#Mission

Beitrag von meiner Frau Irene

Oh, dass die vergnügungssüchtigen Männer und Frauen der Welt nur die wahre Freude derer schmecken und fühlen könnten, die den wahren Gott kennen und lieben - ein Gut, das die Welt … ihnen nicht geben kann, das aber die ärmsten und bescheidensten Nachfolger Jesu erben und geniessen!
(Aus: John G. Paton: Missionary to the New Hebredes, An Autobiography)

Nachdem mein Mann und ich nun so viele Artikel geschrieben haben über “Die Welt aufgeben”, “Genügsam sein”, “Besitz verkaufen”, “Nicht mehr für sich selber leben”, “Geld spenden, anstatt für sich zu brauchen”, bleibt eine wichtige Frage zu beantworten: Wenn wir so viel aufgeben und die Freude nicht aus Dingen der Welt holen, woher kommt denn unsere Freude?

Denn wenn wir einfach Dinge aufgeben, die uns Freude gemacht haben, ohne etwas Besseres gefunden zu haben, werden wir gesetzlich, lieb- und freudlos. Und nach einer gewissen Zeit werden wir uns mit doppelter Hingabe erneut der Welt zuwenden.

Wenn ich mich recht erinnere, beantworte ich diese Frage eigentlich in jedem Artikel. Ich schreibe darüber, dass Jesus unser Schatz ist, dass Er herrlich ist, dass Er genügt. Ich zitiere Paulus, der sagt, dass Jesus zu kennen etwas unüberbietbar Grosses ist, dass der Gewinn, nachdem er strebt, Christus ist und dass Christus sein Leben ist (alles aus dem Philipperbrief). Aber was heisst das eigentlich genau?

Deshalb finde ich es wichtig, hier einmal einen ganzen Artikel diesem Thema zu widmen. Ich werde also aus meinem Leben erzählen, wie Gott mir seine Liebe zu mir und seine Existenz immer wieder sichtbar und real macht.

Und mein Erleben ist keineswegs nur etwas für Charismatiker oder Pfingstler. Das Erleben von Gottes Nähe und Liebe und das Empfinden von Liebe zu ihm sind Dinge, die absolut essenziell sind. Ja, ich gehe soweit zu sagen, dass man nicht als Christ leben kann, ohne diese Erlebnisse mit Gott zu haben, ohne etwas von ihm wahrzunehmen, das unsere Herzen zu ihm zieht und uns in aller Realität zeigt, dass Christus zu kennen herrlicher ist als alles, was die Welt zu bieten hat. Wie sonst könnten Christen bereit sein, für Jesus zu leiden? Wie sonst könnte jemand im Angesicht des Todes bei Gott bleiben und sich nicht von ihm lossagen? Wie sonst kann jemand Geld, Besitz und Ansehen aufgeben und glücklicher sein als vorher?

In allen Büchern und Geschichten von Missionaren oder anderen Christen, die ihr Leben ganz für Gott gelebt haben, findet man Zeugnisse davon. Es gibt buchstäblich keinen Christen, der sein Leben für Gott hingegeben hat und nicht Gottes Nähe, seine Liebe und seine Versorgung ganz real erlebt. Und ich würde sagen, Paulus ist das beste Beispiel dafür.

Ich habe ja in meiner Bekehrungsgeschichte beschrieben, wie ich Gott viele Jahre versucht hatte zu dienen, ohne etwas in meinem Herzen für ihn zu spüren. Keine Liebe zu ihm und keine Liebe von ihm zu mir. Weiter habe ich beschrieben, wie ich zu ihm geschrien habe, dass ich ihn finden kann. Und wie er mein Gebet erhört hat. Von dem Buch, in dem genau solche Erlebnisse beschrieben waren, von denen ich in diesem Artikel sprechen will.

