang unterbrochen wird“. Es blieb das einzige und letzte Mal, dass sie Stott in seiner Studienzeit unterbrach.

Zum Artikel: Der private Stott

Der Artikel erwähnt eine Rede Denkmalsrede von Tim Keller, welche ich mir auch angehört habe. Guter Hintergrund für Leute, die wich ich nicht viel von John Stott gehört haben:

Tim Keller speaks at John Stott’s US Memorial.

Beitrag von meiner Frau

Heute schreibe ich mit einem Augenzwinkern über das harte Los von uns Hausfrauen und Müttern, jedoch nicht ohne auf die Ehre hinzuweisen, die Gott uns in unserer Aufgabe gibt. Denn jeder bekommt Ehre in der Aufgabe, die Gott ihm zugewiesen hat.

Seien wir doch ehrlich: Sobald eine Familie entsteht, fällt die Aufgabe an, sich um den Haushalt zu kümmern und den Kindern zu schauen. Irgend jemand muss diese Aufgabe übernehmen.

In unserer modernen Gesellschaft scheint zu Hause zu bleiben und den Kindern und dem Haushalt zu schauen ähnlich beliebt zu sein wie bei der Müllabfuhr zu arbeiten. Vielleicht sogar weniger beliebt, denn die Müllmänner bekommen wenigstens einen Lohn. Ist ja auch verständlich. Wer will schon ohne Lohn arbeiten? Dazu keine geregelten Arbeitszeiten haben? Überstunden nicht vergütet bekommen? Und dann nicht mal das wohlverdiente Lob erhalten!

Wenn endlich jemand sagen würde, wie wertvoll meine Arbeit ist! Aber leider sagt das niemand. Deshalb greife ich in schlechten Zeiten auch mal zur Selbsthilfe und male der Familie vor Augen, wie es bei uns zu Hause innert kürzester Zeit aussehen würde, wenn nicht ICH jeden Tag für Ordnung sorgen würde! Wenn nicht ICH die Wäsche waschen, aufhängen, abnehmen, zusammenlegen und versorgen würde! Wenn nicht ICH das WC putzen würde! Wenn nicht ICH etwas Gesundes und (gebt es zu: meistens) Feines kochen würde! Wenn nicht ICH… Aber das hat nicht die erhoffte Wirkung, denn Selbstlob fühlt sich nicht gleich gut an, wie Lob von jemand anderem.

Anerkennung zu erzwingen funktioniert leider nicht. Und wenn ich ehrlich bin, danke ich auch niemandem für die alltäglichen Dinge, die er tut. Ich danke meistens nicht mal meinem Mann, dass er jeden Tag arbeitet, um unseren Unterhalt zu verdienen. Aber er hat Dank ja auch gar nicht nötig, denn: Er liebt seine Arbeit! Und er bekommt Geld dafür. Wenn ich daran denke, was für einen Stundenlohn die ihm zahlen! Die müssen seine Arbeit offensichtlich sehr wertschätzen. Und wenn ich ausrechne, wie viel ich verdienen würde, wenn ich den gleichen Stundenlohn hätte wie er…

Wenn wir schon bei den Arbeitsstunden sind: Ich könnte auch ausrechnen, wie viele Stunden ich pro Tag arbeite. Uii, da kann man sich richtig hineinsteigern. Wann stehe ich morgens auf? Früh! Und die Kinder auch. Das sind aber schon viele Stunden bis zum Mittag! Und das Mittagessen kann ich nicht als Pause zählen, denn am Familientisch geht es nie ruhig zu und her… Gut, nach dem Abwaschen mache ich eine Stunde Pause. Manchmal auch länger, aber lassen wir das. Dann nochmals einige Stunden bis zum Nachtessen. Danach abwaschen, Bettprogramm der Kinder - wir sind natürlich schon längst über der normalen Stundenzahl eines bezahlten Arbeitstages! Und was ist mit der Nacht? Da bin ich auf Abruf!! Unerhört, was uns Müttern alles zugemutet wird! Und das alles ohne Lohn und ohne Lob.

Da ist es doch verständlich, dass viele von uns sagen: Das lasse ich mir nicht gefallen! Ich will auch ausser Haus arbeiten. Geld verdienen. Unabhängig sein. Anerkennung bekommen.

Aber was wir dabei vergessen ist, dass uns Gott zu dieser Arbeit berufen hat. Wie vorher schon erwähnt: Irgendjemand muss diese undankbare Aufgabe übernehmen. Wenn nicht ich es tue, muss jemand anders her. Eine Putzfrau für den Haushalt und eine Krippe oder ein Hort für die Kinder.

Natürlich übertreibe ich. Die Aufgabe ist ja nicht nur undankbar. Sie ist auch schön. Ich z.B. mache gerne den Haushalt. Ich koche gerne, backe gerne, plane gerne die Menüs, arbeite gerne im Garten - ja, ich putze sogar einigermassen gerne. Auch mit den Kindern gibt es unzählige schöne und lustige Momente, die ich ohne sie nie erlebt hätte. Das ist ja klar. Aber eben - das Geld und die Anerkennung fehlen trotzdem!

Was, wenn gerade darin, dass wir als Mütter annehmen, dass Gott uns zu dieser Aufgabe berufen hat, ein grosser Segen liegt? Ein Segen, der besser ist als Geld oder Lob von Menschen?

Es gibt doch diese schwierig zu verstehende Stelle im 1. Timotheus, wo etwas wie “Sie wird durch das Kindergebären gerettet werden” steht. Ich habe immer schnell weiter gelesen, denn das kann ja offensichtlich nicht sein. Nun habe ich aber in der NGÜ eine Übersetzung gefunden, die dem Text eine plausible Bedeutung gibt:

Doch auch sie [die Frau] wird gerettet werden, auch und gerade dann, wenn sie ihre Aufgabe als Mutter erfüllt - vorausgesetzt, sie hält am Glauben und an der Liebe fest und führt ein geheiligtes und verantwortungsbewusstes Leben. (1. Tim. 2,15)

Ich finde, es macht sehr viel Sinn, diese Stelle so zu verstehen, dass wir Frauen - nicht gerettet im Sinn von gerechtfertigt, sondern - geheiligt werden (oder, wie Luther es übersetzt: Selig werden), indem wir die uns speziell zugeordnete Aufgabe der Mutter (und der Haushaltsführung) annehmen.

