#Reihe: Purpose Driven Life

Eigentlich wollte ich mit dem letzten Beitrag die Reihe über “Purpose Driven Life” abschliessen. Doch dann las ich Tag 41 über den Neid und dachte: Das ist wichtig, lass mich dies noch anhängen (und auch ein bisschen, weil es dann mit der Zahl sieben aufhört).

Die Zehn Gebote warnen vor Neid. Das fiel mir schon ein paarmal auf und wunderte mich, wieso wir Neid als etwas Normales abtun. “Es tun es ja eh alle”. Vielleicht. Aber wenn Gott das in die Zehn Gebote nimmt, dann muss da was dran sein…

Dies ist Teil 7 der Reihe über Rick Warrens Buch “The Purpose Driven Life”.
Hier gehts zur Rezension des Buches.
Heute aus dem Tag 41: “The Envy Trap”

Input Rick Warren:

Neid ist eine Falle. In der heutigen Welt, wo wir auf den sozialen Medien sehen, wie jeder andere lebt, ist Neid vielleicht der häufigste Grund, warum Menschen Gottes einzigartigen Plan für ihr Leben verpassen.

Neid ist eine Form von geistlicher Rebellion, die auf Unwissenheit und Arroganz beruht. Er geht davon aus, dass ich einen besseren Plan für mein Leben habe als mein Schöpfer! Wirklich? Die Bibel erinnert uns daran, wie anmassend dieser Gedanke ist:

Ja, o Mensch, wer bist denn du, dass du mit Gott rechten willst? Spricht auch das Gebilde zu dem, der es geformt hat: Warum hast du mich so gemacht? (Röm 9,20)

Neid ist eine so zerstörerische Haltung, dass Gott sie in den Zehn Geboten geächtet hat. Das letzte Gebot lautet: “Du sollst nicht begehren!” Begehren ist ein anderes Wort für Neid. Gott verbietet uns, zu beneiden, was andere haben, wie sie aussehen, was sie leisten und wer sie sind, weil er weiss, welchen Schaden Neid anrichtet.

Neid zerstreut deine Aufmerksamkeit. Du kannst dich nicht voll darauf konzentrieren, das zu werden, was Gott von dir will, und gleichzeitig andere beneiden. Jesus sagte: »Wer die Hand an den Pflug legt und dann zurückschaut, ist nicht brauchbar für das Reich Gottes.« (Lk 9,62). Wenn du immer damit beschäftigt bist, zu beobachten, was andere tun, oder dir wünschst, das zu haben, was sie haben, wirst du Gottes Plan für dein eigenes Leben verpassen.

Salomo bemerkte, dass Neid der Grund ist, wieso Leute so viel arbeiten:

Und ich sah, dass alle Mühe und alles geschickte Tun Neid des einen auf den anderen ist. Auch das ist nichtig und ein Greifen nach Wind. (Pred 4,4)

Und das Resultat?

All seine Mühe hat kein Ende. Auch kann sein Auge nicht genug Reichtum sehen. Und für wen mühe ich mich ab und versage mir jeden Genuss? Auch das ist nichtig und eine leidige Mühe. (Pred 4,8)

Neid führt dich zu anderen Sünden. Neid ist eine der sogenannten “Sieben Todsünden”. Das ist eine sündige Wurzel, aus denen viele andere Sünden wachsen. Die Bibel sagt: “Wo Neid und Selbstsucht ist, da ist Unordnung und jede böse Tat.” (Jak 3,16). Beachte, dass da zuerst Unordnung steht. Sobald der Neid seinen Kopf erhebt, beschwört er Konkurrenz, Konflikt und Verwirrung. Jedes Mal, wenn eine Freundschaft “aus der Balance” fällt, solltest du prüfen, ob nicht Neid die Ursache sein könnte.

Jakobus 3:16 sagt auch, dass Neid eine Quelle für “jede böse Tat” ist. Kann Neid eine Person zum Lügen bringen? Ja. Kann er jemanden zum Stehlen verleiten? Ja. Zu morden? Ja, natürlich. Morde, die durch Neid motiviert sind, machen täglich Schlagzeilen, und die Bibel ist voll von Beispielen für Verbrechen, die auf Neid basieren: Kain tötete seinen Bruder Abel aus Neid. Josephs Brüder verkauften ihn aus Neid in die Sklaverei. Saul versuchte mehrmals, David, der plötzlich beliebter war als Saul, aus Neid zu töten. Die Bibel sagt deutlich, dass die religiöse Elite Jesus töten liessen, weil sie ihn zutiefst beneideten!

Neid infiziert alles in dir und wirkt sich auf alles um dich herum aus. Wie kannst du also den Neid aus deinem Leben tilgen? Hier ein paar Ratschläge.

1. Vergleiche dich nicht mit anderen

Denn wir wagen es nicht, uns denen zuzurechnen oder gleichzustellen, die sich selbst empfehlen; sie aber sind unverständig, indem sie sich an sich selbst messen und sich mit sich selbst vergleichen. (2. Kor 10,12)

Warum ist es töricht, dich mit anderen zu vergleichen? Weil du unvergleichlich bist! So wie jeder andere auch. Gott hat jeden von uns “einmalig” geschaffen. Ausserdem führt das Vergleichen zu einer von zwei negativen Reaktionen: Stolz oder Neid. Du kannst immer jemanden finden, von dem du denkst, dass du besser bist als er, und du wirst stolz sein. Auf der anderen Seite wirst du immer Menschen finden, von denen du denkst, dass es ihnen besser geht als dir, und du wirst neidisch und entmutigt werden. Was zählt, ist nicht, wer besser dran ist, sondern ob du das tust, wozu Gott dich geschaffen hat.

Sage dir einfach: “Diesen Weg werde ich nicht einschlagen”, und denke an etwas anderes.

2. Freue dich mit den anderen

Freue dich mit solchen, denen es gut geht! Die gerade erfolgreich sind! Die Bibel sagt uns, dass wir glücklich sein sollen, wenn Gott die Menschen um uns herum segnet. “Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden!” (Röm 12,15)

Wie gehst du mit Beförderungen von Arbeitskollegen um? Wenn du Single bist, wie gehst du mit den Hochzeiten und Babypartys von Freunden um? Was ist deine erste Reaktion auf die Nachricht, dass jemand, den du kennst, ein unerwartetes Glück trifft? Wann hast du Gott das letzte Mal dafür gedankt, was er für jemand anderen getan hat?

Wenn du dich dabei ertappst, dass du anfängst, jemand anderen zu beneiden, wenn du anfängst zu wünschen, du hättest ihren Job oder ihr Talent oder ihren Freund oder ihre Kinder oder was auch immer, erinnere dich daran, dass Gott dir einige einzigartige Gaben gegeben hat, die sie nicht haben, und ausserdem hast du keine Kenntnis von all den Nachteilen, welche die andere Person hat, weil sie so ist, wie sie ist.

3. Habe Gottvertrauen

Vertraue Gott, wenn das Leben ungerecht erscheint. Eines der Zeichen, dass Neid in mein Herz eingedrungen ist, ist, wenn ich anfange zu fühlen: “Es ist nicht fair! Es ist nicht fair, dass ich nicht das habe, was sie haben!” Jedes Mal, wenn wir Gott der Unfairness beschuldigen, zweifeln wir eigentlich an seiner Güte.

In Matthäus 20 erzählt Jesus, dass ein Besitzer eines Weinbergs mehrere Leute angeheuert hat, zu verschiedenen Zeiten. Am Ende des Tages zahlte er allen wider Erwarten gleich viel. Offensichtlich störte das die letzten Arbeiter nicht, aber die Männer, die den ganzen Tag gearbeitet hatten, beschwerten sich lautstark, dass der Gutsbesitzer ungerecht sei. Sie sagten: “Diese letzten Arbeiter haben nur eine einzige Stunde gearbeitet, und du hast sie einfach mit uns gleichgestellt, die den ganzen Tag unter der sengenden Sonne geschuftet haben!”

