#Gemeinde

Folge 13 von “Lesenswichtig”, einer Liste von christlichen Artikeln, die mich diese Woche bewegt haben.

Losing Our Religion

Russell Moore über die Kirchen-Flucht in den USA. Innerhalb von zwanzig Jahren ist die Zahl von Amerikanern, die sich einer Kirche zugehörig fühlten, von 68% auf 47% gefallen.

Seine These ist überraschend: Er sagt nicht, dass die Kirche Werte predigt, welche der westlichen Welt zuwider ist. Er sagt, dass junge Menschen die Kirche verlassen, weil die Kirche eben diese “schwierigen Lehren” nicht mehr lebt!

Sein Kontext ist ein etwas anderer als unsrer: Er lebt im Bible-Belt wo Christentum mit republikanischer Politik gleichgesetzt wird. Doch ich sehe viele Parallelen zu unserer europäischen Lage. Wohl sind unsere Umstände anders, aber die Tendenz unserer Gemeinden ist ähnlich.

Ein paar Auszüge:

Während ein “Ex-Evangelikaler” in den frühen 1920er Jahren wahrscheinlich deshalb wegging, weil er die Jungfrauengeburt oder die leibliche Auferstehung für überholt und abergläubisch hielt oder weil er moralischen Freidenker attraktiver fand als den “veralteten” strengen Moralkodex seiner Vergangenheit oder weil er den erdrückenden Fesseln einer Heimatgemeinde zugunsten eines autonomen Individualismus entkommen wollte, jetzt sehen wir ein deutlich anderes - und erschütterndes - Modell eines desillusionierten Evangelikalen. Wir sehen jetzt junge Evangelikale, die sich vom Evangelikalismus abwenden, nicht weil sie nicht glauben, was die Kirche lehrt, sondern weil sie glauben, dass die Kirche selbst nicht glaubt, was die Kirche lehrt. Die vorliegende Problematik in dieser Säkularisierung ist nicht Atheismus und Hedonismus, sondern Desillusionierung und Zynismus.

Die Trends der Säkularisierung bedeuten, dass die Menschen die Kirche nicht brauchen, um sich als Amerikaner oder als gute Menschen oder sogar als “spirituell” zu sehen. […] Eine Religion, die Menschen dazu aufruft, sich von der westlichen Moderne abzuwenden, muss glaubwürdig sagen: “Nimm dein Kreuz auf dich und folge mir nach”, und nicht: “Komm mit uns, und wir werden die Liberalen besiegen.” Letzteres kann man auf YouTube tun, und man muss nicht einmal einen Sonntagmorgen aufgeben.

Das Problem ist nun nicht, dass die Menschen denken, die Lebensweise der Kirche sei zu anspruchsvoll, zu moralisch streng, sondern dass sie zu der Ansicht gelangt sind, die Kirche glaube nicht an ihre eigenen moralischen Lehren. Das Problem ist nicht, dass sie die Vorstellung ablehnen, dass Gott irgendjemanden in die Hölle schicken könnte, sondern dass, wenn sie sehen, dass die Kirche verkehrtes Verhalten in ihren Institutionen vertuscht, sie den Beweis haben, dass die Kirche glaubt, Gott würde “unsere Art von Leuten” nicht in die Hölle schicken.

Was ist, wenn Menschen nicht aus der Kirche austreten, weil sie Jesus ablehnen, sondern weil sie die Bibel gelesen haben und zu dem Schluss gekommen sind, dass die Kirche selbst Jesus ablehnen würde? Das ist eine Krise.

Wir verlieren eine Generation - nicht weil sie weltlich sind, sondern weil sie glauben, dass wir es sind. Was dies erfordert, ist kein Rebranding, sondern eine Umkehr - das heisst, wie die Bibel sagt, eine Kehrtwende. Es sind schon seltsamere Dinge passiert, und das ist gut so, denn wir werden sie brauchen.

Zum Artikel: Losing Our Religion

Ein Buch für die Generation “Glaub an dich selbst!”

Bianca Hopcraft schrieb eine lesenswerte Rezension über das Buch “Enough about me”. Ein paar Auszüge:

Sie stellt fest, dass obwohl uns Frauen in der westlichen Kultur heutzutage mehr Möglichkeiten zur Selbstentfaltung offenstehen als vielen Generationen vor uns, wir nicht glücklicher, sondern sogar deprimierter und dem Burnout näher sind als je zuvor.

Nun fragt man sich: Warum fruchtet es nicht? Warum sind Frauen trotzdem so unglücklich?

Das Problem dieser Slogans ist, dass sie uns vollkommen auf uns selbst werfen. Wir müssen uns nicht nur immer wieder selbst neue Ziele setzen, sondern auch selbst dafür sorgen sie zu erreichen, natürlich aus eigener Kraft. Doch unser Selbst ist begrenzt. Und darum können wir nicht anders als irgendwann erschöpft zusammenzubrechen.

Das eine Problem besteht darin, dass die “Du schaffst es”-Mentalität selbstfokussiert ist und nicht Christus-zentriert. Und dieser Gefahr sind auch Christen ausgesetzt:

Oshman will ebenso gestandene Christen unserer Zeit aufrütteln. Sie zeigt, dass dieses selbstzentrierte Evangelium verschiedene Formen annehmen kann, z.B. „Gott möchte vor allem, dass ich glücklich bin, er würde nie wollen, dass ich leide“ (S. 87) oder „Gott hat mich geschaffen, aber nun bin ich allein dafür verantwortlich, meine Ziele zu erreichen“ (S. 88). Oshman ruft uns dazu auf, die wahre Botschaft der Bibel immer wieder zu verinnerlichen, um solchen „Fälschungen“ nicht auf den Leim zu gehen.