Gott hat mir also genau das gezeigt: Dass man ihn wahrnehmen kann, dass man seine Liebe spüren kann und tiefe Liebe zu ihm empfinden kann. Natürlich betete ich von da an darum, dass ich diese Liebe auch spüren kann. Und Gott erhörte mein Gebet.

Ich bin der Überzeugung, dass die Fähigkeit, Gottes Herrlichkeit zu erkennen, einem bei der Wiedergeburt geschenkt wird und dass ohne diese Fähigkeit Christsein nicht möglich ist. Ganz ehrlich: Warum würde jemand - noch dazu jemand in unserem reichen Land, der gesund ist und alles im Überfluss hat - sich für Gott entscheiden, wenn er nicht erkannt hat (und damit meine ich: In seinem Herzen gespürt hat), dass Jesus herrlicher ist als alles, was er in der Welt kennt? Dass diese Liebe, die Gott ihm gibt, die beste, reinste und vollkommenste Liebe ist und alles übertrifft, was er in der Welt an Liebe erfahren oder sich danach gesehnt hat?

Ich glaube, dass ich genau deshalb, weil ich Gottes Liebe nicht erfahren hatte, früher immer das Gefühl hatte, ich müsse andere dazu überreden, Christ zu werden. Schliesslich mussten sie so vieles aufgeben, das ich als attraktiv empfand. Denn ich hatte die Realität von Gottes Herrlichkeit nicht erkannt.

Erst diese Erkenntnis, d.h. dieses Erfahren, macht uns fähig, uns Gott ganz hinzugeben. Erst dieses Erfahren macht uns bereit, eigene Wünsche aufzugeben, Unannehmlichkeiten auf uns zu nehmen, in die Mission zu gehen oder sogar für ihn zu sterben.

Also, genug der Theorie.

Ich glaube, wo ich Gottes Gegenwart als Erstes spürte, war im Gebet. Nachdem das vorher nie passiert war, wurde mein Herz plötzlich während des Gebets immer wieder von Gottes Herrlichkeit erfasst. Meist nicht grad am Anfang, aber nach einer Weile. Es ist wie ein Ziehen im Herz, ein Gefühl, dass Gott herrlich ist. Manchmal geschah es auch, dass Gott mich zum Beten drängte. Es überkam mich einfach ein inneres Drängen, wie eine Mischung aus Erkennen von Gottes Herrlichkeit und der Überzeugung, dass ich jetzt für jemand beten soll.

Ein solches Erlebnis ist mir noch sehr gut in Erinnerung. Einige Zeit vorher hatte meine Mutter mir erzählt, dass meine Cousine, die in eine christliche Gemeinde ging, ihren Ehemann verlassen hatte, wegen jemand anderem. Ich war erschüttert über diese Tatsache. Einige Wochen später war ich in der Küche am abwaschen und dachte an nichts Besonderes. Da überkam mich plötzlich ein tiefes Mitgefühl mit meiner Cousine. Ich weinte und betete für sie, dass sie Gottes Herrlichkeit erkennen kann und dass ihre Ehe wieder ganz wird.

Nachdem wir erkannt hatten, dass man Gottes Gegenwart spüren kann, fingen mein Mann und ich an, Anbetungsmusik zu hören und konnten Gott zum ersten Mal mit Liedern anbeten. Wir spürten während des Singens regelmässig Liebe zu Gott. Ja, wir erkannten immer wieder in der Anbetung, dass Gott herrlich und anbetungswürdig ist. Wir trafen uns eine Zeit lang häufig mit einem anderen Paar zur Anbetung und es geschah immer wieder, dass wir gegen Ende eines Liedes einfach weiter improvisierten, mit Worten, die uns in den Sinn kamen. Wir sangen z.B. “Jesus, du bist herrlich” oder “Du bist für unsere Sünden gestorben”. Wenn das Lied fertig war, war es ganz still und wir schauten einander an und spürten, dass Gott da ist.

