Lesenswichtig 14. März

Teil 8 von “Lesenswichtig”, einer Liste von christlichen Artikeln, die mich diese Woche bewegt haben.

Mattigkeit

Andrée Seu Peterson bekennt, wie sie durch Corona Freundschaften und die Gemeinde hat schleifen lassen. Es ist ein ehrliches, erfrischendes Geständnis:

Irgendwann nach dem Einsetzen des Post-Lockdowns bemerkte ich, dass je weniger ich Leute sah, desto weniger wollte ich die Leute sehen. Ich wurde einfach bequem wie ein Hobbit. Ich musste das Kirchengebäude kaum noch putzen, weil es kaum noch jemand benutzte. Das Einkommen ist tief, aber das stört mich nicht einmal. Wir hatten im Januar eine Mitarbeiterversammlung mit “Social Distancing” … bei der ich sah, wie ein paar unserer jeweiligen Diäten der täglichen “Mir ist langweilig, ich gehe etwas essen”-Versuchung erlegen sind.

Das ist ein Ding. Aber schlimmer für mich ist die Versuchung einer unerklärlichen Trägheit - ich habe keine Lust, jemanden anzurufen, irgendwohin zu gehen oder gar ans Telefon zu gehen. Es ist wie das grüne Pulver, das die Königin von Unterland auf Prinz Rilian in “Der silberne Sessel” streute, das einen “süßen und schläfrigen Geruch” hatte und “es schwerer machte, zu denken.” Der Teufel wird dich glauben lassen, dass es sicherer ist, zum Einkauf zu gehen als in die Kirche, obwohl ich mir sicher bin, dass die Läden überfüllter sind als die Kirche.

Zum Artikel: Lassitude

Wenn Evangelikale Brunnen bauen

Paul Bruderer antwortet auf Kritik an Evangelikalen. Die Diskussion über “was machen die Evangelikale richtig, was nicht?” interessiert mich nicht sonderlich. Was ich aber spannend finde, ist die Art und Weise, wie er auf die Kritik antwortet. Oft kommt eine Position erst dann zum glänzen, wenn sie verteidigt wird. In diesem Artikel geht es um praktische, humanitäre Hilfe in der Mission. Und um Umweltschutz! Das deckt sich sehr gut mit der Absicht von meiner Frau und mir auf diesem Blog, darum habe ich mich auch sehr über den Artikel gefreut. Ein paar Auszüge:

In der Lau­san­ner Verpflich­tung, welche an der Kon­ferenz ver­ab­schiedet wurde, liest man im Para­graph 5 mit dem Über­ti­tel ‘Soziale Ver­ant­wor­tung der Chris­ten’:
»Wir bekräfti­gen, dass Gott zugle­ich Schöpfer und Richter aller Men­schen ist. Wir müssen deshalb Seine Sorge um Gerechtigkeit und Ver­söh­nung in der ganzen men­schlichen Gesellschaft teilen. Sie zielt auf die Befreiung der Men­schen von jed­er Art von Unter­drück­ung… Wir tun Busse… dafür, dass wir manch­mal Evan­ge­li­sa­tion und soziale Ver­ant­wor­tung als sich gegen­seit­ig auss­chließend ange­se­hen haben.«

Die Lau­san­ner Bewe­gung zeigt beispiel­haft: Evan­ge­likale haben ein äusserst starkes Anliegen für Ganzheitlichkeit! Sich­er gibt es evan­ge­likale Chris­ten, die eine Engführung auf die geistliche Dimen­sion leben (gibt es so eine Ver­nach­läs­si­gung der prak­tisch gelebten Näch­sten­liebe vielle­icht auch unter Chris­ten in anderen Seg­menten der Kirche?). Doch die grosse Mitte der Evan­ge­likalen hat mein­er Mei­n­ung nach stets ein gesun­des Gle­ichgewicht von “Wort und Tat” gesucht, und zwar bis hinein in die ökol­o­gis­che Dimen­sion.
So denkt beispiel­sweise der ein­flussre­iche evan­ge­likale Vor­denker Fran­cis Scha­ef­fer in seinem Buch Pollu­tion and the Death of Man bere­its 1970 öffentlich über ein radikales christlich­es Engage­ment in der Ökolo­gie nach. Der renommierte The­ologe Klaus Bock­mühl, Dozent auf Chrischona, ver­tieft Schaeffer’s Arbeit 1975 in Umweltschutz — Lebenser­hal­tung. Inspiri­ert von solchen Über­legun­gen startet 1983 das Ehep­aar Miran­da und Peter Har­ris in der por­tugiesis­chen Algarve die Umwel­tor­gan­i­sa­tion A Rocha,

Zum Artikel: Wenn Evangelikale Brunnen bauen

Das Ende von Evangelisation?

Jonas Erne fragt sich, wie Evangelisation heute aussehen kann. Die Zeit der Zeltevangelisation (welche ich leider nicht miterleben durfte) ist vorbei, wie können wir heute das Evangelium verkünden? Ich mag seinen Artikel, denn er ist praktisch und ehrlich.

Denken wir noch einen Schritt weiter: Evangelisation ist nicht mehr der Job einer kleinen Elite von gesalbten und begabten Evangelisten, sondern in diesem Rahmen kann plötzlich jede und jeder mitmachen. Ich finde das gut: Gerade da ich persönlich nicht wirklich evangelistisch begabt bin, kann ich trotzdem gebraucht werden. Auch wenn es mir schwerfällt, Menschen anzusprechen, auch wenn ich introvertiert, scheu, still und zurückhaltend bin, ist es meine Erfahrung geworden, dass solche Gespräche richtig wertvoll sind. Es ist die Rückkehr zum allgemeinen Priestertum aller Gläubigen, denn alle können mit ihrem Charakter und ihrer Persönlichkeit im Rahmen der eigenen Möglichkeiten mitmachen.

Zum Artikel: Das Ende von Evangelisation?

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