Das andere Problem besteht darin, dass wir es aus eigener Kraft schaffen wollen:

Sie stellt klar: Aus eigener Kraft können wir niemals an Gott dranbleiben. Ja, aus eigener Kraft schaffen wir es noch nicht einmal, das zu wollen. Wir brauchen Gottes Geist dafür. „Gnade brachte uns zum Glauben, Gnade wird uns auch wachsen lassen“ (S. 105). Darum darf ich Gott immer wieder um Hilfe bitten. Was für eine erleichternde Botschaft!

Und nochmals zum Selbstfokus:

Jesus fordert uns tatsächlich dazu auf zu sterben, d.h. unser Selbst aufzugeben, um Sein Leben zu gewinnen (Mk 8,34–35). Und das Umwerfende ist, dass wir genau darin – in diesem Paradoxon – die bleibende Freude erfahren, nach der wir uns so sehnen. Oshman macht deutlich, dass es hierbei keine 0815-Formel gibt, wie dieses Sterben konkret für jeden von uns aussieht. Es gibt verschiedene Dinge, die Gott von uns abverlangen mag. Unverändert bleibt die Zusage, dass wir wahre Freude finden werden, wenn wir Jesus gehorchen (Joh 15,11) und unser Gottesbild dabei wächst.

Zum Artikel: Enough about Me

Bitte bleib

Zum Schluss ein Aufruf von Kristin, der Gemeinde treu zu bleiben. Letzte Woche habe ich ebenfalls dazu aufgerufen, die Lokalgemeinde nicht zu verlassen.

Kristin macht das auf eine sehr poetische und ansprechende Art:

Mein Mann ist Pastor, und an den meisten Sonntagen, nachdem er gepredigt hat und wir nach hinten gehen, um die Leute zu begrüssen, flüstere ich: tolle Botschaft. Und dann drehen wir uns um, um uns mit unserer Gemeinde zu unterhalten, während sie den Gottesdienstsaal verlässt.

Was ich wirklich mit “grossartige Botschaft” meine, ist Folgendes: Deine Worte haben mich heute zutiefst gekränkt. Als du gepredigt hast, wurde mir bewusst, wie oft ich sündige, und dann, als du deine Aussage mit Bibelstellen belegtest, wurde mein Herz durchbohrt. Ich machte mir Notizen und entschuldigte mich bei Gott und bat ihn, mir zu helfen, Busse zu tun, zu gehorchen und mich an ihm zu erfreuen. Als ich meine Sünden bekannte, erweichte Gott mein Herz und öffnete meine Ohren, um seine Wahrheit zu hören. Obwohl ich während dem Gottesdienst besorgt war über dieses und verärgert über jenes, habe ich nun anderthalb Stunden auf dem Operationstisch des grossen Chirurgen verbracht und bin mehr von meiner eigenen Sünde überwältigt als davon, meinen eigenen Willen zu bekommen. Ich habe entdeckt, dass es nur eine Sache gibt, die durch meine Reue zerstört wird, und das ist mein Stolz.

Bitte bleib. Bleib in deiner bibelpredigenden Gemeinde mit unvollkommenen Menschen, unvollkommenen Pastoren und unvollkommenen Lehrern. Bleibe und verpflichte dich, Gottes Wort in deinem Herzen zu verstecken, jeden Tag zu lesen und zu meditieren. Bleibe und tue demütig Busse über deine eigenen Sünden. Bleibe und bete für andere. Bleibe und diene. Bleibe und sprich ein freundliches Wort. Bleibe und konfrontiere eine schwerwiegende Sünde. Bleibe und werde konfrontiert. Bleibe und vergebe.

Bleib und sein die Gemeinde, ohne die Gemeinde zu besitzen, denn die Gemeinde gehört Gott. Bleib und lass dich verändern.

Zum Artikel: Please Stay

Lasst mich mit einem Bekenntnis anfangen: Es fällt mir oft schwer, einer Predigt zu folgen.

Das hat zwei Gründe. Zum Einen bin ich verwöhnt mit rhetorisch einwandfreien Predigten. Nehmen wir mal Matt Chandler oder Francis Chan. Zwei Männer, mit einer grosser Kommunikations-Begabung. Auch der gewandteste Prediger unserer Gemeinde kann sich nicht mit ihnen messen.

Zum anderen gehöre ich zur Spezies der Theologen. Oder zumindest Möchtegern-Theologen. Ich habe mir über die meisten biblischen Themen eine Meinung gebildet. Durch das Studium der Bibel, Lesen von Kommentaren und Hören von Online-Predigten bin ich zu einem Schluss gekommen, der sich oft nicht mit den Aussagen des Predigers deckt.

In einigen Fällen kommt das daher, dass der Prediger eine evangelistische Natur hat, oder die Einstellung des Hirten, und er das Gewicht nicht auf die Lehre legt. Betrachte ich die Predigt mit meiner theologischen Brille, dann werde ich ganz viele Splitter in seinen Augen entdecken, ja der Prediger wirkt als ein mit Splittern zugedeckter Mann.

Mit diesen zwei Tendenzen fällt bei mir eigentlich jede Predigt durch. Da ich am Karfreitag selbst gepredigt habe, kann ich das hier einfügen: So fallen auch meine Predigten durch bei Hörern mit derselben Einstellung.

Das ist nun eine etwas ernüchternde Betrachtung. Wie soll ich damit umgehen? Soll ich auf Durchzug stellen und die Predigt an mir vorüber gehen lassen? Oder soll ich so tun, als wäre das Problem nicht da, und einen eifrigen Zuhörer mimen?

Interessanterweise wird praktisch nie darüber gesprochen, wie man gewinnbringend einer Predigt zuhören kann. Doch die Bibel ist voll von Versen wie “sei schnell zum Hören und langsam zum Sprechen”. Oder “Wer antwortet, bevor er gehört hat, dem ist es Torheit und Schande” - sie hat also sehr wohl Ansprüche an den Hörenden, nicht nur an den Prediger.