Zugegeben, diese Aufgabe anzunehmen und darin zu wandeln - über Jahre! - ist nicht leicht. Aber wer hat uns versprochen, dass das Leben leicht ist? Jesus hatte kein leichtes Leben. Paulus auch nicht. Und wir haben auch kein Recht auf ein einfaches, schmerzfreies Leben. Wir haben unsere Rechte aufgegeben, als wir Christen wurden. Das einzige Recht, das wir besitzen, ist meines Wissens das Recht, Gottes Kinder zu sein.

Ich habe gerade ein Buch fertig gelesen von einer Missionarin in Afrika (Lily Gaynor: God’s Needle). Sie blieb zwar ihr Leben lang ledig und hatte nie Kinder, aber auch sie musste sich in Aufgaben schicken, die Gott ihr zugeordnet hatte. Und sie hatte damit zu kämpfen und fragte Gott immer wieder: Aber Gott! Habe ich denn keine Rechte? Und er antwortete: Nein, du hast keine Rechte. Hast du sie nicht aufgegeben?

Eine Stelle, die mich besonders getroffen hat, ist, als sie mit 53 Jahren auf Heimaturlaub ging, um sich um ihre kranke Mutter zu kümmern. Ihre Mutter behandelte sie wie ein Kind und befahl ihr, jeden Abend um 10:00 zu Hause zu sein. Sie fühlte sich bevormundet und schlich sich jeweils aus dem Haus, wenn ihre Mutter schlief. Aber die Mutter merkte es und machte ihr bittere Vorwürfe über ihre Selbstsucht. Am nächsten Morgen, als sie die Wäsche aufhängte, war sie wütend und nachtragend. Da sprach Gott plötzlich zu ihr. Nicht mit hörbaren Worten, aber ebenso real: “Dies ist dein Altar. Steige jetzt darauf.”

Ich glaube, mit unserer Aufgabe als Mutter und Hausfrau ist es ebenso. Wir “beugen uns unter die starke Hand Gottes” (1. Petrus 5,6) und nehmen das an, was uns verordnet ist. Ohne auf unser Recht auf Anerkennung! Lob! Geld! Jemand sein! zu pochen. Und wie heisst es in der Stelle weiter?

Beugt euch also unter die starke Hand Gottes, dann wird er euch erhöhen, wenn die Zeit dafür gekommen ist. “ (1. Petrus 5,6)

Indem wir die uns zugeordnete Aufgabe annehmen und treu ausführen, bereitet Gott uns vor für weitere Aufgaben. Unsere Kinder werden nicht ewig zu Hause bleiben. Aber wir werden dann geübt sein in Geduld, in Liebe, in Standhaftigkeit, im Ertragen schwieriger Umstände. Und hoffentlich im Vertrauen auf Gott, dass Er sich um unsere Bedürfnisse kümmert, wenn wir Ihm unser ganzes Leben zur Verfügung stellen. Wir werden zugerüstet sein, um Ihm in einer neuen Aufgabe zu dienen. Wie wunderbar!

Beugen wir uns also unter die starke Hand Gottes und nehmen wir die Schule geduldig an, in die Gott uns gestellt hat. Ich weiss, es ist keine einfache und keine kurze Schule. Und manchmal sind wir den Anforderungen nicht gewachsen. Wir können nicht mehr. Wir wollen am liebsten alles hinwerfen und ein neues, einfacheres Leben anfangen. Uns unsere Anerkennung selber holen.

Aber wer kann sagen, welche Schätze Gott für uns bereithält, wenn wir treu die Stellung halten und uns von ihm formen lassen?

Und durch die Standhaftigkeit soll das Gute, das in eurem Leben begonnen hat, zur Vollendung kommen. Dann werdet ihr vollkommen und makellos sein, und es wird euch an nichts mehr fehlen. (Jak 1,4)

Martin Luther, aus den Vorlesungen über 1. Mose:

Wenn wir deutlich aufzeigen wollen, was unser Gebet ist, so stellt sich heraus, dass es in Wahrheit nichts weiter als das Stammeln eines Kindes ist, das am Tisch steht und nicht weiß, ob es um Brot oder um Fleisch bittet. Denn wir wissen nicht, wie wir beten sollen. Die Dinge und Güter, um die wir bitten, sind größer als unsere Vernunft und unser Verstand, und der sie gibt, ist noch viel größer; und daher sind auch seine Güter und Gaben größer, als dass wir sie mit unseren Herzen erfassen könnten.

All das sage ich, damit ich euch und mich dadurch erwecke, nicht zu verzweifeln, weil wir Gottes Majestät gegenüber so unwürdig sind. Wie ich schon sagte, können wir die Dinge, um die wir bitten, wegen ihrer Größe mit unserem Verstand nicht begreifen. Abraham hat wahrlich mehr empfangen, als er erbeten hatte. Das sollte uns zum Vorbild dienen, damit wir nicht vom Gebet ablassen oder meinen, es sei ohne Nutzen oder Frucht. Denn Gott sieht das Innerste unseres Herzens und versteht das unaussprechliche Seufzen, das in uns ist. Wir sind wie Kinder, die am Tisch stehen und stammeln und sich noch nicht auszudrücken verstehen.


Zitat entnommen aus: “Aus der Tiefe rufe ich HERR, zu dir”, erschienen im CLV-Verlag.

