Sparen mit Bio. Teil 3: Gemüsemarkt und Unverpackt - der grosse Spar-Test

‌Beitrag von meiner Frau

Gestern Abend beschlich mich urplötzlich das lähmende Gefühl, heute auf dem Markt und im Unverpackt-Laden kläglich zu versagen. Ja, es konnte gar nicht anders sein! Das Worst-Case-Szenario ist gar nicht, alles Wochengeld aufzubrauchen, sondern schon gar nicht erst genügend Geld dabeizuhaben! Ich sah mich schon den Kindern sagen: “Sorry, Kinder, es gibt nicht mehr genug zu Essen!” War nur ein kleiner Spass. Aber trotzdem wäre dann mein Experiment schon drei Tage nach Beginn gescheitert. Und alle würden sagen: “Das haben wir ja von Anfang an gewusst. Bio ist nur für die Reichen.” Vorsorglich packe ich also noch ein bisschen “Sicherheitsgeld” aus dem Extra-Kuvert ein.

Auf dem Weg mit dem Velo rezitiere ich den Kolosserbrief.

Richtet eure Gedanken auf das, was im Himmel ist, nicht auf das, was zur irdischen Welt gehört. (Kolosser 3,2)

Sind meine Gedanken noch auf den Himmel gerichtet? Oder beschäftige ich mich mit diesem Experiment nur noch mit der irdischen Welt? Solche Zweifel wälzend erreiche ich schliesslich mein erstes Ziel: den Markt.

Ich habe mir eine (gramm)genaue und sehr kurze Liste von dem gemacht, was ich unbedingt brauche: 1kg Rüebli, 500g Kartoffeln, einen Lauch und einen Zuckerhut. Macht 10.50. Der Gemüsehändler wundert sich über die kleinen Mengen (ich kaufe sonst eher zu viel ein, meist reicht es mehr als eine Woche). Da wir uns kennen und gerade niemand anders da ist, erzähle ich ihm von meinem Experiment. Er ist ausser Bio-Gemüsehändler auch noch Christ, deshalb befrage ich ihn nach seiner Meinung zu Bio und Christ resp. Bio und Budget. Für ihn kommt nichts anderes als Bio in Frage. Als Gründe führt er ausser gesundheitlichen Aspekten (die für mich nicht so sehr im Vordergrund stehen) die Ausnützung der Böden und die hohe Belastung des Grundwassers mit Pestiziden an. Mir kommt in den Sinn, dass in unserem Dorf letztes Jahr im Trinkwasser der Grenzwert für Pestizidbelastung überschritten wurde. Ausserdem ist er der Meinung, Bio sei ganz einfach natürlicher oder “schöpfungsgemässer”, wie er sagt.

Zum Thema “Ist Bio nur für die Reichen?” fügt er Folgendes an: Früher gab man für Nahrungsmittel etwa ein Drittel des Einkommens aus. Heute sind es etwa 10 Prozent. Ich habe das gegoogelt und bin auf eine Statistik der Stadt Zürich gestossen, die Ähnliches sagt: Im Jahr 1912 gab die Bevölkerung fast die Hälfte ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus (Hygiene- und Körperpflegeprodukte sind hier also nicht einberechnet). Heute sind es noch rund 10 Prozent.

Er meint, man sei heute nicht mehr breit, viel fürs Essen auszugeben (vielleicht, weil man das Gefühl hat, es sei nicht nötig?) Seine Lösung ist, dafür an anderen Orten zu sparen. Bei den Ferien z.B. Auch wir haben ja einen grossen Teil unserer sonstigen Kosten um einiges reduziert.