Was mir klar ist: Die Bibel lehnt meine Einstellung ab. Meine Einstellung, dass ich die Predigt vorschnell richte, fällt durch.

In der Apostelgeschichte gibt es das Vorbild der Beröer:

Diese […] nahmen das Wort mit aller Bereitwilligkeit auf; und sie forschten täglich in der Schrift, ob es sich so verhalte. Es wurden deshalb viele von ihnen gläubig, auch nicht wenige der angesehenen griechischen Frauen und Männer. (Apg 17,11-12)

Hier wird noch deutlicher, zu was meine Einstellung führt: Die Beröer wurden gläubig, indem sie bereitwillig zuhörten, wenn ich hingegen mit kritischem Geist mich der Unterweisung der Predigt verweigere, weil ich scheinbar einen guten Grund gefunden habe, dann verpasse ich das Wachsen im Glauben.

Natürlich, es gibt auch schlechte Predigten. Nicht alles, was am Sonntag verkündet wird, ist automatisch Gottes Wort. In fast jedem Brief des Neuen Testaments wird von Irrlehrern gewarnt.

In dieser Sache kann man also auf beide Seiten des Pferdes runterfallen: Ein überaus kritischer Geist verwirft alles, auch Worte, welche die Kraft zum Glauben hätten. Ein überaus zustimmender Geist nimmt alles an, auch die Worte, die mehr vom Zeitgeist zeugen als vom Wort Gottes.

Aber die Beröer waren sich dessen bewusst. Weder lehnen sie voller Vorurteile alles ab (wie etwa die Pharisäer), noch nehmen sie blind alles an.

Im Folgenden werde ich nur auf die Tendenz eingehen, zu viel abzulehnen. Denn das ist die Tendenz, welche ich in meinem Herzen vorfinde. Die Frage ist, wie kann ich der Tendenz entgegenwirken, ohne dabei blind alles anzunehmen?


Vor drei Monaten nahm ich zum Gottesdienst mein Moleskine-Notizbuch mit, um darin Predigt-Notizen aufzuschreiben. Das habe ich seit Jahren nicht mehr gemacht. Ich kam mir streberhaft vor. Verstohlen blickte ich mich um: Bin ich der Einzige mit Notiz-Buch? Ich sah drei bis vier andere, die mir gleich taten, doch sie waren alle mindestens zehn Jahre älter.

Was war meine Absicht? Ich merke, dass ich besser denken kann, wenn ich meine Eindrücke aufschreibe. Eine Predigt regt allerlei Gedanken an: “Stimmt das wirklich?”, oder “Ah, hier weicht er aber vom Thema ab…”, oder “Das ist spannend, ich würde das gerne zu Hause nachlesen”. Ohne Notizen verfliegen diese Gedanken in Sekundenschnelle. Mit Notizbuch aber kann ich sie festhalten und einen Moment lang weiterspinnen.

Hier ein paar Einsichten aus den letzten drei Monaten “Schreibend denken mit meinem Moleskine-Notizbuch”:

1. Überraschende Wendungen

Manchmal weicht die Predigt plötzlich vom Thema ab. Es scheint nicht mehr um die Stelle zu gehen, sondern um ein anderes Thema. Dann schreibe ich mir auf, wieso ich denke, dass die Predigt nichts mehr mit der Bibelstelle zu tun habe. Dabei werde ich aber oft überführt, da ich merke, dass die Predigt Aspekte der Bibelstelle betrachtet, welche ich bisher ausgelassen habe.

2. Nichts Neues

Ich bin oft darauf aus, etwas Neues zu hören. Falls die Predigt hier nicht punkten kann, dann laufe ich Gefahr, auf Durchzug zu stellen. Mein Hirn wendet in dieser Situation “auto-complete” an: Es scheint zu wissen, was der Prediger die nächsten fünf Minuten erzählen will und schaltet einfach ab. Doch auch Paulus meint: «Euch immer wieder dasselbe zu schreiben, ist mir nicht lästig; euch aber macht es gewiss». Wir brauchen Erinnerungen. Es reicht nicht, dass wir einmal auf den richtigen Weg zurückgeführt werden, denn wir werden ihn immer wieder verlassen und brauchen regelmässig Korrektur.

Was einen guten Prediger ausmacht ist, dass er die “alten Wahrheiten” so vortragen kann, dass sie anregend sind. John Piper redet oft über sein Ringen, neue Wörter zu finden, welche noch nicht verbraucht sind. Bringt ein Prediger “abgedroschene Phrasen”, dann ist es um ein Vielfaches schwieriger, sich vom Gesagten bewegen zu lassen.

Doch auch hier hilft das Notizbuch. Ich schreibe mir etwa den Bibelvers in vollem Wortlaut auf. Oder ich denke schreibend darüber nach, ob das Gesagte in meinem Leben Gestalt angenommen hat.

Und oft wird es nach kurzer Zeit auch wieder spannend, und so kann ich die “Zwischenzeit” mit Notiz-Schreiben überbrücken und verpasse den Anschluss danach nicht.

3. Ich störe mich an einer Aussage

Wie gesagt, ich störe mich oft an einzelnen Sätzen. Dinge, die ich finde, kann man einfach so nicht sagen. Es hilft mir, zu notieren, wieso ich denke, dass die Aussage nicht stimmt. Und dabei versuche ich auch zu sehen, in welchem Kontext der Prediger die Aussage verwendet, und unter welchen Umständen die Aussage stimmen könnte.

