Die Menge-Bibel: einzigartig in der Entstehung und perfektioniert bis ins Detail

Nach einer längeren Pause nahm ich mir vor, für den deutschen Logos-Blog über die Menge-Bibel zu schreiben. Nach anfänglicher Skepsis fand ich Menges Biographie und die sprachlichen Eigenschaften der Menge-Bibel so spannend, dass daraus 3 Beiträge entstanden. Folgend die Zusammenfassung und ein paar Auszüge. Ich empfehle unbedingt die 3 Beiträge zu lesen (vor allem der zweite), denn all die spannenden Beispiele fehlen in dieser Zusammenfassung.

1. Beitrag: Wie ein Sprachwissenschaftler zu der Bibel kam

(Zusammenfassung des Artikels, welcher am 28.8.2014 auf dem deutschen Logos-Blog erschien)

Hermann Menge

Hermann Menge lebte von 1841–1939. Er war Gymnasial-Lehrer für Altphilologe (Griechisch und Latein). Er war als Wissenschaftler wie auch als Lehrer sehr begabt und erhielt für seine Verdienste einen Ehren-Professor Titel. Für Gott interessierte er sich nicht. Eines Abends empfand er plötzlich ein starkes Drängen, das griechische Neue Testament zu lesen. Kurze Zeit später fing er mit der Übersetzung desselben in die deutsche Sprache an. Er liess sich pensionieren und übersetzte in ca. 15 Jahren die ganze Bibel. Doch: Nach diesen 15 Jahren verschloss er das ganze Manuskript in seinen Schreibtisch! Nur durch glückliche Umstände wurde - Jahre später - die Menge-Bibel gedruckt und mit grossem Erfolg verkauft.

Doch wieso hat Menge denn die Bibel übersetzt, wenn er dann doch nichts unternimmt um sie zu publizieren?

Im Gegensatz zu Menge hatte z.B. Luther die Bibel darum übersetzt, weil das “normale Volk” die damaligen Bibelübersetzungen nicht verstand. Er wollte die Bibel unters Volk bringen. Er glaubte an “sola scriptura” – die Schrift als endgültige Richtschnur; und da war seine Bibel ein Mittel zum Zweck.

Menge aber übersetzte die Bibel in der Absicht, Gott zu finden. Und Gott ließ sich finden: allmählich öffnete der Geist Gottes ihm die Geheimnisse der Schrift. Und in diesem Prozess entstand eine ganze Übersetzung. Die Übersetzung ist sozusagen das Ergebnis von 17 Jahren ununterbrochener stiller Zeit. Es ist die Freude über die Schrift, Teil von Menges Anbetung. Und das, denke ich, macht diese Übersetzung so einzigartig. [aus: Die Menge-Bibel: Einleitung und Biographie]

2. Beitrag: Wie zuverlässig ist die Menge-Bibel? Ein Elch-Test

Menge-Bibel

Verfasst habe ich den 2. Beitrag zusammen mit Benjamin Misja, Theologe und Übersetzer der Offenen Bibel. Die Zusammenarbeit war enorm spannend, da Benjamin nicht nur theologisch durchblickt, sondern auch verständlich und flüssig schreiben kann. Hier ein Auszug aus diesem 2. Beitrag.

Durch seinen Hintergrund als Altphilologe ist Hermann Menge einerseits nahe am Urtext geblieben. Auf der anderen Seite war es ihm wichtig, »nicht am Buchstaben zu kleben«. Daher gliedert sich die Menge-Bibel irgendwo zwischen Elberfelder und Luther/Schlachter ein: Die Menge-Bibel ist genauer als die Luther, aber kommunikativer als die Elberfelder. […]

Die Menge-Bibel tritt sprachlich aus unserer Zeit heraus. Viele Wendungen sind uns heute nicht mehr vertraut. Die Fellkleider, die Gott Adam und Eva in Gen 3,21 macht, oder Josefs schönes Gewand (Gen 37) heißen bei ihm etwa noch “Rock”. Da merkt man: Anders als beispielsweise die Luther-Bibel hat Menges Übersetzung niemals eine Revision erfahren. Menges Sprache wird auf viele heute stellenweise sperrig und ungewohnt wirken. Kein Wunder, hat sie doch nun schon knapp 90 Jahre auf dem Buckel. […]

Leser, die das nicht gewohnt sind, könnten mit Menge ihre Schwierigkeiten haben. Doch wer ähnliche Übersetzungen gewohnt ist, dem könnte diese Bibel dabei helfen, vertraute Texte neu zu entdecken.

Für viele könnte es sich lohnen, beim Bibelstudium neben den gewohnten Übersetzungen auch einmal einen Blick in die Menge-Bibel zu werfen. Gerade durch ihren ganz eigenen Charakter könnte sie dem Leser aber auch einen frischen Zugang zum Bibeltext eröffnen. Nicht ohne Grund gehört diese Übersetzung auch knapp 90 Jahre nach ihrer Veröffentlichung zu den angesehensten deutschen Bibelübersetzungen.