Ich liebe die Direktheit des Gutsbesitzers: “Nimm dein Geld und geh!” (Mt 20,14). In anderen Worten: “Hör auf, anderen meine Gnade übel zu nehmen, sei dankbar für das, was du hast, und fahre jetzt mit deinem Leben fort!” Dieser Ratschlag wird dich davor bewahren, in die Neidfalle zu tappen und von dem Weg, den Gott für dich vorgesehen hat, abzukommen.

Philipps Gedanken dazu:

Jedes Mal, wenn ich das Beispiel mit den Arbeitern im Weinberg lese, denke ich: Ich kann zwar dem Beispiel logisch folgen. Ich verstehe, dass hier gerade das Konzept der Gnade erklärt wird, dass sie eben nicht Ursache -> Wirkung basiert ist. Aber meine Emotionen können nicht folgen. Sie schreien beständig: “Unfair! Unfair!”. Daran merke ich, wie weit weg ich noch davon entfernt bin, Gottes Gnade zu verstehen - nicht bloss intellektuell, sondern von Herzen.

Neid ist auch in meinem Leben ein dauernder Begleiter. Der schlimmste Ort: Social Media. Es scheint geradezu den Neid anzustacheln. Ja, manchmal denke ich mir, dass Social Media genau deshalb so mächtig wurde, weil es durch den unbändigen Neid der Menschheit genährt wird. Und doch will ich Twitter und Facebook nicht verlassen. Stattdessen habe ich mir nach dem Lesen von Rick Warrens Beitrag vorgenommen, mich am Glück der anderen zu freuen und mich zu fragen, was meine Aufgabe ist, wodurch ich dienen kann. Denn in der Gemeinde gibt es viele Glieder, die einen scheinen ehrbarer, aber alle sind notwendig.

Durch den Missionsbefehl bin ich aufgerufen, das Evangelium zu verkünden. Doch dies läuft meiner selbstsüchtigen Natur zuwider (denn ich werde Ablehnung erleben). Und zudem: wie soll ich das anstellen? Rick Warrens Behauptung: Evangelisation heisst, deine Geschichte zu erzählen. Stimmt das?

Dies ist der sechste und letzte Teil der Reihe über Rick Warrens Buch “The Purpose Driven Life”.
Hier gehts zur Rezension des Buches.
Heute aus dem Tag 37: “Sharing your life message”

Input Rick Warren:

In dem Moment, als du Christ wurdest, wurdest du gleichzeitig ein Zeuge Gottes. Gott will durch dich zu der Welt sprechen: “was wir sagen, sagen wir im Auftrag Gottes; wir sagen es in der Verantwortung vor Gott und in der Abhängigkeit von Christus.” (2. Kor 2,17b)

Was sollst du sagen? Erzähle, was Gott für einen Unterschied gemacht hat in deinem Leben. Petrus sagt uns, dass jeder, den Gott auserwählt hat, “den Auftrag hat, seine großen Taten zu verkünden – die Taten dessen, der [ihn] aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat.” (1. Pet 2,9)

Die Essenz vom Zeugnis ist, dass du einfach deine persönlichen Erfahrungen mit Jesus teilst. In einem Gerichtssaal wird von einem Zeugen nicht erwartet, dass er den Fall herleitet, die Wahrheit beweist oder auf ein Urteil drängt; das ist die Aufgabe von Anwälten. Zeugen berichten einfach, was ihnen passiert ist oder was sie gesehen haben.

Jesus sagte: “ihr werdet meine Zeugen sein” (Apg 1,8) und nicht “ihr werdet meine Anwälte sein”.

Er möchte, dass du deine Geschichte mit anderen teilst. Dein Zeugnis ist ein wesentlicher Teil deiner Mission auf der Erde, denn es ist einzigartig. Es gibt keine andere Geschichte, die so ist wie deine, also kannst nur du sie erzählen. Ansonsten wird sie für immer verloren sein. Tatsächlich ist dein persönliches Zeugnis effektiver als eine Predigt, denn Ungläubige sehen Pastoren als professionelle Verkäufer, dich aber als “zufriedenen Kunden”, also schenken sie dir mehr Glaubwürdigkeit.

Persönliche Geschichten sind auch leichter zu verstehen als Prinzipien, und jeder zieht sie einer trockenen Abhandlung vor. Sie fesseln unsere Aufmerksamkeit, und wir erinnern uns länger an sie. Ungläubige würden wahrscheinlich das Interesse verlieren, wenn du anfängst, Theologen zu zitieren, aber sie haben eine natürliche Neugierde, von Erfahrungen zu hören, welche sie nie selbst gemacht haben.

Ein weiterer Wert deines Zeugnisses ist, dass es intellektuelle Mauern durchbricht. Viele Menschen anerkennen die Bibel nicht als Quelle der Wahrheit, aber sie werden auf eine demütige, persönliche Geschichte hören.

Das ist auch der Grund, warum Paulus bei sechs verschiedenen Gelegenheiten sein Zeugnis benutzte, um das Evangelium weiterzugeben, anstatt die Heilige Schrift zu zitieren.

Die Schrift lehrt uns:

Seid aber allezeit bereit zur Verantwortung gegenüber jedermann, der Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist, [und zwar] mit Sanftmut und Ehrerbietung (1. Pet 3,15)

Unseren Glauben zu teilen heisst also, den richtigen Zeitpunkt abzuwarten und dann deinen Mund aufzumachen. Wie kannst du dich auf diesen Moment vorbereiten, so dass du bereit bist? Der beste Weg um “bereit zu sein” ist dein Zeugnis aufzuschreiben und dir die Hauptpunkte zu merken. Etwa, wie dein Leben vor deiner Bekehrung aussah. Wie die “Sache von Jesus” für dich plötzlich begehrenswert wurde. Wie du deinen Lebensstil verändert hast oder welcher Wert für dich Jesus im Leben hat.

Natürlich geht es nicht nur um die Bekehrungsgeschichte. Alle Gottes-Erfahrungen eignen sich zum Zeugnis. Auch da: schreibe dir die Geschichten auf: Probleme, Umstände, Krisen, in denen Gott dich neues gelehrt hat. Dann sei feinfühlig und bringe die Geschichte, welcher der Situation deines Freundes am besten entspricht.

Philipps Gedanken dazu:

Ich fand spannend, dass wir aufgerufen sind, Zeugen zu sein. Ich habe mich dann gefragt, ob wir also nur unsere Lebensgeschichte erzählen sollen? Paulus hat in der Apostelgeschichte seine Lebensgeschichte erzählt, aber nicht nur, in Athen z.B. hat er Gott aus der Philosophie hergeleitet. Stefanus hat vor seiner Steinigung Gott aus dem alten Testament hergeleitet. Also kann “seid meine Zeugen” nicht gemeint sein, dass wir nur unsere Lebensgeschichte erzählen.