Über Vielschreiber

Aus Stephen King: On Writing

Es gibt Autoren wie Anthony Trollope. Er schrieb riesige Romane, und er brachte sie mit erstaunlicher Regelmäßigkeit heraus. Tagsüber arbeitete er als Angestellter bei der britischen Post (die roten öffentlichen Briefkästen in ganz Großbritannien waren Anthony Trollope’s Erfindung); er schrieb jeden Morgen zweieinhalb Stunden, bevor er zur Arbeit ging. Dieser Zeitplan hielt er eisern ein. Wenn er nach den zweieinhalb Stunden mitten im Satz war, ließ er diesen Satz bis zum nächsten Morgen unvollendet. Und wenn er zufällig eines seiner sechshundertseitigen Schwergewichte beendete und noch fünfzehn Minuten zur Verfügung hatte, schrieb er “Das Ende”, legte das Manuskript beiseite und begann mit der Arbeit am nächsten Buch.

Über Schreibblockaden

Aus Seth Godin: This is Marketing

Gewohnheiten eignet man sich an, indem man etwas jeden Tag tut. Erst dann bekommt man Lust, es zu tun. […]
Ich bin berüchtigt dafür, dass ich sage, dass es so etwas wie eine Schreibblockade gar nicht gibt. Es gibt jede Menge Beweise dafür, dass das Wort um 1900 erfunden wurde. Davor gab es nicht einmal einen Begriff dafür. Das Wort entstand, weil Percy Shelley einen kurzen Aufsatz schrieb, in dem er sagte: “Wie kann es jemand wagen zu denken, er könne ein Dichter sein? Der einzige Weg, wie man ein Dichter werden kann, ist, von der Muse berührt zu werden.” […]
Und das wurde von Leuten aufgegriffen, die sich wohl fühlten, eine Schreibblockade zu haben, aber dann wurde es zu einem Begriff, weil man durch das Schreiben plötzlich Ernest Hemingway sein konnte, und man starrt in den Sonnenschein und blinzelt, man geht weg und denkt: “Ich bin einfach nicht in der Stimmung, ich habe nichts zu sagen.”
Aber: Wenn ich mit Leuten rede, die behaupten, sie hätten nichts zu sagen, sie hätten eine Schreibblockade, dann sage ich: Zeig mir deine schlechten Texte. Zeig mir das, was du geschrieben hast, das nicht gut ist. Sie haben nichts!

Besser regelmässig mittelmässig als selten perfekt

Dieses Zitat ist über die Fotografie, lässt sich aber eins zu eins aufs Schreiben übertragen.

Aus “James Clear, Atomic Habits

Am ersten Unterrichtstag teilte Jerry Uelsmann, Professor an der Universität von Florida, seine Studenten der Filmfotografie in zwei Gruppen ein.
Alle auf der linken Seite des Klassenzimmers, so erklärte er, wären in der “Quantitäts”-Gruppe. Sie würden ausschließlich nach der Menge der produzierten Arbeit benotet. Am letzten Tag des Kurses zählte allein die Anzahl der eingereichten Fotos: Hundert Fotos würden mit A bewertet, neunzig Fotos mit B, achtzig Fotos mit C und so weiter.
Alle auf der rechten Seite des Raums gehörten zur “Qualitäts”-Gruppe. Sie würden nur nach der Qualität ihrer Arbeit bewertet werden. Sie mussten nur ein einziges Foto während des Semesters produzieren, aber um eine A zu bekommen, musste es ein nahezu perfektes Bild sein.
Am Ende des Semesters stellte er zu seiner Überraschung fest, dass die besten Fotos alle von der “Quantitäts”-Gruppe produziert wurden. Während des Semesters waren diese Studenten damit beschäftigt, Fotos zu machen, mit Komposition und Beleuchtung zu experimentieren, verschiedene Methoden in der Dunkelkammer auszuprobieren und aus ihren Fehlern zu lernen. Indem sie Hunderte von Fotos machten, verfeinerten sie ihre Fähigkeiten. Währenddessen saß die Qualitätsgruppe herum und spekulierte über Perfektion. Am Ende hatten sie außer unbewiesenen Theorien und einem mittelmäßigen Foto wenig vorzuweisen.

Bild: Franz von Defregger - Grace Before Meal

Martin Luther ist bekannt für die 95 Thesen, für seinen Kampf mit der katholischen Kirche, für seine Bibel-Übersetzung.

Weniger bekannt ist er für sein Gebet. Er hat sein Leben lang gerungen, ein Mann des Gebets zu werden und dazu auch einige Schriften veröffentlicht. Ich kann dazu das Buch “Aus der Tiefe rufe ich Herr, zu dir“ sehr empfehlen. Es ist ein Andachtsbuch, es enthält 365 Anregungen für das Gebet.

Aus der Einleitung:

Im Jahr 1522 erschien in Wittenberg das Betbüchlein, an dem Luther selbst schon eine geraume Zeit gearbeitet haben musste. Schon in den Jahren zuvor hatte er nämlich eine Menge übers Beten und Nachsinnen veröffentlicht: vor allem die kurze Erklärung zum Vaterunser, zu den Zehn Geboten und dem Glauben […] Damit wollte Luther endlich gegen die damals üblichen Gebetbücher vorgehen. Der Einfluss jener mittelalterlichen Gebetbücher war offensichtlich sehr groß. […] Luther wollte damit nicht erreichen, dass diese Gebete zu festgelegten Zeiten als gottesdienstliche Pflicht gedankenlos heruntergelesen oder nachgebetet wurden. Vielmehr wollte er dem »evangelischen Volk« Anregungen und Vorbilder für eigene Andachten geben und die Leute lehren, wie sie auf eigenständige Weise beten und mit ihren eigenen Worten freiheraus mit Gott reden könnten.

Die Andachten in “Aus der Tiefe” wurden nicht nur aus Luthers Gebetsbuch, sondern auch aus anderen Publikationen Luthers zusammengestellt.

Hier eine Kostprobe, aus einer Vorlesung über 1. Mose zum Text: “Ach siehe, ich habe mich unterwunden zu reden mit dem HERRN, wiewohl ich Erde und Asche bin.” (1. Mose 18,27)

Was mir gefällt ist, wie Luther ringt im Gebet, weil das Gebet schwer ist. Das erlebe ich auch, und gerade deshalb ist mir jede Ermutigung teuer.

