Warum wir Zero-Waster sind

Vor fünf Jahren war unser Abfallvolumen das einer Durchschnittsfamilie: 35 Liter pro Woche. Heute sind wir bei 3.4 Liter pro Woche, also haben wir unseren Abfall um mehr als neunzig Prozent reduziert. Pro Jahr stellen wir nur noch vier bis fünf Abfallsäcke vor die Tür. Letzte Woche haben wir den ersten Abfallsack dieses Jahres an die Strasse gestellt.

Doch warum? Um ehrlich zu sein: Das Thema “Minimalismus” finde ich einfacher, aus christlicher Perspektive zu begründen. “Verkauft euren Besitz” aus Lk 12,33 oder “begnügt euch an dem, was vorhanden ist” aus Heb 13,5 sind gute Startpunkte, um Minimalismus zu erklären. Doch Zero-Waste? Das Neue Testament spricht weder über Müllvermeidung noch über Nachhaltigkeit.

Marvin Olasky hat ein hilfreiches Raster erstellt, um alltägliche Themen einzuordnen. “Klasse 1” ist in der Bibel explizit erwähnt, wie z.B. Ehebruch. “Klasse 2” lässt sich biblisch schlüssig ableiten wie christliche Kindererziehung. Bei “Klasse 3” bis “Klasse 6” sind die Themen nur indirekt mit der Bibel begründbar, aber noch immer stimmig. Minimalismus sehe ich bei “Klasse 2” oder “Klasse 3”, Zero-Waste eher ab “Klasse 4”.

Was ich sagen will: Beim Thema Minimalismus sehe ich einen klaren biblischen Imperativ. Das habe ich auf diesem Blog auch recht ausführlich erklärt.

Beim Thema Zero-Waste hingegen ist weniger klar, ob wir dazu berufen sind. Hier geht es um die Frage: “Was ist unser Beitrag als Christ beim Thema Umweltschutz?” Und auf diese Frage gibt es viele Antworten. Also keine Angst: Mein Sendungsbewusstsein bei Zero-Waste ist nicht besonders hoch, doch über die Jahre hat uns Zero-Waste überzeugt, darum will ich euch davon erzählen. Sozusagen als Anschauungsbeispiel.

So viel zum Disclaimer. Wir haben vor fünf Jahren mit Zero-Waste begonnen. Was bringt es uns? Wieso halten wir noch immer daran fest? Fünf Gründe.

1. Konsum wird im Müll sichtbar

Ein genügsames Leben beinhaltet wenig Besitz. Wenig Besitz erreicht man am besten, wenn man weniger kauft. Es gibt den tollen Buchtitel “Ich kauf nix“. Ich habe das Buch nie gelesen, aber der Spruch gefällt mir und hat in den Wortschatz unserer Familie gefunden.

Als wir mit Minimalismus begannen, wurde mir eines bewusst: Ich merke oft nicht, wenn ich etwas kaufe. Das klingt verrückt, aber bestätigt, dass Marketing mit all seinen Facetten funktioniert. Sowie ich beim Sparen erst durch ein Budget merke, wann ich zu viel Geld ausgebe, zeigt sich beim Thema Minimalismus erst im Abfallsack, wann ich wieder was einkaufe.

Bei mir sind es vor allem elektronische Gadgets. Sei es ein Tablet, seien es neue Lautsprecher oder ein Raspberry Pi. Jedes neue Gerät kommt mit einer Plastikverpackung daher, und die muss in den Müll.

Ich bin nicht gegen Gadgets. Ich habe einige tolle Projekte mit Raspberry Pis programmiert. Doch die meisten Gadgets sind nach zwei Wochen nicht mehr spannend und landen auf dem Dachboden. Und beim nächsten Mal entrümpeln produzieren sie zum zweiten Mal Müll, nämlich wenn das Gerät in den Elektroschrott kommt.

Ich finde es traurig, wenn produzierte Gadgets nach zwei Wochen rumfrickeln wieder entsorgt werden. Den Kreislauf von Kaufen, Aufbewahren und Entsorgen zu durchbrechen, das ist eigentlich der Kern von Zero-Waste und hat dann auch sehr viel mit Minimalismus zu tun.

“Ich kauf nix” hilft sowohl weniger Dinge im Haus zu haben, wie auch weniger Dinge im Abfall.