Aber ich denke nicht, dass Warren hier nur zum Zeugnis aufruft, im Interview mit John Piper erzählt er folgende Geschichte:

Ich war einmal im “Aspen Institute” - da sind die Superhirne dieser Welt - und eine Frau steht auf und sagt zu mir: “Ich bin Jüdin, ich werde also Jesus nicht als meinen Retter annehmen. Komme ich in die Hölle?”.
Jetzt will alles in meiner menschlichen Natur einen Rückzieher machen und es mir sicher und bequem machen und das politisch Korrekte sagen. Aber ich kann das nicht tun, weil ich Gottes Missfallen mehr fürchte als ihres und ich liebe sie auch genug, um ihr die Wahrheit zu sagen.
Die Art, wie ich es gesagt habe, ist eine Art, welche die Last von meinen Schultern nimmt. Ich sagte Folgendes: “Jeder setzt sein Leben auf eine Karte. Atheisten wetten, dass es keinen Gott gibt. Buddhisten wetten auf Buddha. Ich wette mein Leben darauf, dass Jesus Christus kein Lügner war. Dass Jesus Christus die Wahrheit gesagt hat. Jesus sagte: “Niemand kommt zum Vater außer durch mich”. Nun, das habe nicht ich gesagt, sondern er. Er sagte: “Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben”.
Ich verwette mein Leben darauf, dass er die Wahrheit gesagt hat.
Und jetzt siehst du, was ich getan habe: Ich habe mich geweigert, mich zur Autorität zu machen, mich geweigert, in einen Streit “das ist dein Wort gegen meins” einzusteigen. Ich sagte nur: “Ich setze mein Vertrauen auf Jesus”.

Also geht es Warren darum, dass wenn wir “Sache von Jesus” verteidigen, wir es nicht zu unserer Sache machen, sondern es seine lassen, dabei aber erklären, dass wir dieser Sache mehr trauen, als allen anderen Lebenstheorien und verwandeln so eine Argumentation doch wieder zu einem Art Zeugnis.

Ein weiterer Punkt, der mich angesprochen hat: Persönliche Zeugnisse sind oft spannender und überzeugender als Theorie. Ich wünschte mir, in den Gottesdiensten würden mehr Zeugnisse erzählt. Ich wünschte mir, auf Blogs mehr persönliche Zeugnisse zu hören. Wenn Theorie vorgetragen wird, habe ich oft die Reaktion “kenne ich schon”, oder ich merke, dass sofort meine intellektuellen Schutzwälle hochgefahren werden, die ein Prediger erst einreissen muss.

Für mich ist dieser Blog ein Zeugnis. Natürlich schreibe ich das für Christen auf, aber ich merke, dass wenn ich Dinge aufschreibe, sie dann in meinem Kopf parat zum Zeugnis sind, so wie es im 1. Petrus 3,15 beschrieben wird.

Und, da mit diesem Beitrag die Reihe über “Purpose Driven Life” beendet ist, werde ich in den nächsten Tagen meine persönliche Bekehrungsgeschichte hier auf dem Blog bringen. Mir als Vorbereitung zum Zeugnis und euch als Ermutigung.

Geld und Macht. Die zwei grossen Versuchungen. Für mich ist momentan Geld die kleinere der beiden. Ging es in Rick Warrens Buch darum, mit Geld Gott zu dienen, so fiel es mir leicht, “Amen!” zu sagen. Doch bei dem Kapitel, über das ich heute schreibe, geht es um Macht, um Karriere, um Ansehen vor Menschen. Und das traf bei mir auf einen schwachen Punkt. Es hat mich bis auf die Knochen herausgefordert.

Dies ist Teil 5 der Reihe über Rick Warrens Buch “The Purpose Driven Life”.
Hier gehts zur Rezension des Buches.
Heute aus dem Tag 33 “How real servants act” und Tag 34 “Thinking like a servant”

Input Rick Warren:

Tausende Bücher wurden über Leadership geschrieben, aber nur wenige übers Dienen. Jeder möchte führen; niemand möchte dienen. Selbst Christen wollen “Servant-Leader” sein, nicht einfach nur Servants. Aber wie Jesus zu sein heisst, ein Diener zu sein. So nannte er sich selbst.

Wenn du dich zu Beginn eines jeden Tages daran erinnerst, dass du Gottes Diener bist, werden dich Unterbrechungen nicht so sehr frustrieren, denn dein Tagesprogramm wird das sein, was Gott dir heute vor Augen führt, die Werke, die er dir bereitet hat. Diener sehen Unterbrechungen als göttliche Verabredungen zum Dienst und freuen sich über die Gelegenheit, das Dienen zu üben.

Denn wir sind seine Schöpfung, erschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen. (Eph 2,9)

Self-Promotion und Dienen lassen sich nicht mischen. Echte Diener dienen nicht für die Anerkennung oder den Beifall anderer. Die Grösse ihres Publikums ist Eins. Paulus sagte: “Wenn ich allerdings den Menschen noch gefällig wäre, so wäre ich nicht ein Knecht des Christus.” (Gal 1,10)

Diener fokussieren sich auf andere, nicht auf sich selbst. Das Wesen von Demut ist nicht, weniger von sich zu denken, sondern weniger an sich selbst zu denken. Diener sind selbst-vergessen. Das ist damit gemeint, wenn es heisst, sein eigenes Leben zu verlieren, nämlich uns im Dienst an anderen zu vergessen.

sondern er entäußerte sich selbst, nahm die Gestalt eines Knechtes an und wurde wie die Menschen (Phil 2,7)

Leider ist ein grosser Teil unseres Dienstes oft eigennützig. Wir dienen, um andere dazu zu bringen, uns zu mögen, bewundert zu werden oder um unsere eigenen Ziele zu erreichen. Das ist Manipulation, nicht Dienst.

Die Eigenschaft der Selbstvergessenheit ist, wie die der Treue zu Gott, äusserst selten. Von all den Menschen, die Paulus kannte, war Timotheus der Einzige, den er als Beispiel anführen konnte.

Wie ein Diener zu denken ist schwierig, weil es die Wurzel meines Grundproblems angreift: Ich bin von Natur aus egoistisch. Ich denke am meisten an mich. Deshalb ist Demut ein täglicher Kampf, eine Lektion, die ich immer wieder neu lernen muss. Die Gelegenheit, ein Diener zu sein, konfrontiert mich Dutzende Male am Tag, in denen ich vor die Wahl gestellt werde, mich zwischen der Erfüllung meiner Bedürfnisse oder der Bedürfnisse anderer zu entscheiden.

Wenn du ein Diener sein willst, muss deine Identität in Christus verankert sein. Nur sichere Menschen können dienen. Unsichere Menschen machen sich immer Sorgen darüber, wie sie auf andere wirken. Sie fürchten die Entlarvung ihrer Schwächen und verstecken sich unter Schichten von schützendem Aussehen und Getue. Je unsicherer du bist, desto mehr wirst du wollen, dass andere dir dienen, und desto mehr wirst du ihre Anerkennung brauchen.

Diener, auf der anderen Seite, sehen ihren Dienst als Gelegenheit an, nicht als Verpflichtung. Sie dienen gerne anderen Menschen, das Stillen von Bedürfnissen. Sie dienen Gott mit Freuden (Ps 100,2). Wieso? Weil sie Gott lieben, dankbar sind für seine Gnade, weil sie wissen, dass sie gerade der Bestimmung nachkommen, welche Gott für sie vorhergesehen hat. Und weil sie wissen, dass Gott den Lohn verspricht:

wenn jemand mir dient, so wird ihn [mein] Vater ehren. (Joh 12,26)

Philipps Gedanken dazu:

Vor ein paar Jahren an meiner Arbeitsstelle wollte ich mir beweisen, dass ich selbstlos bin. Wir hatten die Tradition, dass reihum jemand am Donnerstagmorgen Gipfeli für das ganze Team mitnimmt. An einem Donnerstag brachte ich als Versüssung der Gipfeli Schoggistängeli mit. Ich legte sie auf den Tisch zu den Gipfeli, ohne etwas zu sagen. Das fiel natürlich auf. Meine Kollegen fragten untereinander, ob jemand wisse, wer die Schoggistängli gebracht hat. Ich blieb still im Wissen, dass ich Gott im Verborgenen dienen soll.

Aber ich tat es nicht mit Freuden. Ich dachte, dass mir gerade der Gewinn abgeht, weil ich mein Mund nicht geöffnet hatte.