Beten ist eine sehr schwierige Sache und eine schwere Arbeit und viel anstrengender als die Predigt des Wortes oder andere Aufgaben in der Gemeinde […] Beten ist das allerschwerste Werk, und darum ist es auch so selten. Es ist tatsächlich eine große Sache, wenn ein Mensch seine Augen und Hände zu Gott, der höchsten Majestät, aufzuheben wagt, um bei ihm zu bitten und zu suchen und anzuklopfen.

Es ist wohl auch eine große Sache, wenn Gott mit uns redet, aber mit ihm zu sprechen, ist schwerer, weil uns unsere Schwachheit und Unwürdigkeit aufhält und zurückzieht, sodass wir denken: ›Wer bin ich, dass ich meine Augen und Hände zu der göttlichen Majestät aufheben darf, vor der die Engel stehen und vor deren Wink die ganze Welt erzittert? Darf ich armer Mensch dann vor ihn treten und sagen, dass ich dies haben will, und ihn bitten, es mir zu geben?‹


“Aus der Tiefe rufe ich HERR, zu dir” ist erschienen im CLV-Verlag.
Es gibt auch eine PDF-Version gratis zum Download.
Ich habe mir die PDF-Version für private Zwecke zu einem Ebook umformatiert und hatte es ein Jahr lang benutzt als Anregung vor meinem Gebet.

Weiterführende Lektüre:

Seit zwei Monaten bloggen meine Frau und ich über christlichen Minimalismus. Für solche, die erst später dazu gestossen sind, hier eine Übersicht über alle Beiträge:

Einleitung

Das Thema Besitz und einfacher Lebensstil ist ein grosses Thema im Neuen Testament. Hier einige Versuche, die Wichtigkeit für uns Westler aus der Bibel herzuleiten.

Wieso ist Wohlstand kein grösseres Thema?

Jesus: Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Reiche in den Himmel kommen. Ich: Meinst du damit mich!?

Über den Zustand unseres Christentums im Westen

Woher kommt es, dass das Christentum in anderen Kontinenten floriert und bei uns nicht? Könnte das mit dem Wohlstand zusammenhängen?

Der ‘Hänge-ich-am-Reichtum?’-Check

Gibt es einen “bin ich auf den Reichtum-Betrug-hereingefallen”-Check? Kann ich herausfinden, ob ich ahnungslos dem Reichtum anhänge?

Christlicher Minimalismus(1): Die positive Definition mithilfe von drei Bildern

Der Begriff Minimalismus kommt in der Bibel natürlich nicht vor. Aber doch gibt es ein Entwurf eines minimalistischen Lebensstils.

Christlicher Minimalismus(2): was er nicht ist: ein Wettbewerb, wer weniger hat

Als ich Minimalismus sagte, war die Antwort:
»Dann habt ihr demfall nicht mehr als 100 Gegenstände zu Hause!?« Ein Beitrag, wie ich Minimalismus nicht verstehe.

Christlicher Minimalismus(3): was er nicht ist: Selbst-Kasteiung

Wenn Minimalismus heisst, dass wir aus dem Konsum-Hamsterrad aussteigen, woher soll die Freude kommen?

Gastbeiträge meiner Frau

Meine Frau Irene schreibt, wieso wir Minimalisten wurden, wohin das überschüssige Geld geht und was das Ganze mit Mission zu tun hat.

Wie alles begann

Wie können wir in der reichen Schweiz leben, ohne dass unser Glaube verkümmert? Ist die einzige Möglichkeit, in ein Land mit Verfolgung zu ziehen oder als Missionar in einem armen Land zu leben?

Der umgelegte Schalter

Vorher: Vom Geld blieb nie viel übrig und der Zehnte reute mich, hinderte er uns doch daran, uns noch mehr für uns selbst zu kaufen. Nachher: Ich will so wenig wie möglich für mich haben und je mehr ich spenden kann umso mehr Freude verspüre ich.

Einmal quer durchs Haus - Die Beispiele

Konkret und bebildert. Eine Reise quer durch Küche, Badezimmer und Kleiderschrank.

Vom Minimalismus zur Genügsamkeit - und warum Marie Kondō nicht unser Vorbild ist

Minimalismus ist für viele der Versuch, eine kleine, perfekte Welt aufzubauen. So ist es für mich nicht. Mein Ziel ist Genügsamkeit.

Das einfache Leben

Minimalismus jenseits des Hauses: Auto, Ernährung, Gesundheit und Kleidungsstil.

Was hat Nachhaltigkeit mit Gott zu tun? Ein bisschen Ethik - und unser Herz dahinter

Nachhaltigkeit und Umweltschutz werden in der christlichen Welt manchmal ein bisschen wie Stiefkinder behandelt. Wieso ist das so? Denn Gott hat uns Menschen von allem Anfang an die Verantwortung übertragen, die Erde zu pflegen und zu ihr zu schauen.

Die grosse Freude des Gebens

Christlicher Minimalismus ist tot, wenn er bloss Selbst-Zweck ist. Wie wir Minimalismus und Spenden leben, sehr persönlich.

Nachtrag für Interessierte: Kleine Anleitung zu Zero Waste

Wie wir unseren Abfall um 90% eingespart haben.

Wenn wir leben, leben wir für den Herrn

Ich habe lange an einem diesem Artikel geschrieben, den ich anfangs “the plead” nannte. Er fasst alle Beiträge der letzten Wochen zusammen. Es ist allerdings keine kurze und auch keine leichte Lektüre.

Nachtrag zu unserem immer noch vorhandenen gewissen Wohlstand

Einleitung: Dazu, dass wir weder einen Nachhaltigkeits- noch einen Armuts-Preis gewinnen wollen. Und über Bio.

Aus dem Leben

Wie sieht Minimalismus bei uns konkret aus?

Können wir auf das Auto verzichten? Ein Selbstversuch

Die Idee: Lass uns einen Selbst-Versuch wagen: Wir versuchen das Auto einen Monat lang nicht zu benutzen. Drei Monate später: das Auto sprang nicht mehr an, die Autobatterie war leer!

