Der Winter hatte sich noch nie so in die Länge gezogen wie dieses Jahr. Durch die Pandemie, durch das zu-Hause-bleiben, durch den reduzierten Kontakt mit Menschen drückte mir die stetige Dämmerung des Winters auf das Gemüt.
Die letzten Wochen, wohl ausgelöst durch das Anbrechen des Frühlings, habe ich über die Hoffnung nachgedacht. Die Gedanken - obwohl noch grösstenteils unfertig - würde ich gerne mit euch teilen.
Heute: Teil 1 - Hoffnung ist unvernünftig
Ich habe die erste Amsel gehört.
Es gibt nichts, was ihrem Zwitschern nahekäme.
Ihr Gesang verkündet das Ende des Winters.
Sie verkündet: Schau dir die Krokusse an,
Die mit leuchtenden Farben hervorbrechen.
Die Blätter, die an den Bäumen sprossen!
Ich blicke auf und tatsächlich: Frühling!
Die langen Nächte sind vorbei,
Das dauernde Dämmerlicht weicht dem klaren Frühlingslicht.
Mein Herz stimmt ein in den Amselgesang:
Freue dich, der Sommer kommt!
Es gibt wenig, das mein Herz so berührt, wie der Gesang einer Amsel. Ende Februar, Anfang März ist es der Vorbote für den Sommer. Bei uns im Rafzerfeld gibt es viele Feldlerchen. Die fangen ebenfalls an zu zwitschern, und ihr lustiger, wirrer Gesang hat mich schon oft zum schmunzeln gebracht. Die Vögel versprühen eine fröhliche Hoffnung auf den Frühling. Und es dünkt mich, als würden sie mich aufrufen, es ihnen gleichzutun.
Ein weiteres Vorbild für Hoffnung sind meine Kinder. Sie haben das Leben vor sich. Sie denken sich aus, was sie in Zukunft werden wollen. Und ihnen stehen alle Türe offen!
»Ich könnte Ballet lernen und eine Ballerina werden, schau mal, den Spagat kann ich schon fast!«
»Ich werde mal so Gitarre spielen können wie Slash, hör mal, seine Riffs kann ich schon spielen!«
Die Begeisterung, mit der sie ihren Hobbies begegnen ist ansteckend. Sie hoffen auf die Zukunft!
Die Hoffnung ist im Grunde genommen etwas sehr kindliches. Etwas unschuldiges. Die “dark side” vom Erwachsenenwerden ist, dass die Hoffnung durch die dunkle Wolke des Realismus überdeckt wird. Darum finde es wunderschön, wie Jesus uns geraten hat, wie die Kinder zu werden. Und dass uns Gott Kinder in unsere Mitte stellt, die uns zeigen wie Hoffnung geht.
Hoffnung hat eine kleine, vernünftige Seite und dann eine auswuchernde, grosszügige, verschwenderische unvernünftige Seite. Die vernünftige Seite ist die Wurzel: Die Hoffnung muss eine wahre Hoffnung sein. Meine Hoffnung in Gott wird immer wieder intellektuell geprüft und ich muss mir sicher sein, dass mein Glaube auf Tatsachen beruht.
Doch die unvernünftige Seite ist die schönere. Darüber schreibt G.K. Chesterton und stellt sie dem Atheismus gegenüber:
Die heidnischen Tugenden wie Gerechtigkeit und Mass [gehören] zu den traurigen Tugenden, die mystischen Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung hingegen zu den frohen und verschwenderischen Tugenden. […]
Heidnische Tugenden sind vernünftig, die christlichen Tugenden Glaube, Hoffnung und Liebe hingegen im Kern denkbar unvernünftig. […]
Christliche Nächstenliebe […] heisst etwas verzeihen, das unverzeihlich ist, sonst wäre sie gar nicht erst eine Tugend. Hoffnung heisst hoffen, wenn alles hoffnungslos ist, sonst wäre sie keine Tugend. Und Glaube heisst das Unglaubliche glauben, sonst wäre auch er gar keine Tugend. (Aus G.K.Chesterton: Ketzer)
Eine solche Hoffnung kann also nur im christlichen Glauben entspringen. Im atheistischen Nährboden, wo nur der Verstand zählt, kann sie gar nicht erst wachsen. Und daher können wir fröhlich sein über die Hoffnung, die in uns ist!
Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und mit Frieden im Glauben, dass ihr überströmt in der Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes! (Röm 15,13)