Das Herz ist schnell dabei, Belehrung abzuweisen. Es findet schnell eine Entschuldigung, sich nicht ändern zu müssen. Es gibt immer einen Grund, das Gesagte abzulehnen, doch:

Wer die Unterweisung verwirft, verachtet seine Seele, wer aber auf Zurechtweisung hört, erwirbt Verstand. (Spr. 15,32)

Ich versuche mir also zu überlegen, ob ich das Gesagten nur deshalb ablehne, weil ich mich nicht dem Wort Gottes unterstellen will.


Weiterführende Beiträge:

Wenn es so phänomenale Online-Predigten gibt, wieso sollte ich überhaupt noch meine Lokalgemeinde besuchen?

Die Globalisierung lehrt uns, dass wir als Kunden die Wahl treffen sollen. Wieso soll ich ein schlechteres Produkt wählen, wenn es im gleichen Gestell dieses andere bessere Produkt zu kaufen gibt?

Ebenso in der Wahl der Sonntag-Morgen-Predigt. Wieso soll ich der rhetorisch schwächeren Predigt unserer Lokalgemeinde zuhören, wenn ich im Internet die meines wortgewandten Lieblingsprediger anhören kann - und dies auch noch bequem von zu Hause aus? Diese Frage gewinnt gerade in der Pandemie-Zeit an Relevanz. Schätzungen sagen, dass nach der Pandemie ein Drittel der Gemeinde nicht mehr in den physischen Gottesdienst zurückkehrt. Ob die Schätzung stimmt oder nicht, ich sehe diese Tendenz schon jetzt in unserer Lokalgemeinde bestätigt.

Ich habe mir deswegen schon ein schlechtes Gewissen gemacht, da ich hier auf dem Blog meine Lieblingspredigten vorstellte und befürchtete, dass ich Menschen zum Hören von Online-Predigten und damit zum Fernbleiben vom physischen Gottesdienst aufrief. Mit diesem Beitrag will ich dem entgegenwirken.

Ich kenne das Verlangen, sich abzusetzen. Keiner Gemeinde anzugehören. Gemeinden sind anstrengend, sind Konflikt-Herde und sorgen für Missverständnisse.

In Sprüche 18,1 heisst es:

Wer sich absondert, geht nur seinen eigenen Wünschen nach; er verweigert alles, was heilsam ist. (Spr 18,1)

Auch hier wird der Wunsch zum Absondern bemerkt, es scheint also nicht bloss ein Ding des einundzwanzigsten Jahrhunderts zu sein. Doch diesem Weg des geringsten Widerstandes fehlt “alles, was heilsam ist”. Inwiefern stimmt dieser Vers in Bezug auf die Gemeinde? Hier drei Gründe, wie ich denke, dass dieser Vers wahr ist in Bezug auf die Lokalgemeinde.

1. Ein Christ ist ein Organ in einem Körper

Das Bild, dass wir Glieder eines Körpers sind, ist in unserer individualistischen Gesellschaft eine Beleidigung. «Wie? Meine Aufgabe besteht darin, Teil eines Ganzes zu sein?».

Rick Warrens Buch “The Purpose Driven Live” hat mich bezüglich Gemeinde sehr herausgefordert, er paraphrasiert Römer 12,4-5 folgendermassen:

Jeder Teil erhält seine Bedeutung vom Körper als Ganzem, nicht umgekehrt. Der Leib, von dem wir sprechen, ist der Körper von Jesus, der aus auserwählten Menschen besteht. Jeder von uns findet seine Bedeutung und Funktion als Teil dieses Leibes. Aber als abgehackter Finger oder abgeschnittener Zeh hätten wir keine Bedeutung, oder?

Dieses Zusammenwirken der Glieder passiert einfach nicht, wenn ich mir meinen Lieblingsprediger anhöre. Es ist schon praktisch unmöglich, wenn die Gottesdienste online gehalten werden (das muss aber derzeit leider so sein), doch sich deshalb emotional von der Gemeinde lösen und denken “mir fehlt eigentlich nichts” gleicht einem Organ, das sich entscheidet, nicht mehr Teil des Körpers zu sein. Es wird schrumpfen und absterben.

Teil der Gemeinde zu sein, ist während der Pandemie natürlich erheblich schwieriger. Bei uns in der Gemeinde haben wir ein Ticketing-System, wo die fünfzig Plätze per “first come, first served” vergeben werden. Die Plätze sind jedes Mal “ausverkauft”, was mich einerseits freut, andererseits aber auch traurig macht, da ich sehe, dass einige gerne physisch präsent sein würden, es aber nicht können.

Beim physischen Gottesdienst wird zudem nach der Predigt die Gemeinschaft aufgelöst. Kein Kaffee. Kein Zusammensitzen. Es können nur noch ein paar Sätze ausgetauscht werden, ehe der Saal geschlossen wird.

Darum, wenn wir physisch anwesend sein können, versuchen wir eine Viertelstunde vor dem Gottesdienst da zu sein, damit wir wenigstens noch ein paar kurze Gespräche mit unseren Geschwistern haben können.

2. Jesus wird sichtbar in der physischen Gemeinde

Was mich bei 1. Korinther 12 überrascht hat:

Denn gleichwie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des einen Leibes aber, obwohl es viele sind, als Leib eins sind, so auch Christus.

Ich dachte immer, dass Jesus bloss der Kopf der Gemeinde ist, aber hier steht, dass Christus die Gemeinde ist. Das heisst, er wird sichtbar in der Gemeinde. Nicht bloss in der Predigt, sondern im Zusammenkommen.

Wie werden andere die Gemeinde Jesu erkennen?

Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt. (Joh 13,35)

Die Liebe untereinander passiert ganz einfach nicht, wenn wir uns nicht treffen. Eine Online-Predigt kann wohl die richtige Lehre vermitteln, aber die Liebe, das Erkennungsmerkmal der Jünger, fehlt.