Etwas “charismatischere” Erlebnisse sind die folgenden zwei:

Mit dem erwähnten Paar beteten wir nicht nur an, wir beteten auch füreinander und bauten Zeiten ein, in denen wir still wurden und “hörten”, ob Gott uns etwas sagte. Ich hörte leider nie etwas (bis heute spricht Gott nicht durch Bilder oder Worte zu mir, zu anderen aber schon). Einmal machten wir einen Versuch: Wir machten Kärtchen mit unseren Namen drauf und hörten nacheinander für alle, allerdings verdeckt, d.h. ohne zu wissen, für wen wir gerade hörten. Ich hörte wieder einmal nichts und musste zudem das Zimmer verlassen, um nach unserem damals etwa eineinhalbjährigen Sohn zu schauen. Ich war bitter enttäuscht. Das Paar musste gehen, bevor ich wieder ins Zimmer kam. Ich fragte meinen Mann: “Und, habt ihr was gehört?” Was war seine Antwort? “Ja, wir haben alle drei etwas für dich gehört - vielmehr gesehen”: Alle drei hatten unabhängig voneinander Bilder gesehen, die mit Frühling zu tun hatten. Jemand ein junges Pflänzlein, jemand sah eine Geige und hörte Vivaldis “Frühling” spielen, jemand sah Pflanzen und eine kleine Schaufel, ausserdem ein üppig blühendes Rapsfeld. Jemandem kam noch die Bibelstelle in den Sinn: “Ich weiss wohl, was ich für Gedanken über euch habe: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.” (Jer. 29,11)

Das passierte in der Anfangszeit, als ich noch sehr unsicher war und viele Zweifel hatte, ob Gott sich mir wirklich zeigt und ob ich wirklich im Glauben wachsen kann. Es war absolut ermutigend! Auch später hat Gott mir (durch andere) noch zweimal gezeigt, dass jetzt der Frühling anfängt bei mir, d.h. dass etwas am Wachsen ist, bzw. dass eine Knospe am Aufgehen ist. Das gab mir sehr viel Hoffnung, dass Gott etwas mit meinem Leben vorhat, auch wenn es nicht so schnell vorwärtsging, wie ich mir das vorstellte.

Das zweite “charismatische” Erlebnis ist ein Traum, den ich vor 12 Jahren hatte. Ich habe immer mal wieder einen Traum, von dem ich ziemlich sicher bin, dass er von Gott ist. Nicht sehr häufig, aber ab und zu.

In diesem Traum geschah Folgendes: Es lag ein Mann in DHL-Uniform auf der Strasse. Er war verletzt. Ich ging zuerst mehrmals an ihm vorbei, ohne ihn zu beachten. Dann ging ich zu ihm hin, kniete mich neben ihn und fragte, ob ich ihm helfen könne. Er sagte: Nein, es sei alles gut, er bleibe noch ein wenig liegen, dann gehe er weiter. Aber ich sah, dass er verletzt war und glaubte sogar, Blutspuren an seinem Mund zu sehen.

Da fühlte ich ein unglaubliches Mitleid mit ihm - eher “Mitleidenschaft” - so, wie es bei Jesus einmal beschrieben ist, dass es ihm die Eingeweide umdreht. Es war so stark, wie ich es noch nie erlebt habe. Es kam nicht aus mir selber, es war, wie wenn Gott mir sein Mitleiden mit den Menschen zeigen würde. Ich küsste daraufhin den Mann mehrmals auf die Stirn und flehte ihn an, dass er mich helfen lasse. Aber er lehnte ab. Schliesslich sagte ich voller Inbrunst zu ihm: “Gott segne dein Leben!” und ging.

Dieses Gefühl von Mitleid und Barmherzigkeit hielt den ganzen nächsten Tag an. Es war so stark, dass es alles andere ausblendete. Schliesslich konnte ich nicht anders, als Gott zu sagen: “Hier bin ich, sende mich! Ich will so den Menschen dienen, in dieser Liebe (das ist die Liebe von Jesus!). Ich will von dir benutzt werden, damit Menschen durch diese Liebe geheilt werden.”