[aus: Die Menge-Bibel: Der Elch-Test]

3. Beitrag: 4 Gründe wieso ich ein Fanboy der Menge-Bibel wurde

Und dann, nach weiteren Stunden Beschäftigung mit der Menge-Bibel liess ich mich im 3. Beitrag zum “darf in ihrer Bibliothek nicht fehlen”-Satz hinreissen. Ein paar Auszüge:

[In den Briefen] führt [er] alternative Übersetzungen, zusätzliche Wörter und eigene Deutungen stets auf. Daher hat man bei der Menge-Bibel sozusagen Wörterbuch und Interpretation gleich in den Text eingebaut. Es wirkt zwar etwas seltsam, dass die Anmerkungen in der Menge-Bibel im Text sichtbar sind, und nicht – wie etwa in der Elberfelder – in die Fußnoten ausgelagert wurden. Liest man die Menge-Bibel aber als Sekundärtext, um die Übersetzung einer anderen Bibel zu prüfen oder zu vertiefen, dann eignet sich die Menge-Bibel ausgezeichnet. Denn in diesem Fall will man nicht immer zwischen Text und Fußnoten hin- und herwechseln.

Für das Bibelstudium bietet die Menge-Bibel sogar noch mehr Anmerkungen als die Elberfelder Übersetzung […]

Am besten gefällt mir aber an Menge zweifelsfrei, wie er Erzähltexte übersetzt. […] Was hier ganz speziell hervorsticht, ist, wie Menge es verstand, diese Berichte zum Leben zu erwecken. […] Als ich z.B. die Bekehrungsgeschichte von Kornelius in Apg. 10 las, wurde die Geschichte auf eine Weise lebendig, wie ich es selten erlebt habe. Hier ein Vers aus der Geschichte (Apg. 10:17):

MengeElberfelderLuther
Als nun Petrus sich __nicht zu erklären wußte__, was die Erscheinung, die er gesehen hatte, zu bedeuten habe, siehe, da standen die Männer, die von Kornelius abgesandt worden waren und __das Haus Simons ausfindig gemacht hatten__, am Toreingang;Als aber Petrus bei sich selbst __in Verlegenheit war__, was wohl diese Erscheinung bedeuten möchte, die er gesehen hatte, siehe, da standen die Männer, die von Kornelius gesandt waren und __Simons Haus erfragt hatten__, vor dem Tor;Als aber Petrus noch __ratlos war__, was die Erscheinung bedeute, die er gesehen hatte, siehe, __da fragten die Männer__, von Kornelius gesandt, __nach dem Haus Simons__ und standen an der Tür,

Luther übersetzt mit “ratlos“. Das fände ich nach heutigem Sprachempfinden dann treffend, wenn Petrus eine Entscheidung treffen müsste und unschlüssig wäre. Aber die Vision verlangte Petrus keine Entscheidung ab. Nein, die Vision bereitete ihn auf das vor, was danach geschah.

Die Elberfelder übersetzt mit “Verlegenheit“. Auch das trifft es für heutige Leser nicht mehr, denn es erweckt den Anschein, als erwartete Gott von ihm, die Vision zu verstehen, obgleich Petrus dazu nicht im Stande war. So wie die Geschichte aufgebaut ist, muss Petrus nicht verlegen sein, denn es fehlt ihm noch ein weiteres Puzzle-Teil, das er später bei der Ausgießung des Heiligen Geistes auf die Heiden erhalten wird (V. 44–47).

Menge übersetzt hier am treffendsten: Er beschreibt, wie Petrus die Bedeutung der Vision noch “nicht zu erklären wusste”, und bereitet den Leser auf die Lösung des Rätsels vor.

Insgesamt hilft mir Menges Übersetzung, in die Erzählungen hineinzutauchen, als wäre ich selbst am Ort des Geschehens. Es ist gewaltig! Ebenso gut übersetzt sind übrigens die Erzählungen des Alten Testaments.

Fazit

Die Menge-Bibel besticht durch ihre Liebe zum Detail. Menge hat bis zu seinem Tod an seiner Bibel gefeilt und korrigiert. Herausgekommen ist eine Übersetzung mit vielen Stärken: Die Berichte sind lebendig, die Briefe sind genau und die Psalme sind dramaturgisch geschickt aufgearbeitet.

Der einzige Wermutstropfen ist, dass die Sprache nach knapp 90 Jahren etwas veraltet wirkt. Ist zu hoffen, dass sich jemand an eine sprachliche Erneuerung dieses Werkes wagt.

Die Menge-Bibel gibts online auf die-bibel.de oder auf Amazon.de.

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