Carl Trueman zum physischen Gottesdienst:

Es macht die Anbetung hier und jetzt auch zur Feier der Gegenwart Christi angesichts seiner Abwesenheit. Tatsächlich ist die Frage, wie der physisch abwesende Christus gegenwärtig sein kann, entscheidend dafür, wie wir den Gottesdienst und seine Elemente verstehen. (Aus “A Protestant Apocalypse?“)

3. Worship wie auch die Predigt sind kein Frontalunterricht

Was bei Online-Predigten gänzlich verloren geht, ist das gemeinsame Unterstellen unter Gottes Wort, das gemeinsame Hände aufheben zur Ehre Gottes.

Sehe ich mir die Predigt von unserer Lokalgemeinde zu Hause an, habe ich noch immer das Gefühl, dass duzende andere gleichzeitig mit mir die Predigt anhören (ich sehe ja die Zahl der Anzahl Viewers).

Doch wenn ich mir meine Lieblingspredigt anhöre, dann fehlt dieser Aspekt völlig. Eine Predigt ist eben kein Frontalunterricht. Die Interaktion mit der Gemeinde ist ein wesentlicher Teil.

Die Predigt ist in gewisser Weise ein Dialog zwischen dem Gott, der sein Volk durch sein Wort mit seiner Gegenwart konfrontiert, und der Antwort des Volkes in Glaube und Reue. Erfordert das die unmittelbare, physische Nähe von Prediger und Volk? Nicht in einem absoluten Sinn […]. Aber unmittelbare körperliche Nähe ist am besten. Es mag schwer zu erklären sein, warum das so ist, so wie es schwer zu erklären sein kann, warum ein Livekonzert oder eine Theateraufführung besser ist als dasselbe im Fernsehen zu sehen, aber es ist dennoch wahr. Ein persönliches Wort wird am besten im Kontext der Begegnung zwischen dem Boten und dem Empfänger überbracht.
(Aus “A Protestant Apocalypse?

Die Gemeinde nach der Pandemie

Zum Schluss: Was wird passieren, wenn die Pandemie zu Ende ist? Wenn wir uns wieder physisch treffen können? Werden wir den Online-Gottesdienst weiter bevorzugen, weil er bequemer ist?

Dazu Trevin Wax:

Ich glaube, das Gegenteil wird der Fall sein. Es ist wahrscheinlich, dass die Coronavirus-Krise, die Gläubige daran gehindert hat, sich zu treffen, dazu beigetragen hat, dass die Menschen - vielleicht stärker als zuvor - die völlige Unzulänglichkeit der Technologie als Ersatz für persönliche Interaktion erkannt haben.

Im besten Fall können soziale Medien und andere digitale Räume wunderbare Initiationsräume sein, die zu wahrer menschlicher Verbindung führen, aber sie können niemals das Zuhause für diese Verbindungen werden; sie werden immer zu kurz kommen und etwas vermissen lassen. Wenn ich mit meiner Frau und meinen Kindern einen FaceTime-Call halte, dann ist das ein wunderbarer Vorteil der Technologie - aber letztendlich macht es mich nur begierig darauf, nach Hause zu kommen und sie wirklich zu umarmen. Das ist digital in seiner besten Form - es steigert unseren Appetit auf das echte, analoge Leben.
(Aus: “Will the Church’s Digital Wave Continue after the Coronavirus?“)

In einer Gemeinde beobachtete ich Folgendes: Es gab Leute mit hohen Ansprüchen an die Gemeinde. Sie hatten Ideale, welche sie aus der Bibel gelernt haben; Versprechen Gottes, von denen sie wollten, dass sie in der Gemeinde gelebt werden. Sie begannen die Sache richtig: vom Wort Gottes aus. Es gelang ihnen dann aber nicht, ihre Sache “in die Gemeinde zu tragen”. Frustriert verbissen sie sich in ihrer Idee, begannen schlecht über andere zu reden und verliessen nach einiger Zeit entweder selbst die Gemeinde oder brachten durch ihre Art andere dazu zu gehen. Rick Warren hat hierzu guten Rat.

Dies ist Teil 3 der Reihe über Rick Warrens Buch “The Purpose Driven Life”.
Hier gehts zur Rezension des Buches.
Heute aus dem Tag 21: “Protecting your Church”

Input Rick Warren:

Die Einheit in der Gemeinde ist so wichtig, dass das Neue Testament ihr mehr Aufmerksamkeit schenkt als dem Himmel oder der Hölle. Genau wie alle Eltern geniesst es unser himmlischer Vater, wenn seine Kinder miteinander auskommen. In seinen letzten Momenten vor seiner Verhaftung betete Jesus leidenschaftlich für unsere Einheit. Es war unsere Einheit, die in diesen quälenden Stunden in seinem Kopf ganz oben stand. Das zeigt, wie bedeutsam dieses Thema ist.

Wenn du erst einmal entdeckt hast, was Gott für dich und die Gemeinde will, ist es leicht, durch die Kluft zwischen Ideal und Realität in der Gemeinde entmutigt zu werden. Doch wir müssen die Gemeinde trotz ihrer Unvollkommenheiten leidenschaftlich lieben. Sich nach dem Ideal zu sehnen, während man die Realität kritisiert, ist ein Zeichen von Unreife. Andererseits ist es billig, sich mit der Realität zufriedenzugeben, ohne nach dem Idealen zu streben. Reife bedeutet, mit der Spannung zu leben.

