#Sergej Pauli

Folge 19 von “Lesenswichtig”, einer Liste von christlichen Artikeln, die mich diese Woche bewegt haben.

Wilhelm Busch über die Anfänge seiner Predigerarbeit

Sergej Pauli über ein paar interessant-amüsante Zitate von Wilhelm Busch:

Sergej meint dazu:

Ich glaube, das was Busch in den Zwanzigern des 20ten Jahrhunderts beobachten hat, wird durch Twitter, Hashtag & Co in den Zwanzigern des 21ten Jahrhunderts multipliziert.

Zwei Zitate von Wilhelm Busch (aus dem Buch “Plaudereien in meinem Studierzimmer”):

Ich habe damals zum ers­ten Mal erlebt, wie die Men­schen weit­hin das eige­ne Den­ken auf­ge­ge­ben haben zuguns­ten von Denk­sche­ma­ta und Schlag­wor­ten. Es war ermü­dend, immer und immer die­sel­ben Phra­sen zu hören von “Ver­elen­dung der Mas­sen”, von der “Schuld der Kir­chen”, die “die Waf­fen geseg­net haben” und “geschwie­gen haben zu der Aus­beu­tung” oder “wie die Kirch­gän­ger schlech­ter sind als alle ande­ren.” Mein Herz schrie danach, end­lich ein­mal ein eige­nes, aus dem eige­nen Den­ken oder aus dem Her­zen ent­sprun­ge­nes Wort zu hören.

Die Men­schen kom­men mir oft vor, als wenn man ihnen das Gehirn weg­ge­nom­men und dafür Schall­plat­ten in den Kopf gesetzt hät­te, die nun auf bestimm­te Stich­wor­te hin ablaufen.

Zum Beitrag: Wilhelm Busch berichtet über seinen Dienst als Prediger in Bielefeld

Mein zwiespältiges Verhältnis zum Stichwort “unterordnen”

Rebecca McLaughlin tat sich schwer mit dem Bibelvers: “Ihr Frauen, ordnet euch euren eigenen Männern unter wie dem Herrn.”. In einem bewegendem, persönlichem Beitrag, berichtet sie über ihr Ringen über diesen Vers, wie auch was einige Christen damit fälschlicherweise angestellt haben. Ein paar Auszüge:

Ich verkündete meinen ungläubigen Freunden ein radikales Narrativ der Machtumkehr, in dem der Schöpfergott sein Leben gab, in dem Arme den Reichen überlegen sind und Ausgegrenzte Teil der Familie werden. … Doch da war dieser schreckliche Vers, der die Unterdrückung von Frauen zu propagieren schien. Jesus hatte Frauen auf die gleiche Ebene wie Männer gehoben. Und es sah für mich so aus, als hätte Paulus sie wieder heruntergestossen. Ich befürchtete, dass dieser Vers mein ganzes Zeugnis zunichtemachen würde.

Und dann fiel der Groschen endlich. Frauen, ordnet euch euren eigenen Männern unter wie dem Herrn. Männer, liebt eure Frauen, gleichwie auch Christus die Gemeinde geliebt hat. Das eigentliche Thema, das in diesem Modell seine Abbildung findet, ist nicht das individuelle Ehepaar. Es ist Jesus und die Gemeinde. Gott erschuf Sex und Ehe, um uns einen kleinen Eindruck von seiner Vertrautheit mit uns zu vermitteln.

Zum falschen Verständnis von diesem Vers schreibt sie:

Die komplementäre Ehe wird oft wie folgt beschrieben: “Frauen ordnen sich unter, Männer leiten”. Aber diese Simplifizierung gibt nicht die biblischen Gebote wieder. Ehefrauen sind sehr wohl dazu aufgerufen, sich unterzuordnen. Aber die primäre Aufforderung an die Männer lautet, zu lieben.

Tatsächlich ist Epheser 5 eine deutliche Kritik an den traditionellen Geschlechterrollen, sowohl in seinem damaligen Kontext als auch heute. In der Thematisierung der Ehe stehen die Bedürfnisse der Frau stets an erster Stelle, wohingegen die Tendenz des Ehemannes, sich selbst in den Vordergrund zu stellen, vom Evangelium wie mit einer Axt in Stücke gehauen wird.