Bis heute kommt mir der Traum immer wieder in den Sinn. Ich weiss immer noch nicht die ganze Bedeutung davon (warum war z.B. der Mann nicht an meiner Hilfe interessiert?). Aber der Wunsch, den Menschen mit der Barmherzigkeit Jesu Heilung zu bringen, den Verlorenen (die nicht mal wissen, dass sie verloren sind), das Evangelium zu bringen, ist geblieben und sogar stärker geworden.

Ein anderes Erlebnis geschah, als ich eines Abends im Bett lag und nicht einschlafen konnte. Ich fing an zu beten und Gottes Herrlichkeit kam über mich und ich lag etwa eine Stunde so da in Gottes Gegenwart und betete und genoss seine Nähe. Es ist auch schon vorgekommen, dass ich mitten in der Nacht aufgewacht bin und wunderbar beten konnte. Gott und ich waren ganz allein zusammen in der stillen Nacht.

Ein anderes Mal (vor etwa eineinhalb Jahren) hatte ich grosse Zweifel, ob wir mit unserem Leben überhaupt vor Gott bestehen können. Unser ganzer Alltag fühlte sich so nichtig an, so umsonst. Ich hatte das Gefühl, nicht vorwärtszukommen.

Am Abend im Bett fühlte ich Gottes Frieden, weil wir in seinem Willen wandeln und nicht mehr für uns selbst leben wollen. Ich sagte Gott mehrmals: “Ich will nur für dich leben und bereit sein, für dich zu sterben.”

In der Nacht hatte ich (seit Langem wieder einmal) einen Traum:

Ich war in einer Schule und der Lehrer sagte die Prüfungsnoten von mehreren Prüfungen von jedem Schüler, während alle im Halbkreis standen und zuhörten.

Ich hatte Angst, eine oder mehrere ungenügende Noten zu haben und nicht zu bestehen. Da las der Lehrer eine Note von mir vor. Es war eine 6 (zum Verständnis für die deutschen Leser: Das ist in der Schweiz die Bestnote!). Ich war erleichtert. Dann kam eine Deutschprüfung und ich hatte die Note 6½ und bei der nächsten Prüfung (Mathematik) ebenfalls 6½! Ich lachte auf - ungläubig - und sagte: “6½ gibt es ja gar nicht!”

Aber beide Prüfungen - ich schaute sie an - waren makellos. Musterprüfungen. Bei der Deutschprüfung war ein rotes Raster, das perfekt ausgefüllt war. Auch die Matheprüfung war sauber und wunderschön geschrieben und ohne auch nur den kleinsten Fehler - halt eben makellos. Die Note 6½ schien die “Makellos-Note” zu sein.

Es war irgendwie klar, dass es meine Prüfung war, aber gleichzeitig war es nicht meine Schrift oder Perfektion - es war wie etwas Neues für mich, das ich noch nicht gesehen hatte.

Ich rief: “Danke Gott, danke, danke!” Und sprang fröhlich herum.

Es ist, wie wenn Gott mir durch diesen Traum sagen würde: Dein Herzenswunsch, nur für mich zu leben, ist angenommen. Er ist in meinen Augen makellos. Er könnte nicht perfekter sein. Ja, Gott sagt zu mir: Du hast die Prüfung bestanden. Zwar eigentlich nicht ich selber, sondern so, wie wenn Jesus die Prüfung geschrieben hätte. So ist es ja auch. Nicht ich bin makellos, sondern ich bin es durch Jesu Tod und Auferstehung. Mein Wunsch, nur noch für Gott zu leben, ist zwar mein grösster Herzenswunsch, aber er kommt nicht von mir, sondern von Gott.