Gott sagt:

Keiner soll sich über den anderen erheben. Seid vielmehr allen gegenüber freundlich und geduldig und geht nachsichtig und liebevoll miteinander um. (Eph 4,2)

Dann erwähnt Warren das Buch “Gemeinsames Leben“ von Dietrich Bonhoeffer, der deutsche Pastor, der während der Nazizeit den Märtyrertod starb. Warren hat nur ein Zitat im Buch, aber ich fand dies so gewinnbringend, dass ich hier noch ein paar Weitere einfüge:

Unzählige Male ist eine ganze christliche Gemeinschaft daran zerbrochen, dass sie aus einem Wunschbild heraus lebte. Gerade der ernsthafte Christ, der zum ersten Mal in eine christliche Lebensgemeinschaft gestellt ist, wird oft sein sehr bestimmtes Bild von der Art des christlichen Zusammenlebens mitbringen und zu verwirklichen bestrebt sein.

Jedes menschliche Wunschbild, das in die christliche Gemeinschaft mit eingebracht wird, hindert die echte Gemeinschaft und muss zerbrochen werden, damit die echte Gemeinschaft leben kann. Wer seinen Traum von einer christlichen Gemeinschaft mehr liebt als die christliche Gemeinschaft selbst, der wird zum Zerstörer jeder christlichen Gemeinschaft, und ob er es persönlich noch so ehrlich, noch so ernsthaft und hingebend meinte.

Gott hasst die Träumerei; denn sie macht stolz und anspruchsvoll. Wer sich das Bild einer Gemeinschaft erträumt, der fordert von Gott, von dem andern und von sich selbst die Erfüllung. Er tritt als Fordernder in die Gemeinschaft der Christen und richtet ein eigenes Gesetz auf. Er tut, als habe er erst die christliche Gemeinschaft zu schaffen, als solle sein Traumbild die Menschen verbinden. Was nicht nach seinem Willen geht, nennt er Versagen. Wo sein Bild zunichte wird, sieht er die Gemeinschaft zerbrechen.

Weil Gott den einzigen Grund unserer Gemeinschaft schon gelegt hat, weil Gott uns längst, bevor wir in das gemeinsame Leben mit andern Christen eintraten, mit diesem zu einem Leib zusammengeschlossen hat in Jesus Christus, darum treten wir nicht als die Fordernden, sondern als die Dankenden und Empfangenden in das gemeinsame Leben mit andern Christen ein. Wir danken Gott für das, was er an uns getan hat. Wir beschweren uns nicht über das, was Gott uns nicht gibt, sondern wir danken Gott für das, was er uns täglich gibt.

Zurück zu Warrens Input:

Übernimm Verantwortung, deine Gemeinde zu schützen und zu fördern. Setze alles daran, nicht schlecht über andere zu reden und bei üblem Geschwätz nicht teilzuhaben. Es wird nicht immer einfach sein. Manchmal wirst du tun müssen, was das Beste für den Leib ist, und nicht das, was dir dient. Das ist ein Grund, warum Gott uns in eine Gemeinde steckt - damit wir Selbstlosigkeit lernen.

Philipps Gedanken dazu:

Die Gemeinde, welche ich in der Einleitung erwähnt hat, hat sich gespalten. Der Pastor hat gekündigt. Die Hälfte verliess die Gemeinde. Ich hatte mich aus dem Konflikt rausgehalten, aus der Angst heraus, dass mein Involvieren noch mehr zerstört, als es helfen würde. Ich muss aber auch zugeben, dass ich damit zum zynischen Zuschauer wurde und schlussendlich auch die Gemeinde verliess.

Was ist meine Reaktion auf dieses Kapitel? Ich fühle mich ertappt. Merke ich die Kluft zwischen meinen Idealen und der Gemeinde, dann tendiere ich eher dazu, die Gemeinde über Bord zu werfen als meine Ideale. Beides ist schlecht. Doch die Kluft treibt mich oft in einen Zynismus, welcher der Gemeinde schadet. Ich habe mir nach dem Lesen des Kapitels vorgenommen, die Spannung nicht mit üblem Geschwätz zu entschärfen, sondern im Gebet bei Gott Rat zu ersuchen, was wohl mein Teil beim Bauen seiner Gemeinde sein soll.

Es ist ja auch irgendwie logisch, dass wenn wir verschiedene Organe sind, wir einander nicht verstehen und gegenseitige Ansprüche haben, welche die anderen nicht erfüllen können. Wenn ich ehrlich bin, dann gibt es viele Talente in der Gemeinde, welche ich nicht mal im Ansatz besitze. Und so kann ich auch nicht erwarten, dass meine Fähigkeiten und Einsichten auf alle anderen überschwappen. Das Herz zum Beispiel pumpt als einziges Organ beständig Blut in den Körper, ohne dass ihm etwas hilft. Ginge es nach der Vorstellung des Herzens, so würden alle Organe kleine Herzen werden.

Wenn der ganze Körper nur aus Augen bestünde, wo bliebe dann das Gehör?

Ein Körper besteht nun mal aus verschiedenen Organen, welche alle ihre Aufgabe haben. Als einzelnes Organ bin ich angewiesen, dass die anderen Organe ihre Aufgabe annehmen, die gerade sehr sehr anders ist als meine eigene Aufgabe, aber genau dadurch werde ich genährt und bleibe als Teil des Leibes von Jesus erhalten.

Ich finde es anstrengend, Teil einer christlichen Gemeinde zu sein. Es gibt immer Probleme. Das Problem ist nicht die Gemeinde, in der wir jetzt sind. Wir waren davor schon in zwei anderen. Das Problem ist, dass ich mich mit anderen Menschen herumschlagen muss, die anders sind als ich. Die nerven. Die mich nicht verstehen und ich sie auch nicht. Ich übertreibe natürlich. Aber nur ein bisschen. Denn eigentlich fände ich es einfacher, nicht zu einer Gemeinde zu gehören. Und damit merke ich, dass mich der westliche Individualismus »lebe dein eigenes Leben!« voll erfasst hat.