Unsere Bedenken und Überlegungen beim Spenden an christliche Missionare

Unsere anfänglichen Bedenken und Überlegungen beim Geld-Spenden.

Der Wasserkocher

Unser Wasserkocher ist gestorben. Er war sechzehn Jahre alt. Er hinterliess keine Nachkommen. Ein praktisches Stück Minimalismus.

Minimalismus mit Kindern

Welche Rolle spielen unsere Kinder beim Thema Minimalismus? Was, wenn für sie noch immer gilt: “Mehr ist mehr?”

Jedes Ding an seinen Ort

“Jedes Ding an seinen Ort”. Heisst es so schön. Doch was, wenn meine Kinder 3125 Dinge besitzen?

Unser missglückter Anfang

Ja, wir machten viel viel falsch, im Nachhinein peinlich. Ein Beitrag dazu, in der Hoffnung, dass andere nicht dieselben Fehler machen.

Kinder zum Mitmachen motivieren

Unser langsamer Weg, wie es schlussendlich doch funktionierte.

Das kaputte Handy

Meinem Sohn (13) fiel das Handy runter. Und jetzt? Neu kaufen, gebraucht kaufen, reparieren oder auf Handy verzichten? Ein Erfahrungsbericht zum Thema: “Dinge reparieren, von denen ich keine Ahnung habe”.

Das “Sparen mit Bio” Experiment

Ist Bio nur für Reiche? Meine Frau ging auf Budget-Beratung Schweiz, nahm das niederste Budget für eine Familie mit zwei Kindern, zog gut 20% ab und kaufte nachhaltig, Bio und verpackungsfrei ein.

Teil 1: Der Honig

Der Bio-Honig kostet pro 500g 15.50 Fr. Vorher war er 13 Fr. Wir entscheiden uns, noch nichts zu kaufen. Zu Hause habe ich die Idee: “Wir kaufen einfach gar keinen Honig mehr!” Das sage ich natürlich nur, weil ich keinen Honig auf dem Brot mag. Aber mein Mann protestiert. “Verzichten geht nicht!”, ist seine Reaktion. Tja, damit wären wir schon mittendrin im Konflikt.

Teil 2: Die ersten zwei Tage

Beim Butter ist der Unterschied zur billigsten Marke für 200g 1.50CHF. Das ist recht viel! Wenn ich also nicht zum Billig-Butter wechseln will, gibts nur eins: Weniger Butter brauchen. Ich muss höllisch aufpassen, dass ich mein Geld richtig einteile und nichts übersehe.

Teil 3: Gemüsemarkt und Unverpackt - der grosse Spar-Test

Ich habe mir eine (gramm)genaue und sehr kurze Liste von dem gemacht, was ich unbedingt brauche: 1kg Rüebli, 500g Kartoffeln, einen Lauch und einen Zuckerhut. Macht 10.50. Der Gemüsehändler wundert sich über die kleinen Mengen. Da wir uns kennen und gerade niemand anders da ist, erzähle ich ihm von meinem Experiment.

Teil 4: Bilanz der ersten Woche

Die erste Woche neigt sich dem Ende zu, alle Einkäufe sind getätigt, morgen ist Sonntag. Bilanz: Budget um 75 Rappen überzogen. Gar nicht so schlecht! Häufig war ich auf einem Blindflug, wenn ich etwas einfach kaufen musste, ohne den Preis und das Gewicht zu wissen. Es hätte gut sein können, dass ich mich völlig verschätzt hätte.

Teil 5: Das erste Scheitern

Heute ist der befürchtete “Worst Case” von letzter Woche eingetroffen: das Wochengeld ist nach Gemüsemarkt und Unverpackt aufgebraucht. Eigentlich hätte mir schon Ende letzter Woche klar sein müssen, dass das auf die Dauer nicht ganz funktionieren kann.

Teil 6: Halbzeit

Heute mit einer Sätzchenrechnung: “Wenn dieser Betrag mehr als die Hälfte ihres normalen Budgets ist, wie viel beträgt dann ihr normales Budget höchstens?”

Teil 7: Das “Was ist wo billiger”-Chaos

Frage: »Haben Grossverteiler auf Bio-Produkten höhere Margen, um ihr Billig-Segment querzufinanzieren?«

Teil 8: Gedanken über (Tee-)Vorräte

Und über den Teeschrank, der immer zum Besten voll ist, obwohl wir eigentlich nur eine einzige Teesorte trinken.

Teil 9: Es ist möglich

Genügsamkeit. Mittlerweile ist das eines meiner Lieblingswörter geworden. Genügsamkeit heisst: Das Gemüse zu kaufen, das Saison hat und es gelassen hinzunehmen, wenn das im Moment bedeutet: Es gibt jede Woche Rüebli, Kartoffeln, Zuckerhut und Lauch. Es gibt doch diesen Satz: “If God gave you a lemon tree, then make some lemonade.”

Dies ist der letzte Beitrag zum Selbstversuch: Sparen mit Bio.

Wieso habe ich diesen Versuch gemacht?

Ich bekam einige Rückmeldungen, die nahelegten, dass das Verständnis für so ein (extremes) Experiment begrenzt ist. Was ist unser Ziel? Totale Selbstkasteiung? Wollen wir jetzt immer so leben? Keine Schokolade und keinen Honig mehr essen? Nur noch mikroskopisch kleine Mengen Fleisch auftischen? Arm spielen?

Ich verstehe natürlich, dass es nicht jedermanns Sache ist, so einen Versuch zu wagen. Unsere Kinder haben auch ein bisschen gespottet. Aber ich fand es einfach interessant, so etwas mal auszuprobieren, für eine begrenzte Zeit.

Die eigentliche Idee dahinter war ja zu schauen, ob die Aussage: “Bio ist nur für Reiche” stimmt. Natürlich wollte ich diese Aussage widerlegen. Am Ende des Monats muss ich sagen: Die Antwort ist: Ja und nein.