Zurück zur eigentlichen Aussage des Verses:

In meiner Ehe geht es letztendlich nicht um mich und meinen Mann, zumindest nicht mehr, als es in Romeo und Julia um die Schauspieler geht, die die Hauptrollen verkörpern. In meiner Ehe geht es darum, Jesus und seine Gemeinde widerzuspiegeln.

Zum Beitrag: Mein zwiespältiges Verhältnis zum Stichwort “unterordnen”

Goldene Farben, lange Schatten

Der Sommer war kurz. Ängstlich schaue ich dem Herbst und dem danach kommenden Winter entgegen (wir hoffen, als Familie in den Herbstferien nochmals in den Süden fahren zu können, um den “verpassten Sommer” etwas nachholen zu können).

Daniel Vullriede hat einen Artikel publiziert, der hat mich fasziniert. Er geht das Thema Herbst poetisch an, führt Dichter wie Rilke auf. Ein paar Auszüge aus seinen Gedanken zur herbstlichen Melancholie:

Der berühmte Lyriker Rainer Maria Rilke (1875-1926) fasst im Gedicht “Herbsttag” seine Beobachtungen in Worte. … Er schreibt er in der dritten und letzten Strophe:

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.

Er fasst das Gedicht von Rilke so zusammen:

Verpasste Chancen, die klare Aussicht auf düstere Einsamkeit, der Wunsch nach echter Begegnung, die Grübelei und Ruhelosigkeit inmitten kahler werdender Bäume. Alles ist irgendwie eingetrübt. Was uns bleibt, sind wir selbst…

Als Gegenüberstellung ein Gedicht von Karl Gerok (1815-1890), aus seinem Gedicht “Herbstgefühl”. Die zweite Strophe endet so:

An der letzten Rose
Löset lebenssatt
Sich der letzte lose,
Bleiche Blumenblatt!

Daniel Vullriede dazu:

Seine zweite Strophe wirkt (verglichen mit Rilkes Wortwahl) vielleicht nicht ganz so elegant. Doch wenn von der letzten Rose das letzte, lose Blumenblatt lebenssatt abfällt, so ist der Kontrast der Bilder jedem klar: Alles noch so Schöne da draussen vergeht und niemand kann es festhalten.

Zur dritte Strophe…

Goldenes Entfärben
Schleicht sich durch den Hain!
Auch Vergehn’n und Sterben
Deucht mir süß zu sein.

schreibt er:

Einen Moment! Wie kann der Niedergang des Lebens etwas Positives, ja, sogar etwas “Süsses” bereithalten?

Anstatt den Menschen grausam auf sich selbst zurückgeworfen oder hineingeworfen in einen trostlosen Naturkreislauf zu sehen, versteht Gerok ihn als Teil der Schöpfung. Anstatt die trübe Einsamkeit hinzunehmen, weitet der den Blick über die Vergänglichkeit hinaus. Der Herbst macht ihn melancholisch, aber nicht mürbe.

Gerok macht es richtig! Er verfolgt die herbstliche Melancholie bis auf ihren Ursprung zurück, um sie dann Gottes Offenbarung gegenüberzustellen. Ja, die Welt in ihrer jetzigen Gestalt ist dem Untergang geweiht. Das ist eine nüchterne Wahrheit, die über blosse Melancholie weit hinaus geht.

Zum Beitrag: Goldene Farben, lange Schatten

Ratschläge zur Diskussionskultur in den Sozialen Medien

Bezüglich Sozialen Medien bin ich schon länger hin und her gerissen.

Zwar schätze ich die oft wertvollen Impulse, gerade von Andersdenkenden, aber die Diskussionskultur ist oft so angriffig, dass ich häufig emotional aufgewühlt das Browserfenster wieder schliesse.

In einem Video führt Ron Kubsch sieben Ratschläge auf, wie wir damit umgehen können. Ein paar Auszüge:

Ein Pastor … hat einmal gesagt: “Ich lese nur noch das, was mich in meiner Meinung bestätigt”. Ich glaube nicht, dass das unser geistliches Wachstum unbedingt fördert.

Es ist natürlich keine Lösung, dass wir aufhören miteinander zu reden, nur aus der Angst davor, dass wir die Gefühle des anderen verletzen.