Dies ist Teil 2 der Reihe über Rick Warrens Buch “The Purpose Driven Life”.
Hier gehts zur Rezension des Buches.
Heute aus dem Tag 17: “A place to belong”

Input Rick Warren:

C. S. Lewis bemerkte, dass das Wort “Mitgliedschaft” christlichen Ursprung hat, aber die Welt hat es von seiner ursprünglichen Bedeutung entfremdet. Geschäfte bieten “Mitgliedern” Rabatte an. In Kirchen wird die Mitgliedschaft oft darauf reduziert, dass man einfach seinen Namen in eine Liste einträgt, ohne jegliche Anforderungen oder Erwartungen.

Paulus verwendete das Wort “Mitglied” ganz anders. Für ihn war es ein lebenswichtiges Glied im Körper. Im Römer 12,4-5 heisst es, paraphrasiert (hier aus “The Message” auf Deutsch übersetzt, als Vergleich siehe Schlachter-Übersetzung):

Jeder Teil erhält seine Bedeutung vom Körper als Ganzem, nicht umgekehrt. Der Leib, von dem wir sprechen, ist der Körper von Jesus, der aus auserwählten Menschen besteht. Jeder von uns findet seine Bedeutung und Funktion als Teil dieses Leibes. Aber als abgehackter Finger oder abgeschnittener Zeh hätten wir keine Bedeutung, oder?

Wenn ein Organ vom Körper getrennt ist, wird es schrumpfen und absterben. Es ist unfähig, für sich selber zu überleben, und ebenso geht es dir. Die Zugehörigkeit zur Familie Gottes ist weder belanglos noch etwas, das man beiläufig ignorieren sollte. Die Gemeinde ist Gottes Plan für die Welt.

Über fünfzig Mal wird im Neuen Testament der Ausdruck “einander” verwendet. Uns wird geboten, einander zu lieben, füreinander zu beten, einander zu ermutigen, einander zu ermahnen, einander zu grüssen, einander zu dienen, einander zu lehren, einander anzunehmen, einander zu ehren, die Lasten des anderen zu tragen, einander zu vergeben, sich einander unterzuordnen etc. Das ist biblische Mitgliedschaft! Dies sind deine “familiären Pflichten”.

Es ist natürlich einfacher, heilig zu sein, wenn niemand in der Nähe ist, der meine Vorhaben durchkreuzt, der andere Lebensprioritäten hat, eine andere Meinung als ich. Aber das ist eine falsche, unerprobte Heiligkeit. Isolation erzeugt Täuschung: Wir können uns leicht vorzumachen, dass wir reif sind, wenn es niemanden gibt, der uns herausfordert. Echte Reife zeigt sich in Beziehungen.

Philipps Gedanken dazu:

Mit meiner Tochter mache ich gerne Witze. Eine Art unserer Witze geht so:

Eine Hand marschiert durch die Wüste. Dann trifft sie auf ein Auge. Das Auge fragt sie: »Hast du unterwegs jemanden gesehen?«.

Wir haben uns immer köstlich amüsiert, weil herumlaufende Körperteile so absurd, so sinnlos sind. Es wäre mir aber nie in den Sinn gekommen, dies auf mich und die Gemeinde zu übertragen, obwohl ich natürlich 1. Korinther 12 duzende Male gelesen habe.

Die Vorstellung, dass ich ein Körperteil bin, das seiner Bestimmung erst als Teil einer Gemeinde nachkommen kann, stellt ehrlich gesagt grosse Teile meines Weltbilds auf den Kopf. Dieser Teil war für mich der herausforderndste Teil aus Rick Warrens Buch. Nicht, dass ich nicht gerne Teil der Gemeinde bin. Ich gehe gerne in den Gottesdienst und bin Teil eines Worship-Teams. Aber dass meine Lebensaufgabe nur dann zu verstehen ist, wenn ich als Organ als Teil eines Körpers handle, das ist dann doch noch was ganz anderes.


Was mir beim Lesen von 1. Korinther 12 ausserdem aufgefallen ist:

Vers 12 beginnt folgendermassen:

Denn gleichwie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des einen Leibes aber, obwohl es viele sind, als Leib eins sind, so auch…

Weisst du, wie der Vers weitergeht?

Ich hätte gesagt “so auch die Gemeinde”. Doch der Vers endet mit “so auch Christus”. Ich dachte immer, dass Jesus bloss der Kopf der Gemeinde ist, aber hier steht, dass Christus die Gemeinde ist. Ich will nun keine Abhandlung über Transsubstantiation halten, doch in einem Sinn scheint Jesus wirklich dasselbe wie die Gemeinde zu sein, wie es dann auch in Vers 27 heisst: »Ihr aber seid [der] Leib des Christus, und jeder ist ein Glied [daran] nach seinem Teil.«.

Also ist die Gemeinde nicht nur der Ort, wo ich meine wahre Bestimmung finde, sondern auch der Ort, wo ich Jesus besser kennenlernen kann. Verbringe ich Zeit mit meinen christlichen Geschwistern, dann kann ich Jesus nahe sein. Gebet und Bibellesen genügen nicht. Ohne Gemeinde werde ich Jesus nie wirklich kennenlernen.

Ist das bei allen Zusammenkünften so? Ich glaube, nur, wenn ich im anderen Jesus sehe. Wenn der andere sich durch den Heiligen Geist zu einer Jesus-ähnlichen Person verändern lässt. Erst durch diese vom Heiligen Geist gewirkte Verbindung kann ich, sozusagen “von Organ zu Organ”, Teil des Leibes von Jesus sein, und so kommt seine Gestalt zum Vorschein.

Eigentlich wollte ich vor 2½ Jahren nicht aufhören zu schreiben.

