Unsere Kinder wollen von Natur aus mehr und mehr. Einerseits weil auch in ihnen die Habsucht steckt. Andererseits leben sie in einer Welt, die ihnen überall und allezeit einflüstert: “mehr ist mehr”! Ihre Schulkollegen trumpfen mit dem neuesten Teil auf. Aber auch unsere Geschenk-Tradition an Geburtstag und Weihnachten suggeriert, dass sie das Recht haben auf mehr und mehr Besitz.
Wir wollen unseren Kindern eine andere Weltanschauung lehren: Die Freude unseres Lebens ist nicht Kaufen und Besitz sondern die Beziehung zu Jesus. Am Ende unseres Lebens nehmen wir nichts mit ausser dieser Beziehung.
Unsere Kinder sollen lernen, den Dingen nicht so viel Wert beizumessen. Dazu gehört, dass sie Dinge weggeben zur Normalität wird. Soviel war uns klar. Aber nach dem verfehlten Versuch (siehe letzter Beitrag) war uns auch klar: Die “Schönheit von weniger Besitz” ist für sie einerseits zu abstrakt und andererseits geht es einen Schritt zu weit. In einem ersten Schritt setzten wir uns zum Ziel, dass ihr Besitz stabil bleiben soll und so nicht mehr endlos anwächst. (Und schon das ist gar nicht so einfach!). Konkret hiess das: Sie sollen ihre Dinge verkaufen und sich fürs Geld etwas Neues kaufen können.
Die erste Gelegenheit ergab sich an einem Flohmarkt. Meine Frau hatte einen Stand mit allerlei Haushaltartikel, die sie nicht mehr brauchte. Unser Sohn witterte eine Gelegenheit, Geld zu verdienen: Flugs sah er sich seinen Playmobil-Vorrat durch und bot einige wertvolle Stücke zum Verkauf an. Am Abend hatte er eine gute Summe zusammen und gab das Geld sofort wieder aus. Doch das Gekaufte bot nicht den erhofften Spass. Und so reute es ihn, dass er seine Playmobil verkaufte. Er trauerte richtiggehend um den Verlust. Wieder ein missglückter Versuch?
Wir versuchten, nicht wieder Druck aufzubauen weil wir wussten, dass die Initiative von unseren Kindern kommen muss. Es sollte doch möglich sein, ihnen durch Vorleben die Vorzüge vom Minimalismus beizubringen, ohne dass wir sie dazu drängen! Und dieser Weg funktionierte schlussendlich:
Ich verkaufe regelmässig Dinge auf der Second-Hand-Plattform Ricardo. Das ist meinen Kindern nicht entgangen, und so kamen sie auf die Idee, dass sie auch ihre Spielsachen über Ricardo verkaufen können. Da die Plattform eine gute Mobile-App hat, konnten sie selbständig Dinge hochstellen.
Beim “Kaufen” ging es ähnlich: von ihrer Umgebung beeinflusst, mussten es immer neue Dinge sein. Gebraucht kaufen ist “schmutzig” und macht man nicht. Bis sie merkten, dass Gebrauchtes um einiges günstiger ist als Neues. Lieber ein Teil jetzt second-hand kaufen als Warten, bis sie das Geld zusammenhaben! So ergab sich ein natürlicher Zyklus von “um auf Ricardo dies zu kaufen, muss ich zuerst dieses andere verkaufen”.
Nach den ersten Verkaufs-Erfolgen stellte sich eine Euphorie ein und ich kam fast nicht mehr nach, mit ihnen die Dinge zu verpacken und zu verschicken. Sie verkauften plötzlich kiloweise Lego, die Ikea-Kinder-Küche kam auch weg, der alte Egitarren-Verstärker, sie stellten auch originelle Playmobil-Sets zusammen, die es so nicht im Verkauf gibt (siehe Bild). Mit dem Geld kauften sie Neues, Dinge, an denen sie Spass haben und die nicht bloss auf dem Dachboden herumstehen.
Unsere Tochter ging sogar so weit, dass sie für eine Geburtstagsparty ein gebrauchtes Set Playmobil zusammenstellte. Sie verpackte es so, wie wenn es neu wäre: sie steckte die Teile in durchsichtige Plastik-Säckchen und auf die Karton-Packung klebte sie Fotos des Sets. Die Freundin hatte mehr Freude als an einem neuen Geschenk weil sie merkte, dass meine Tochter etwas von ihrem Besitz schenkte. Wir waren stolz: hier kam etwas ins Rollen und auch andere Kinder bekamen davon mit!
Gleichzeitig haben wir immer weiter unseren Haushalt minimiert. Bei den Spielsachen der Kinder haben wir sie immer wieder gefragt, was wir fortgeben können. Anfangs wollten sie nichts fortgeben, schon gar nicht für gratis. Später gaben sie das Einverständnis es auf Ricardo zu verkaufen. Und beim letzten Versuch in den Weihnachtsferien waren sie auf einmal bereit, Dinge, die sich nicht verkaufen liessen, gratis zum mitnehmen an den Strassenrand zu stellen oder an Freunde und Verwandte zu verschenken.
Fazit: durch Vorleben und geduldig abwarten hat Gott im Herzen unserer Kinder gewirkt, so dass sie nun mehr und mehr bereit sind, Dinge wegzugeben.