Ist das nicht ein unglaublicher Liebesbeweis von Gott? Es macht meinen Wunsch, nur noch für Ihn zu leben, noch grösser!

Noch ein letztes Erlebnis möchte ich aufschreiben (wenn man mal anfängt, kann man fast nicht mehr aufhören…):

Dieses Erlebnis ist schon einige Jahre her. Ich muss vorausschicken, dass ich zu den Menschen gehöre, die sich viel Sorgen machen und die sich immer mal wieder fragen, ob sie nicht vielleicht eine tödliche Krankheit haben und bald ihr letztes Stündlein geschlagen hat. Immer wieder habe ich Phasen mit körperlichen Stresssymptomen, und wenn die ein gewisses Mass annehmen, kriege ich schon mal Angst, dass es nicht nur Stresssymptome sind, sondern eine tödliche Krankheit. Je nachdem, ob das Herz betroffen ist oder ich Kopfschmerzen habe, kommen mir dann “Herzinfarkt” oder “Hirntumor” in den Sinn.

Eines Nachts erwachte ich also mit solchen Symptomen. Da überkam mich eine richtige Todesangst. Ich war wie gelähmt davon. Sie füllte alles aus. Ich schrie innerlich zu Gott um Hilfe. Da konnte ich plötzlich der Angst ins Gesicht sehen und sagen: “Also gut. Wenn ich sterbe, dann sterbe ich eben. Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn! Der Tod kann mich nicht trennen von Jesus!”

Da ging die Angst weg. Sie musste weichen. Es war, wie wenn ihr Bann gebrochen würde. Und ich erkannte (fühlte!), dass Jesu Herrlichkeit sogar in Todesangst real ist und stärker ist als die Angst. Das hat meinen Glauben sehr gestärkt!

Die hier erwähnten Geschichten sind nicht mal ein Zehntel von dem, was ich mit Gott erlebt habe. Ich könnte eine ganze zehnteilige Beitragsreihe mit solchen Erlebnissen füllen. Das werde ich zwar nicht tun, aber sie zeigen hoffentlich, dass die Herrlichkeit Jesu für mich absolut real ist und dass seine Liebe erfahrbar ist und nicht einfach eine Theorie, die wir glauben müssen, ohne etwas davon zu spüren.

Und ich hoffe, dass dadurch klar wird, dass wir in Christus wirklich etwas Besseres gefunden haben als die Welt und dass wir Dinge der Welt nur aufzugeben bereit sind, weil wir den Schatz gefunden haben.

Ich schliesse diesen Artikel mit einem weiteren Zitat von John Paton, dessen Leben als Missionar unter Kannibalen oft bedroht war und der gerade in diesen Momenten die Herrlichkeit Gottes am meisten erfuhr:

Ohne dieses beständige Bewusstsein der Gegenwart und Macht meines lieben Herrn und Erlösers hätte mich nichts in der Welt davor bewahren können, den Verstand zu verlieren und elendig zu vergehen. Seine Worte “Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende” wurden mir so real, dass es mich nicht erschreckt hätte, wenn ich Ihn, wie Stephanus, auf die Szene herabblicken sehen hätte. Ich fühlte Seine stützende Kraft … Den engsten und liebsten Eindruck vom Gesicht und Lächeln meines gesegneten Herrn hatte ich in jenen schrecklichen Momenten, als Muskete, Keule oder Speer auf mein Leben gerichtet waren. Oh, welche Glückseligkeit trifft den, der lebt und die Leiden dadurch erträgt, indem er auf den sieht, “der unsichtbar ist”!

Beitrag von meiner Frau Irene

Ich lese am liebsten Bücher über Missionare, die an einen Ort gehen, wo das Evangelium noch nie verkündet wurde. Es ist einfach einzigartig, wenn Menschen zum allerersten Mal von Jesus hören. Von Gottes Liebe zu den Menschen. Von der Möglichkeit, dass einem seine Schuld vergeben wird. Von einem Gott, der nicht willkürlich und launisch ist und mit Opfern zufriedengestellt werden muss, sondern der seinen eigenen Sohn hat sterben lassen, damit wir mit ihm eine Beziehung haben können.

