R.C.Sproul - Bekehrung und Leben

Als Vorbereitung für einen weiteren Artikel über Lieblingspredigten, heute ein Beitrag über die Bekehrung und Wirken von R.C. Sproul. Ich wusste bisher noch nicht viel über Sproul. Was ich aber sah, war seine Art zu Predigen und dachte: “Was ist das für ein Mann, der so predigt?”

Um Sprouls Wirken zu verstehen, beginnt man am Besten bei seiner Bekehrung. Bekehrungsgeschichten sind sowieso immer toll - ich liebe es zu sehen, wie Gott in das Leben von Menschen eingreift. Es ist der Moment einer Geburt: Ein neuer, geistlicher Mensch wird geboren, als Baby. Und dieser Mensch wächst dann später heran zur ausgewachsenen Person. Der Kern der Eigenschaften, die Sproul ausmachen, wurde in ihm durch Gottes Hand in der Wiedergeburt gebildet.

Sproul war am Anfang seines Theologiestudiums. Eines Abends, beim Einschlafen, als er sich im Dämmerzustand befand, rief ihn eine leise aber bestimmte Stimme: “Steh auf. Verlasse diesen Raum.”. Es war Mitternacht und Sproul verliess den Raum, überquerte den Campus und betrat die Kapelle:

Die Tür war aus schwerem Eichenholz mit einem gotischen Bogen. Ich schwang sie auf und betrat den Narthex. Die Tür fiel hinter mir mit einem klirrenden Geräusch zu, das von den Steinwänden des Kirchenschiffs widerhallte.

Ich fühlte ein majestätisches Gefühl von Raum, das durch die gewölbten Bögen der Decke noch verstärkt wurde. Sie schienen meine Seele nach oben zu ziehen, es fühlte sich an, als ergriffe mich eine riesige Hand. Langsam und bedächtig bewegte ich mich auf die Stufen des Altarraums zu. Das Geräusch meiner Schuhe auf dem Steinboden rief schreckliche Bilder von deutschen Soldaten hervor, die in Stiefeln mit Hufnägeln über Kopfsteinpflaster marschierten. Jeder Schritt hallte den Mittelgang hinunter, als ich den mit Teppich bedeckten Altarraum erreichte.

Dort sank ich auf die Knie. Ich hatte mein Ziel erreicht. Ich war bereit, die Stimme zu treffen, die mich in meinem Zimmer gerufen hatte. Ich war in einer Haltung des Gebets, aber ich hatte nichts zu sagen. Ich kniete still da und liess zu, dass mich das Gefühl der Gegenwart eines heiligen Gottes erfüllte. Der Schlag meines Herzens war verräterisch, ein Pochen gegen meine Brust. Ein eisiger Schauer begann am unteren Ende meiner Wirbelsäule und kroch meinen Hals hinauf. Furcht überkam mich. Ich kämpfte gegen den Drang an, vor der erahnten Präsenz wegzulaufen. Der Schrecken verging, aber bald folgte eine weitere Welle. Diese Welle war anders. Sie überflutete meine Seele mit unsagbarem Frieden, einem Frieden, der meinem aufgewühlten Geist sofortige Ruhe und Erholung brachte. Auf einmal fühlte ich mich wohl. Ich wollte dort verweilen. Nichts sagen. Nichts tun. Mich in der Gegenwart Gottes wärmen. […]

Dieser Moment war lebensverändernd. Etwas tief in meinem Geist wurde ein für alle Mal geklärt. Von diesem Moment an konnte es kein Zurück mehr geben; der unauslöschliche Abdruck seiner Macht konnte nicht mehr ausgelöscht werden. Ich war allein mit Gott. Einem heiligen Gott. Einem furchterregenden Gott. Einem Gott, der mich in der einen Sekunde mit Schrecken und in der nächsten mit Frieden erfüllen konnte. In dieser Stunde wusste ich, dass ich vom Heiligen Gral gekostet hatte. In mir wurde ein neuer Durst geboren, der in dieser Welt nie ganz gestillt werden konnte. Ich beschloss, mehr zu lernen, diesem Gott nachzuspüren, der in dunklen gotischen Kathedralen lebte und der in mein Schlafgemach eindrang, um mich aus selbstgefälligem Schlummer zu wecken. (Aus “The Holiness of God“)


Der Rest von Sprouls Leben bestand darin, die Heiligkeit Gottes besser zu verstehen und sie bekannt zu machen. Die Heiligkeit Gottes war sein Lebensthema. Zwölf Jahre nach seiner Bekehrung, im Alter von einunddreissig Jahren, begann er, seine Gedanken zu ordnen und trug das Thema in einer Serie von fünf Vorträgen vor. Die Reaktionen waren überwältigend. Also hat er seine Vortragsreihe mehrmals überarbeitet. Aus dem Vortrag und seinem Bestreben, die Heiligkeit Gottes zu verkünden, entstanden die Ligonier Ministries (“the teaching fellowship of R.C.Sproul”).

Die Legacy seines Wirkens scheint beträchtlich. Sproul berichtet:

Unzählige Menschen haben mir gegenüber geäussert, dass das Hören der Serie “ihr Verständnis von Gott komplett revolutioniert hat”. Solche Kommentare berühren mich tief. […] Bill Hybels, Pastor der Willow Creek Community Church in Chicago, erzählte mir, dass er mit seinem Auto am Strassenrand anhalten musste, als er die Serie hörte. Er weinte und konnte nicht mehr fahren. Als John MacArthur es hörte, unterbrach er eine Predigtreihe, um über die Heiligkeit Gottes zu predigen. (Aus “Striking a Chord in the Heart of the Believer“)

Die Art und Weise, wie Sproul über Gott spricht, habe ich bisher bei niemand anderen gesehen. Man merkt bei ihm eine Ehrfurcht vor Gott. Einer seiner Kerntexte ist Jesaja 6, wo Jesaja Gott in seinem heiligen Tempel begegnet und vor im niederfällt. Genauso predigt Sproul: Es scheint, als hätte er die Heiligkeit Gottes gesehen und kann fortan von nichts anderem mehr berichten. Und genauso verhielt es sich ja! Sproul war in der Nacht in den Tempel Gottes gegangen und ihm da begegnet.


Seine Vortragsreihe ist auf Youtube zu sehen: The Holiness of God with R.C. Sproul

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