Selbstloses Dienen ist nur dann möglich, wenn mein Glaube genügend gross ist. Glaube ich, dass Gott mich belohnen wird? Selbstloses Dienen bedingt einen festen Glauben in Gott. Ohne dieses Fundament verkommt selbst das Dienen zu einem Weg, von den Menschen Anerkennung zu erlangen. Insgeheim hoffte ich mehr als einmal, Gott werde mein “verborgenes Dienen” eines Tages damit vergelten, dass er mir Ruhm und Anerkennung gibt. Dann fühlte ich mich ertappt und merkte, dass dies einem Dienerherz fundamental widerspricht.

Meine Herausforderung ist, die Menschenfurcht durch die Gottesfurcht zu ersetzen. Und dies scheint menschlich unmöglich, doch ich glaube, dass bei der Wiedergeburt genau das passiert, zumindest im Ansatz. Wir erhalten den Geist Gottes, und dieser will Gott gefallen. Er ist eifersüchtig, wenn wir der Welt gefallen wollen. “Wir können nicht zwei Herren dienen, Gott und dem Mammon” interpretiere ich nicht nur bezüglich des Geldes, sondern auch bezüglich der Menschenfurcht.

Ich merke, dass ich Vorbilder brauche in meinem Leben.

Zum einen habe ich diese Vorbilder in jeder Gemeinde gefunden, welche ich bisher besucht habe. Es brauchte etwas Zeit, bis ich die Vorbilder fand. Sie waren jeweils nicht sichtbar, sie standen nicht auf der Bühne, sondern dienen im Verborgenen.

Zum anderen fand ich Vorbilder in Büchern. Charles Simeon ist sicher einer dieser Vorbilder. Er hat jahrelang in einer Gemeinde gedient, die ihn abgelehnt hat. Ich habe hier darüber geschrieben. Ein anderes Vorbild ist Hudson Taylor, der China-Missionar. Er wirkte auf andere stets nicht besonders. Als Menschen ihn trafen, welche von seinem Einfluss hörten, erwarteten sie einen Mann mit stattlicher Gestalt und sicherem Auftreten, aber sie sahen einen unscheinbaren, eher schwächlichen Mann. Sie dachten: “Was, dieser ist der Missionar, der in China so viel für Gott bewirken konnte?”. Seine Unscheinbarkeit entsprang aus dem Wunsch, nicht den Menschen zu gefallen, sondern Gott.

Doch Hudson Taylor war nicht schon seit seiner Bekehrung so, sondern erst nach vielen Jahren im Dienst Gottes. In seiner Biographie fand ich folgenden Bemerkung, die sein Sohn über ihn schrieb:

Von diesem Tage an findet sich ein neuer Ton in seinen Briefen. Sie sind nicht mehr voller Selbstbetrachtungen, sondern voller Gedanken über Missionsziele. China rückt wieder in den Vordergrund seines Denkens.

Solche Beispiele ermutigen mich zu glauben, dass Gott auch mich dahin verändern kann, dass ich weniger an mich selbst denke, sondern ganz von seinem Dienst an anderen ergriffen bin.

Die Versuchung trifft mich oft. Gebe ich ihr nach, dann sündige ich. Widerstehe ich ihr, dann wird die Versuchung grösser, sie wandelt sich zu einem verbotenen, begehrlichen Ding. Ist der Kampf also von vornherein verloren? Rick Warrens Kapitel über die Versuchung gehörten für mich zum Höhepunkt von “Purpose Driven Life”.

Dies ist Teil 4 der Reihe über Rick Warrens Buch “The Purpose Driven Life”.
Hier gehts zur Rezension des Buches.
Heute aus dem Tag 26 “Growing through Temptation” und Tag 27 “Defeating Temptation”

Input Rick Warren:

Versuchung ist Satans Waffe, dich zu zerstören. Aber für Gott auf der anderen Seite ist es eine Möglichkeit, deinen Charakter zu formen. Jedes Mal, wenn du dich für das Gute entscheidest, wirst du Jesus Charakter ähnlicher, der in Galater 5 beschrieben wird:

Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung (Gal 5,22)

Diese Frucht wächst langsam, wie eben Frucht an den Bäumen nur langsam wächst, für das Auge unmerklich.

Gott entwickelt deine Frucht des Geistes, indem er dich in gegenteilige Umstände steckt: Zum Beispiel lässt er, um die Frucht der Liebe wachsen zu lassen, dich mit lieblosen Menschen zusammen sein. Oder er lehrt dich Freude inmitten von Sorge. Jeder Mensch ist friedlich, wenn er einem Sonnenuntergang zuschaut, doch der wahre Friede wächst dann, wenn er durch seine Umstände zur Sorge und Angst getrieben wird und dabei standhält. Es ist wie ein Baum, der durch den stetigen Wind seine Wurzeln tiefer wachsen lässt.

Liegt die Versuchung in diesen Umständen? Nein, sondern sie schlummert in uns drin. Hättest du kein Verlangen in dir drin, so hätte die Versuchung keinen Nährboden. Die Versuchung startet immer in uns selbst: “Denn von innen, aus dem Herzen des Menschen, kommen die bösen Gedanken hervor, Ehebruch, Unzucht, Mord,…” (Mk 7,21)

Aber sei nicht entmutigt, wenn diese Versuchungen kommen. Versuche nicht zu denken, dass du einen Zustand erreichen kannst, dass dich keine Versuchungen mehr treffen. Schäme dich nicht, wenn du versucht wirst. Viele machen es sich zum Ziel, versuchungsfrei zu werden, aber das ist ein falsches Verständnis von Reife. Du wirst nie aus der Versuchung herauswachsen, weil uns auch die Bibel lehrt: “wenn ihr versucht werdet” und nicht “falls ihr versucht werdet” (Jak 1,13).

Manchmal, wenn du betest, wird Satan dir einen bizarren oder bösen Gedanken geben. Schäme dich nicht darüber, sondern freue dich, dass du dich gerade mit etwas beschäftigst, das Satan hasst. Statt dich zu schämen “wie kann ich nur so etwas denken?” behandle es als Ablenkung und fokussiere dich wieder auf Gott.

Überraschenderweise steht nirgends in der Bibel, dass wir der Versuchung widerstehen sollen. Wir sollen dem Teufel widerstehen, aber das ist etwas ganz anderes. Uns wird stattdessen geraten, unsere Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken, da es einfach nicht funktioniert, einem Gedanken zu widerstehen. Der Widerstand macht den Gedanken nur stärker und die Anziehungskraft der Versuchung wächst. Umso mehr du ein Gefühl bekämpfst, desto mehr wird es dich aufzehren und dich kontrollieren. Du machst es stärker, wenn du nur daran denkst.

Darum funktioniert es nicht, wenn wir uns sagen: “ich sollte weniger essen” oder “ich sollte andere weniger begehrlich anschauen”

Stattdessen sollen wir dem Teufel widerstehen, nicht der Versuchung: “Widersteht dem Teufel, so flieht er von euch” (Jak 4,7)

Bei Versuchungen genügt es nicht, passiv zu sein, wir sollen dagegen ankämpfen. Nur wie?

Mein Rat: Versuche nie mit dem Teufel zu diskutieren. Darin ist er besser als du. Er hat Tausende Jahre Erfahrung. Du kannst Satan weder mit deiner Logik noch mit deiner Meinung beeindrucken. Das einzige, was hilft ist die folgende Waffe: Das Wort Gottes.

Du musst das Wort Gottes nutzen als Waffe gegen Satan. Jesus hat dies in der Wüste getan. Jesus wurde in allem gleich versucht wie wir (Heb 4,15). Jesus hat gekontert, indem er Bibelstellen aufsagte. Er sagte nicht “ich bin nicht hungrig”, er hat eine Bibelstelle aufgesagt aus seinem Gedächtnis.