Eine gelingende Kommunikation lebt davon, dass einer anfängt, mal zuzuhören. … dass wir auch selbstkritisch sein sollen. Denn es kann auch durchaus sein, dass der andere, der sich mit mir streitet, recht hat, und ich derjenige bin, der falschliegt.

Wir als Christen, wir haben eine lebendige Hoffnung, wir müssen nicht mehr perfekt erscheinen, wir müssen nicht ständig an unserem Imagedesign arbeiten, wir können es auch zugeben, wenn wir Fehler machen … es würde sehr viel toxisches Material aus der Gesprächskultur nehmen, wenn wir bereit sind dort, wo wir uns mal verrannt haben … um Vergebung zu bitten.

Zum Beitrag: Ratschläge zur Diskussionskultur in den Sozialen Medien

Folge 18 von “Lesenswichtig”, einer Liste von christlichen Artikeln, die mich diese Woche bewegt haben.

Diesmal eine Ausgabe mit nur deutschsprachigen Artikeln. Genau genommen nur von Sergej Pauli und Hanniel Strebel. Immer wieder begeistert mich die Art, wie sie Christentum mit dem alltäglichen, normalen Leben verschmelzen. Sergej schafft das, indem er unverblümt aus seinem Leben erzählt. Hanniel durch seine Fähigkeit, unsere säkulare Welt der christlichen gegenüberzustellen.

Genauso verstehe ich den Aufruf, dass wir das Salz der Erde sein sollen: Niemand nimmt pures Salz in den Mund. Die gewünschte Wirkung hat es erst, wenn es mit anderem vermischt wird - nämlich wenn Christus im alltäglichen Leben zum Vorschein kommt.

Ja, aber…

Sergej Pauli beklagt, dass Christen - besonders Prediger - Bibelstellen oft gut gemeint “abfedern” und so deren die Sprengkraft vermindern:

Ich hege schon länger den Verdacht, dass dieses ausgeglichene, angeblich alle Perspektiven berücksichtigendes Sprechen eher etwas ist, dass den englischen Ausdruck “futile” verdient. Kurz: Es ist vergeblich.

Falsche Komplementarität garniert mit rhetorischen Spitzfindigkeiten hat, – um es mal ganz frank und frei zu sagen- , mehr Ähnlichkeit mit Nihilismus als mit Gottesfurcht.

Und dann führt er einige Beispiele auf: Über die Lehre zur Souveränität Gottes:

Wenn man mir auf eine biblische Ausarbeitung zur Vorherbestimmung oder Vorsehung einwendet, dass dies “unseren Missionseifer” unterbinde, dann ist das doch die falsche Reaktion. Die Frage sollte doch dann sein: Was gibt uns mehr Missionseifer? Und die Antwort “weniger über die Souveränität Gottes zu reden”, kann dabei nur als höchst ungenügend gelten.

Oder über den Besitz:

Da ist der Prediger, der die Kanzel besteigt und darüber redet, dass jeder Christ entscheiden muss, ob er Gott oder dem Mammon dienen will. Doch statt auf die tödlichen Gefahren des Geizes und der Gier, die die Wurzel allen Übels ist, einzugehen, begnügt er sich mit Verweisen, dass die Bibel sehr wohl auch reiche Gläubige kenne, ob nun Abraham oder Salomo.
Man zeige mir auch nur einen Zuhörer, dem diese Plattitüden nützen sollen?

Er schliesst damit ab, dass auch ihm oft schwerfällt, das Wort Gottes einfach so stehen zu lassen. Persönlich und bewegend.

Zum Artikel: Ja, aber…

Bedeutet es, dass ich gestresst hetzen muss, um “die Zeit auszukaufen”?