2. Ausbrechen aus der Convenience-Falle

Eigentlich müsste meine Frau diesen Abschnitt schreiben. Denn die meisten Convenience-Produkte gibts beim Kochen und Putzen. Sie versprechen einen mühelosen Haushalt und mehr Freizeit. Weniger Arbeit, mehr Spass. Schlussendlich ist der ganze Haushalt automatisiert, das Essen wird an die Tür geliefert und das Leben besteht nur noch aus Freizeit. Das ist der süsse Traum, der von Plakaten und Online-Bannern trällert.

Ich beobachte, dass zwar einiges den Alltag vereinfacht, doch die gewonnene Freizeit wird mit Smartphone oder Netflix totgeschlagen. Und der mühelose Haushalt bringt mit sich, dass die Bewegung fehlt. Damit der Körper fit bleibt, muss er im Fitnesscenter wieder in Form gebracht werden.

Praktisch alles, was Convenience verspricht, verursacht Abfall. Verzichten wir auf Convenience, braucht es zwar mehr Zeit, aber dafür verlangsamt es den Alltag und bietet mehr Möglichkeiten für Gespräche.

Beispiel Milch: Wir kaufen Milch nicht im Laden, sondern holen sie mit dem Fahrrad beim Bauern. Das braucht mehr Zeit, bietet aber einerseits Fitness und andererseits ein kurzes Schwätzchen mit dem Bauern und eine Einsicht in seinen Alltag.

3. Lokaler einkaufen

Damit sind wir beim lokalen Einkaufen. Wieso braucht es Plastik-Verpackungen? Für den Transport. Seit wir Abfall minimieren, kaufen wir viel mehr lokal ein. Wie gesagt Milch beim Bauern, Fleisch und Käse kaufen wir in der Metzgerei. Holz haben wir vom Forstwerk im Dorf. Gemüse vom Markt in der nächsten Stadt.

Bei jedem dieser Einkäufe treffen wir Leute. Bestellt wird nicht mit Mausklick, sondern im Gespräch. Seit wir auf Zero-Waste umgestiegen sind, kommen wir mit mehr Leuten in Kontakt.

4. Spannende Herausforderung

Ein Zugeständnis: Abfall-Vermeidung ist für uns auch eine tolle Herausforderung. Man kann es sicherlich übertreiben, einige brüsten sich damit, dass sie pro Jahr nur ein Einmach-Glas Müll produzieren.

Wir haben uns gefragt, wie weit wir gehen können, ohne dass unser ganzes Leben sich um Zero-Waste dreht. Einiges haben wir versucht und dann wieder aufgegeben, weil es zu viel Aufwand war (z.B. selber Butter herstellen).

Es erfüllt uns mit Stolz, dass wir unseren Abfall um 90% reduzieren konnten. Man stelle sich vor, dass ein Grossteil der Bevölkerung mitmachen würde. Die Schweiz sähe anders aus. Nur noch ein Zehntel des Abfallbergs. Nur noch ein Zehntel so viele öffentliche Mülleimer, zehnmal weniger Littering, usw.

5. Umweltschutz

Und damit zum letzten unserer Gründe für Zero-Waste: Dem Umweltschutz. Es gibt Vieles, das die Umwelt schützt. Zero-Waste ist vermutlich nicht das Wichtigste. Die globale Erwärmung wird dadurch nicht gelöst.

Und doch kann der Abfall nicht einfach in der Müllverbrennung vernichtet werden, so dass nichts mehr übrig bleibt. In der Schweiz bleibt ein Drittel der Abfallmenge als Asche oder Schlacke übrig, die zumindest zum Teil unterirdisch endgelagert werden muss. In anderen Ländern wird der Abfall auf Abfall-Deponien (Landfills) endgelagert.

Es ist zwar bequem, dass der Abfall von der Müllabfuhr mitgenommen wird. So sehen wir ihn nicht mehr. Doch gelöst ist damit das Abfall-Problem nicht.

Unser Anliegen ist, dass wir dem entgegenwirken können. Und durch Abfall-Vermeidung können wir auch unseren zwei Kindern etwas mitgeben. Sie verstehen, dass Abfall ein Problem ist und dass dies nur durch Verzicht gelöst werden kann.


Wie gesagt: Unser Sendungsbewusstsein diesbezüglich ist nicht so hoch, daher werden wir nicht versuchen, andere von Zero-Waste zu überzeugen. Es geht uns um die Frage, wie wir als Familie mit Gottes Schöpfung verantwortungsvoll umgehen können.

Zero-Waste ist nicht das Wichtigste unseres Lebens. Unseren Kindern erzählen wir mehr vom Glauben an Gott als von Umweltschutz. Wir sind nicht primär Umweltschützer, sondern primär Christen, welche mit dem, was Gott uns anvertraut hat, zuverlässig umgehen wollen.

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