Falls du keine Bibelstellen auswendig weisst, hast du keine Patronen in deiner Pistole! Ich fordere dich ernsthaft auf, regelmässig Bibelverse auswendig zu lernen.

Philipps Gedanken dazu:

Eine der Versuchungen, mit denen ich zurzeit zu kämpfen habe, ist die Versuchung zur Sorge bei der Arbeit. Ich habe vor ein paar Wochen kurz darüber berichtet, wie eine Reorganisation an meiner Arbeitstelle mein Leben durcheinandergewirbelt hat. Dies mag von Aussen als etwas Kleines aussehen, doch für mich, da ich täglich acht Stunden an der Arbeit verbringe, ist es ein grosses Ding.

Neulich bin ich am Abend mit diesen Sorgen ins Bett gegangen mit der Idee, dass ich mich ja morgen darum kümmern könnte. Schlechte Idee! Denn welche Gedanken meldeten sich als Erstes am Morgen früh? Die Sorgen. Und am Morgen früh ist das tödlich. Ich wusste: gebe ich den Sorgen Raum, dann werden sie meinen Tag bestimmen und den Tag danach und so weiter. Also sagte ich mir unter der Dusche alle Bibelverse vor, welche ich auswendig gelernt hatte. Zum Glück hatte ich die Bibelverse jedes Kapitels aus “Purpose Driven Life” auswendig gelernt und so sagte ich nacheinander fünf bis zehn Bibelverse auf. Und siehe da, nach einigen Versen kam ich zu einem Vers, welcher ein Volltreffer war im Kampf mit dem Teufel. Er wich von mir, die Gedanken wandelten sich und wurden freundlicher, angenehmer. Es war, wie sich die Wolken verzogen hätten und die Sonne hervorkam.

Freilich ist es mit diesem einen Sieg nicht getan. Und ich war nicht immer so erfolgreich. Doch dieses eine Erfolgserlebnis gab mir Mut, nicht aufzugeben.

In einer Gemeinde beobachtete ich Folgendes: Es gab Leute mit hohen Ansprüchen an die Gemeinde. Sie hatten Ideale, welche sie aus der Bibel gelernt haben; Versprechen Gottes, von denen sie wollten, dass sie in der Gemeinde gelebt werden. Sie begannen die Sache richtig: vom Wort Gottes aus. Es gelang ihnen dann aber nicht, ihre Sache “in die Gemeinde zu tragen”. Frustriert verbissen sie sich in ihrer Idee, begannen schlecht über andere zu reden und verliessen nach einiger Zeit entweder selbst die Gemeinde oder brachten durch ihre Art andere dazu zu gehen. Rick Warren hat hierzu guten Rat.

Dies ist Teil 3 der Reihe über Rick Warrens Buch “The Purpose Driven Life”.
Hier gehts zur Rezension des Buches.
Heute aus dem Tag 21: “Protecting your Church”

Input Rick Warren:

Die Einheit in der Gemeinde ist so wichtig, dass das Neue Testament ihr mehr Aufmerksamkeit schenkt als dem Himmel oder der Hölle. Genau wie alle Eltern geniesst es unser himmlischer Vater, wenn seine Kinder miteinander auskommen. In seinen letzten Momenten vor seiner Verhaftung betete Jesus leidenschaftlich für unsere Einheit. Es war unsere Einheit, die in diesen quälenden Stunden in seinem Kopf ganz oben stand. Das zeigt, wie bedeutsam dieses Thema ist.

Wenn du erst einmal entdeckt hast, was Gott für dich und die Gemeinde will, ist es leicht, durch die Kluft zwischen Ideal und Realität in der Gemeinde entmutigt zu werden. Doch wir müssen die Gemeinde trotz ihrer Unvollkommenheiten leidenschaftlich lieben. Sich nach dem Ideal zu sehnen, während man die Realität kritisiert, ist ein Zeichen von Unreife. Andererseits ist es billig, sich mit der Realität zufriedenzugeben, ohne nach dem Idealen zu streben. Reife bedeutet, mit der Spannung zu leben.

Gott sagt:

Keiner soll sich über den anderen erheben. Seid vielmehr allen gegenüber freundlich und geduldig und geht nachsichtig und liebevoll miteinander um. (Eph 4,2)

Dann erwähnt Warren das Buch “Gemeinsames Leben“ von Dietrich Bonhoeffer, der deutsche Pastor, der während der Nazizeit den Märtyrertod starb. Warren hat nur ein Zitat im Buch, aber ich fand dies so gewinnbringend, dass ich hier noch ein paar Weitere einfüge:

Unzählige Male ist eine ganze christliche Gemeinschaft daran zerbrochen, dass sie aus einem Wunschbild heraus lebte. Gerade der ernsthafte Christ, der zum ersten Mal in eine christliche Lebensgemeinschaft gestellt ist, wird oft sein sehr bestimmtes Bild von der Art des christlichen Zusammenlebens mitbringen und zu verwirklichen bestrebt sein.

Jedes menschliche Wunschbild, das in die christliche Gemeinschaft mit eingebracht wird, hindert die echte Gemeinschaft und muss zerbrochen werden, damit die echte Gemeinschaft leben kann. Wer seinen Traum von einer christlichen Gemeinschaft mehr liebt als die christliche Gemeinschaft selbst, der wird zum Zerstörer jeder christlichen Gemeinschaft, und ob er es persönlich noch so ehrlich, noch so ernsthaft und hingebend meinte.

Gott hasst die Träumerei; denn sie macht stolz und anspruchsvoll. Wer sich das Bild einer Gemeinschaft erträumt, der fordert von Gott, von dem andern und von sich selbst die Erfüllung. Er tritt als Fordernder in die Gemeinschaft der Christen und richtet ein eigenes Gesetz auf. Er tut, als habe er erst die christliche Gemeinschaft zu schaffen, als solle sein Traumbild die Menschen verbinden. Was nicht nach seinem Willen geht, nennt er Versagen. Wo sein Bild zunichte wird, sieht er die Gemeinschaft zerbrechen.

Weil Gott den einzigen Grund unserer Gemeinschaft schon gelegt hat, weil Gott uns längst, bevor wir in das gemeinsame Leben mit andern Christen eintraten, mit diesem zu einem Leib zusammengeschlossen hat in Jesus Christus, darum treten wir nicht als die Fordernden, sondern als die Dankenden und Empfangenden in das gemeinsame Leben mit andern Christen ein. Wir danken Gott für das, was er an uns getan hat. Wir beschweren uns nicht über das, was Gott uns nicht gibt, sondern wir danken Gott für das, was er uns täglich gibt.

Zurück zu Warrens Input:

Übernimm Verantwortung, deine Gemeinde zu schützen und zu fördern. Setze alles daran, nicht schlecht über andere zu reden und bei üblem Geschwätz nicht teilzuhaben. Es wird nicht immer einfach sein. Manchmal wirst du tun müssen, was das Beste für den Leib ist, und nicht das, was dir dient. Das ist ein Grund, warum Gott uns in eine Gemeinde steckt - damit wir Selbstlosigkeit lernen.

Philipps Gedanken dazu:

Die Gemeinde, welche ich in der Einleitung erwähnt hat, hat sich gespalten. Der Pastor hat gekündigt. Die Hälfte verliess die Gemeinde. Ich hatte mich aus dem Konflikt rausgehalten, aus der Angst heraus, dass mein Involvieren noch mehr zerstört, als es helfen würde. Ich muss aber auch zugeben, dass ich damit zum zynischen Zuschauer wurde und schlussendlich auch die Gemeinde verliess.