Nochmals ein Artikel von Sergej Pauli. Es geht um das “optimieren” unserer Zeit. Hier habe ich mich extrem wiedererkannt. Vermutlich kommt es auch daher, dass unsere auf Konkurrenz basierende Marktwirtschaft den Vers “kauft die Zeit aus” genau so interpretiert, dass wir entweder alles effizienter oder effektiver machen sollen. Ein paar Auszüge:

Praktisch bedeutet dies natürlich, dass man die Aufgaben nach Relevanz/Bedeutung sortiert und “Kinder hüten” oder “Leibliche Ertüchtigung” findet sich in dieser Hierarchie nur ganz weit unten – sind es ja schließlich nicht “geistliche Werke des Reiches Gottes” – eher nötige, unvermeidbare Pflichten, die von dem wesentlichen “Dienst für Gott”, wie z.B. dem Bloggen, oder in meinem Fall vornehmlich “wichtige Bücher lesen” abhalten. Entsprechend gilt es, diese Zeit als so gering wie möglich zu halten – schließlich muss ich “die Zeit auskaufen”, wenn ich geistlich sein möchte.

Dass ich bereits tief in eine “leistungsorientierten selbstgerechten Effizienzfalle” gefallen war, ist mir nur sehr langsam und zähflüssig aufgegangen.

Eines Abends, nachdem ich besonders “effizient” war, dachte ich, dass ich mir auch “einmal etwas Freizeit” verdient hätte. So schaltete ich einen älteren Krimi an, aber bereits nach zehn Minuten habe ich weggeschaltet, weil mir das “nicht effizient” vor kam und ich “ja etwas Nützlicheres tun könnte”. Ich tat auch “was Nützlicheres”, aber mit einem wirklich unerträglichen Zorn und Hadern. Ich ärgerte mich ungemein über Gott, der mich nur ständig mit Forderungen und Leistungsansprüchen überhäuft. Um im biblischen Vokabular zu bleiben: “So viele Jahre habe ich dir gedient, und du hast mir nie einen Bock gegeben”.

Ein paar weitere Beispiele weiter resümiert Sergej:

Wirklich, das ist hier in wenigen Sätzen niedergeschrieben. Aber das ist ein furchtbarer kaum zu ertragender Sterbeprozess seinen Modellen nicht zu glauben, die so komplett sinnvoll klingen, während gleichzeitig nur eine ganz stille, kaum vernehmbare Stimme etwas davon flüstert, dass man in Christus bedingungslos angenommen ist.

Zum Artikel: Bedeutet es, dass ich gestresst hetzen muss, um “die Zeit auszukaufen”?

Die Seele im Cyberspace und die Veränderung unserer Gewohnheiten

Hanniel Strebel rezensierte das Buch «The Soul in Cyberspace» von Douglas Groothuis. Im Buch wird beschrieben, was sich in unserer Seele durch die neue Technologie verändert.

Am Beispiel Radio (ja, das Buch ist von 1997, also noch vor der Popularität von Internet und Smartphone):

Wenn wir glauben, dass das Anhören einer Predigt – selbst einer sehr guten Predigt – im Radio dasselbe ist wie die Zusammenkunft in unserer örtlichen Gemeinde, um durch die Predigt des Wortes Gottes herausgefordert zu werden, dann täuschen wir uns. Und wenn wir glauben, dass eine weitverbreitete Radioarbeit die Dynamik des zwischenmenschlichen Dialogs – wie wir mit denen weinen, die weinen, und mit denen lachen, die lachen – ersetzen kann, dann sind wir ebenso betrogen. Solche Missverständnisse verdeutlichen die Gefahr des technologischen Ersatzes des Persönlichen. Ein künstliches und unpersönliches Kommunikationsmittel ersetzt die menschliche Interaktion auf eine Weise, die nicht sofort offensichtlich ist. Auf diese Weise wird die persönliche Dimension, die Gott so hoch schätzt, entwertet.

Zum Artikel: Input: Die Seele im Cyberspace und die Veränderung unserer Gewohnheiten

Eine robuste Theologie des Leids

In einer Artikelreihe: «Was ist denn, bitteschön, reformatorische Theologie?» beleuchtet Hanniel Strebel verschiedene Aspekte des Glaubens. Besonders gefallen hat mir die Gegenüberstellung unserer westlichen Schmerz-ausweichen-um-jeden-Preis-Einstellung und der biblischen Lehre des Leids:

Es geht um die Theologie des Leidens. Die Theologie des Kreuzes (theologia crucis) wurde sowohl von Luther wie von Calvin gelehrt. Wer sich mehr damit beschäftigen möchte, dem sei der Psalmenkommentar von Johannes Calvin ans Herz gelegt. Die bewusste Zuwendung zum Leid innerhalb des christlichen Lebens steht im Gegensatz zur Lehre des Säkularismus, der im Westen dominanten Sichtweise, der im Denken und Handeln von Gott entwöhnt ist. Dem Leid zu entfliehen, es zumindest auszublenden oder es zu betäuben ist das Gebot der Zeit. Dies ist verbunden mit dem Anspruch auf eine vollständige und unmittelbare Befriedigung. Im Neuen Testament werden wir eines Besseren belehrt.

