In einer Gemeinde beobachtete ich Folgendes: Es gab Leute mit hohen Ansprüchen an die Gemeinde. Sie hatten Ideale, welche sie aus der Bibel gelernt haben; Versprechen Gottes, von denen sie wollten, dass sie in der Gemeinde gelebt werden. Sie begannen die Sache richtig: vom Wort Gottes aus. Es gelang ihnen dann aber nicht, ihre Sache “in die Gemeinde zu tragen”. Frustriert verbissen sie sich in ihrer Idee, begannen schlecht über andere zu reden und verliessen nach einiger Zeit entweder selbst die Gemeinde oder brachten durch ihre Art andere dazu zu gehen. Rick Warren hat hierzu guten Rat.
Dies ist Teil 3 der Reihe über Rick Warrens Buch “The Purpose Driven Life”.
Hier gehts zur Rezension des Buches.
Heute aus dem Tag 21: “Protecting your Church”
Input Rick Warren:
Die Einheit in der Gemeinde ist so wichtig, dass das Neue Testament ihr mehr Aufmerksamkeit schenkt als dem Himmel oder der Hölle. Genau wie alle Eltern geniesst es unser himmlischer Vater, wenn seine Kinder miteinander auskommen. In seinen letzten Momenten vor seiner Verhaftung betete Jesus leidenschaftlich für unsere Einheit. Es war unsere Einheit, die in diesen quälenden Stunden in seinem Kopf ganz oben stand. Das zeigt, wie bedeutsam dieses Thema ist.
Wenn du erst einmal entdeckt hast, was Gott für dich und die Gemeinde will, ist es leicht, durch die Kluft zwischen Ideal und Realität in der Gemeinde entmutigt zu werden. Doch wir müssen die Gemeinde trotz ihrer Unvollkommenheiten leidenschaftlich lieben. Sich nach dem Ideal zu sehnen, während man die Realität kritisiert, ist ein Zeichen von Unreife. Andererseits ist es billig, sich mit der Realität zufriedenzugeben, ohne nach dem Idealen zu streben. Reife bedeutet, mit der Spannung zu leben.
Gott sagt:
Keiner soll sich über den anderen erheben. Seid vielmehr allen gegenüber freundlich und geduldig und geht nachsichtig und liebevoll miteinander um. (Eph 4,2)
Dann erwähnt Warren das Buch “Gemeinsames Leben“ von Dietrich Bonhoeffer, der deutsche Pastor, der während der Nazizeit den Märtyrertod starb. Warren hat nur ein Zitat im Buch, aber ich fand dies so gewinnbringend, dass ich hier noch ein paar Weitere einfüge:
Unzählige Male ist eine ganze christliche Gemeinschaft daran zerbrochen, dass sie aus einem Wunschbild heraus lebte. Gerade der ernsthafte Christ, der zum ersten Mal in eine christliche Lebensgemeinschaft gestellt ist, wird oft sein sehr bestimmtes Bild von der Art des christlichen Zusammenlebens mitbringen und zu verwirklichen bestrebt sein.
Jedes menschliche Wunschbild, das in die christliche Gemeinschaft mit eingebracht wird, hindert die echte Gemeinschaft und muss zerbrochen werden, damit die echte Gemeinschaft leben kann. Wer seinen Traum von einer christlichen Gemeinschaft mehr liebt als die christliche Gemeinschaft selbst, der wird zum Zerstörer jeder christlichen Gemeinschaft, und ob er es persönlich noch so ehrlich, noch so ernsthaft und hingebend meinte.
Gott hasst die Träumerei; denn sie macht stolz und anspruchsvoll. Wer sich das Bild einer Gemeinschaft erträumt, der fordert von Gott, von dem andern und von sich selbst die Erfüllung. Er tritt als Fordernder in die Gemeinschaft der Christen und richtet ein eigenes Gesetz auf. Er tut, als habe er erst die christliche Gemeinschaft zu schaffen, als solle sein Traumbild die Menschen verbinden. Was nicht nach seinem Willen geht, nennt er Versagen. Wo sein Bild zunichte wird, sieht er die Gemeinschaft zerbrechen.
Weil Gott den einzigen Grund unserer Gemeinschaft schon gelegt hat, weil Gott uns längst, bevor wir in das gemeinsame Leben mit andern Christen eintraten, mit diesem zu einem Leib zusammengeschlossen hat in Jesus Christus, darum treten wir nicht als die Fordernden, sondern als die Dankenden und Empfangenden in das gemeinsame Leben mit andern Christen ein. Wir danken Gott für das, was er an uns getan hat. Wir beschweren uns nicht über das, was Gott uns nicht gibt, sondern wir danken Gott für das, was er uns täglich gibt.
Zurück zu Warrens Input:
Übernimm Verantwortung, deine Gemeinde zu schützen und zu fördern. Setze alles daran, nicht schlecht über andere zu reden und bei üblem Geschwätz nicht teilzuhaben. Es wird nicht immer einfach sein. Manchmal wirst du tun müssen, was das Beste für den Leib ist, und nicht das, was dir dient. Das ist ein Grund, warum Gott uns in eine Gemeinde steckt - damit wir Selbstlosigkeit lernen.
Philipps Gedanken dazu:
Die Gemeinde, welche ich in der Einleitung erwähnt hat, hat sich gespalten. Der Pastor hat gekündigt. Die Hälfte verliess die Gemeinde. Ich hatte mich aus dem Konflikt rausgehalten, aus der Angst heraus, dass mein Involvieren noch mehr zerstört, als es helfen würde. Ich muss aber auch zugeben, dass ich damit zum zynischen Zuschauer wurde und schlussendlich auch die Gemeinde verliess.
Was ist meine Reaktion auf dieses Kapitel? Ich fühle mich ertappt. Merke ich die Kluft zwischen meinen Idealen und der Gemeinde, dann tendiere ich eher dazu, die Gemeinde über Bord zu werfen als meine Ideale. Beides ist schlecht. Doch die Kluft treibt mich oft in einen Zynismus, welcher der Gemeinde schadet. Ich habe mir nach dem Lesen des Kapitels vorgenommen, die Spannung nicht mit üblem Geschwätz zu entschärfen, sondern im Gebet bei Gott Rat zu ersuchen, was wohl mein Teil beim Bauen seiner Gemeinde sein soll.
Es ist ja auch irgendwie logisch, dass wenn wir verschiedene Organe sind, wir einander nicht verstehen und gegenseitige Ansprüche haben, welche die anderen nicht erfüllen können. Wenn ich ehrlich bin, dann gibt es viele Talente in der Gemeinde, welche ich nicht mal im Ansatz besitze. Und so kann ich auch nicht erwarten, dass meine Fähigkeiten und Einsichten auf alle anderen überschwappen. Das Herz zum Beispiel pumpt als einziges Organ beständig Blut in den Körper, ohne dass ihm etwas hilft. Ginge es nach der Vorstellung des Herzens, so würden alle Organe kleine Herzen werden.
Wenn der ganze Körper nur aus Augen bestünde, wo bliebe dann das Gehör?
Ein Körper besteht nun mal aus verschiedenen Organen, welche alle ihre Aufgabe haben. Als einzelnes Organ bin ich angewiesen, dass die anderen Organe ihre Aufgabe annehmen, die gerade sehr sehr anders ist als meine eigene Aufgabe, aber genau dadurch werde ich genährt und bleibe als Teil des Leibes von Jesus erhalten.