Die Bekehrungsgeschichten von solchen Menschen zu lesen, ist eine riesige Ermutigung. Ein Zeugnis von Gottes Kraft, Menschen zu verändern. Da gibt es Beispiele von Männern, die vorher ihre Frauen geschlagen und ausgenutzt haben, und deren Herz sich so verändert hat, dass sie ihre Frauen zum ersten Mal lieben können. Eindrücklich ist auch, wenn Angehörige einer animistischen Religion ihre Zaubergegenstände und alles, was sie vor den bösen Geistern beschützt hat, verbrennen. Und Gott beweist seine Macht, indem er sie beschützt und ihnen nichts geschieht. Wieder andere sind bereit, Verfolgungen von der Familie oder dem Stamm auf sich zu nehmen und trotz Widerstand ihren Glauben zu teilen. Er ist ihnen so wertvoll geworden, dass sie ihn nicht für sich behalten können.

Wenn ich solche Geschichten lese, wird mein Glaube gestärkt. Sie sind ein Zeugnis dafür, dass Gott auch heute noch lebt und unter den Menschen wirkt. Und dass er stärker ist als alle bösen Mächte.

Es gibt aber auch Geschichten, die einen traurig machen.

Z.B. wenn Missionare jahrelang unter einem Volk leben, den Menschen vom Evangelium erzählen und ihnen Liebe vorleben - und die Menschen nicht Gott wollen, sondern vielleicht nur die medizinische Versorgung. Oder wenn Menschen sich entscheiden, Gottes Weg zu gehen - vielleicht, weil sie sich davon Vorteile erhoffen - aber sie sich nicht ganz von ihrer früheren Religion lossagen. Dann kann es so aussehen, dass jemand, wenn er Hilfe braucht, zu den Missionaren geht, um für sich beten zu lassen, aber gleichzeitig auch noch den Medizinmann aufsucht, der die Geister befragt oder ein Opfer für ihn darbringt. Solche Menschen haben sich nicht ganz für Gott entschieden. Sie meinen, sie könnten von beiden Religionen das herauspicken, was ihnen hilfreich erscheint. Oder sie befolgen immer noch die Rituale ihrer alten Religion, “zur Sicherheit”, falls der christliche Glaube doch nicht das hält, was er verspricht.

Natürlich gibt es Beispiele, wo ein solches Verhalten nur eine Anfangsphase ist, bis der Betreffende sich ganz sicher ist, dass das Evangelium die Wahrheit ist. Aber es gibt viele traurige Beispiele, wo Menschen sich nie ganz von ihrem früheren Glauben lösen, sondern ein Gemisch von beidem leben. Ja, es gibt ganze Regionen, wo sich über die Zeit eine eigene “Religion” entwickelt hat, die Elemente einer animistischen Religion mit Elementen aus dem christlichen Glauben vermischt. Solche Religionen haben aber nicht die Kraft des Evangeliums, sondern beruhen auf Traditionen und Ritualen.

Was hat das mit uns zu tun?

Eine ganze Menge.

Wir haben hier im Westen zwar keine Götzen in Form von Statuen. Wir glauben auch nicht an böse Geister, die uns strafen könnten. Aber vielleicht wäre es besser, wir hätten sichtbare Götzen, die wir verbrennen können, wenn wir uns für Gottes Weg entscheiden. Denn auch wir haben Götzen.

Im Kolosser 3,5 heisst es:

“Tötet daher, was in den verschiedenen Bereichen eures Lebens noch zu dieser Welt gehört: Sexuelle Unmoral, Schamlosigkeit, ungezügelte Leidenschaft, böses Verlangen und die Habgier (Habgier ist nichts anderes als Götzendienst).”