Zum Artikel: Zugerüstet in der Herde Gottes

Folge 15 von “Lesenswichtig”, einer Liste von christlichen Artikeln, die mich diese Woche bewegt haben.

Eiskönigin - eine Kritik von Disney an Disney?

Gernot Zeilinger alias “Theo-Tektiv” ist ein Youtuber, der populäre Kinofilme aus christlicher Sicht bewertet. Dabei gelingt es ihm, die Philosophien, die sie vermitteln, kritisch zu hinterfragen statt einfach abzunicken. Zum Schluss spannt er jeweils den Bogen zum Christentum, zu einer sehr klaren, direkten Botschaft des Kreuzes, und das auf eine erfrischend inoffensive, unverstaubte Weise. Seine Videos kann ich empfehlen, zumal Film-Kritiken ein guter Weg sind, um Gesellschaftskritik zu verüben oder zu zeigen, welche christliche Werte man in Filmen erkennen kann.

Vergangene Woche hat er den Disney-Film “Frozen” (Die Eiskönigin) unter die Lupe genommen, hier ein Auszug:

Das Konzept von romantischer Liebe, das wir sonst in Disney kommuniziert sehen, wird hier komplett revolutioniert. Nämlich es ist nicht der Traumprinz, der sie rettet, sondern es ist die Freundschaftsliebe, der Familienbund zwischen Anna und Elsa … Und dadurch ist der Film auf eine interessante Art und Weise erfrischend progressiv und erfrischend konservativ:
Progressiv, weil Anna und Elsa als Frauen hier als vollwertige Menschen dargestellt werden … unabhängig, ob sie einen Partner haben … unabhängig ob sie romantische Liebe finden … im Disney-Universum ist das eine erfrischende, neue Botschaft.
Konservativ, weil Elsa und Anna etwas entdecken, was ein stärkerer Bund, eine stärkere Antriebskraft ist als die romantische Liebe: die Familie, ein uralter Bund, der die Basis für aufopferungsvolle, freundliche Liebe bietet. … Elsa erkennt, dass wenn sie ihren Gefühlen freien Lauf lässt, dann wird Liebe unmöglich, weil sie ihre Werte, ihre Selbstliebe über den anderen drüber stellt. Weil sie erkennen muss, dass wahre Liebe, Freundschaft und Hingabe vollkommen ein Horror sind für Authentizität, weil Authentizität sagt: “ich definiere, wer ich bin; ich definiere, wen ich liebe und wie ich liebe”, aber Liebe erfordert meinen Blick auf den andern zu richten … und ist damit auch immer mit Selbstaufgabe verbunden.

Zum Video: Die Eiskönigin: Die ultimative Liebe und eine Disney Disney-Kritik?

Vom Kindergebären und vom Schreiben

Kristin Couch schreibt, was sie beim Schreiben erlebt. Sie schreibt sehr poetisch. Was ihr Ringen um Wörter ist, ist mein Ringen um klare Konzepte und wie ich sie am besten zum Leben erwecke.

Was sie beschrieb, hat mich emotional stark berührt, wie es sonst bei nur wenigen Texten erlebe. Sie vergleicht das Gebären eines Kindes mit dem Schreiben. Ein Auszug, übersetzt so gut es ging aus dem Englischen:

Jede Geschichte wächst in mir, ist geprägt von Unruhe, doch wird sie sicher gehalten, bis sie geboren ist. Ist sie dann draussen in der grossen weiten Welt, bin ich erleichtert und frage mich doch, was mich jemals dazu gebracht hat, sie geboren zu haben.
An jedem Stück hängt eine liebevolle Verbundenheit: die Sehnsucht, dem Leser einen guten Dienst zu erweisen, aber auch das Bedenken, ob die Worte vielleicht das Ziel verfehlt haben.
Jede Geschichte ist so einzigartig wie jedes meiner Kinder, und doch gibt es eine Ähnlichkeit, eine Gemeinsamkeit in der Stimme, so wie jedes meiner Kinder ein Abbild der familiären Ähnlichkeit in sich trägt.