Was ist meine Reaktion auf dieses Kapitel? Ich fühle mich ertappt. Merke ich die Kluft zwischen meinen Idealen und der Gemeinde, dann tendiere ich eher dazu, die Gemeinde über Bord zu werfen als meine Ideale. Beides ist schlecht. Doch die Kluft treibt mich oft in einen Zynismus, welcher der Gemeinde schadet. Ich habe mir nach dem Lesen des Kapitels vorgenommen, die Spannung nicht mit üblem Geschwätz zu entschärfen, sondern im Gebet bei Gott Rat zu ersuchen, was wohl mein Teil beim Bauen seiner Gemeinde sein soll.

Es ist ja auch irgendwie logisch, dass wenn wir verschiedene Organe sind, wir einander nicht verstehen und gegenseitige Ansprüche haben, welche die anderen nicht erfüllen können. Wenn ich ehrlich bin, dann gibt es viele Talente in der Gemeinde, welche ich nicht mal im Ansatz besitze. Und so kann ich auch nicht erwarten, dass meine Fähigkeiten und Einsichten auf alle anderen überschwappen. Das Herz zum Beispiel pumpt als einziges Organ beständig Blut in den Körper, ohne dass ihm etwas hilft. Ginge es nach der Vorstellung des Herzens, so würden alle Organe kleine Herzen werden.

Wenn der ganze Körper nur aus Augen bestünde, wo bliebe dann das Gehör?

Ein Körper besteht nun mal aus verschiedenen Organen, welche alle ihre Aufgabe haben. Als einzelnes Organ bin ich angewiesen, dass die anderen Organe ihre Aufgabe annehmen, die gerade sehr sehr anders ist als meine eigene Aufgabe, aber genau dadurch werde ich genährt und bleibe als Teil des Leibes von Jesus erhalten.

Ich finde es anstrengend, Teil einer christlichen Gemeinde zu sein. Es gibt immer Probleme. Das Problem ist nicht die Gemeinde, in der wir jetzt sind. Wir waren davor schon in zwei anderen. Das Problem ist, dass ich mich mit anderen Menschen herumschlagen muss, die anders sind als ich. Die nerven. Die mich nicht verstehen und ich sie auch nicht. Ich übertreibe natürlich. Aber nur ein bisschen. Denn eigentlich fände ich es einfacher, nicht zu einer Gemeinde zu gehören. Und damit merke ich, dass mich der westliche Individualismus »lebe dein eigenes Leben!« voll erfasst hat.

Dies ist Teil 2 der Reihe über Rick Warrens Buch “The Purpose Driven Life”.
Hier gehts zur Rezension des Buches.
Heute aus dem Tag 17: “A place to belong”

Input Rick Warren:

C. S. Lewis bemerkte, dass das Wort “Mitgliedschaft” christlichen Ursprung hat, aber die Welt hat es von seiner ursprünglichen Bedeutung entfremdet. Geschäfte bieten “Mitgliedern” Rabatte an. In Kirchen wird die Mitgliedschaft oft darauf reduziert, dass man einfach seinen Namen in eine Liste einträgt, ohne jegliche Anforderungen oder Erwartungen.

Paulus verwendete das Wort “Mitglied” ganz anders. Für ihn war es ein lebenswichtiges Glied im Körper. Im Römer 12,4-5 heisst es, paraphrasiert (hier aus “The Message” auf Deutsch übersetzt, als Vergleich siehe Schlachter-Übersetzung):

Jeder Teil erhält seine Bedeutung vom Körper als Ganzem, nicht umgekehrt. Der Leib, von dem wir sprechen, ist der Körper von Jesus, der aus auserwählten Menschen besteht. Jeder von uns findet seine Bedeutung und Funktion als Teil dieses Leibes. Aber als abgehackter Finger oder abgeschnittener Zeh hätten wir keine Bedeutung, oder?

Wenn ein Organ vom Körper getrennt ist, wird es schrumpfen und absterben. Es ist unfähig, für sich selber zu überleben, und ebenso geht es dir. Die Zugehörigkeit zur Familie Gottes ist weder belanglos noch etwas, das man beiläufig ignorieren sollte. Die Gemeinde ist Gottes Plan für die Welt.

Über fünfzig Mal wird im Neuen Testament der Ausdruck “einander” verwendet. Uns wird geboten, einander zu lieben, füreinander zu beten, einander zu ermutigen, einander zu ermahnen, einander zu grüssen, einander zu dienen, einander zu lehren, einander anzunehmen, einander zu ehren, die Lasten des anderen zu tragen, einander zu vergeben, sich einander unterzuordnen etc. Das ist biblische Mitgliedschaft! Dies sind deine “familiären Pflichten”.

Es ist natürlich einfacher, heilig zu sein, wenn niemand in der Nähe ist, der meine Vorhaben durchkreuzt, der andere Lebensprioritäten hat, eine andere Meinung als ich. Aber das ist eine falsche, unerprobte Heiligkeit. Isolation erzeugt Täuschung: Wir können uns leicht vorzumachen, dass wir reif sind, wenn es niemanden gibt, der uns herausfordert. Echte Reife zeigt sich in Beziehungen.

Philipps Gedanken dazu:

Mit meiner Tochter mache ich gerne Witze. Eine Art unserer Witze geht so:

Eine Hand marschiert durch die Wüste. Dann trifft sie auf ein Auge. Das Auge fragt sie: »Hast du unterwegs jemanden gesehen?«.

Wir haben uns immer köstlich amüsiert, weil herumlaufende Körperteile so absurd, so sinnlos sind. Es wäre mir aber nie in den Sinn gekommen, dies auf mich und die Gemeinde zu übertragen, obwohl ich natürlich 1. Korinther 12 duzende Male gelesen habe.

Die Vorstellung, dass ich ein Körperteil bin, das seiner Bestimmung erst als Teil einer Gemeinde nachkommen kann, stellt ehrlich gesagt grosse Teile meines Weltbilds auf den Kopf. Dieser Teil war für mich der herausforderndste Teil aus Rick Warrens Buch. Nicht, dass ich nicht gerne Teil der Gemeinde bin. Ich gehe gerne in den Gottesdienst und bin Teil eines Worship-Teams. Aber dass meine Lebensaufgabe nur dann zu verstehen ist, wenn ich als Organ als Teil eines Körpers handle, das ist dann doch noch was ganz anderes.


Was mir beim Lesen von 1. Korinther 12 ausserdem aufgefallen ist:

Vers 12 beginnt folgendermassen:

Denn gleichwie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des einen Leibes aber, obwohl es viele sind, als Leib eins sind, so auch…

Weisst du, wie der Vers weitergeht?

Ich hätte gesagt “so auch die Gemeinde”. Doch der Vers endet mit “so auch Christus”. Ich dachte immer, dass Jesus bloss der Kopf der Gemeinde ist, aber hier steht, dass Christus die Gemeinde ist. Ich will nun keine Abhandlung über Transsubstantiation halten, doch in einem Sinn scheint Jesus wirklich dasselbe wie die Gemeinde zu sein, wie es dann auch in Vers 27 heisst: »Ihr aber seid [der] Leib des Christus, und jeder ist ein Glied [daran] nach seinem Teil.«.

Also ist die Gemeinde nicht nur der Ort, wo ich meine wahre Bestimmung finde, sondern auch der Ort, wo ich Jesus besser kennenlernen kann. Verbringe ich Zeit mit meinen christlichen Geschwistern, dann kann ich Jesus nahe sein. Gebet und Bibellesen genügen nicht. Ohne Gemeinde werde ich Jesus nie wirklich kennenlernen.

Ist das bei allen Zusammenkünften so? Ich glaube, nur, wenn ich im anderen Jesus sehe. Wenn der andere sich durch den Heiligen Geist zu einer Jesus-ähnlichen Person verändern lässt. Erst durch diese vom Heiligen Geist gewirkte Verbindung kann ich, sozusagen “von Organ zu Organ”, Teil des Leibes von Jesus sein, und so kommt seine Gestalt zum Vorschein.