Viele Christen im Westen verhalten sich genauso wie die vorher beschriebenen Menschen im Busch, die Christus angenommen haben, aber trotzdem noch den Medizinmann aufsuchen, Gegenstände im Haus haben, die sie beschützen sollen und Rituale verfolgen.

Viele Christen hier nehmen Christus zwar an, aber sie wollen ihren Wohlstand, ihre Karriere, ihren Besitz, ihr Geld, ihre Freiheit, ihr Ansehen - kurz: ihre Götzen - nicht aufgeben. Wahrscheinlich ist der Grund dafür derselbe wie bei den Menschen im Busch: Sie sind sich nicht ganz sicher, ob der Glaube an Christus wirklich wahr und tragfähig ist. Ob sie nicht doch etwas verlieren und damit zu kurz kommen, wenn sie ihre Götzen aufgeben. Es muss ja so sein. Denn wenn wir nicht bereit sind, etwas Bestimmtes aufzugeben, klammern wir uns daran, weil wir Angst haben, dass es nicht gut kommen könnte, wenn wir uns davon lossagen.

Ja, was ich von Menschen höre, die nicht bereit sind, Geld, Besitz oder Ansehen aufzugeben, ist genau das: Ich würde etwas verlieren, das mir lieb ist. Es würde mir etwas Wichtiges fehlen. Es würde mir schlechter gehen als jetzt. Ich will es nicht aufgeben.

Natürlich drücken sie sich anders aus. Sie sagen vielleicht: Es ist nicht nötig, als Christ diese Dinge aufzugeben. Man kann genauso gut Christ sein und gleichzeitig Wohlstand, Karriere, Ansehen, Besitz, Geld und Freiheit behalten.

Aber Jesus sagt: Man kann nicht gleichzeitig Gott und dem Mammon dienen.

Und wenn wir nicht bereit sind, etwas aufzugeben, dienen wir diesem Etwas. Genau umgekehrt ist es bei vielen verfolgten Christen, die nicht bereit sind, ihren Glauben aufzugeben, auch unter der Gefahr, dafür leiden zu müssen. Sie zeigen damit, dass sie Gott dienen. Weil sie nicht bereit sind, ihn aufzugeben.

Wenn wir hingegen nicht bereit sind, unseren Besitz oder unser Geld oder unser Ansehen aufzugeben, werden wir als Diener von unserem Besitz, unserem Geld oder unserem Ansehen entlarvt. So einfach ist das.

Wie sehen denn die Leben derjenigen Menschen aus, die gleichzeitig ihre Hilfe von Gott und von den Geistern erwarten? Die versuchen, beiden gleichzeitig zu dienen? Werden sie freudig von der Kraft Gottes weitererzählen? Ich glaube nicht, denn die haben Gottes Kraft gar nicht erfahren! Sie sind ja immer noch unsicher, wessen Kraft grösser ist. Damit bleibt ihr Glaube verkümmert und wächst nicht. Und sie sind keine Lichter für ihre Mitmenschen.

Ist es nicht genauso bei uns? Wenn wir nicht sicher sind, ob es sich lohnt, sich auf Gott allein zu verlassen; wenn wir also gleichzeitig auf Gott und auf die Welt setzen, dann kann unser Glaube nicht gut wachsen. Er bleibt verkümmert und klein, weil wir nie erfahren haben, dass Gott absolut verlässlich ist und genügt. Weil wir immer gleichzeitig auf Gott und, als zweites Standbein sozusagen, auch auf die Welt setzen. Zur Sicherheit, falls Gott sich doch nicht als treu erweist. Und so sind auch wir keine hell scheinenden Lichter für unsere Mitmenschen. Denn sie sehen zwar, dass wir ein bisschen auf Gott vertrauen. Sie sehen aber auch, dass wir uns ziemlich stark auf die Welt verlassen.