Doch dann war eine Stelle bei Google ausgeschrieben, die so gut passte; ich musste mich einfach darauf bewerben. Bei Google bewerben ist spannend, aber auch sehr zeitintensiv. Drei Monate und drei Bewerbungsrunden später erhielt ich die Absage. Ich könne mich ja ein Jahr später nochmals bewerben. Dieselbe Stelle wäre dann wieder verfügbar. War sie aber nicht. Auch nach 1½ Jahren…

Zeitgleich kamen in meiner Familie Themen an die Oberfläche, welche schon lange schlummerten. Themen, bei denen ich merkte: die lassen sich nicht nebenbei lösen; da muss Einiges auf Eis gelegt werden, um diesem Einen die volle Aufmerksamkeit zu widmen; es braucht sozusagen ein Teil-Sabbatical.
Ohne gross ins Detail zu gehen: Gott hat uns – durch ausserordentlich geschickt orchestrierte Hilfe – die exakt richtigen Menschen, Bücher und Gespräche organisiert. Wir haben enorm viel gelernt und wurden gestärkt.

Dann – oh, es kam einiges zusammen – waren da Issues in der Gemeinde. Es gibt immer Issues. Und es ist oft nicht klar: Sollen wir die Gemeinde wechseln? Oder würden wir mit einem Wechsel bloss Verantwortung ausweichen? Suchen wir gerade den Weg des geringsten Widerstandes, ohne zu merken, dass Gott uns durch diese Bedrängnis formen will?

Doch es gibt Umstände, wo man dann doch gehen muss. Und durch viel Gebet kamen wir zum Schluss, dass das gerade so ein Umstand war. Wir wechselten darauf in eine Chrischona-Gemeinde an unserem Wohnort.

Und dann geriet ich bei meiner Arbeitstelle in eine Rolle, wo ich viel zu viel arbeiten musste, und obwohl mein Körper klare Signale gegeben hatte, fand ich keinen Weg, meine Arbeit zu reduzieren. Ich habe dann ziemlich Hals-über-Kopf eine neue Stelle gesucht, und beim Immobilien-Portal Homegate.ch eine neue Stelle gefunden, die sehr gut passt, und die ich im Frühling dieses Jahres antreten konnte.

Kurz: es war einfach nicht Zeit zu Bloggen.

Aber jetzt, so Gott will, ist wieder Zeit zu Bloggen.

Neue Themen braucht der Blog

Der Drang zum Schreiben, der meldete sich wieder. Gleichzeitig war mir klar: so weiter wie bisher wollte ich nicht machen.

Denn was ich ursprünglich wollte mit diesem Blog war Leute aus meiner Gemeinde ansprechen. Oder meinen Freundeskreis.

Was dann tatsächlich passierte: Der Blog sprach Leute an (schloss sogar Online-Freundschaften), aber ausschliesslich Theologen respektive theologisch Interessierte.

Darum werde ich versuchen, über alltäglichere Themen zu schreiben, wie:

  • Umgang mit Smartphone (als Software-Entwickler und Smartphone-Nutzer der ersten Stunde liegt mir das Thema nahe)
  • Besitz: in den Evangelien ist Besitz eines der grossen Themen. Das [lässt mir keine Ruhe](“Wieso gedeiht Glaube im Gefängnis besser als im Wohlstand”). Und ich höre und lese über dieses Thema viel zu wenig, darum würde ich gerne etwas Abhilfe schaffen
  • Konsum und Nachhaltigkeit: Ein weiteres Thema, das unter Christen meiner Meinung viel zu kurz kommt

All dies ist super langweilig, wenn theoretisch vorgetragen. Darum wird das Ganze sehr persönlich.

Und: Ja, das sind per se keine Christliche Themen. Aber diese Themen – wenn sie vom Evangelium durchtränkt sind – leuchten in einem ganz neuen Licht. So wie Salz: man isst es nicht löffelweise, sondern mischt es unter die Speise, ohne die das Essen ungeniessbar wäre.

Kurz: es gibt viel Neues. Bin gepannt, wie das neue Format funktioniert, nächste Woche erscheint der erste neue Beitrag.

Auf hanniel.ch läuft zurzeit eine tolle Serie mit Gastbeiträgen zum 5-jährigen Bestehen seines Blogs. Ich kannte Hanniel nur über Twitter/Facebook, er war es aber, der uns vor 3 Jahren die Pfingstgemeinde in Kloten empfohlen hatte, die unsere Heimatgemeinde wurde. Als er mich um einen Gastbeitrag bat, sagte ich sofort zu.

Der Beitrag handelt von Narzissmus unter Christen und wie wir der Narzissmus-Falle entkommen können. Zwei Zitate aus dem Blogpost:

Heutzutage, wenn ein Christ Schwierigkeiten hat in seiner Gemeinde, dann hält er keine zehn Jahre aus. Er sagt sich: »Wenn ihr so mit mir umgeht, dann gehe ich halt!«, und schon ist er in einer anderen Gemeinde. Der Grund ist, dass die heutige Generation grosse Mühe hat, mit Kritik umzugehen. Sie erwartet, dass die Gemeinde einen konstanten Fluss an Lob und Mitgefühl aufbringt. Versiegt diese Quelle, wird eine neue Gemeinde gesucht, in der Hoffnung, die Quelle sei da vorhanden.

[Der Narzisst] richtet sich mit seinem Wollen und Nichtwollen nach den Reaktionen anderer und weiß am Ende gar nicht mehr, wer er wirklich ist und was er will. Ein Prediger/Worship-Leiter, der so endet, ist bloss noch ein Echo der Erwartungen der Gemeinde.

Ganzer Beitrag: Hier.

Auch die anderen Beiträge von ihm sind sehr zu empfehlen. Ich lese seinen Blog immer wieder mal intensiv, vergesse ihn dann wieder, komme aber nach ein paar Monaten immer wieder darauf zurück.

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