Angefangen habe ich mit 500 Franken pro Monat, sprich: 125 Franken für die erste Woche. Zugegeben, das ist wirklich sehr wenig. Davon zahlte ich Essen und Nebenkosten für unseren vierköpfigen Haushalt. Unsere Tochter ist zehn, unser Sohn ist dreizehn und isst wie ein Erwachsener. Ausserdem arbeitet mein Mann zu 100% im Homeoffice (deswegen hatten wir zuletzt unser Haushaltsgeld um 100 Franken pro Monat aufgestockt; das war vor dem Versuch).

Am Ende der ersten Woche musste ich sagen: Überleben ist möglich. Auch dank noch vorhandenen Vorräten. Aber natürlich würde ich keinem, der tatsächlich mit so wenig Geld über die Runden kommen muss, zumuten, dass er nur nachhaltige Produkte kauft.

Deshalb aus dieser Sicht ein “Ja”. Nur nachhaltig einzukaufen ist für jemanden mit sehr kleinem Budget nicht machbar. Diese Bürde würde ich niemandem aufzwingen wollen und ich würde es selbst auch nicht machen.

In der dritten und vierten Woche war mein Budget je 175 Franken, also aufgerechnet 700 Franken pro Monat. Ohne Nebenkosten (die sich übrigens für diesen Monat auf 40.75 beliefen).

Mit diesem grösseren Betrag liess sich schon etwas besser auskommen, allerdings würde ich auf die Dauer auch hier billigere (aber nicht Billig-) Produkte einbauen, um nicht Selbstkasteiung zu betreiben.

Es gibt also gewisse Grenzen, bzw. unter einem gewissen Budget ist nachhaltiger Einkauf schwer durchzuführen.

Wenn ich allerdings nach Schweizer Budget-Vorlagen suche, mit verschiedenen Einkommen und Familiengrössen, dann ist das tiefste Budget-Beispiel, das für eine Familie mit zwei Kindern aufgeführt ist, 1020 Franken. Ohne Nebenkosten 900 Franken. Also um einiges grösser als das, womit ich auszukommen versucht habe. Somit wären wir auf einem Niveau, wo Nachhaltigkeit doch wieder machbar(er) wäre. Dann wäre die Antwort doch wieder: Nein. Bio ist nicht nur für Reiche.

Was ich in den vier Wochen gelernt habe, ist, dass Bio nicht überall sündhaft teuer sein muss. Nehmen wir z.B. Gemüse. Wenn ich darauf achte, welche Sorte ich kaufe, kann ich ziemlich billig einkaufen. Dasselbe beim Fleisch: Wenn ich nicht die teuren Stücke kaufe und nicht jeden Tag Fleisch auf den Tisch bringe, kann ich auch da mit relativ wenig Geld auskommen. Und wenn ich mich mit Leber anfreunden kann, muss ich vielleicht nicht mal bei der Menge sparen… (Übrigens wagte ich mich diese Woche daran, aber drei Viertel der Familie fand die Konsistenz und der süssliche Geschmack von Leber zu gewöhnungsbedürftig. Letztendlich musste mein Mann den grössten Teil davon essen…)

Auch Teigwaren (wenn ich nicht gerade handgemachte kaufe), Reis und andere Getreide, Hülsenfrüchte, Mehl, Zucker und Salz sind in Bio-Qualität erschwinglich. Selbst Gewürze fallen nicht so sehr ins Gewicht, da die Mengen hier sehr klein sind.

Dann gibt es einige Dinge, die sehr teuer sind. Abgesehen von Edel-Produkten wie Trüffel-Öl oder gefriergetrockneten Erdbeeren, die sowieso nicht auf meinem Einkaufszettel stehen, gibt es eine Reihe von Nahrungsmitteln, die (v.a. in Bio-Qualität) schnell ziemlich ins Geld gehen. Dazu gehören:

Käse
Butter
Fleisch
Fisch
Olivenöl
Nüsse
Kaffee
Sojasauce

Also heisst es hier: bei der Menge sparen. Oder eben nicht nachhaltig einkaufen…

Was soll ich nun sagen? Einerseits finde ich, wenn man nicht gerade unter der Armutsgrenze lebt, kann man sich schon Gedanken über nachhaltigen Einkauf machen. Vorausgesetzt, man ist bereit, sich ein wenig einzuschränken. Andererseits möchte ich mir nicht anmassen, jemandem vorzuschreiben, wie er einkaufen soll. Oder, dass er zulasten seiner gewohnten Ernährung auf Bio umstellen soll. Da muss natürlich jeder selber entscheiden und bei jedem wird der Mix von nachhaltig und billig wieder anders aussehen. Auch ich kaufe ja nicht alles Bio ein.

Was natürlich in dieser ganzen Überlegung auch mitspielt, ist die Frage, wie ich mein gesamtes Einkommen einteile. Das Budget, das ich mir für den Haushalt festlege, hängt ja auch sehr davon ab, wie viel ich für andere Posten brauche. Sprich: Wenn ich mehr Geld für anderes brauche, bleibt weniger für den Haushalt übrig. Damit kommen wir wieder zu den Themen Minimalismus und Zero Waste. Die Rechnung ist logisch: Durch weniger Anschaffungen, weniger Mehrwegprodukte, mehr Gebrauchtes anstatt Neues, mehr sich zufriedengeben mit dem, was man hat, bleibt mehr Geld übrig. Und das kann dann, ausser zum Spenden, vielleicht zu einem gewissen Teil auch für nachhaltig produzierte Nahrung eingesetzt werden.

Eine interessante Entdeckung habe ich aber gemacht: Es ist tatsächlich möglich, gleichzeitig nachhaltig einzukaufen und zu sparen. Es stand ja auch ein bisschen die Frage im Raum: Kann ich es als Christ verantworten, zugunsten der Nachhaltigkeit bei der Nahrung so viel (für mich selbst) auszugeben, wenn ich doch auch die Möglichkeit hätte, billigere Produkte einzukaufen und das gesparte Geld zu spenden?

