Sparen mit Bio. Teil 5: Das erste Scheitern

Zweite Woche, Mittwoch.

Heute ist der befürchtete “Worst Case” von letzter Woche eingetroffen: das Wochengeld ist nach Gemüsemarkt und Unverpackt aufgebraucht.

Eigentlich hätte mir schon Ende letzter Woche klar sein müssen, dass das auf die Dauer nicht ganz funktionieren kann. Ich spare im Moment alles ein, was nicht unbedingt nötig ist (das ist natürlich relativ zu verstehen, es gibt halt innerhalb der Familie einige Grenzen des Machbaren). Trotzdem reichte es in der ersten Woche nur sehr knapp.

Gestern strich ich nochmals alles von der Einkaufs-Liste, was man irgendwie weglassen kann. Und berechnete nur die Mengen ein, die wir für eine Woche brauchen. Schliesslich ertappte ich mich dabei, dass ich in Erwägung zog, Kaffee oder Öl erst nächste Woche zu kaufen. Es könnte ja noch eine Woche reichen, wenn wir sparen. Aber nächste Woche geht das zweite Öl aus. Das würde bedeuten, dass ich dann die doppelte Menge von heute einkaufen müsste. Es wurde mir klar, dass das nicht mehr sparen ist, sondern aufschieben. Völlig am Ziel vorbei…

Ausserdem merke ich, dass es in meinem Herzen so langsam Richtung Selbstkasteiung geht. D.h., ich fange ein wenig an, von Poulet-Brüstli und Schokolade zu träumen…

Eigentlich ist ja der Sinn der Übung nicht zu beweisen, dass man mit dem kleinen Budget das nackte Überleben schafft (was offensichtlich möglich ist), sondern zu schauen, wie tief man runtergehen kann, ohne eine total einseitige Ernährung zu riskieren oder sich nichts mehr zu gönnen. Sprich: es sollte immer noch möglich sein, sich ganz normal und vielseitig zu ernähren, und auch Genussmittel wie Kaffee und Schokolade sollen (mit Mass) drin liegen.

Natürlich bin ich enttäuscht. Die krasse Version hat nicht funktioniert. Trotzdem will ich nicht aufgeben. Ich habe mich dann heute entschieden, nicht länger aufzuschieben und bei der Menge zu “schmörzele”, sondern das zu kaufen, was gekauft werden muss, und zwar in ausreichender Menge.

Das hiess dann heute: Mehr Salat beim Gemüsemarkt, dazu ein kleiner Weisskohl, zwei Stangen Lauch und je ein Kilo Kartoffeln und Rüebli. 20 Franken anstatt 10 wie letzte Woche. Im Unverpackt-Laden kaufte ich Teigwaren, Haferflocken, Zucker und Kakao. Dazu Kaffee (eine kleinere Menge als sonst) und einen halben Liter raffiniertes Öl anstatt einen Liter. Beim Öl bleibe ich vorerst bei der kleineren Menge, da ich hier (wie auch beim Butter und Käse) einiges an Menge einsparen kann, wenn ich ein wenig darauf achte. Bei Teigwaren, Gemüse, Reis etc macht es keinen Sinn, Mengen zu kürzen.

Auf dem Nachhauseweg ging ich wieder mal im Coop vorbei (soll jetzt keine Coop/Migros-Debatte sein, ist einfach Gewohnheit) und schaute einige Preise an. Dabei fiel mir auf, dass die Waren im Coop um einiges billiger sind als im Volg, der bei mir um die Ecke ist. Eigentlich wusste ich das schon, aber man gewöhnt sich halt daran, dorthin zu gehen, wo es bequemer ist…
Da sah ich doch tatsächlich China-Nüdeli für 1.70. Mit Eiern aus Freilandhaltung. Wenn ich mich recht erinnere, kosten die im Volg mehr als drei Franken. Wie ist das möglich? Auch der Bio-Butter ist 70 Rappen billiger (es ist allerdings Kochbutter) und die genau gleiche Sorte Schokolade kostet im Coop 25 Rappen weniger als im Volg. Würde es sich lohnen, einmal die Woche hier einzukaufen anstatt im Volg? Das wäre dann aber mit einem grösseren Aufwand verbunden: 20 Minuten per Velo anstatt eine Minute zu Fuss (ausser, ich lasse es in meine wöchentliche Einkaufs-Runde einfliessen, wenn ich sowieso daran vorbeikomme). Vielleicht nicht ganz realistisch auf die Länge.

Also, wie geht es nun weiter nach meinem Rückschlag? Auf jeden Fall werde ich die Nebenkosten separat berechnen und dadurch mal schwarz auf weiss sehen, wieviel ich durch Minimalismus und Zero Waste tatsächlich einspare. Diese Woche ist kein Nebenkosten-Einkauf nötig.

Mit dem Essen sehe ich zwei Möglichkeiten:

Entweder, ich setze mir einen neuen, etwas grösseren Betrag und versuche nächste Woche, damit klarzukommen. Der Vorteil bei dieser Lösung ist, dass das Sparen viel einfacher ist, wenn ein fixer Betrag vorgegeben ist, der sozusagen nicht diskutiert werden kann.

Oder ich setze mir keinen neuen Betrag und kaufe einfach alles ein, was nötig ist. Am Ende der Woche sehe ich dann, wie gross mein Budget sein muss. Die Gefahr ist hier, dass ich mit mir selber diskutiere, warum dies und jenes auch noch notwendig ist. Vielleicht bin ich dann plötzlich aus dem Experiment ausgestiegen und kaufe wieder ein wie sonst.

Es bleiben viele Fragen offen:

  • Was ist nachhaltiger: im Volg einzukaufen oder im Coop? Kann man diese Frage überhaupt beantworten?
  • Wenn ich einfach “Hauptsache Bio” mache, könnte ich dann nicht statt im Bioladen im Coop Bio kaufen? Oder im Migros? Oder im Denner? Oder im Aldi? Mittlerweile bieten ja alle Bio an…
  • Wird es darauf hinauslaufen, dass ich eingestehen muss, dass beim Lebensmittel-Einkauf, wenn er nachhaltig sein soll, nur geringfügig gespart werden kann, wenn ich nicht totaler Selbstkasteiung verfallen will und den Kindern nichts mehr gönne? Und dass ich als einzige Verteidigung anführen kann, dass ich an anderen Orten dafür weniger ausgebe?

Ich habe mich heute sowohl mit dem Markt-Verkäufer als auch mit dem Inhaber des Unverpackt-Ladens nochmals über dieses Thema unterhalten. Beide finden das Experiment spannend und möchten unbedingt wissen, wie es herauskommt.

Und beide betonen heute, dass sparen bei Nahrungsmitteln sparen am falschen Ort ist…

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