Meine Geschichten entstehen, indem ich auf winzige Details achte; Fäden ziehe und miteinander verwebe; Gesprächsfetzen; das Betrachten der freien Natur; das Hören einer Wortfolge, die eine Erinnerung auslöst; das Aufspüren des Guten in den harten Ritzen des Lebens. Ich führe ein Notizbuch mit Dingen, die ich sehe, und Wörtern, die tanzen, und Geschichten, an die ich mich erinnere, in der Hoffnung, dass ich sie irgendwann zusammenmischen kann, um etwas in meinem Leser zu wecken.

Zum Artikel: On Writing

Paralleluniversen

Dr. Gerrit Hohage beginnt seinen Artikel so:

Ich bin ein alter „Trekkie“. Ich habe „Raumschiff Enterprise“, „Star Trek: Next Generation“ und „Deep Space 9“ von Kindesbeinen an gefeiert. In manchen Folgen kommt ein „Paralleluniversum“ vor – eine fast astrophilosophisch anmutende Idee, nach der es nicht nur eines (nämlich unseres), sondern eine unendliche Zahl von Universen gibt, die fortwährend dadurch entstehen, dass bei jedem quantenmechanischen Vorgang (Entscheidungsprozess) mit mehreren Ausgangsmöglichkeiten jede dieser Möglichkeiten auch eintritt und sich dabei jeweils eine eigene alternative Realität in einem Paralleluniversum bildet.

Und stellt fest, dass unsere Welt (sowie die Gesellschaft wie auch die Welt des Christentums) genauso in verschiedene Universen unterteilt ist, die sich so sehr voneinander entfernt haben, dass sie nicht mehr miteinander kommunizieren können:

Viele Gigabytes an Internet-Diskussionen und Myriaden Gigaflops an Rechen- und an Lebenszeit gehen dabei verloren, genau diese Problemlage dadurch zu lösen, dass einer versucht, den anderen von der Gültigkeit seiner eigenen Anschauung zu überzeugen. Die meisten dieser Versuche (auch der verunglückten!) sind, wie ich glaube, von der ernsthaften Hoffnung getragen, dass der andere anfängt, so zu denken wie ich und dadurch die gemeinsame Wahrheit und die gemeinsame Sprache wiedergewonnen werden kann – und viel Frustration, Enttäuschung und Wut entsteht an der nachhaltigen Erfolglosigkeit dieser Versuche. Ich bin inzwischen der Überzeugung, dass diese Versuche gar nicht mehr erfolgreich sein können, weil wir im Bewusstsein unserer Gesprächspartner kein ausserhalb unserer eigenen Subjektivität liegendes Kriterium mehr anbieten können, um zu entscheiden, welche der vielen Wahrheiten unserer Welt wirklich wahr sind.

Er empfiehlt daher, die Welten so stehen zu lassen. Jesus ist in jedem dieser Universen präsent, daher ist es sinnvoller, Jesus zu verkündigen, als andere von der eigenen Weltsicht zu überzeugen:

Jesus Christus sagt: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, er wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern er wird das Licht des Lebens haben“ (Johannes 8,12). Jesus sagt nicht: Das Licht deiner oder seiner Welt, sondern der Welt – das Licht des Multiversums. Ich glaube, dass Jesus in jedem dieser Paralleluniversen irgendwie gegenwärtig ist. Das befreit mich von dem Druck, meine Gesprächspartner erst aus seinem Universum in mein Universum „entführen“ zu müssen, um ihnen Jesus zeigen zu können.

Ein spannender Artikel, hat mich gerade wegen dem “Raumschiff Enterprise”-Bezug angesprochen.

