Minimalismus mit Kindern(4) das kaputte Handy

Vor einer Woche fiel unserem Sohn (13) sein Handy runter: Es fiel aus einem Meter Höhe auf die Holztreppe, schlitterte ein paar Stufen runter und fiel auf einen Steinboden. Kein spektakulärer Sturz, aber das Display zeigte danach nur noch wenige Pixel an.

Das Handy war erst ein halbes Jahr alt. Für 170CHF hatten wir es gebraucht ersteigert. Die Enttäuschung war riesig. Nachdem mein Sohn sich beruhigt hatte und ich mich auch («wie kann man ein Handy fallen lassen, das ist mir noch nie passiert!») haben wir uns hingesetzt, um zu entscheiden, was wir nun machen.

Meine Grundsätze:

  1. mein Sohn soll Verantwortung für seine Taten tragen. Das heisst ich werde ihm den Ersatz nicht vollumfänglich zahlen
  2. Dinge reparieren, wenn möglich, statt sie zu ersetzen. Dadurch hält man mehr Sorge und entlastet dabei die Umwelt
  3. mein Sohn soll mitentscheiden können, insbesondere, da er dabei mit eigenem Geld bezahlt

Diese Momente sind spannend, weil ich dabei merke, wie sich meine Grundsätze teilweise widersprechen und andererseits weil sich mir hier eine Möglichkeit bietet, meinen Sohn etwas zu lehren.

Zugegeben, ich habe mich auf die Diskussion vorbereitet und im Netz ein paar Optionen rausgesucht. Zudem habe ich ihm eröffnet, dass ich die Hälfte der Kosten übernehmen werde.

Besprochen haben wir dann:

  • kein Handy mehr (für meinen Sohn natürlich keine Option)
  • ein schlechteres Handy, das nur das kann, was er braucht (geht für ihn auch gar nicht)
  • ein “neues” gebrauchtes Handy kaufen (Kostenpunkt: ca 170CHF)
  • das Handy zur Reparatur bringen (kostet ca. 150CHF fast so viel wie ein “neues” gebrauchtes Handy und mit Risiko dass es nach der Reparatur immer noch nicht geht)
  • das Handy selbst reparieren (Kostenpunkt: 80CHF)

Also: “Neues” gebrauchtes Handy kaufen oder selber reparieren. Auf Youtube befand sich glücklicherweise eine gute Anleitung, wie sich der Handy-Screen meines Sohnes reparieren lässt. Nach dem Video sah ich meinen Sohn an: “Denkst du wir schaffen das?”. Er: “Ich denke schon”. Der Deal: Wir teilen uns die Kosten von 80CHF eines neuen Displays.

Uns beiden war allerdings klar, dass die Sache riskant war: Beim Reparieren könnte uns ein Fehler unterlaufen. Ausserdem könnte es sein, dass der Sturz nicht nur der Screen beschädigt hat, sondern auch andere Teile.

Ich schlug ihm vor, eine Versicherung für 5CHF abzuschliessen. Gelingt die Reparatur, so zahlt er 45CHF (5CHF mehr als die Hälfte) für die Reparatur. Gelingt es nicht, zahlt er nur 5CHF. Mein Sohn willigte ein und wir bestellten den Screen.

Oben das alte, kaputte Display. Unten das Neue, nachdem wir schon alle Teile transferiert hatten

Die Reparatur hatte es in sich. Das Handy war geklebt. So mussten wir das Handy zuerst auf unserem Ofenbänkchen erwärmen und dann mithilfe von Rasierklinge und Gitarren-Plektron auftrennen. Weiter befanden sich in unserem Handy ein paar Extrateile, die im Video auf Youtube nicht vorkamen. Nach drei bis vier Stunden Arbeit aber war der neue Screen eingebaut und das Handy funktionierte tatsächlich wieder, inklusive aller Features wie Fingerprint, Kameras, Vibration etc.

Fazit:

  • mein Sohn und ich verbrachten Zeit zusammen (es hat Spass gemacht! Obwohl Dinge reparieren, insbesondere elektronische, nicht gerade zu meinen Stärken gehören)
  • wir lernten dabei, wie ein Handy aufgebaut ist (Akku, Kameras, Display, Motherboard, …)
  • wir lernten, dass man auch elektronische Geräte reparieren kann und bei Defekt nicht alles in den Müll wandern muss

Allerdings, und das will ich fairerweise einfügen, habe ich für die Reparatur unter anderem eine spezielle Elektro-Zange für 28CHF gekauft, die wir dann gar nicht gebraucht haben. Es lief also nicht alles perfekt bei unserem kleinen Projekt.

Schlussendlich war es aber doch ein voller Erfolg. Und das Erlebnis bestätigte meine Erfahrung, dass, wenn man Minimalismus lebt und nicht einfach alles im Supermarkt kauft, sich auf spannende Herausforderungen einlässt. Es gibt so viele spannende Dinge im Leben zu lernen, die wir verpassen würden, wenn wir reflexartig einen Ersatz kaufen, ohne dabei andere Möglichkeiten in Erwägung zu ziehen.

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