Meine Antwort heisst nun: Ja, ich kann es verantworten. Denn ich brauche gar nicht übermässig viel Geld für nachhaltiges Einkaufen. Ich war selbst freudig überrascht, als ich am Ende das übrige Geld zusammenzählte und sah: Ich konnte fast 600 Franken einsparen in diesem Monat! Zu Beginn des Experiments rechnete ich so halb damit, dass ich am Schluss sagen müsste: Ich kann höchstens 10 Prozent von meinem üblichen Budget einsparen. Bio hat einfach seinen Preis. Aber es waren fast 50 Prozent. Natürlich werde ich längerfristig nicht ganz so viel einsparen können. Aber was gespart ist, ist gespart. Ausser einer kleinen Summe, die ich für Gemüsesetzlinge und Samen auf die Seite tue, werde ich das Gesparte spenden. Wohin weiss ich noch nicht.

Das Schlüsselwort heisst wie immer: Genügsamkeit. Mittlerweile ist das eines meiner Lieblingswörter geworden. Genügsamkeit heisst: Das Gemüse zu kaufen, das Saison hat und es gelassen hinzunehmen, wenn das im Moment bedeutet: Es gibt jede Woche Rüebli, Kartoffeln, Zuckerhut und Lauch. Es gibt doch diesen Satz: “If God gave you a lemon tree, then make some lemonade.” In meinem Fall heisst das: Wenn ich nur Rüebli und Lauch zur Verfügung habe, mache ich etwas daraus. Es hat mich schon immer gereizt, mit wenig auszukommen und das Rätsel zu lösen, wie man trotzdem etwas Interessantes daraus machen kann. Das ist viel spannender, als einfach alles zu kaufen, wozu man gerade Lust hat oder was das Rezept vorgibt.

Es kann auch heissen: Schauen, wie die Familie auf Rapsöl anstatt Olivenöl reagiert. Oder welche Zutaten ich weglassen kann, ohne dass es jemand merkt. Oder mich zu überwinden und doch einmal Leber einzukaufen, mit der Gefahr, dass es ein völliger Reinfall wird. Übrigens haben wir entdeckt, dass wir zwar keine Leber mögen, Leberwürste hingegen sind im Winter zu einem beliebten Sonntagsessen geworden.

Und schliesslich habe ich auch beim Thema Essen und Ernährung vor Augen: Ich lebe nicht für mich selbst. Deshalb kann ich mich gelassen mit dem begnügen, was es gibt und muss mir nicht alles gönnen. Das ist ein wunderbares Gefühl!

Zum Schluss: Nach einem Monat ohne Schokolade muss ich erstaunlicherweise sagen: Es fehlt mir nicht (allerdings habe ich als kleinen Trick auch nicht gerade meine Lieblingsschokolade für die Kinder gekauft). Also werde ich das mal so beibehalten.

Auch nach dem Honig hat niemand mehr gefragt. Ich warte also mit kaufen, bis die Nachfrage wieder da ist…

Teil 6 von “Lesenswichtig”, einer Besten-Liste von christlichen Artikeln, die ich diese Woche gelesen habe.

Heute schon wieder eine english-only Ausgabe. Dafür habe ich wieder einige Zitate auf Deutsch übersetzt.

Wir sind vielleicht nicht sehr gross, aber wir sind sehr klein!

Ein Pastor erzählt von seinen Erfahrungen in Gemeinden, welche nie wirklich gross wurden. Von Kritik, die er von anderen hörte, und die er auch an sich selber stellte, weil jeder den Anspruch hat, dass Gemeinden wachsen sollen…

In der wunderbaren Serie von fiktiven Geschichten mit dem Titel “The Vinyl Café”, hören wir Geschichten von Dave, dem Besitzer des kleinsten Plattenladens der Welt. Das Motto von Daves Laden, The Vinyl Café lautet: “Wir sind vielleicht nicht gross, aber wir sind klein”.

In meinem Leben als Pastor war die meiste Zeit das Motto des Vinyl-Cafés mein Eigenes gewesen. Und ja, dies wird als ein Zugeständnis verstanden werden, als eine Feststellung des Versagens.

Im Laufe der Jahre wurde mir gesagt: Der Grund, wieso die Gemeinden, die ich als Pastor leitete, nie zu etwas Grossem wuchsen, wäre bei mir zu suchen: Meine Persönlichkeit. Ich sei eben nicht zum Pastorendienst berufen, meine calvinistische Theologie, die Art der Einladung an das Evangelium zu glauben, dass ich keine Leitungsfähigkeiten hatte, dass ich zu viel Zeit damit verbrachte, zu wenigen Menschen zu viel geistliches Fleisch zu geben, und zweifellos noch andere Dinge, die Gott mich gnädigerweise hat vergessen lassen. Die Kritik entspringt dem Glauben, dass grosses Wachstum das ist, was gut ist. Grosses Wachstum ist das, was Gott immer will, und das Fehlen davon kann auf Leiterschaft zurückgeführt werden.

Zum Artikel: Small Churches

Über Beweise

Andrée Seu Peterson hat einen kurzen spannenden Artikel geschrieben über Beweise:

Ich habe über Beweise nachgedacht. Früher wussten wir, was Beweise sind. Unsere einzige Frage war, ob derjenige, der den Fall vortrug, genügend davon besass. Wir würden es erkennen, wenn wir es sehen würden. Wir würden in der Lage sein, “schuldig” oder “nicht schuldig” zu sagen.