Auch ich habe damit zu kämpfen. In der reichen und gut versorgten Schweiz sind wir uns gewohnt, uns auf all diese Dinge zu verlassen: Geld, Besitz, Wohlstand. Das Gebet “unser tägliches Brot gib uns heute” hat mir noch nie etwas bedeutet, weil ich nicht weiss, wie es ist, um Essen zu beten, wenn man hungert.

Mein Mann und ich versuchen seit ein paar Jahren, mit weniger auszukommen, mehr zu spenden und uns damit auch mehr auf Gottes Versorgung zu verlassen. Und ich bin noch weit davon entfernt, zu vertrauen. Immer wieder frage ich mich: Ist es wirklich wahr? Wird Gott sich um mich kümmern, wenn ich mich nur noch auf Ihn verlasse? Was, wenn wir Geld weggeben und sich dann herausstellt, dass wir plötzlich zu wenig haben?

Gerade jetzt sind wir in einer Situation, wo wir Geld brauchen, das in unserem kleineren Budget nicht einberechnet ist. Haben wir doch verantwortungslos gehandelt, als wir unser Budget verkleinert haben? Werden wir jetzt als “fools” abgestempelt? Oder sehen wir gerade jetzt Gottes Versorgung und werden Ihn dafür preisen?

Ich klammere mich an den Vers, den schon viele vor uns als wahr erfahren haben:

“Es soll euch zuerst um Gottes Reich und Gottes Gerechtigkeit gehen, dann wird euch das Übrige alles dazugegeben.” (Matthäus 6,33)

Es gibt zwei Gründe, warum wir unsere Götzen nicht aufgeben wollen: Weil wir sie lieben und weil wir von ihnen Hilfe erwarten. Einerseits haben wir Angst, wir könnten zu kurz kommen oder etwas Wichtiges verlieren, wenn wir uns z.B. von Besitz oder Ansehen lossagen. Andererseits verlassen wir uns auch auf diese Dinge, um unsere Versorgung sicherzustellen.

Das Loslassen von unseren Götzen ist wie ein Sprung ins Leere. Wie, wenn ich beim Abseilen den Boden unter den Füssen loslasse und vertrauen muss, dass mein Partner am Boden das Seil wirklich im Griff hat.

Aber ich bin überzeugt, dass es nicht anders geht. Wir müssen uns von unseren Götzen lossagen. Denn wenn wir das nicht tun, gleichen wir dem dritten Boden aus Matthäus 13:

“Wieder ein anderer Teil der Saat fällt ins Dornengestrüpp. Das bedeutet: Jemand hört das Wort, doch die Sorgen dieser Welt und die Verlockungen des Reichtums ersticken es, und es bleibt ohne Frucht.” (Matthäus 13,22)

Die Sorgen und die Verlockungen. Das, wovon wir uns Hilfe erhoffen und das, wovon wir uns Erfüllung versprechen.

Ich habe oft das Gefühl, dass mein Glaube wie unter einem Dornengestrüpp ist. Zugemüllt von der Welt. Überdeckt mit den Sehnsüchten nach weltlicher Erfüllung und heruntergedrückt von dem sich Festklammern an die Versorgung, die von der Welt kommt: Von unserem Wohlstand, von dem Geld, das wir auf unserem Bankkonto haben, von unserem Besitz, von unserem Platz in der Gesellschaft.

Ich will diese Dornen über mir unbedingt weghaben. Ich möchte ein Licht sein und Frucht bringen. Und ich vertraue darauf, dass Gott mein Gebet erhört und sie nach und nach wegschneidet. Er hat schon so viel davon weggeschnitten, dass ich immer mal wieder einen Blick erhaschen kann, wie es ohne Dornen über mir ist. Das ist genug, um von ganzem Herzen zu sagen: Ich will meine Götzen zerschmettern und verbrennen, und mit weniger gebe ich mich nicht zufrieden!

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