Darauf angesprochen, was von seinem Sortiment zu kaufen er jemandem empfehlen würde, der aufs Geld schauen muss, meint er: “Da würde ich z.B den Nüsslisalat weglassen. Oder den Chicorée. Die sind teuer”. Er deutet auf Süsskartoffeln aus Schweizer Produktion. “Auf die kann man ebenfalls verzichten.” Was bleibt also? Wir kommen darauf, dass es die althergebrachten Winter-Lagergemüse sind, die den tiefsten Preis haben. Allen voran die Kartoffeln. Dann aber auch Rüebli, verschiedene Kohlsorten, Sellerie, Randen und Zuckerhut. Lauch ist schon etwas teurer. Mein Gemüsehändler vertreibt sowieso kein riesiges Sortiment, sondern hat jetzt im Winter zum grössten Teil Schweizer Lagergemüse. Nur eine Kiste ist mit “Ausland” angeschrieben. Ganz anders war es auf dem Gemüsemarkt in Zürich, den ich regelmässig besuchte, als wir da wohnten. Der Bio-Stand dort verkaufte alles, was das Herz begehrt, von edlen Salat-Spezialitäten bis zu Import-Gemüse aller Art. Verzichten musste niemand.

Es heisst also einmal mehr: Sparen heisst genügsam sein. Und das zu kaufen, was Saison hat. Den Rest kann man im Sommer wieder geniessen. Eigentlich mache ich das schon seit mehreren Jahren so. Aber die Preise habe ich erst vor zwei Wochen das erste Mal angeschaut. Interessant, wie wenig genau ich hinschaue, solange ich ein komfortables Budget zur Verfügung habe. Es ist definitiv ein lehrreiches Projekt.

Beflügelt vom interessanten Gespräch mache ich mich auf den Weg zum Unverpackt-Laden. Auch da ist meine Liste kurz und pingelig genau. Unverpackt einkaufen hat einen Nachteil: Es ist schwierig, beim Einfüllen die Mengen abzuschätzen und so passiert es mir häufig, dass ich viel zu viel einkaufe. Normalerweise kümmert mich das nicht, dann muss ich einfach später weniger einkaufen. Aber heute bin ich sehr vorsichtig beim Abfüllen.

Auch beim Unverpackt-Laden habe ich die letzten zwei Wochen einige Preise studiert und komme daher nicht unvorbereitet. Bei den Teigwaren bin ich schon bei der tiefsten Preisklasse, da lässt sich nichts sparen. Ich kaufe seit Langem immer Hörnli, Penne und Spaghetti. Wo ich aber definitiv etwas ändern kann, ist beim Essig und Öl. Bis anhin kaufte ich Olivenöl, raffiniertes Sonnenblumenöl und Apfelessig. Olivenöl ist sündhaft teuer. Also habe ich mir vorgenommen, auf Rapsöl zu wechseln (ausserdem werde ich darauf schauen, dass ich nicht zu grosszügig Öl in die Bratpfanne giesse…). Der billigste Essig ist Weissweinessig. Den kaufe ich heute.

Weiter auf der Einkaufsliste steht Parboiled-Reis. Der gehört zu den billigeren Sorten. Vom Basmati-Reis fülle ich nur soviel ab, wie ich morgen Abend brauche. Er ist zwar einiges teurer als die anderen Reis-Sorten, aber eine Packung “Chinesennüdeli” (die Alternative) ist auch nicht wesentlich billiger. Dann noch Haferflocken (fürs Knuspermüesli, das ich selber mache, und zum Zvieri) und ich gehe zur Kasse. 32 Fr. Ich triumphiere: Das Geld reicht! Mehr noch, es ist sogar noch etwas übrig fürs Wochenende! In bester Laune fahre ich nach Hause.

Doch unterwegs beschleichen mich schon wieder Zweifel: Sind die Mengen, die ich gekauft habe, nicht lächerlich klein? Das reicht bestimmt nirgendwo hin!

Kaum bin ich zu Hause, nehme ich die Waage hervor und wäge alle Teigwaren. Teile die Menge durch die Anzahl der Mittagessen, an denen ich Pasta eingeplant habe. Es geht auf! Es bleibt sogar noch etwas übrig. Nur mit den Haferflocken könnte es schwierig werden. Wenn die ausgehen, haben die Kinder keine Freude.

Ach ja: Auf dem Rückweg gehe ich noch schnell im Coop vorbei und kaufe WC-Papier, das wir eigentlich schon gekauft haben (von einem Zero Waste Shop in Deutschland), das nun aber ganze drei Kilometer entfernt jenseits der Schweizer Grenze liegt und coronabedingt nicht abgeholt werden kann. Ich entscheide mich für Ökoplan. 12 Stück, knapp 7 Franken. Und eine Plastik-Verpackung.

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