Ich vergesse Gott oft. Lese ich den Vers “betet ohne Unterlass”, dann denke ich “es wäre schon schön, wenn ich täglich zwei, drei Mal zu Gott beten könnte”. Mein Gebetsleben ist für mich ein dauerndes Ringen, und daher ist mir zurzeit jeder Input sehr willkommen.

Dies ist Teil 1 der Reihe über Rick Warrens Buch “The Purpose Driven Life”.
Hier gehts zur Rezension des Buches.
Heute aus dem Tag 11: “Becoming best friends with God”

Input Rick Warren:

Wie lässt sich der Vers “Betet ohne Unterlass” in 1. Thessalonicher 5,17 in die Tat umsetzen? Ist damit gemeint, dass wir den ganzen Tag alleine mit Gott verbringen? Das ist nicht durchführbar. Was aber geht, ist, dass wir uns mit Gott unterhalten in den alltäglichen Situationen. Alles, was du tust, kann “mit Gott Zeit verbringen” sein, wenn du ihn mit dazu nimmst und dich seiner Gegenwart bewusst bist.

Warren empfiehlt dann das Buch “All meine Gedanken sind bei dir“ von Bruder Lorenz, ein Mönch aus dem siebzehnten Jahrhundert, der es sich zur Gewohnheit gemacht hat, mit Gott immer zu sprechen. Er war Koch im Kloster. Die Arbeit hat ihm nicht sonderlich Spass gemacht, aber seine Freude kam daraus, dass er seiner Arbeit so nachgegangen ist, dass er alles in Christus im Gebet gemacht hat.

Danach rät Warren, sich stündlich einen Alarm zu stellen, um sich regelmässig Gott zu erinnern. Als erster Schritt Richtung “dauerndes Gebet”, um dem Leben von Bruder Lorenz näher zu kommen.

Das Üben der Gegenwart Gottes ist eine Fähigkeit, eine Gewohnheit, die sich entwickeln lässt. So wie Musiker jeden Tag Tonleitern üben, um mit Leichtigkeit schöne Musik zu spielen, kann man seinen Geist dazu trainieren, sich an Gott zu erinnern.

Philipps Gedanken dazu:

Ich habe mir das Buch von Bruder Lorenz gekauft, weil mir die Idee der dauernden Konversation mit Gott sehr angesprochen hat. Ich habe das Buch aber nach zwei Kapiteln auf die Seite gelegt. Die Situation von Bruder Lorenz im Kloster im siebzehnten Jahrhundert war zu weit weg von meinem Alltag, der Abstand unüberbrückbar.

Ausserdem schien es, als würde Bruder Lorenz sich absichtlich die Arbeit ausgesucht zu haben, welche ihm am wenigsten gefällt, um dabei möglichst oft mit Gott sprechen zu können. Sollte Gott wollen, dass ich extra einer Arbeit nachgehe, die mir nicht gefällt, sodass ich all meine Freude aus Gott hole? Das deckt sich nicht mit meiner Vorstellung von Gott. Ich liebe meine Arbeit. Ich muss ja irgendeinen Sinn in meiner Arbeit sehen, damit ich darin auch mein Bestes gebe.

Die Sache mit dem Wecker stellen jede Stunde habe ich nicht probiert. Ehrlich gesagt klingt das nach einem Ritual, das mir das Gebet eher als Pflichtübung auferlegt, statt dass es meinem Wunsch entspringt, mit Gott zu sprechen. (Dieser Tip ist übrigens eine Ausnahme, normalerweise macht Rick Warren keine solchen konkreten Tipps, doch in diesem Fall tat er es und er hätte besser davon abgelassen).

Über was ich in vor ein paar Wochen stolperte, war ein Zitat von Paul Miller. Er versteht den Vers “betet ohne Unterlass” nicht als ein Gebot, das wir befolgen sollen, sondern um ein Eingeständnis unserer Schwachheit. So wie ein kleines Kind stets sagt “Mama! Mama! Mama!” weil es noch nicht gelernt hat, in seinem Leben auf eigenen Füssen zu stehen, sollen auch wir “Abba! Abba! Abba!” beten. Dauerndes Gebet ist kein Ausdruck von geistlicher Reife, sondern von geistlicher Armut.

Das Zitat:

Je näher ich zum Büro kam, desto mehr wurde ich überwältigt - ich hatte nicht die Weisheit, die Situation zu meistern, die sich mir stellte. Die Bibelstelle “Führe du mich auf den Felsen, der mir zu hoch ist!” (Psalm 61,3) kam mir in den Sinn, und ich betete ein einfaches Gebet. Ich brauchte einen Felsen, der höher war als ich selbst. Diese momentane Armut des Geistes war die Tür zum Gebet. Wir brauchen keine Selbstdisziplin, um ständig zu beten; wir müssen nur arm im Geist sein. Armut des Geistes schafft Platz für seinen Geist.
A praying life, Connecting with God in a distracting world, S. 54


Wieso empfehle ich also den Input von Tag 11 “Becoming best friends with God” überhaupt, wenn ich ihn doch nicht so umgesetzt habe?

Für mich war dieser Input wie ein Freund, der auf mich zukommt und sagt: “Philipp, ich denke, du kannst mit Gott ein fortwährendes Gebet führen. Wenn Paulus davon spricht im ersten Thessalonicher, dann wird es auch dir möglich sein”. Und dann kam der konkrete Tipp des Freundes, wie er denkt, dass dies möglich sei.

Den Tipp des Freundes habe ich zwar verworfen, aber was geblieben ist, ist der Glaube daran, dass es möglich ist und das Streben danach dahin zu kommen. Wie es möglich ist, weiss ich noch nicht, doch mein nächster Wegpunkt wird eher Paul Miller sein als Bruder Lorenz.

Dies ist die Einleitung zu einer Beitrags-Reihe zu Rick Warrens Buch “The Purpose Driven Life” (Leben mit Vision), welches ich mit grossem Gewinn gelesen habe. Keine Angst, in der Reihe werde nicht bloss den Inhalt des Buches abspulen, sondern werde berichten, in welchen Bereichen meines Lebens ich mich vom Buch herausgefordert sehe, in der Hoffnung, dass diese Anregungen dir als Leser ebenso gewinnbringend sein werden wie mir.

Wie das Buch zum Besteller wurde

Rick Warren ist Pastor der Saddleback-Church in Kalifornien. Sein Anliegen ist dabei, dass die Gemeinde im Wandel mit Gott reift, dass sie im Wort “unterwiesen” wird.

Um 2000 hat er für seine Gemeinde eine Kursreihe erstellt, die er in seiner Gemeinde durchnahm. Nach dem Durcharbeiten des Materials hat er es 2002 in Buchform publiziert, mit der Annahme, dass nur Christen das Buch lesen würden. Kurz vor Publikation des Buches hat er es erweitert, sodass auch Nichtchristen es lesen können und es ihnen hilft, Jesus Meister ihres Leben zu machen.

Dann passierte das Überraschende: Das Buch wurde ein “overnight success”, es war während neunzig Wochen in der “New York Times Bestseller List”. Mittlerweile wurden vom Buch fünfzig Millionen Exemplare verkauft.

Von evangelikalen Christen wurde das Buch aber kritisiert: Zum einen würde es die Gnade Gottes zu wenig thematisieren, zum anderen würden häufig zu freie Bibelübersetzungen verwendet.

Ich hatte weder von Rick Warren noch von “Purpose Driven Life” etwas gehört, bis John Piper ihn 2010 zu einer Konferenz einlud und damit bei Warren-Kritikern Unverständnis auslöste. Als Antwort darauf führte Piper ein Interview mit Warren, in dem er ihm in einem positiven Setting Fragen zum Buch stellte.