Zum Artikel: Paralleluniversen

Stott on the Christian Life

Letzten Dienstag wäre John Stott hundert Jahre alt geworden. In der vergangenen Woche habe ich viele Artikel über Stott gelesen, am meisten bewegt hat mich ein Bericht von Ron Kubsch:

So wie Tim Chester (vgl. S. 11) bin auch ich als junger Mann John Stott mehrfach begegnet. Einmal habe ich ihn am Flughafen in Frankfurt am Main mit dem Auto abgeholt und ihn zusammen mit Alfred Kuen und einem anderen Theologen, dessen Namen ich vergessen habe, zu einer FEET-Tagung gebracht. Während der Gespräche im Auto hat mich Stotts Weisheit und Klarheit so gefesselt, dass ich mich verfahren hatte. So konnte ich länger als geplant zuhören und mitstottern. Als Praktikant war ich damals dafür zuständig, die Konferenzvorträge auf Magnetband aufzunehmen. Eines Tages kam John Stott bei mir vorbei, bedankte sich noch einmal für meinen Chauffeurdienst und verwickelte mich in ein kurzes Gespräch über mein eigenes Leben. Mir erging es exakt so wie Tim Chester: „Diese kurze Begegnung machte einen grossen Eindruck auf mich. Stott […] hatte einen unbeholfen aussehenden Teenager gesehen, der allein stand, und er hatte es auf sich genommen, dem jungen Mann das Gefühl zu geben, willkommen zu sein“ (S. 11). Falls mich meine Erinnerung nicht täuscht, war Stott der einzige Konferenzteilnehmer, der sich für mich interessierte.

Dieser Auszug ist erst ganz am Schluss des Artikels. Im Artikel selbst gibt Ron Kubsch einen guten Überblick über Stotts Lebenswerk (das mir immer noch neu ist, aus irgendwelchen Gründen ist mir der Name John Stott erst seit Kurzem ein Begriff…)

Zum Artikel: Stott on the Christian Life - Rezension von Ron Kubsch

Sich kommentarlos mit der Bibel auseinandersetzen

Sergej Pauli ruft dazu auf, sich selbst mit der Bibel auseinanderzusetzen, ohne sich zuerst bei Expertenmeinungen abzusichern. Ein paar Auszüge:

Ich den­ke, das man heu­te über Her­me­neu­tik so reden kann, dass der Ein­druck ent­steht, dass es eigent­lich kaum mög­lich ist, die Bibel zu ver­ste­hen, und dass man zunächst unzäh­li­ge her­me­neu­ti­sche Werk­zeu­ge beherr­schen muss, in die Kul­tur­ge­schich­te zu inves­tie­ren hat und eigent­lich so wie­so immer auf Exper­ten ange­wie­sen ist.

Mich zumin­dest bewegt und ver­än­dert die­ses The­ma wie kein zwei­tes. Im Grun­de ist es gar Grund­la­ge mei­ner gan­zen Blog­ger­tä­tig­keit aber reicht noch viel wei­ter: So haben wir als Fami­lie zuneh­mend Andachts­bü­cher redu­ziert und lesen direkt die Bibli­schen Geschich­ten. Es ent­ste­hen dann so häu­fig lebens­ver­än­dern­de Gesprä­che, dass wir vor dem Segen des Herrn nahe­zu erschla­gen sind.

Ich den­ke, das The­ma ist heu­te auch im Evan­ge­li­ka­lis­mus unter Beschuss. Zu vie­le bau­en auf die Pri­vat­mei­nun­gen von Exper­ten. … Dass die Schrift klar ist, ist für mich auch eine Ermu­ti­gung, sich ein­deu­tig fest­zu­le­gen. Das oder jenes darf das sein, was wir gele­sen haben und es bedeu­tet auch. Ist die Bibel klar, kann ich sie auch ver­ste­hen und Lehr­aus­sa­gen klar for­mu­lie­ren. Wohl­ge­merkt kann bei mir als sün­di­gem Emp­fän­ger der Bot­schaft ein “Rau­schen drauf” sein. Aber sich auf­grund der Klar­heit der Schrift und nicht auf­grund eige­ner Exper­ti­se fest­zu­le­gen, bedeu­tet eben gera­de, dass man ver­bes­ser­bar und kor­ri­gier­bar bleibt.

Zum Artikel: A Clear and Present Word - Ein Plädoyer für die Klarheit der Schrift von Mark D. Thompson

Guten Morgen!