Ich gehe immer gerne zurück zur Bibel. Da gibt es die Zeit in der Geschichte Israels, als fast ein Bürgerkrieg ausbrach. Eine Gruppe von Stämmen glaubte, Beweise dafür zu haben, dass eine andere Gruppe von Stämmen vom wahren Gott abtrünnig geworden war.
Was ist passiert? Mose hatte den Stämmen Ruben, Gad und dem halben Stamm Manasse erlaubt, sich Teile auf der Ostseite des Jordans auszusuchen, und so zogen sie los und verabschiedeten sich von den anderen 9½ Stämmen westlich des Flusses.
Aber kurz vor dem Überqueren des Flosses bauten die 2½ Stämme einen Altar. Das sprach sich bei den anderen herum. Es sah schlecht aus für die zweieinhalb Stämme. Sie stürzten sich in die Kriegsvorbereitungen (Josua 22:12). Ein Trupp von Vertretern konfrontierte die östlichen Brüder wegen ihres “Verrats”. Die fassungslosen Ossies erklärten, dass ihr Steinhaufen nicht das bedeutete, was die 10 Stämme dachten. Es ging um ein Zeugnis, nicht um eine konkurrierende Religion. Alles endete gut.
Wenn du vermutet hast, die Moral von der Geschichte ist, dass wir uns um unsere eigenen Angelegenheiten kümmern und Gerüchten über Verfall nicht nachgehen sollten, hast du falsch geraten. Die Heilige Schrift hält viel von guten Ermittlungen: “Wenn du hörst von einer deiner Städte, die dir der HERR, dein Gott, gibt, darin zu wohnen, dass man sagt: ‘Es sind ruchlose Leute aufgetreten aus deiner Mitte und haben die Bürger ihrer Stadt verführt und gesagt: Lasst uns hingehen und andern Göttern dienen, die ihr nicht kennt’, so sollst du gründlich suchen, forschen und fragen.” (5. Mose 13,13-15)

Zum Artikel: Evidence

Unser christlicher Auftrag hört auf den sozialen Medien nicht auf

Unser Auftrag, ein Licht zu sein, hört bei Social Media nicht auf. Randy Alcorn hat einen sehr nötigen Appell geschrieben:

Nichtchristen befürchten, sie würden unglücklich, wenn sie Christ werden. Das hat triftige Gründe: Sie kennen - wie viele von uns Gläubigen auch - bekennende Christen, die alles daran setzen, Not zu fördern, und nicht Freude.
Ich habe gesehen, wie bibelgläubige, christuszentrierte Menschen Gedanken auf einem Blog oder in den sozialen Medien gepostet haben, nur um dann eine Reihe von überkritischen Antworten von Leuten zu erhalten, die Bibelverse wie Spitzhacken schwingen und den kleinsten Hinweis auf einen verdächtigen Standpunkt sofort verurteilen.
Andere schliessen sich schnell an und bald scheint es, dass sich niemand die Mühe gemacht hat, zu lesen, was der Blogger tatsächlich gesagt hat. Die Antwortenden nehmen das Schlimmste an, praktizieren nicht “im Zweifel für den Angeklagten” und verwickeln sich in einen Rufmord aus der Schrotflinte. Wenn ich ein Ungläubiger wäre und solche Antworten lesen würde, würde ich mich sicherlich nicht zum christlichen Glauben hingezogen fühlen. Ich frage mich, warum diejenigen, die ein solches Verhalten an den Tag legen, nicht sofort erkennen, dass das, was sie tun, dem Glauben, zu dem sie sich bekennen, und der Bibel, der sie glauben, völlig widerspricht. Wie kommt es, dass ständige Verachtung, Misstrauen, Unfreundlichkeit und Feindseligkeit als geistliche Überlegenheit angesehen werden? Vielleicht hat man sich die Botschaft, dass Christen nicht glücklich sein sollen, wirklich zu Herzen genommen! Daher gibt es das Griesgram-Christentum im Überfluss.

Er führt danach ein paar Ratschläge von John Piper auf, wie man sich auf den Sozialen Median so verhalten kann, dass es für Nichtchristen tatsächlich ein Licht ist und kein Hindernis:

Frage: Hat mein Social-Media-Kommentar zum Ziel, die Person, mit der oder über die ich spreche, zu helfen, Gott besser kennenzulernen, Gott mehr zu vertrauen, Menschen besser zu lieben, in weniger Sünde und mehr Heiligkeit zu wandeln?

Sei langsam im Zorn, langsam im Reden, denn es ist sehr, sehr, sehr (ich sage drei und höre dort auf: sehr, sehr, sehr) wahrscheinlich, dass dein Zorn nicht gerecht ist, und meiner auch nicht, und er wird nicht das Gute hervorbringen, von dem du denkst, dass er es könnte.

Hier zum Artikel: Six Considerations Before You Share on Social Media

Bewahre deine Seele mit allem Fleiss

Zum Schluss ganz traditionell ein Artikel von Kristin. Auch sie hat eine Reaktion zu den Enthüllungen um Ravi Zacharias geschrieben, aber auf ihre ganz eigentümliche Art:

In ein paar Tagen wird mein Lieblingsmädchen siebzehn.

Ich lehnte mich an den Zaun, als sie neulich in der kalten Winterluft ohne Sattel ritt, den Rücken kerzengerade, goldenes Haar, das unter ihrem Reithelm hervorlugte. Ihre Stimme war tief und sanft, als sie mit dem Pferd sprach und seinen Hals tätschelte, während es gehorsam trabte. Es war wunderschön; ein klares Bild, das ich mir immer wieder ins Gedächtnis rufen werde. Sie ist stark und schön.

Ich sehne mich danach, sie vor allem zu schützen: Schmerz, Verrat, Verlust. Aber in ihrem kurzen Leben hat sie solche Dinge schon gesehen, trotz meiner schäferhundartigen Schutzmassnahmen. Ich kann sie nicht verborgen halten von der dunklen Seite des Lebens. Kürzlich wurde ein sehr vertrauenswürdiger Lehrer, der mit der Glaubensgeschichte unserer Familie verwoben war, entlarvt, weil er ein Doppelleben führte. Die anfängliche Abwehr meiner Tochter zu sehen, gefolgt von einem resignierten: Man kann niemandem trauen, hat mein Herz in kleine Stücke zerschlagen. Ich kenne dieses Gefühl gut; es wird noch eine Zeit lang eine harte Schlitterpartie werden. In den Stürmen sind wir gezwungen, neue Wege zu gehen. Es tut mir so leid, mein süsses Mädchen.

Zum Artikel: Keep Your Soul Diligently

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