Was mich bei diesem Interview beeindruckte, war einerseits Rick Warrens Herz als Pastor: Er schrieb das Buch, weil er sich als Hirte seiner Gemeinde verstand. Er wollte ihr Richtung geben, sie nicht in der Welt alleine lassen.

Andererseits beeindruckte mich, wie er mit dem Erfolg umging. Die phänomenalen Verkaufszahlen von “Purpose Driven Life” machten ihn zu einem reichen Mann. Er blieb aber in bescheidenen Verhältnissen und fing an, den “umgekehrten Zehnten” zu geben, nämlich neunzig Prozent zu spenden und nur zehn Prozent zu behalten. Am Schluss des Interviews geht Warren auf die Frage ein, wie er mit Geld und Ruhm umgeht.

Das Interview motivierte mich, das Buch zu lesen, und nun, gut einen Monat später, bin ich noch immer begeistert. Darum diese Rezension. Doch nochmals zurück zu dem, was am Buch kritisiert wird.

Kritik am Buch

Das Buch wird vor allem darum kritisiert, weil Warren oft sehr freie Bibelübersetzungen benutze, und zwar so, dass er sich einfach die Bibelstelle in der passenden Übersetzung suche, die sein Argument gerade am besten untermauert. In der Tat nutzt er z.B. “The Message”, die eher in die Kategorie “Umschreibung” als in die Kategorie “Übersetzung” fällt (das versteht auch Warren so in seinem Buch, wird aber nicht sehr explizit erwähnt). Ebenso die “New Living Translation”, eine Übersetzung, welche in der Art der deutschen “Guten Nachricht” recht nahekommt.

Warrens Antwort auf die Anschuldigung: Er wählte diese Übersetzungen, um Christen “aus der Bahn” zu werfen, sie aufmerken zu lassen. Hätte er traditionellere Übersetzungen gewählt, so hätten viele Christen über sie hinweggelesen mit “ah ja, diese Stelle, die kenne ich…”.

Ich habe beim Lesen des Buchs fast jede Stelle mit der Schlachter-Übersetzung verglichen. Manchmal kam ich zum Schluss: »Diese Übersetzung lässt spannende Feinheiten aus und vereinfacht Dinge weg, welche im Text wichtig sind!«, manchmal aber auch »Oh, so habe ich diese Bibelstelle noch nie wahrgenommen, und im Kontext sieht es danach aus, als wäre dieser Bibelvers genau so zu verstehen…«.

Ob Rick Warrens Herz wirklich war, dem Christen mithilfe der unorthodoxen Übersetzungen die Augen zu öffnen, weiss ich nicht. Was ich aber weiss, ist dies: Die Aussagen im Buch decken sich grösstenteils mit meinem Verständnis der Bibel und es hätten sich für den Beweis seiner Aussagen eine Vielzahl von anderen Bibelversen zitieren lassen. Daher ist mein Urteil: Seine Methode ist teilweise unorthodox, der Inhalt ist aber sehr wohl orthodox.

Die andere Kritik an Warren ist, dass er ein Werk der Pop-Psychologie geschrieben habe, das nur entfernt etwas mit der Bibel zu tun habe. In der Tat nutzt Warren (bewusst) oft eine einfache Sprache, die den Schluss zulässt, dass Warren biblisch nicht fundiert sei. Doch weit gefehlt: Im oben erwähnten Interview erzählt Warren zum Beispiel, das er alle Werke von Jonathan Edwards gelesen habe. Er hat seine Wurzeln sehr wohl im Wort Gottes und in der christlichen Tradition (insbesondere die Puritaner). Er weiss definitiv, wovon er spricht und seine Theologie ist stimmig.

Was mich an der Kritik stört, ist, dass sie verkannt, wozu das Buch eigentlich dient, nämlich Menschen dazu zu motivieren, ihr Leben unter die Herrschaft von Jesus stellen. Jeden Lebensbereich. Wenn nur 10% aller, die das Buch lesen, die Dinge aus dem Buch in ihrem Leben umsetzen würden, dann würde dies dem Christentum in der westlichen Welt einen enormen Schub geben. Beim Lesen des Buchs wurde mir bewusst, wie weit weg mein eigenes Leben vom Massstab der Bibel ist. Wenn die Kritiker nun auf stilistische Mängel hinweisen, auf die populäre Sprache und so weiter, so haben sie einerseits recht, andererseits legen sie den total falschen Fokus.

Wie hört denn die Bergpredigt auf? Damit, dass man in Kleingruppen darüber diskutieren soll? Damit, dass man nach Hause gehen soll, um die theologischen Zusammenhänge und Referenzen auf das Alte Testament richtig zu verstehen? Ist es ein Aufruf, über die philosophischen Ideen wie Gewaltlosigkeit zu diskutieren? Nein, sondern »jeder nun, der diese meine Worte hört und sie tut, den will ich mit einem klugen Mann vergleichen« aber » jeder, der diese meine Worte hört und sie nicht tut, wird einem törichten Mann gleich sein«. Warrens Buch legt das Gewicht auf das “Tun des Worts”, und das ist das, was mich angesprochen, herausgefordert hat.

Das Buch geht durch alle Bereiche des Lebens und stellt sie unter die Herrschaft Gottes. Gerade das macht das Buch so herausfordernd und gewinnbringend. Ich fühlte mich oft bei Dingen ertappt, welche aus Gründen nicht (mehr) unter Gottes Herrschaft standen, bewusst oder unbewusst. Jemanden zu haben, welche diese Bereiche anspricht, und die Umkehr davon als etwas Herrliches beschreibt, das hat mir geholfen.

Zum Buch und wie ich es gelesen habe

Was mich zunächst enttäuschte, war dass das Buch in 42 Tage eingeteilt ist. Ich mag solche Bücher nicht, da ich mein Lesetempo lieber selber einteile. Im Nachhinein half es mir aber, weil ich mir dadurch täglich dreissig Minuten Lesezeit reservierte und sich ein guter Leserhythmus einstellte. Ich las das Buch jeweils nach dem Mittagessen. Ich empfehle es nicht als Ersatz zum täglichen Bibellesen, da ich finde, dass nichts eine persönliche Auseinandersetzung mit dem Wort Gottes ersetzen sollte.

Rick Warrens Stil ist einprägsam: Er strukturiert seine Themen in drei bis fünf Punkte, welche entweder alle mit dem gleichen Buchstaben anfangen oder zusammengesetzt Wörter wie SHAPE ergeben. Sein Stil ist ausserdem sehr anschaulich: Er nutzt Vergleiche, Beispiele, Gleichnisse, Wortspiele, Reime und man merkt, dass er aus einem grossen Fundus an Ideen schöpfen kann.

Er ist dabei sehr praktisch, gibt etwa beim Thema “Versuchung” konkrete Hinweise, wie man Versuchungen begegnen kann, hat sich dann aber davon gehütet, Anweisungen oder Aufgaben zu verteilen. Es gibt kein “nimm dir heute vor, …” oder “überlege dir, welche Bereiche in deinem Leben…”. Es hat am Schluss jedes Kapitels eine Bibelstelle, welche das Kapitel zusammenfasst, und ein “Punkt zum Nachsinnen”, und das war es dann auch. Sein Stil ist eher geprägt zu motivieren als zu instruieren. Und so hat das Buch für mich auch gut funktioniert.

Am Anfang des Buches empfahl er, die tägliche Bibelstelle auswendig zu lernen. Das habe ich auch gemacht (ich nutzte das Programm Anki dafür). Durch das Auswendiglernen der Bibelstelle wurde der Punkt von einzelnen Kapiteln erst richtig lebendig. Weil 40 Tage durch verschiedene Themen zu rasen, bringt normalerweise nicht viel, aber wenn sich das Wort Gottes im Herzen festsetzt, dann kann es über die 40 Tage hinaus im Leben wirksam sein.

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