Ich schreibe diese Zeilen bei Stromausfall. Ich weiss nicht, ob es nur unsere Strasse erwischt hat, das Dorf oder sogar Teile des Kantons.

Was ich aber weiss, ist dass ich selten so viel Freude am Sonnenaufgang hatte wie heute!

Hier Teil 4 von “Lesenswichtig”: Eine Besten-Liste von christlichen Artikeln, die ich diese Woche gelesen habe.

Artikel 1: Not a Fan! Wider den Personenkult

Darf ich, wenn ich einen Artikel “Wider den Personenkult” empfehle, positiv über den Autor schreiben?

Sergej Pauli lese ich immer gerne. Er rezensiert (sehr!) oft auf “Nimm und Lies“ christliche Bücher. Mit reformatorischem Hintergrund liest er gerne auch nicht-reformatorische Bücher und erweitert so seinen Horizont, wie auch die seiner Leser.

Diese Woche schrieb er über den Skandal um Ravi Zacharias. Wie kommt es dazu, dass er ein Doppelleben führte? Sergej führt es auf Personenkult zurück. Dieser kann aber nur leben, wenn wir ihn nähren. Das heisst er wird auch von uns genährt…

Manchmal frage ich mich, ob gerade die Abwesenheit eines formellen Papsttums uns Evangelikale derart anfällig für den Personenkult macht? Bevor ich hier überhaupt wage, auf jemand anderen mit dem Finger zu zeigen, wird mir mein götzendienerisches Herz auf beschämende Weise bewusst.

Zum Artikel: Not a Fan! Wider den Personenkult

Artikel 2: Meine Real Life Story (und die Sache mit Gott)

Buch-Rezension: Philipp Mickenbecker ist 23 Jahre alt; mit seinem Bruder Johannes und Freunden betreibt er einen YouTube Kanal mit Millionenreichweite (The Real Life Guys). Auf ihrem Kanal bauen sie ein U‑Boot, bringen eine Badewanne zum Fliegen, oder konstruieren eine Achterbahn in einem Baumarkt. Philipp bekam Mitte 2020 seine dritte Krebsdiagnose. Kurz davor veröffentlichte er seine persönliche Real Life Story.

Was mich getriggert hat: Einerseits war da sicher seine Bekehrung zum Christentum, dann aber seine kritische Einstellung zur Schule und seie Neugier, die Welt zu entdecken:

Philipp wuchs in einem christlichen Elternhaus auf und wurde anfangs zu Hause unterrichtet. Doch ab der vierten Klasse mussten er und seine Geschwister (neben seinem Zwillingsbruder Johannes hatte er noch eine Schwester) an eine offizielle Schule wechseln, weil Homeschooling in Deutschland nicht erlaubt ist. Zuhause lernten sie aus Interesse. An der neuen Schule wurde dieses Prinzip umgekehrt: die Lehrer verordneten den Lernstoff. Die Schule wurde, wie er schreibt, für sie zum Gefängnis. Aus Langeweile gestalteten sie sich den Schulalltag selbst spannender, und begannen mit Experimenten und Streichen. So hackten sie sich beispielsweise in das gesamte IT-Netz der Schule.

Beim »IT-Netz hacken« war ich an meine eigene Schulzeit erinnert (wo ein Kollege und ich selbst das IT-Netzwerk hackten), ich höre mir gerade das Hörbuch an.

Zum Artikel: Meine Real Life Story (und die Sache mit Gott)

Artikel 3: My blue tassel (Englisch)

Ganz traditionell ist der letzte Artikel von Kristin. Die Geschichte wie sie als Paar bescheiden begonnen hatten und dann die Familie wuchs. Hervorragend geschrieben wie immer:

Despite our apartment being so little, it was our first home and I loved it. We had been given hand-me-down-furniture, mismatched, but we were grateful. Our dining room table sat perched, wobbly at the far end of the living room in a marginal attempt to divide the living area from the kitchen. Placemats could not conceal all of the scratches and dents, but I shined it as best as I could. Even our sofa looked tired, a poor match for the newness of our marriage. I attempted to scrub out a few small stains, to no avail. The only brand new furniture we purchased following our wedding was a queen mattress and box spring, sans headboard.

Zum Artikel My blue tassel

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